114 Staatsrecht.

Person vor ihrem Einzug in den Kanton zukam. Auf diesem Boden stehen
denn auch die allgemeinen Vorschriften der §§ 4 und 5 des zürcherischen
Steuergesetzes selber,wonach die Steuerpflicht mit dem Zeitpunkte
beginnt, mit welchem jemand zu einem steuerpflichtigen Einkommen oder
Vermögen gelangt, und wonach die im Laufe eines Jahres in den Kanton
einziehenden oder aus demselben wegziehenden Pflichtigen die Steuer für
die Zeit zu zahlen haben, während welcher sie im Kanton wohnen. Damit
ist interkantonal eine Besteuerung nach dem Vorjahr oder nach dem Durch-
schnitt dreier Jahre, wie sie im Einscliätzungsverfahren in den §§ 43
Abs. 2 und 41 vorgesehen ist, im Sinne einer Postnumerando Besteuerung
ausgeschlossen.

2. Auch wenn .man die letztern Bestimmungen dahin auslegen wollte, dass
sie nur die Bemessungsgrundlage für die Bestimmung des steuerpflichtigen
Einkommens angeben, so könntensie interkantonal, wenn überhaupt, doch
höchstens dann zur Anwendung gebracht werden, wenn die Steuerquelle am
frühem und am Wohnsitz in Zürich die gleiche geblieben wäre. Das ist
hier nicht der Fall, da der Rekurrent im Kanton Bern eine ganz andere
Erwerbsstellung' einnahm als im KantonZürich. Letzterer darf daher auch
zur Bestimmung des ihm allein zur Besteuerung zustehenden Einkommens,
das'der Rekurrent seit Oktober 1921 in Zürich hatte, nicht auf das
berufliche, Einkommen desselben im Kanton Bern abstellen.

3. Anderseits kann deraRekurrent nicht verlangen, dass er für das Jahr
1921 (3 Monate) in Zürich gar nicht mit Einkommenssteuer belegt werde,
weil nach Zürcherischem Recht nur das Einkommen aus den Vorjahren
besteuert werde, das nach interkantonalem Recht in Zürich nicht erfasst
werden dürfe. Vielmehr steht vom Standpunkt cder Doppelbesteuerung nichts
entgegen,. dass der Rekurrent für jene drei Monate für das Einkommen
besteuert werde, das ihm in dieser Zeit aus Doppelhesteuerung. N° 23. 115

seiner Tätigkeit in Zürich und aus seinem beweglichen Vermögen
zufloss. Dieses Einkommen hat der Rekurrent selber auf 6000 Fr. angegeben,
wie er auch gegen die hierauf sich stützende Taxatiou der Rekurskommission
sich nicht beschwerte. Es ist deshalb nicht verständlich, wie er im
staatsrechtlichen Verfahren verlangen kann, dass sein Einkommen für
die drei Monate auf 0 festgesetzt werde, zumal, da er die Taxation der
Rekurskommission auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht etwa als
willkürlich anficht.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der
Ober-Rekurskommission aufgehoben und derjenige der Rekurskommission
Wiederhergestellt wird.

23. Urteil vom 10. Juli 1924 i. S. Schweizer. Bankgesellschaft gegen
Aargau.

Verteilung des Vermögens eines Bankgeschäftes, das in meh--

reren Kantonen Niederlassungen hat, unter die Steuer-

hoheiten dieser Kantone. Bei der Feststellung der auf einen

Kanton fallenden Aktiven können Guthaben v der dort

befindlichen an ausserkantonale Niederlassungen der Bank

nicht berücksichtigt werden.

A. Bei der Steuereinschätzung pro 1923 wurde es streitig, wie der Anteil
des Rayons Aargau der Schweiz. Bankgesellschaft (Kreisbank Aarau,
Niederlassungen in Baden, Laufenburg und Wohlen) am Gesamtvermögen
des Institutes zu berechnen sei. Die Steuerbehörde und die Bank Waren
einig darüber, dass grundsätzlich massgebend sein sollte das Verhältnis
der Aktiven des Rayons Aargau zu den Gesamtaktiven der Gesellschaft,
nicht aber über die Höhe der in Betracht kommenden Rayonaktiven. Die
Steuerbehörde nahm sie auf 82,842.,000 Fr. an. Die Bank wollte dagegen
hievon zwei Posten abziehen :

11 6 Stlmrecht .

1. Den Aktivposten eigene Stellen von 14,265,000 Fr. ( Guthaben bei
ausserkantonalen Niederlassungen der Bank). ss,

2. Die Rückstellungen für dubiose Debitoren mit 2,135,000 Fr.

4Je nachdem ist das Verhältnis der Rayonaktiven zu den Gesamtaktiven
16,56 oder 13,348 %.

Das Obergericht des Kantons Aargau, das die Streitigkeit zu beurteilen
hatte, entschied durch Urteil vom 2. Mai 1924dahin, dass der erstere
Posten zur Hälfte, der letztere dagegen nicht abgezogen werden könne.
Es ergibt sich so ein Prozentsatz von 15,13.

B. Gegen dieses Urteil hat die Schweizer. Bankgesellschaft rechtzeitig den
staatsrechtlichen Rekurs ergriffen mit dem Antrag, es sei der Anteil des
Rayons Aargau am Gesamtvermögen der Bank auf 13,348 % zu bestimmen. Zur
Begründung wird bemerkt: Da der Posten eigene stellen als interner
Verrechnungskonto innerhalb der Bank kein Aktivposten der Gesamtbilanz
sei, könne er auch nicht als Aktivposten des Rayons Aargau berücksichtigt
werden. Wenn unsere Bank 2. B. in Aarau ] Million in irgend einer Form
(bar, giro, usw.) einnimmt, in Aarau dafür aber augenblicklich keine
Verwendung hat, so überweist Aarau die Million einer eigenen Stelle,
2. B. dem Sitz Zürich. Zürich wird nun in Aarau für den Betrag belastet
und der Klient, welcher die Million bezahlt hat, kreditiert. Zürich
kreditiert uns als eigene Stelle und stellt die Million als Aktivposten
unter eine entsprechende Rubrik, sei es die Kasse, das Portefeuille
usw. Daraus erfolgt, dass die Million, die in Aarau eingegangen ist,
in Zürich unter den Aktiven erscheint und in Aarau ebenfalls, dort
als eigentliches Aktivum, hier aber als Guthaben an der eigenen Bank,
an Zürich. Im Zusammenhang damit sei noch auf das

_.Zinsenkonto der eigenen Stellen hingewiesen, das die ,eingenommenen
und verausgabten Zinsen auszuweisen hat. In Aarau wird für die Million
der Zins vom SitzDoppelbesteuerung. N° 23. ss 117.

,Zürich zu Gunsten der Gesamtbank eingenommen, während Zürich-den
gleichen Zins für die gleiche Million für Aarau zu Lasten der Gesamtbank
ausgibt. Es ist damit klar bewiesen, dass auf der Position eigene Stellen
für die Gesamtbank kein Ertrag möglich ist. Aus der. Heranziehung des
Postens eigene Stellen ergehe sich eine unzulässige Doppelbesteuerung;
der Anteil des Aargaus am Gesamtvermögen und damit die aargauische
'Steuerquote würden künstlich erhöht, indem dabei gewisse Aktiven
doppelt gezählt würden, und das Gesamtinstitul; müsste mehr als 100%
seines Vermögens versteuern. Was die Rückstellung für dubiose Debitoren
.anbetrifft, so wird ausgeführt, dass in dieser Hinsicht der Standpunkt
des Obergerichts unrichtig sei.

C. Das Obergericht beantragt ohne Gegenbemerkungen Abweisung des
Rekurses. ' si "

Der-Regierungsrat des Kantons Aargau hat folgenden Antrag gestellt : Der
aargauische Anteil an den Gesamt'vermögensfaktoren der Rekurrentin sei
auf 16,56 % fest; zusetzen; eventuell sei das im Aargau steuerpflichtige
Reinvermögen der Rekurrentin auf 13,400,000 Fr. festzusetzen entsprechend
dem Dotationskapital der Rayon-ssbilanz. si Das Bundesgericht zieht in
Erwägung :

1. Die Anträge des ;Regierungsrates sind unzulässig, soweit sie auf eine
Abänderung des obergerichtlichen Urteils zu Gunsten des Kantons und zu
Ungunsten der Rekurrentin abziele'n. Da ausschliesslich eine Beschwerde
,der Rekurrentin und zwar wegen unzulässiger Doppel-' besteuerungvorliegt,
und da eine Anschlussbeschwerde im staatsrechtlichen Verfahren nicht
vorgesehen und nach der Natur des staatsrechtlichen Rekurses auch
nicht wohl möglich ist, so kann es sich für das Bundesgericht nur darum
handeln, ob das Urteil im behaupteten Umfang der Rekurrentin gegenüber
das bundesrechtliche Verbot der Doppelbesteuerung missachtet. Bei Prüfung
dieser Frage ist sodann von der Grundlage auszugehen,

AS 50 I 1924 9 ss

118 Staatsrecht.

über die die Parteien im kantonalen Verfahren einig waren, dass nämlich
der Kanton Aargau die Rekurrentin, was das aargauische Geschäft anlangt,
für denjenigen Teil ihres Gesamtvermögens besteuern kann, der dem
Verhältnis der Gesamtaktiven zu den Rayonaktiven entspricht. Wenn der
Regierungsrat nunmehr einer andern Methode den Vorzug gehen möchte, so mag
er dies bei der Einschätzung der Rekurrentin für ein künftiges Jahr tun.

2. Es ist klar, und das Obergericht anerkennt es, dass auf dem Boden
jener Methode nur solche Rayonaktiven in Betracht fallen können,
die zugleich Aktiven des Gesamtgeschäftes sind ; denn es ist ja
derjenige Teil der Gesamtaktiven festzusetzen, der auf den Rayon
Aargau entfällt. Der aargauische Aktivposten eigene Stellen ist
nun aber kein Aktivposten des Gesamtgeschäftes, da er nur interne
Guthaben an ausserkantonale Niederlassungen der Rekurrentin darstellt
und daher nur ein Aktivum im formellen, bilanztechnischen, nicht aber im
wirklichen Sinn anzeigt. Wollte man den Gesamtaktiven alle diese internen
Guthaben der Niederlassungen unter sich, denen interne Schuldposten in
gleicher Höhe entsprechen, zurechnen, so ergäbe sich ein rein fiktives
Resultat. Es kann daher von vorneherein keine Rede davon sein, dass
der aargauische Aktivposten eigene Stellen als solcher bei der Frage,
welcher Teil der Gesamtaktiven auf den Rayon Aargau fällt, berücksichtigt
werden könnte. Wenn die Steuerbehörde den ganzen und das Obergericht
den halben Posten einsetzt, so beruht das im Grunde auf einem andern
Gedanken, nämlich darauf, dass wahre Aktiv-posten, die in der Bilanz
ausserkantonaler Niederlassungen erscheinen, in Wirklichkeit ganz oder
zum Teil Aktiven des Rayons Aargau seien. Nach dem von der Rekurrentin
verwendeten Beispiel, dessen typischer Charakter nicht bestritten ist,
steht dem aargauischen Aktivposten an Zürich ein Zürcher Passivposten
anDoppelhesteuemng. N° 23. _

Aargau gegenüber .jeweilen in der Höhe von 1 Million ; dem Zürcher
Passivposten entsprechen aber Zürcher Aktiven im Betrage von 1
Million, welche Aktiven je nach der Verwendung der Million in der
Zürcher Bilanz unter Kasse, Portefeuille, Debitoren usw. erscheinen.
Materiell findet sich also der Gegenwert der fraglichen Million unter
den Zürcher Aktiven, n nd was der Kanton Aargau vertritt, ist, dass
dieses Aktivum wirtschaftlich und für die steuerliche Betrachtung ganz
oder zum Teil dem Rayon Aargau zugehöre. Eine solche Lösung ist nicht von
vorneherein ausgeschlossen. Es wäre denkbar, dass bei der interkantonalen
Steuerausscheidung Aktivposten der einen Niederlassung aus Erwägungen
wirtschaftlicher Zugehörigkeit einer andern zugeschieden werden. Indessen
können hier solche Erwägungen unter keinen Umständen dazu führen,
dass für das ganze Aktivum diese Verschiebung erfolgen würde (welche
Lösung nach Erw. 1 auch schon aus prozessualen Gründen ausgeschlossen
ist). Die Million um bei dem verwendeten Beispiel zu bleiben figuriert
nicht etwa bloss formell in der Zürcher Bilanz als Aktivum, sondern
sie arbeitet auch tatsächlich im Zürcher Geschäft; sie ist ja deshalb
vom Rayon Aargau der Zürcher Niederlassung überwiesen worden, weil der
erstere dafür keine Verwendung hatte. Eine beschränkte wirtschaftliche
Beziehung zu Aargau und damit eine Verteilung des Bilanzpostens, wie sie
das Obergericht vornimmt, liesse sich höchstens insofern rechtfertigen,
als die Million im Rayon Aargau vereinnahmt wurde und als sie Zürich
dem ersteren verzinst. Auch das ist aber abzulehnen, weil es zu einer
unnötigen Komplikation der Steuerausscheidung führt. Massgebend wären dann
nicht mehr die (wahren) Aktivposten der einzelnen Niederlassungen in den
verschiedenen Kantonen, sondern es müsste in jedem Kanton die Bilanz in
der Weise korrigiert werden, dass zu den (wahren) Aktiven ein allfälliger
(fiktiver) Aktivposten eigene Stellen zur Hälfte hinzugerechnet und ein

120 Staatsrecht.

allfälliger (fiktiver) Passivposten eigene Stellen zur Hälfte
abgerechnet wird. Es ist wohl anzunehmen, dass die Differenzen, die
sich so ergeben gegenüber dem Resultat, wenn auf die wahren Aktivposten
der Bilanzen

der Niederlassungen abgestellt wird, sich im Laufe der

Zeit ungefähr ausgleichen. Schon innerhalb des Steuerjahrs wird ein
gewisser Ausgleich insofern stattfinden, als häufig dem Aktivposten
eigene stellen in derselben Niederlassung oder demselben Rayon ein
Passivposten eigene Stellen gegenüberstehen wird (die Akten gehen
keine Auskunft darüber, ob es beim Rayon Aargau der Rekurrentin der
Fall ist) ; namentlich aber wird der Ausgleich im Verlauf weniger Jahre
eintreten. Bei der Abgrenzung der kantonalen Steuerhoheiten muss aber
neben grundsätzlichen Erwägungen in erheblichem Umfang auch darauf
Bedacht genommen werden, dass die aufzustellenden Regeln im Interesse
der Rechtssicherheit leicht und einfach zu handhaben sind.

Im ersten Punkte ist daher der Rekurs dahin gutzuheissen, dass
bei der Feststellung des im Kanton Aargau steuerbaren Vermögens der
Aktivposten des Rayons Aargau eigene stellen zur Vermeidung unzulässiger
Doppelbesteuerung ausser Betracht zu bleiben hat.

3. Die Rüge betreffend den Nichtabzug der Rückstellungen für dubiose
Debitoren' ist nicht als staatsrechtlicher Beschwerdepunkt begründet
worden.

Demnach erkennt das Bundesgericht.

1. Auf die Anträge des Regierungsrates wird, soweit er mehr als die
Abweisung der Beschwerde verlangt, nicht eingetreten.

2. Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen und
demgemäss das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. Mai 1924
teilweise aufgehoben.Gerichtsstand. N° 24. 121.

V. GERICHTSSTAND FOR

24. Arrét dn 14511111 1924 dans la cause Grandes Teintureries de Marat
et Lyonnaise de Lausanne réunies, S. A. contre. Tribunal de première
instance de Genève.

Art. 59 Const. féd. et art. 625 co : Domicile commercial. For

de la succursale pour les réclamations persrmnelles en rap; port avec
l'exploitation indépendante de cet établissement.

A. La Société recourante est inscrite au registre du commerce à Pully
où elle a son siège. Les opérations de lavage et de teinture s 'opérent
dans les locaux de la recourante à Pully et à Morat. A Genève la société
possède rue de la Corraterie N° 18 un magasin où un employé recoit les
commandes et les paiements des clients.

Francis Corbaz a remis à ce magasin pour lavage un manteau avec col
de fourrure. Après restitution du manteau, Corbaz réclama à la Société
recourante une indemnité de 150 fr. pour frais de remplacement du col
de fourrure brülé et abimé au lavage. La Société ayant decliné sa
responsabilité, Corbaz l'a assignée par exploit du 3 janvier 1924 devant
le Tribunal de premiere instance de Genève en paiement de la somme de
150 fr.

La défenderesse a excipé de l'incompétence des tn'bunaux genevois, en
soutenant qu'elle devait etre recherchée à son siège social à Pully,
le bureau de Genève ne constituant pas un domieile attributif de
juridiction .

Le Tribunal a débouté la Société de son exception et s'est declare
compétent par j'ugement du 14 mars 1924 en considérant que le magasin
exploité à Genève Mtue une succursale au sens de l'art. 625 al. 2 CO,
(';-u'il s'agit d'une affaire de cette succursale et que le défaut
d'inscription au registre du commerce à Genève est indifférent.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 50 I 115
Datum : 10. Juli 1924
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 50 I 115
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 114 Staatsrecht. Person vor ihrem Einzug in den Kanton zukam. Auf diesem Boden stehen


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
aargau • stelle • aarau • bundesgericht • doppelbesteuerung • regierungsrat • monat • weiler • innerhalb • frage • zins • anschlussbeschwerde • steuerhoheit • verhältnis zwischen • entscheid • vermächtnisnehmer • bilanz • bruchteil • begründung des entscheids • konkursdividende
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