A. STAATSBEGHTLIGHE ENTSGHEIDUNGEN ARRÉTS DE DROlT PUBLICErster
Abschnitt. Première section.

Bundesverfassung. Constitution fédérale. I. Doppelbesteuerung. -Double
Disposition

32. Urtheil vom 27. Juni 1879 in Sachen der Mechanischen Bindfadenfabrik
Schaffhausen.

A. Die nach Massgabe der schaffhausenschen Gesetzgebung gegründete
Aktiengesellschaft Mechanische Bindfadenfabrik in Schaffss hausen,
deren Sitz und Gerichtsstand in Schaffhausen sich befindet, während das
Fabriketablissement in der zürcherischen Gemeinde Flurlingen liegt,
bezahlte bis zum Jahre 187 8 lediglich die Gemeindesteuern Von ihrem
im zürcherischen Gebiete befindlichen liegenschaftlichen Vermögen an
die Gemeinde Flurfingen. Als nun im Jahre 1878 die Stadt Schaffhausen
fie mit einer Gewerbesteuer für die Jahre 1876 bis 1878 belegte,
anerkannte sie die Steuerpflicht in Schaffhausen grundsätzlich und
verlangte lediglich eine Reduktion des Steueransatzes. Da der Stadtrath
Schaffhausen diesem Begehren nicht entsprach, rekurrirte die Mechanische
Bindfadensabrik an die schaffhausensche Regierung, bestritt jedoch auch
bei dieser Behörde die Berechtigung der Stadt Schaffhausen zur Erhebung
einer Gewerbesteuer nicht, sondern beschwerte sich lediglich über die
Berechnung derselben. Allein der Regierungsrath wies durch Beschluss
vom 5Februar 1879 den Rekurs ab und Verpflichtete die Reim-

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142 A. Staatsrechtl. Entséheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.

rentin an die Stadt Schaffhausen eine Gewerbesteuer von 100 Fr. per Jahr
zu bezahlen.

B. Ueber diesen Beschluss beschwerte sich nun die Mechanische
Bindfadenfabrik beim Bundesgerichte, indem sie im Wesentlichen vorbrachte:
Eine Gewerbesteuer könne nur da gefordert werden, wo das Gewerbe
betrieben werde Ihr Gewerbebetrieb finde im Kanton Zürich statt und es
sei daher die Stadt Schaffhausen nicht berechtigt, von der Mechanischen
Bindfadenfabrik eine Gewerbesteuer zu fordern. Von der Forderung der
staatlichen Vermögensund Einkommensfteuer, welche im Kanton Zürich sonst
überall bezogen werde, sei nur deshalb Umgang genommen worden, weil die
Mechauische Bindfadenfabrik bis dahin kein Vermögen und kein Einkommen
gehabt habe. Reimrentin stellte demnach das Gesuch um Aufhebung des
Beschlusses vom 5. Februar 1879.

C. Der Regierungsrath des Kantons Schaffhausen machte in seiner
Vernehmlassung darauf aufmerksam, daszf Nekurrentin ihre Steuerpflicht vor
den kantonalen Behörden niemals bestritten, sondern dieselbe anerkannt
habe. Die Entscheidung der Frage, ob ein Gewerbe, das ausserhalb
der schasfhauser Grenze betrieben werde, sein rechtliches Domizil
aber in Schaffhansen habe, dessen Staatseinrichtungen benntze und den
Rechtsschutz in nicht unbedeutender Weise in Anspruch nehme, dort eine
mässige Gewerbesieuer zu bezahlen habe, die es nirgends sonst bezahle,
überliess die Regierung dem Ermessen des Bundesgerichtes.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Da Rekurrentin, wie aus den von der Regierung des Kantons Schaffhausen
beigebrachten Akten klar hervorgeht, die Pflicht zur Bezahlung einer
Gewerbesteuer für die Jahre 1876 bis 1878 an die Stadt Schaffhausen vor
den kantonalen Behörden nicht nur nicht bestritten, sondern ausdrücklich
anerkannt und sich lediglich über die Grösse derselben beschwert hat,
so kann die Steuerpslicht bezüglich der bezeichneten drei Jahre nicht
mehr zum Gegenstand einer Beschwerde an diesseitige Stelle gemacht
werden, sondern muss es einfach bei der Anerkennung der Rekurrentin sein
Verbleiben haben.I. Doppelbeg'oeuerung. N° 32 und 33. M3

2. Uebrigens könnte von einer Doppelbesteuerung beziehungsweise einem
Eingriffe des Kantons Schaffhausen in die Souverainetiit des Kantons
Zürich im vorliegenden Falle nur insofern die Rede fein, als nachgewiesen
würde, dass der Kanton Zürich auch über solche Aktiengesellschaften,
welche nur ihren Gewerbetrieb in seinem Gebiete ausüben, ihren Sitz
dagegen answärts haben, die Steuerhoheit über deren liegenschaftliches
Vermögen hinaus beanspruche; ein Nachweis, den die Minnentin zur Zeit
keineswegs geleistet hat, dessen Beibringung ihr aber gegenüber einer
zukünftigen Steuerforderung der Stadt Schaffhausen, für die Jahre 1879
u. s. w., vorbehalten bleibt.

Demnach hat das Bundesgericht e r i a nnt: Die Beschwerde ist als
unbegründet abgewiesen.

33. Urtheil vom 24. Mai 1879 in Sachen Gerber.

A. Durch Entscheid vom 29. Mai 1878 hat der Staatsrath des Kantons Tessin
zwei von G. Giovanelli im Auftrage der Firma Gerber und Komp. erhobene
Rekurse, in welchen gegen die Heranziehung genannter Firma zur kantonalen
und Gemeindesteuerung in der tessinischen Gemeinde Magadino Beschwerde
geführt wurde, verworfen und erkannt, es sollen die geforderten
Steuerbeträge im Belaufe von 182 Fr. für das Jahr 1876 und 202 Fr. 80
Cts. für das Jahr 1877 beigetrieben werden. Dieser Entscheid stützt sich
im Wesentlichen darauf, dass G. Giovanelli im Register der Handelsund
Gewerbetreibenden der Gemeinde Magadino als Repräsentant des Hauses Gerber
und anderer Handelshäuser für ein Käseproduktgeschäft mit einem Kapital
von 24,000 Fr. und einem Einkommen von 4000 Fr. eingetragen und gegen
diese Einträge innerhalb der gesetzlichen Frist keine Einsprache erhoben
worden sei. In Nachachtung dieses Beschlusses betrieb der Gemeinderatlz
Magadino den G. Giovanelli als Repräsentanten-von Gerber und Komp. sowohl
für die 1876er und 1877er als auch für die
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Dokument : 5 I 141
Datum : 26. Juni 1879
Publiziert : 30. Dezember 1880
Quelle : Bundesgericht
Status : 5 I 141
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : A. STAATSBEGHTLIGHE ENTSGHEIDUNGEN ARRÉTS DE DROlT PUBLICErster Abschnitt. Première


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