220 Obligationenrecht. N° 30.

clusions jN°l 1 et 2 de la demande sont admises. Pour le snrplus et
sous réserve des frais réglés comme dit ci dessous, le jugement attaqué
est confirmé.

30. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Mai 1923 i. S. Deutsche Evaporator
is...-e. gegen Rambax-ger, Leroi & G ,A.-G. Kauf : Rechtsanwendung,
örtliche, Grundsätze. Fixgeschäft: Begriff. Art. 190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OR stellt für den
kaufmännischen Verkehr die Vermutung auf, dass wenn ein bestimmter

Liesemngstermin verabredet ist, die Parteien ein Fixgeschäft gewollt
haben. Widerlegbarkeit dieser Vermutung.

A. Die Klägerin, 'Deutsche Evaporator A..-G. in Berlin, verkaufte im
November 1919 der Beklagten, A.-G. Bamberger, Leroi & Cie in Zürich,
1000 Badewannen, lieferbar zum Einheitspreis von 125 Fr., franko Zürich,
Bern oder Basel innert 6 Monaten. Am 2. Januar 1920 verkaufte sie ihr
weitere 1500 Badewannen frankc verzollt Zürich,Basel, Bern oder Küsnacht
zu 125 Fr. per Stück oder nach Wahl der Beklagten zum Einheitspreis
von 110 Fr. Î. o. b. Hamburg, lieferbar spätestens bis Ende des Jahres
1920. Hievon wurden später im Wege gütlieher Verständigung 200 Stück
gestrichen. Bis Ende Oktober 1920 lieferte die Klägerin 794 Badewannen und
im November und Dezember weitere 428 Stück ; ferner will sie im Dezember
205 Stück zum Versand gebracht haben, sodass jedenfalls im Jahr 1920 873
Stück nicht mehr zur Ablieferung gelangten. Ausserdem hatte die Klägerin
die 1000 Badewannen des ersten Vertrages nicht innert 6 Monaten geliefert,
sondern es dauerte bis zum 16. Dezember 1920 bis die Beklagte aus diesem
ersten Vertrag voll und ganz befriedigt war.

Als die Klägerin gegen Ende 1920 der Beklagten drei weitere Wagen
avisierte, nämlich den Wagen Baden

onliggfionemecht; N° Iso. 221

Nr. 26,355 am 24. Dezember 1920, den Wagen Kassel Nr. 17,851 am
29. Dezember 1920 und. den Wagen Hannover Nr. 12,856 am 31. Dezember
1920, schrieb die Beklagte am 31. Dezember 1920 und 6. Januar 1921
an Bosshardt, den Vertreter der Klägerin in St. Gallen, dass sie die
Annahme dieser am 31. Dezember 1920 nicht mehr nach Zürich gelangten 205
Badewannen verweigere. Sie behante dabei trotz des Widerspruchs Bosshardts
vom. 15. Januar 1921 und liess die drei Faktoren im Gesamtbetrage von
25,625 Fr. an die Klägerin zurückgehen. Am 2. Mai 1921 schritt die
Klägerin zur gerichtlich bewilligten Versteigerung der Wannen, wobei
sie einen Erlös von netto 17,813 Fr. erzielte, d. 11. pro Badewanne
durchschnittlich 86 Fr. 90 Cts.

B. Mit der vorliegenden Klage belangt sie die Beklagte in einem ersten
Rechtsbegehren auf Zahlung von 8894 Fr. 70 Cts. nebst 6 0/0 Zins seit
1. Mai 1921. Diese stimme berechnet sie wie folgt :

Differenz zwischen dem Fakturawert und

dem Ganterlös ........... Fr. 7811.20 Zinsen vom Fakturahetrag von
25,625 Fr.

für die Zeit vom 1. Januar bis 1. Mai 1921 512.50 Standgeider für die
3 Wagen gemäss Auf-

stellung der SBB. . Entschädigung für die Mithilfe bei der Ver-

steigerung .............. 889377) Fr. .

Zur Begründung 'führt sie aus, die Beklagte habe die Abnahme der 3
Wagenladungen, enthaltend 205 Wannen , zu Unrecht verweigert, da es sich
weder beim ersten Vertrag vom November 1919, noch beim zweiten vom Januar
1920 um ein Fixgeschäft handle. Eine mündliche Abmachung des Inhalts, dass
die Beklagte nur die bis zum 31. Dezember 1920 in Zürich eingetroffenen
Warmen abzunehmen habe, wie sie in ihrem Schreiben vom 23. Dezember 1920
behaupte, werde bestritten. Eventuell wäre die Klägerin nur verpflichtet

567.--

.......

222 Obllgationenrecht. N° 30.

gewesen, dafür zu sorgen, dass die Badewannen bis zum 31. Dezember 1920
in Lüneburg der Bahn übergeben wurden, was geschehen sei.

In einem zweiten Rechtsbegehren verlangt die Klägerin überdies
Verurteilung der Beklagten zur Abnahme und Bezahlung der restlichen
873 Badewannen, indem sie ihr auch hier das Recht zum einseitigen
Vertragsrücktritt abspricht.

Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage; Sie stellte sich
im wesentlichen auf den Standpunkt, es handle sich bei dem
einzig in Betracht fallenden Vertrag vom 2. Januar 1920 um ein
Fixgeschäft. Zur Erfüllung hätte daher die Übergabe der Ware an die
Bahnverwaltung des Versendungsortes nicht genügt, sondern es wäre
dazu die Zurveri'ügungsstellung der Wagenladungen in Zürich notwendig
gewesen. Auch anlässlich einer Konferenz vom 23. Dezember 1920 sei ihr
das Recht nicht streitig gemacht worden, alle Wannen zu refüsieren, die
nicht bis zum 31. Dezember 1920 in Zürich eintreffen würden. Eventuell
bestritt die Beklagte das Quantitativ der klägerischen Forderung,
insbesondere auch hinsichtlich der geltend gemachten Wagenstands-gelder,
Zinsen und sonstigen Auslagen.

Gegenüber dem zweiten Rechtsbegehren berief sie sich ebenfalls auf
den Fixgeschäftcharakter des streitigen Vertrages und machte das in
Art. 190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OR statuierte Rücktrittsrecht geltend, weil die Klägerin das den
Gegenstand dieses Begehrens bildende Lieferungsquantum am 31. Dezember
1920 nicht versandbereit gehabt habe. Die von der Beklagten erhobene
Viderklage auf Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 20,000 Fr.
Schadenersatz wegen Nichtlieferung, bezw. verspäteter Lieferung der
Badewannen, ist in der Berufungsinstanz nicht mehr streitig. .

C. Mit Urteil vom 12. Oktober 1922 hat das Handelsgerieht des Kantons
Zürich die Klage in Anwendung schweizerischen Rechts im Betrage von 5638
Fr. 80 Cts.

Obligationenrechtf N° 30. 223

nebst 6 % Zins seit 1. Januar 1921 geschützt, die Mehrforderung und
Widerklage dagegen abgewiesen.

D. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht
erklärt mit dem Begehren um Gutheissung der Klage in vollem Umfange.

E. Gleichzeitig hat sie beim Kassationsgericht des Kantons Zürich
auch eine Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht mit der Begründung, dass
das Handelsgericht gemäss § 100 ZPO nicht schweizerisches, sondern
von Amtes wegen deutsches Recht hätte anwenden sollen, da der Ort des
Vertragsschlusses Berlin und der Versendungsort Lüneburg sei, der mangels
einer abweichenden Vereinbarung auch als Erfüllungsort zu gelten habe. Da
der Begriff des Fixgeschäftes nach § 376 DHGB ein viel engerer sei als
nach der SchweizerischenPraxis, hätte das Handelsgericht bei Anwendung
deutschen Rechts dieVertragserfüllung als rechtzeitig bezeichnen und daher
die Klage in vollem Umfange schützen müssen. Das Kassationsgericht wies
die Beschwerde mit Urteil vom 13. Februar 1923 als unbegründet ab.

F. Auf Interpellation des Instruktionsrichters hin hat die Klägerin mit
Eingabe vom 23. März 1923 die Erklärung abgegeben, sie berufe sich darauf,
dass für die Beurteilung des in Frage stehenden Rechtsverhältnisses
deutsches Recht angewendet werden müsse ; eventuell nehme sie den
Standpunkt ein, dass die Verinstanz auch unter Anwendung schweizerischen
Rechts zu Unrecht ein F ixgeschäft angenommen habe. Sie fechte daher
das handelsgerichtliche Urteil in seinem ganzen Umfang an.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Die Berufungsklägerin behauptet in erster Linie, die Vorinstanz
habe eidg. Recht dadurch verletzt, dass sie dasselbe überhaupt auf den
vorliegenden Fall angewendet habe ; denn das streitige Rechtsverhältnis
werde nicht vom schweizerischen, sondern vom deutschen Recht

224 Obligationenrecht. N° 30.

beherrscht. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Beschwerde
einen nach Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OG gültigen Be-v rufungsgrund bildet. Denn
obschon die eidg. Gesetze die örtliche Rechtsanwendung in Bezug auf
obligationeu-rechtliche Verhältnisse nicht ausdrücklich regeln, ist
gleichwohl festzuhalten, dass die Frage, wieweit sich das Anwendungsgebiet
des eidg. Privatrechts, insbesondere in örtlicher Beziehung, erstreckc,
ihrer Natur nach diesem angehört. Die theoretische Unterstellung der
hier in Betracht fallenden Regeln unter den Begriff des internationalen
Privatrechts,und die damit in Zusammenhang stehende Auffassung desselben
ais quasi Emanation eines überstaatlichen Rechts, vermag daran nichts zu
ändern, dass dieselben für den einheimischen Richter nicht unmittelbar,
sondern nurmittelbar verbindlich sind, d. 11. nur auf Grund der Tatsache,
dass das einheimische Recht sie für sein Gebiet als massgebend oder
wegleitend anerkennt, und nur in diesem Umfange. Die Ergänzung dieser
im positiven Recht bestehenden Lücke hat im Wege der richterlichen
Rechtsfindung nach den in Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
ZGB aufgestellten Grundsätzen zu
erfolgen.

2. Mit den aus dem internationalen Privatrecht adoptierten Normen
über die Anwendung der Gesetze in örtlicher Beziehung kann der in den
kantonalen Prozessgesetzen enthaltene Grundsatz in Kollision treten,
dass der Richter nicht gehalten ist, anderes Recht als das einheimische
zu kennen, und daher berechtigt ist, das einheimische Recht auch da
anzuwenden, wo der Natur der Sache nach, d. h. eben gemäss den Grundsätzen
des internationalen Privatrechts, fremdes Recht anwendbar wäre. Dieser
prozessrechtliche Grundsatz geht selbstverständlich den materiellen
Rechtsanwendungsnormen vor. Die zürcherische Zivilprozessordnung
sanktioniert ihn in § 100 in der Weise, dass der Richter das fremde Recht
nur anzuwenden hat, wenn und soweit die Parteien den Inhalt desselben
nachweisen. Auf diesen kantonalrechtlichen Grundsatz hat nun aber

Obligationem'echt: N° 30. 225

die Vorinstanz ihre Entscheidung, dass das vorliegende" Rechtsverhältnis
nach schweizeriSchem' Recht zu beurteilen Sei, nicht gegründet. Sie sieht
von der An-. wendung des deutschen Rechts nicht deshalb ab, weil es ihr
nicht bekannt, oder nicht bekannt gegeben sei, sondern weil sie fand,
dass es nach den als Inhalt des eidg. Rechts zu betrachtenden Regeln
des internationalen Privatrechts über die örtliche Rechtsanwendung nicht
anwendbar sei, sondern im Gegenteil das schweizerische Privatrecht. Danach
beruht somit die Entscheidung der Vorinstanz auf der Anwendung der
eidg. Rechtsanwendungsnormen und untersteht der Überprüfung des
Bundesgerichts.

3. Hiebei ist davon auszugehen, dass es sich bei der vorliegenden
Streitsache um die Beurteilung der Rechtswirkungen eines obligatorischen
Rechtsgeschäfts handelt, die ihrer Natur nach der Regelung durch den
Parteiwillen unterliegen. Massgabend ist darnach gemäss feststehender
Rechtsprechung, welchem Rechte die Parteien das Rechtsgeschäft bei dessen
Abschluss haben unterstehen wollen oder der Sache nach voraussichtlich
unterstellt haben würden, wenn sie an die Regelung dieser Frage damals
gedacht hätten. Als allgemeine Regel wird dabei anerkannt, dass die Wahl
des Rechts des Erfüllungsortes der Natur der Sache am ehesten entspreche;
die bundesgerichtliche Praxis hat jedoch von jeher diese Annahme nicht
als starres Prinzip betrachtet, sondern erhebliches Gewicht auf das
Verhalten der Parteien überhaupt, speziell auch im Prozesse gelegt und
in zahlreichen Entscheidungen darauf abgestellt, dass die Parteien sich
im Prozess übereinstimmend auf schweizerisches Recht berufen haben,
zumal sich auch aus den sonstigen Verumständungen ergab, dass ihr Wille
wirklich schon bei Begründung des Rechtsgeschäftes dahin ging, vom Rechte
des Erfüllungsortes abzusehen und das inländische Recht als massgebend
anzuerkennen Hiefür spricht hier die Tatsache, dass der

226 Obligatienenrecht. N ° 30.

Kaufpreis in Schweizerwährung vereinbart worden ist und in der Schweiz
bei der Schweiz. Kreditanstalt Zürich zu bezahlen war. Ausserdem ist
das inländische Recht auch das natürliche Recht der in der Schweiz
domizilierten Beklagten, auf deren Verpflichtungen es vorliegend ankommt,
und es fehlen jedenfalls hinreichende Gründe, welche ihr gegenüber die
Anwendung eines andern Rechts als des jus fori rechtfertigen würden.

Wenn daher die Vorinstanz auf die Anrufung des schweizerischen Rechts
durch die Parteien mit der Begründung abgestellt hat, dass diese
Stellungnahme im Prozess mit den Akten nicht in Widerspruch stehe, so ist
ihre Entscheidung gestützt auf die konstante Praxis des Bundesgerichts
zu bestätigen. Die Klägerin ficht sie an, indem sie geltend macht,
sie habe sich nicht auf schweizerisches, sondern auf deutsches Recht
berufen. Soweit mit dieser Einwendung behauptet wird, die Vorinstanz
habe die Erklärungen der Parteien in einer bundesgesetzliche Normen
verletzenden Weise ausgelegt, ist sie nicht zu hören, da die Erklärungen
der Parteien über das anzuwendende Recht nicht vom Privatrecht beherrschte
Rechtshandlungen, sondern prozessuale Akte sind, deren Bedeutung
und Zulässigkeit sich nach dem kantonalen Prozessrecht richtet. Vor
Bundesgericht kann die Auslegung solcher Parteianbringen nur aus dem
Gesichtspunkte der aktenwidrigen Feststellung angefochten werden. Für
eine solche liegt jedoch nichts vor ; insbesondere bedeutete, wie das
Kassationsgericht zutreffend ausführt, die Berufung auf wissenschaftliche
Werke deutscher Juristen und deutsche Gerichtsurteile noch nicht die
Anrufung deutschen Rechts.

4. Ist sonach die Beschwerde, dass die Vorinstanz zu Unrecht
schweizerisches statt deutsches Recht angewendet habe, abzuweisen, so
ist weiter zu prüfen, ob das Handelsgericht das schweizerische Recht
materiell richtig zur Anwendung gebracht'habe und zwar insofern, als es
ein Fixgeschäft angenommen hat. Die Entscheidung

Obligationenrecht. ,N° 30. 227

dieser Frage hängt zunächst davon ab, ob für die streitigen Lieferungen
der erste Vertrag vom November 1919 oder ausschliesslich der zweite
vom Januar 1920 massgebend sei. Mit der Vorinstanz ist letzteres
anzunehmen. Die beiden Verträge können Wohl wirtschaftlich als
zusammengehörend betrachtet werden; allein rechtlich besteht jeder
derselben selbständig für sich. Denn einmal bezieht sich der Inhalt
der beiden zeitlich auseinander fallenden Verträge nicht auf den
gleichen Gegenstand, sondern bloss auf Ware gleicher Gattung und
Art, und sodann bestehen verschiedene Bestimmungen hinsichlich der
Art und Zeit der Ablieferung. Da im ersten Vertrage ein bestimmter
Lieferungstermin überhaupt nicht vereinbart worden ist, lässt daher die
Abwicklung desselben irgend einen Rechtsschluss auf die Bedeutung der
Lieferungsabrede im zweiten Vertrage nicht zu.

5. Der darnach einzig massgebende Vertrag vom 2. Januar 1920 enthält
die Klausel, dass die Lieferung der 1500 Badewannen spätestens bis Ende
1920 zu erfolgen habe, und es frägt sich daher, ob damit ein bestimmter
Lieferungstermin im Sinne von Art. 190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OR verabredet worden sei. Hierüber
ist folgendes, zu bemerken: Für die Ermittlung des Begriffes des Fixge
schäftes ist auf Art. 108 Ziff. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR abzustellen. Diese Bestimmung regelt
die Frage, unter welchen Umständen eine vertragliche Zeitbestimmung
im Verzugskalle die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung
unnötig macht und der blosse Verzug dem Gläubiger das Recht auf Ablehnung
der Realerfüllung und die damit verbundenen Rechte (Art. 107 Abs. 2) gibt,
also die Frage, unter welchen Umständen der Zeit jene für die richtige
Erfüllung wesentliche Bedeutung zukomme. Nach der vom Bundesgericht in
ständiger Rechtsprechung festgehaltenen Auslegung ist ein Fixgeschäft
dann anzunehmen, wenn die Erfüllungszeit hinsichtlich einer vertraglichen
Leistung zu einem wesentlichen Vertragsbestandteil erhoben ist, wenn
also der Vertrag nur durch

228 ' Obiigationenrecht. No: 39.

Vornahme der Leistung zur genau bestimmten, Zeit oder? binnen einer
festbestimmten Frist erfüllt werden kann-'

m. a. W. das Geschäft nach der Willensmeinung der Parteien mit der
Einhaltung des .Erfüllungstermins stehen und fallen soll. Nach bekannter
Regel hat dabei derjenige, der sich auf den Fixgeschäftscharakter des
Vertrages im Sinne von Art. 108 Ziff. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR beruft, zu beweisen, dass
der Vereinbarung eines bestimmten Leistungstermins nach dem Parteiwillen
diese Bedeutung zukam.

Von dem allgemeinen Grundsatz des Art. 108
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
OR weicht nun das Gesetz
in Art. 190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OR insofern ab, als es für den kaufmännischen Verkehr
die Vermutung aufstellt, dass wenn ein bestimmter Iieferungstennin
verabredet ist, die Parteien ein Fixgeschäft gewollt haben (vgl. AS
46 II S. 166 und dort. Zit.). Nach Art. 190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OR hat also der Käufer nur
darzutun, dass ein kaufmännischer Verkehr vorliege und vertraglich ein
festbestimmter Lieferungstermin verabredet worden sei, gestützt auf welche
beiden Tatsachen die Vermutung für das Bestehen eines Fixgeschäftes Platz
greift. In welcher sprachlichen Ausdrucksweise dabei der Leistungstermin
bestimmt wird, ist völlig unerheblich; erforderlich ist nur, dass der
Zeitpunkt, in welchem oder bis zu welchem geliefert werden muss, mit
der getroffenen Abrede in einer Weise zum Ausdruck gebracht ist, dass
keinerlei Zweifel darüber bestehen können. Die in Art. 190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
OR enthaltene
Vermutung ist jedoch widerlegbar; sie kann entkräftet werden durch den
Nachweis, dass der Parteiwille nicht auf ,den Abschluss eines derartigen
Geschäftes ging, die Parteien also den vereinbarten Erfüllungstermin
nicht als wesentlich betrachteten, oder dass sie denselben nachträglich
wieder aufgegeben,"sei es ausdrücklich oder durch konkludente Handlungen ,
und so das Fixgeschäft in ein Mahngeschäft umgewandelt haben.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden

Obligationenrech N° 30. 229

Fall an, so kann zunächst keinem Zweifel unterliegen, dass es sich
hier um einen kaufmännischen Verkehr handelt. Anderseits ist aber auch
die Voraussetzung eines bestimmten Lieferungstermins erfüllt, indem mit
der vertraglichen Vereinbarung: lieferbar spätestens bis Ende 1920 als
Endtermin der Erfüllungszeit in zweifelsfreier Weise der 31. Dezember 1920
bestimmt ist. Dass die Parteien trotz dieser Verabredung einFixgeschaft
nicht gewollt haben, hat die Klägerin nicht dargetan, sodass daher die
gesetzliche Vermutung für ein solches nicht zerstört ist.

6. Nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz, auf die hier
verwiesen werden kann, ist für die Frage der Rechtzeitigkeit der Lieferung
entscheidend auf den Zeitpunkt der Übergabe der Wannen an die Bahn in
Lüneburg, als dem für die Verpflichtungen der Klägerin massgebenden
Erfüllungsort abzustellen. Nach der verbindlichen Feststellung
im angefochtenen Urteil nun hat die Klägerin den Lieferungstermin
hinsichtlich der beiden Wagen Baden Nr. 26 355 und Kassel Nr. 17,851
eingehalten, bezüglich des dritten Wagens Hannover dagegen überschritten,
sodass grundsätzlich die Abnahmepflicht der Beklagten für die auf jene
beiden ersten Wagen entfallenden 148 Badewannen bestand.

7. Für das zweite Rechtsbegehren, worin die Klägerin Abnahme von weiteren
873 Badewannen verlangt entfällt mit der Annahme eines Fixgeschäftes
jede Grundlage, da die Abnahmepflichtder Beklagten mit dem 31. Dezember
1920 erloschen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 12. Oktober

1922 bestätigt.

AS 49 II 1923 16
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 49 II 220
Datum : 09. Mai 1923
Publiziert : 31. Dezember 1924
Quelle : Bundesgericht
Status : 49 II 220
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 220 Obligationenrecht. N° 30. clusions jN°l 1 et 2 de la demande sont admises. Pour


Gesetzesregister
OG: 56
OR: 108 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 108 - Die Ansetzung einer Frist zur nachträglichen Erfüllung ist nicht erforderlich:
1  wenn aus dem Verhalten des Schuldners hervorgeht, dass sie sich als unnütz erweisen würde;
2  wenn infolge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nutzlos geworden ist;
3  wenn sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien ergibt, dass die Leistung genau zu einer bestimmten oder bis zu einer bestimmten Zeit erfolgen soll.
190
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 190 - 1 Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
1    Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungstermin verabredet und kommt der Verkäufer in Verzug, so wird vermutet, dass der Käufer auf die Lieferung verzichte und Schadenersatz wegen Nichterfüllung beanspruche.
2    Zieht der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er es dem Verkäufer nach Ablauf des Termines unverzüglich anzuzeigen.
ZGB: 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesgericht • vorinstanz • frage • schweizerisches recht • vermutung • handelsgericht • lieferung • internationales privatrecht • rechtsbegehren • 1919 • zweifel • rechtsanwendung • weiler • entscheid • monat • norm • zins • richtigkeit • wille
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