202 Obllgatlonenreebt. N° si2'Jsi.

summe und dem Fakturabetrag für den angeblich gelieferten ersten Wagen,
scheitert an der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der
Vorinstanz, dass dieser Wagen n i c h t abgeliefert worden ist.

e) Da das vorinstanzliche Urteil von den 500 Fr., welche die Klägerin
(oder die Beklagte) als Provision an Bungard habe auszahlen lassen,
nicht spricht, könnte sich nur fragen, ob eine Beweisergänzung in dieser
Hinsicht anzuordnen sei. Allein auch wenn die Tatsache der Zahlung an
sich bewiesen Wäre, so würde sie nicht genügen, um einen entsprechenden
Abzug von der Klageferderung zu rechtfertigen: es bedürfte dazu der
Behauptung und des Nachweises, dass die Zahlung im Auftrag der Klägerin
erfolgte und das vorliegende Geschäft betreffe. ·

d) Eine Herabsetzung wegen allfälligen Mitverschuldene der Klägerin
fällt schon deshalb ausser Betracht, weil es sich nicht um eine
Schadenersatzfordemng handelt-sondern um einen Anspruch auf
Rückerstattung.

e) Die Festsetzung des Zinsfusses auf 6 °]° beruhtauf der Annahme, dass
dieser Zinsfuss dem üblichen Bankdiskont im Handelsverkehr entspreche ;
gegen diese Annahme der Vorinstanz lässt sich nichts einwenden.

Demnach erkennt das Bundesgerichi : Die Berufung wird abgewiesen und das
Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 25. Januar 1923 bestätigt.

Obligationeru'echt, N? 28, 383

28. M der II. Zivilabteilung vom 2. Mai 1923 i. 8. Peter gegen
Plänen Vorkaufsrecht: Die Bedingung, dass der Kaufvertrag nur Geltung
haben solle, wenn das Vorkauisrecht nicht ausgeübt werde, kann dem
Vorkaufsberechtigten, der in den Kaufvertrag eintreten will, nicht
entgegengehalten werden, es sei ,denn, dass ihm die Bedingung von Anfang

an bekanntgegeben worden sei. (Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
. ZGB).

A. Die Klägerin Louise Bläuer und ihre Schwester, die Beklagte Martha
Peter-Blauer, waren Miteigentümerinnen eines im Winkel in Scheren
gelegenen Heimwesens. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom
2. März 1922 veräusserte Frau Peter ihren Miteigentumsanteil an ihren
Schwiegervater Albrecht Peter, wobei in den Kaufvertrag folgende
Bestimmung aufgenommen wurde: Dieser Vertrag tritt erst in Kraft,
wenn die erforderliche Verzichtleistung seitens der Miteigentümerin
Fräulein Louise Bläuer vorhanden ist. Sollte eine solche Erklärung nicht
erhältlich sein, so fällt dieser Kaufvertrag dahin. Der beurkundende
Notar, Gerber, gab der Klägerin, ohne jedoch die zitierte Bedingung
zu erwähnen, vom Abschluss des Kaufvertrages Kenntnis, und forderte
sie auf, auf das ihr nach Art. 682
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 682 - 1 Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.591
1    Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.591
2    Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird.
3    ...592
ZGB zustehende Vorkaufsrecht zu
verzichten. Mit Zuschrift vom 21. März 1922 erklärte aber die Klägerin,
sie mache von ihrem Vorkaufsreeht Gebrauch und verlange Übertragung der
Liegenschaft. Daraufhin teilte Notar Gerber ihr mit, dass der Kaufvertrag
nur unter der Bedingung ihres Verzichtes geschlossen werden und, nachdem
diese Bedingung nicht eingetreten, dahingefallen sei.

Mit der vorliegenden Klage verlangte die Klägerin Übertragung des
hiiteigentumsanteiles der Beklagten auf sie zu den im Vertrage vom
2. März 1922 vorgesehenen Bedingungen.

204 Obligationenrecht. N° 28.

Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage, sie machte geltend, die
Suspensivbedingung, von der die , Wirksamkeit des Kaufvertrages abhängig
gemacht worden sei, sei nicht eingetreten, ein perfekter Vertrag, in den
die Klägerin eintreten könnte, liege daher nicht vor. Widerklageweise
verlangte die Beklagte die Feststellung, dass sie berechtigt sei, sofort
die Auflösung des Miteigentums zu verlangen.

B. Der Appellationshof des Kantons Bern hat mit Urteil vom 9. November
1922 die Klage wesentlich gestützt auf Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB zugesprochen und die
Widerklage abgewiesen.

C. Hiegegen richtet sich die vorliegende Berufung, mit welcher die
Beklagte neuerdings Gutheissung ihrer Widerklage und Abweisung der
Hauptklage beantragt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann über die in den
Kaufvertrag vom 2. März 1922 aufgenommene Bedingung nicht schon deswegen
hinweggegangen werden, weil die Beklagte kein Interesse daran habe,
ihren Miteigentumsanteil statt an die Klägerin an einen Dritten zu
übertragen. Die Gültige keit vertraglicher Abmachungen hängt nicht davon
ab, ob die Parteien daran ein Interesse haben oder nicht. Zudem hat die
Beklagte ein an sich schutzwürdiges Interesse dargetan, indem sie darauf
hinwies, ihr Schwiegervater habe bisher das Grundstück in Pacht gehabt,
sie habe daher ihren Anteil ihm zuwenden wollen.

Auch die Verweisung auf das Urteil des Bundesgerichts in Sachen
Kuhn c. Wiederkehr (AS 42 II. 28) ist nicht ohne weiteres schlüssig,
wenigstens insofern nicht, als dort der Grundsatz aufgestellt wurde, ein
nach erfolgtem Eintritt des Vorkaufsberechtigten erklärter Rücktritt des
Verkäufers vom Kaufvertrag vermöge die Rechte des Vorkaufsberechtigten
nicht mehr zu beeinträchtigen. Im vorliegenden Falle handelt

Obligationenrecht. N° 28. 205

es sich nicht um einen solchen nachträglichen Rücktritt von einem
perfekten Kaufvertrag, sondern um den Wegfall bezw. Eintritt einer von
Anfang an in den Vertrag aufgenommenen Bedingung.

2. Dagegen liegt im Verhalten der Beklagten in der Tat ein Verstoss gegen
Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB. So, wie das Vorkaufsrecht im ZGB geregelt ist, gibt es dem
Berechtigten einen Anspruch darauf, das Grundstück an sich zu ziehen,
sobald der Verkäufer gegenüber einem Dritten in verbindlicher Weise
seinen Verkaufswillen ausgedrückt hat. Mit der Eintrittserklärung des
Berechtigten erfolgt ipso iure ein Wechsel in der Person des Erwerbers,
ohne dass dem Verkäufer hinsichtlich der Frage, wem das Grundstück
zukommen soll, dem Verkaufsberechtigten oder dem Drittkäufer, eine
Entscheidungebefugnis zustî'mde. Das Gesetz will vielmehr in dieser
Beziehung einzig auf die Entschliessung des Verkaufsberechtigten
abstellen. Dem Eigentümer steht es frei, die Liegenschaft überhaupt nicht
zu verkaufen und damit das Vorkaufsrecht illusorisch zu machen, Willigt
er aber in einen Verkauf ein, so muss er sich kraft des Vorkaufsrechtes
den Eintritt des Berechtigtengefallen lassen. Ein Vorbehalt, wie er von
der Beklagten in den Kaufvertrag aufgenommen wurde, widerspricht somit
der Natur des Vorkaufsrechtes. Wollte die Beklagte den Verkauf von dem
Verzicht der Klägerin auf ihr Eintrittsrecht abhängig machen, so wäre
sie daher nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die Klägerin zum
vorneherein darauf aufmerksam zu machen und da sie diesem Gebote nicht
nachgekommen ist, muss sie es sich gefallen lassen, dass die Klägerin sie
bei der Mitteilung, der Miteigentumsanteil gelange zum Verkaufe, behaftet.

Ein Verstoss gegen Treu und Glauben liegt aber im Verhalten der Beklagten
auch insofern, als die Klägerin dadurch veranlasst werden konnte, die
für den Kauf erforderlichen Mittel bereitzustellen, Kapitalien flüssig

296 Obhgationenrecht. N° ,28.

zu machen, sich um die Gewährung von Hypothekendarlehen zu bemühen
etc. Die Beklagte musste sich sagen, dass wenn sie die Klägerin über
ihre Absichten nicht aufkläre, diese zu Schaden kommen könne. In dieser
Hinsicht hat die Vorinstanz mit Recht auf das schon angeführte Urteil
i. S. Kuhn gegen Wiederkehr verwiesen. Das Bundesgericht hat in jenem
Urteil in eingehender Begründung die praktischen Nachteile dargetan,
die für den Vorkaufsberechtigten aus der Aufnahme solcher Bedingungen
in den Kaufvertrag entstehen können, und es hat speziell auch darauf
hingewiesen, dass, wollte man Vorbehalte nach Art des im Streite liegenden
als zulässig erklären, die Gefahr bestünde, dass der Verkäufer durch
unlautere Machenschaften praktisch überhaupt an der Ausübung seines
Rechtes gehindert würde. Der Eigentümer wäre in der Lage, durch immer
neue Kaufverträge den Vorkaufsberechtigten zu zwingen, sich beständig
zur Erfüllung neuer und wechselnder Kaufbedingungen bereit zu halten,
bis er schliesslich den Kampf aufgeben und auf die Geltendmachung des
Vorkaufsrechtes verzichten würde. Dass die Beklagte im vorliegenden
Falle derartige unlautere Zwecke verfolgte, ist allerdings nicht
dargetan worden. Allein für die Frage der Zulässigkeit des in den
Vertrag aufgenommenen Vorbehaltes, kann nicht nur auf den konkreten
Fal} abgestellt werden. Massgebend ist vielmehr, ob im allgemeinen
die Auf-nahme von Bedingungen dieser Art nach den Grundsätzen von Treu
und Glauben mit dem Vorkaufsrecht vereinbar sind. Diese Frage aber muss
nach dem Gesagten verneint werden, wenn wenigstens der Berechtigte nicht
zum vornherein über die Sachlage aufgeklärt wird. Wird allerdings diese
Aufklärung rechtzeitig vorgenommen, so liegt eine Beeinträchtigung der
Rechtsstellung des Vorkaufsberechtigten nicht vor, weil er dann einfach
zu erklären braucht, er halte an seinem Vorkaufsrecht fest. '

Obligationenrecht. N° 28. 207

Ob der Kaufvertrag resolutiv oder suspensiv bedingt wird, kann vom
Standpunkt des Art. 2 aus keinen Unterschied machen. Es braucht daher
nicht untersucht zu werden, ob die von der Beklagten in den Kaufvertrag
aufgenommene Klausel als Resolutivoder als Suspensivbedingung zu
betrachten ist.

Schon Doktrin und Praxis des gemeinen Rechtes haben sich denn auch auf
den Standpunkt gestellt, eine in den Kaufvertrag aufgenommene Bedingung,
dass der Vertrag nur zur Ausführung gelangen solle, wenn das Vorkaufsrecht
nicht geltend gemacht werde, hindere den Eintritt des Vorkaufsberechtigten
nicht (vgl. JAEGER, Das Vorkaussfsrecht, Marburg 1893 p. 89, und die dort
Zitierten). Einen grundsätzlich entgegengesetng Standpunkt nahm in der
Folge das Allgem. Preussische Landrecht ein. Dabei wurde dann aber ein
Korrektiv in der Richtung geschaffen, dass der Eigentümer für den dem
Vorkaufsberechügten durch das Dahinfallen des Vertrages entstandenen
Schaden ersatzpflichtig erklärt wurde. Die moderne Literatur hat
allgemein die gemeinrechtliche Auffassung wieder zur Geltung gebracht
(vgl. auch die ausdrückliche Bestimmung des BGB § 506), wenn daher der
schweizerische Gesetzgeber eine abweichende Regelung hätte treffen wollen,
so wäre dies im Gesetze zweifelsohne in unzweideutiger Weise zum Ausdruck
gebracht worden.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des
Kantons Bern vom 9. November 1922 bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 49 II 203
Datum : 25. Januar 1923
Publiziert : 31. Dezember 1924
Quelle : Bundesgericht
Status : 49 II 203
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 202 Obllgatlonenreebt. N° si2'Jsi. summe und dem Fakturabetrag für den angeblich


Gesetzesregister
ZGB: 2 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
682
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 682 - 1 Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.591
1    Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.591
2    Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird.
3    ...592
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bedingung • vorkaufsrecht • vorinstanz • bundesgericht • frage • weiler • treu und glauben • miteigentumsanteil • schaden • widerklage • verhalten • notar • wille • suspensivbedingung • zinsfuss • zugang • beendigung • beginn • kantonsgericht
... Alle anzeigen