166 Obligationenrecht. N° 24.

so ist er daher zum Gegcnbeweis für diese Behauptung zuzulassen.

5. Entgegen der Auffassung des Vertreters der Berufungskläger hat
nun die Vorinstanz den Umstand, dass der Kläger seine Stelle nach dem
Unfall behalten hat, und einstweilen den vollen Lohn weiterbezieht,
bei Festsetzung der Entschädigung berücksichtigt ; denn sie hat gerade
im Hinblick auf diesen Umstand, sowie aus der weiteren, naheliegenden
Erwägung, dass der Lohn des Klägers mit der Abnahme der Teuerung sinken
werde, die Gesamtentschädigung, welche unter Zugrundelegung einer
dauernden Verminderung der Arbeitsfähigkeit um 10% und eines monatlichen
Einkommens von 550 Fr. rund 10,000 Fr. erreichen würde, um volle 3000
Fr. herabgesetzt. Wenn die Vorinstanz dabei in Betracht gezogen hat,
dass es einzig vom Willen des Arbeitsgebers abhänge, ob und wann der Lohn
des Klägers reduziert werde, und dass dessen Schlechterstellung auf dem
Arbeitsmarkte sich zeigen werde, wenn er in den Fall komme, eine andere
Stelle zu suchen, womit gerechnet werden müsse, so lässt sich gegen diese
Erwägungen nichts einwenden, da sie der Vernunft und der Lebenserfahrung
entsprechen, und gemäss Art. 42 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
1    Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
2    Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen.
3    Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.26
OR bei Abschätzung des nicht
ziifermässig nachweisbaren Schadens auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge
abzustellen ist. Ein Grund zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils
im Sinne einer weiteren Ermässigung liegt umso weniger vor, als die
Vorinstanz die an sich durchaus gerechtfertigte Kapitalisierung der dem
Kläger gebührenden Rente zu dem verhältnismässig hohen Zinsfusse von 5%
vorgenommen hat.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 17. November 1922 bestätigt.Obligationenrecht. N° 25. . 167

25. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. April 1923
i. S. Schweiz. Genossenschaftshank gegen Stra]: und Genossen.
Bürgschaft. Gültigkeit wegen Bestehens einer Hauptschuld (Darlehensschuld
aus Krediteröifnung). Anfechtung wegen wesentlichen Irrtums : Irrige
Meinung, eine Grundpfandverschreibung statt einer Solidarhürgschaft zu
unterschreiben. Zulässigkeit dieser Anfechtung ; Begründetheit.

A. In Anbetracht der damals herrschenden Wohnungsnot, und im Hinblick
auf finanzielle Unterstützungen des Bundes, des Kantons und eventuell
der Gemeinde bildete sich am 6. August 1919 in Brig die Genossenschaft
Wohnungsfürsorge , welche sich den Zweck setzte, den Bau von Eigenheimen
zu fördern und zu unterstützen. Aus den Statuten ist hervorzuheben :

Art. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
. . ..... Die Genossenschaft ist gemäss Art. (recte Titel) 27 OR
konstituiert und im Handelsregister eingetragen. Sie sucht keinen Gewinn
zu erzielen. Jeder Übernehmer eines Eigenheimes ist für die aus dieser
Übernahme entstehenden finanziellen Verpflichtungen selbst haftbar ......

Art. 2. Die rechtsverbindliche Unterschrift führen der Präsident und
der Sekretär des Verwaltungsrates kollektiv.

Art. 3. Die Genossenschaft besteht aus zwei Kategorien von Mitgliedern :

a) Mitgliedern, die, ohne Bauinteressenten zu sein, die Genossenschaft
in ihren Bestrebungen unterstützen;

5) Bauinteressenten.

Die Mitgliedschaft wird erworben auf Grund einer schriftlichen Anmeldung
und der Bezahlung eines Eintrittsgeldes von 10 Fr ......

Art. 4. Finanzielle Verpflichtungen der Bauinteressenten : Jeder
Übernehmer einer Wohnung hat mindestens 5 o]0 des Anlagewertes bei Antritt
der Wohnung bar einzuzahlen. Die Amortisationssumme beträgt jährlich

168 Obligationenrecht. N° 25.

mindestens 5 of}, des Anlagewertes, und ist der Rest der Kaufsumme
vom Übernehmer eines Objekts der Genossenschaft hypothekarisch
sicherzustellen.

Für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft als solcher haftet nur
deren Vermögen. Jede persönliche Haftbarkeit ist ausgeschlossen.

Art. 5. Die Organe der Genossenschaft sind : 1. die Generalversammlung;
2. der Verwaltungsrat; 3. der Vorstand ; 4. die Rechnungsrevisoren.

...... Der Verwaltungsrat besteht aus neun Mitgliedern. Diese sind
in erster Linie aus den Garanten des der Genossenschaft zur Verfügung
gestellten Baugrundes zu wählen.... Er hat die Oberaufsicht über-alle
Geschäfte und vertritt die Genossenschaft nach aussen.

Der Vorstand besteht aus fünf Mitgliedern.... Er hat sämtliche internen
Geschäfte zu besorgen.

Am 2. Februar 1920 fand die Eintragung in das Handelsregister statt;
als Präsident des Verwaltungsrates wurde Dr. Bürcher, Arzt in Brig,
und als Sekretär Alb. Flückiger angegeben.

B. Bei der Gründung der Genossenschaft, an welcher vierundvierzig
Personen teilnahmen, verlas der Präsident ein Schreiben der Beklagten,
Filiale Brig der Schweizer. Genossenschaftsbank, worin diese erklärte,
die Finanzierung des Unternehmens bis zu 90 oo besorgen zu wollen ; er
teilte auch mit, dass bereits zehn Kommissionsmitglieder' den Landankauf
unter persönlicher Haftung eingegangen seien.

Mit Kaufvertrag vom 25. Juli 1919 hatte. nämlich Advokat Dr. Petrig eine
für die Erstellung der Eigenheime in Aussicht genommene, 4625 m2 haltende
Wiese im Höllmattengebiet bei Brig an Dr. Bürcher und Ge-nossen verkauft
; diese traten mit Kaufvertrag vom 1. Februar 1920 hievon 517 m2 an den
Kläger Strub ab.

In einer an den Hauptsitz der Beklagten in St. Gallen gerichteten
Zuschrift vom 3. Januar 1920 bemerkte der Leiter der Filiale Brig über
die Kreditgewährung an dieObligationenrecht. N° 25. . 169

Genossenschaft Wohnungsfürsorge : Eine Ablehnung des Kredits für
Wohnungsbau wird wohl nicht gut möglich sein, nachdem bekannt ist,
dass wir den Eisenbahnern einen gleichen Kredit gewährten. Wohl aber
liessen sich die Bedingungen so stellen, dass wir zu einer Mehrdeckung
kämen. Ich denke hier an eine Hereinnahme von Hypotheken auf Güter von
den Interessenten.

Am 20. Februar 1920 beschloss dann der Verwaltungsrat der Beklagten,
der Genossenschaft unter Vorbehalt einen Baukredit von 330,000 Fr. zu
gewähren.

Am 24. Januar 1920 verpflichteten sich die Bauinteressenten, worunter
die heutigen Kläger, der Beklagten gegenüber zur Bezahlung der an
Stelle der Gemeinde übernommenen , 7 1/2 0/0 Subvention zur Förderung
des gemeinsamen Wohnungsbaues.

Am 23. März 1920 schrieb die Beklagte an Dr. Bürcher als Präsidenten
der Genossenschaft, sie Wünsche eine Bestätigung der Walliser Regierung,
dass die Subvention von 6 0/0 der Bausumme bezw. eine erste Quote von 2
"{I bei Erreichung der Kellerhöhe ausgerichtet werde ; ferner solle er
dafür besorgt sein, dass die Grundpfandverschreibung für die Grundstücke
für den total bewilligten Baukredit erstellt werde.

Das Departement des Innern des Kantons Wallis teilte hierauf der
Genossenschaft am 31. März mit, dass ihr Anteil am Bundesbeitrag sich
auf 60,000 Fr., und die kantonale Subvention auf 24,000 Fr. belaufe.

Am 4. April 1920 schrieb die Genossenschaft der Beklagten, sie nehme
gerne an, dass nunmehr, nach Einreichung der verlangten Vorlagen, der
Eröffnung des ihr zugesprochenen Kredits nichts mehr im Wege stehe :
Die Erstellung der Grundpfandverschreibung wurde uns durch Ihren Herrn
Direktor Pfammatter, in Fertigung durch Herrn von Sepibus in Mère},
in Ausssicht gestellt, und wollen Sie uns den Zeitpunkt bestimmen,
wann der betreffende Akt zur Unterzeichnung unserseits bereit ist ......

170 Obîigatienenrecht. N° 25.

C. Am 13. April 1920 errichtete nun Notar A. von Sepibus in Mörel eine
als Kontokorrent Kreditakt mit Grundpfandversicherung betitelte,
auf zwei Doppelbogen sieben Folioseiten umfassende, notarielle Urkunde,
in welcher es heisst :

Erscheint Herr Joseph Riklin.... Direktor der
Schweizer. Genossenschaftsbank in St. Gallen,'für ihre Filiale in Brig
einerseits, welcher mit den Herren Dr. Eugen Bücher.... und Robert
Messmer.... wohnhaft in Brig, handelnd hier und sich stark tragend für
die Genossenschaft für Wohnungsfürsorge Brig und Umgebung, nachfolgenden
Kreditakt vereinbaren :

l. Die Schweiz. Gen.-Bank in St. Gallen eröffnet durch ihre
Zweigniederlassung in Brig den ohgenannten Herren Dr. Bürcher und Messmer,
Handelsmann, einen Kredit in laufender Rechnung bis zum Betrage von
330,000 Fr. Demzufolge erklären sich die Herren Dr. Bürcher und Messmer
ohgenannt, sich von jetzt an als Schuldner der Schweiz. Gen.-Bank sich zu
stellen aller derjenigen Summen, die (sie) auf Rechnung dieses Kredites,
sei's direkt durch Bezüge bei der Bank, sei's mittelst Barsendungen
derselben, oder aber in Tratten, Mandate(n) oder andern Anweisungen
auf die Kreditgeberin, welche von dieser bezahlt werden, beziehen
werden. 2. Die Kreditnehmer obgenannt verpflichten sich namentlich: a)
von denjenigen Summen, die sie kraft dieses Kredites direkt 'beziehen
oder über die sie verfügen werden, den von der Bank festgesetzten
Zins.... zu bezahlen ..... (b) 3. und 4. (Weitere Verpflichtungen der
Kreditnehmer). 5. Da der eröffnete Kredit ein(en) Baukredit (bildet),
so kommen die Parteien überein, dass die Kreditsumme je nur im Verhältnis
der ausgeführten Bauten für Wohnungsfürsorge Brig und Umgebung ausbezahlt
werde....

Erscheinen zu diesen noch Herr Dr. Bürcher...., Robert Messmer ...... ,
hier handelnd und sich stark tragend für die Fa. Behlés & Cie, Flückiger
Albert.... vertreten

Obligationenrecht. N° 25. 171}

durch Dr. Büroher, Domig Oskar...., Hauri Hermann...., Clausen Joseph
Marie...., Emil Biderbost...., Strub Daniel (?).... Zenklusen Leopold....,
Brechbühl Fritz...., Färber Fritz...., welche erklären, sich als
Solidarbürgen zu stellen für die obgenannte Forderung von 330,000 Fr.
Zur Sicherstellung des vorstehenden Kredites von 330,000 Fr. nebst
Zinsen und Anhang wird in Hypotheke gegeben: (folgt die detaillierte
Bezeichnung der den 11 Bauinteressenten in der Höllmatte gehörenden
Einzelgrundstücke nebst darauf stehenden Neubauten) ; mehr wird von den
10 (recte 11) obgenannten Herren in Hypotheke gegeben ihr gemeinsames
Eigentum Grundstück in der Höllrnatte.... Der Schweiz. Gen.-Bank als
Gläubigerin wird das Nachrückungsrecht hiemit erteilt.

Also geschehen am obgenannten Orte und Datum, Parteien vorgelesen in
Gegenwart der HH. Salzgeber.... und Keller.... Zeugen, welche mit den
Parteien und mir Notaren unterzeichnen.

Gez. Joseph Riklin, Bankdirektor, Dr. Bürcher, pp. Behles & Cie
R. Messmer, Fritz Färber, F. BrechbühlGötz, Leopold Zenklusen,
Strub Theod., E. Biderbost, Clausen Jos. Marie, Hermann Hauri, für
H. Flückiger in V. Dr. Bürcher, Domig Oscar, M. Salzgeber, A. Koller,
Alphons v. Sepibus Notar.

In Wirklichkeit hatten von sämtlichen 11 Bauinteressenten nur Dr. Bär-eher
und Messmer der Aufnahme der Urkunde beigewohnt. Auch die angegebenen
Zeugen waren bei der Niederschrift nicht anwesend, sondern nur beim
Vorlesen des Aktes. Über dessen Zustandekommen gibt der Notar in seiner
Einvernahme folgende Schilderung :

Ich wurde auf das oberhalb der Bankschalter befind liche Bureau
berufen. Hier teilte mir Herr Direktor Riklin die Bedingungen, wie
sie zwischen der Bank und der Genossenschaft vereinbart werden, mit ;
auch Herr Pfammatter war anwesend. Ich brachte sie zu Papier, richtete
hin und wieder Fragen an sie, um über

172 Obligationenrecht. N° 25.

die eine oder andere Sache näheren Aufschluss zu er halten, und so kam
der Inhalt zu Stande. Der Akt wurde fortlaufend geschrieben, wie mir der
Direktor oder die Parteien den Willen mitteilten.... Nach Beendi gung
wurde die Urkunde in üblicher Weise vorgelesen und von den Anwesenden
unterzeichnet. Die Zeugen und ich unterschrieben, nachdem die Urkunde
von den Parteien unterzeichnet war. Direktor Riklin sagte dann, ich
solle den Akt da lassen und eines andern Tages zurückkcmmen, um die
fehlenden Unterschriften beisetzen zu lassen....

Die übrigen 9 Bauinteressenten wurden erst tagsdarauf (am 14. April)
von Messmer namens der Baukommission der Genossenschaft eingeladen,
morgen auf der Genossenschaitsbank vorzusprechen zwecks Unterzeichnung
des Hypothekaraktes. Es wurde ihnen dann am Schalter die Urkunde, ohne
Erläuterung ihres Inhalts, zur Kenntnisnahme und Unterzeichnung vorgelegt,
und sie unterzeichneten dieselbe dort.

D. Am 13. Dezember 1921 betrieb die Beklagte die Genossenschaft
für eine Forderung von 333,799 Fr. 40 Cts. nebst 6 0/0 Zins seit
30. November 1921 auf Grundpi'andverwertung, wobei sie als Grund der
Forderung Kreditgewährung angab. Die Genossenschaft erhob nicht
Rechtsverschlag.' Am 13. Februar 1922 erteilte sie der Beklagten
Richtigbefundsanzeige ihres Rechnungsauszuges mit einem Saldo von 335,602
Fr. 05 Cts. per 31. Dezember 1921.

E. Die Beklagte erhob am 13. Dezember 1921 auch gegen die Bauinteressenten
persönlich ordentliche Betreibung auf Pfändung oder Konkurs je für den
nämlichen Betrag von 333,799 Fr. 40 Cts., nebst Zinsen, aus Bürgschaft zu
Gunsten der Genossenschaft Wohnungsfürsorge Brig. Abgesehen von Behlés
& Cie, Zenklusen und Dr. Büreher schlugen alle Recht vor. Die Beklagte
verlangte und erhielt am 13. Februar 1922 provisorische Rechtsöffnung.

Obligationenrecht N° 25. 123

Inzwischen, am 9. Februar 1922, hatte sich Biderbost von Dr. Bürcher
folgende Rückbürgschaftserklärung ausstellen lassen : Der Unterzeichnete
Herr Dr. Bürcher, Arzt, wohnhaft in Brig, anerkennt-, dass Herr Biderbost
Emil, Sons-Chef, wohnhaft in Brig, bei der Schweiz. Genossenschaftsbank
in Brig sich für 330,000 Fr. gemäss Akt vom 13. April 1920, Alphons von
Sepibus Notar...., als Solidarbürge gestellt. Er erklärt hiemit, sich
gegenüber Herrn Biderbost als Rückbürge zu stellen, und für eventuelle
Verantwortlichkeit haftbar zu sein.

Gez. Dr. Bürcher. Gez. E. Biderbost.

Strub, Dcmig und Hauri fragten ihrerseits bei der Beklagten an, ob nicht
die Solidarhürgschaft aufgehoben werde, wenn die Beteiligten ihren Anteil
zahlen, oder wenigstens sicherstellen.

Zudem beanspruchte Hauri bei seiner Steuererklärung pro 1922 den
Schuldenabzug für den Betrag von 330,000 Fr.

F. Am 24. Februar und 8. März 1922 erhoben Strub, Brechbühl,
Domig,Biderbost, Clausen und Hauri die vorliegende Aberkennungsklage,
mit den Rechtshegehren :

1. Die Aberkennungsklage auf den Rechtsöffnungsentscheid vom 13. Februar
1922 für die summe von 333,799 Fr. 40 Cts. nebst Zinsen sei als begründet
zu erklären.

2. Die solidarbiirgschaft sei zu annullieren und die Kläger seien von
dieser Solidarbürgsehaft enthoben.

3. Die Hypothekbestellung sei nichtig und zu annullieren.

G. Die Beklagte beantragte Abweisung sämtlicher Klagebegehren, wobei sie
in Bezug auf Rechtsbegehren 3 behauptete, es liege eine nach kantonalem
Prozessrecht unzulässige Klageänderung vor.

Subsidiär stellte die Beklagte auf dem Weg der Widerklage den Antrag,
Theodor Strub und Genossen seien ihr gegenüber zur solidarischen Zahlung
einer Ent-

174 Obligationenrecht. N° 25.

schädigung im Betrag von 333,799 Fr. 40 Cts. nebst Zins zu verurteilen;
zur Begründung machte sie geltend, die Kläger und Widerbeklagten haften
ihr nach Art. 26
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 26 - 1 Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
1    Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
2    Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.
OR für den vollen Ersatz des aus dem Dahinfallen des
Vertrages erwachsenen Schadens.

H. Aus den Aussagen der einvernommenen Hauptzeugen ist folgendes
Wesentliche hervorzuheben:

(1) Dr. Bürcher:

Beim Akt handelte Messmer als Bevollmächtigter des Flückiger, damaligen
Sekretärs.

Einige Interessenten waren beruflich am Erscheinen verhindert; Messmer
wurde dann beauftragt, die Fehlenden zur Unterzeichnung des Aktes
einzuladen, von dem sie bereits wenigstens dem Inhalt nach Kenntnis
hatten, und bei Unterzeichnung Kenntnis nehmen sollten.

Wir fassten es in dem Sinne auf, dass mit a Hypothekarakt auch die
Solidarbürgschait gemeint sei, so wie die Bank es verlangt hat.

Pfammatter, der damalige Verwalter der Filiale Brig der
Genossenschaftsbank, welcher unsern Sitzungen beigewohnt hat, eröffnete
uns die Bedingungen des Anleihens. Es geschah in den Anfangs Sitzungen in
Anwesenheit der Bauinteressenten. Diese Kenntnisgabe erfolgte mündlich ;
doch glaube ich, dass sie später schriftlich bestätigt wurde.

Die Erklärung der Kläger, "sie hätten nicht gewusst, dass sie auch
Solidarbürgschaft zu leisten haben, kann m. A. 11. nicht stimmen, weil
die Sache unter uns allgemein bekannt war.

Die Summe Von 333,799 Fr. 40 cts. wurde uns ausbezahlt. :siz

b) Pfammatter:

Ich erinnere mich, dass ich ein erstes Mal in einer ihrer Versammlungen
ob es eine Generalversammlung war, weiss ich nicht ihnen mitteilte,
die Genossenschaftebank verlange weitere Garantien, und zwar insbesondere

Obligationenrecht. N° 25. 175

Bürgschaft ich brauchte diesen allgemeinen Ausdruck. Etwas später
erhielt ich von St. Gallen die Mitteilung, es werde Solidarbürgschaft
durch sämtliche Bauinteressenten verlangt ; ich machte alsdann hievon
ihnen ob nur demVerwaltungsrat oder der Generalversammlung erinnere
ich mich nicht mehr Mitteilung. Die Angelegenheit fällt in die Zeit,
in der ich an Gedächtnisschwäche litt.

Dass es sich hier um Solidarbürgsehaft der Interessenten gehandelt,
dürfte diesen bekannt gewesen sein, da ich ihnen oder dem Verwaltungsrate
diese Vorbedingung des Hauptsitzes mitgeteilt.

An die Details (der Mitteilung der Bedingungen) erinnere ich mich nicht,
glaube aber, annehmen zu können, dass ich dem Verwaltungsrat Mitteilung
gemacht, und voraussetzte, dieser werde darüber an die Generalversammlung
weiter berichten.

Ich erinnere mich nicht, ob die Bauinteressenten auf die fragliche
Bestimmung aufmerksam gemacht wurden; sicher ist, dass ihnen bei der
Unterzeichnung der Akt in seinem ganzen Inhalt zur Einsicht vorgelegt
wurde. Direktor Riklin hat uns vielleicht dutzendmal gesagt, wir
sollten bei Aktverschreibungen die Parteien auf Inhalt und Bedeutung
jeder einzelnen Bestimmung aufmerksam machen. Ich habe im vorliegenden
Falle dem Schalterpersonal keine spezielle Weisung erteilt; der Akt
wird in üblicher Weise vorgelegen haben. Ich glaube, in jener Zeit
habe R. Salzgeber den Schalterdienst versehen, und er hätte dann den
Akt vorgelegt.

c) M e s s m e r :

Die Einladung vom 14. April 1920 an die Bauinteressenten zur
Unterzeichnung des Aktes vom 13. April erfolgte auf Weisung des
Dr. Bürcher und auch der Genossenschaitsbank.

Die Interessenten waren darüber einberichtet, dass die Genossenschaftsbank
das Geld nur gebe unter der Bedingung, dass Baute und Boden in Hypothek
gegeben,

176 Obligationen-senkt N° 25.

und dazu Bürgschaft geleistet werde. Die betreffende Aufklärung wurde im
Bahnhofbuifet II. Klasse voran. gehend .. erteilt, und zwar sämtlichen
Interessenten und in Anwesenheit Pfammatters. Am 17. April 1920 wurde
ihnen dann das Zustandekommen des Kreditaktes zur Kenntnis gebracht. Die
Bürgschaft war nur verlangt bis zur Erstellung der Hypothekartitel;
laut Statuten sollte jeder Häuserbesitzer bei Fertigerstellung die
Bürgschaft ablösen durch Hypothezierung des Baues oder seines Hauses,
und so die Bürgschaft in Wegfall kommen.

Die Protokolle wurden regelmässig geführt, in dessr }

nachfolgenden Sitzung vorgelegen und genehmigt.

Einzelne Bauinteressenten, wie Biderbost und Hauri, sollen den Vertrag
in aller Musse durchstudiert haben vor Unterzeichnung.

d) Salzgeber:

Es mag stimmen, dass damals am Bankschalter reger Verkehr war. Biderbost
hat in Gegenwart eines andern Bauinteressenten, Domig oder Hauri,
den Akt wohl eine Viertelstunde lang durchstudiert. Den Interessenten
wurden immer beide Bogen zur Einsicht unterbreitet. Der eine oder andere
äussert-e auch seine Bedenken vor Hinsetzung der Unterschrift.

Die Kläger wussten um die Solidarb'urgschaft sehr wohl, was ich auch aus
den geäusserten Bedenken schliesse, die sich nur auf dieselbe beziehen
konnten. Auch die gesamten Verhandlungen wickelten sich nur unter dieser
Voraussetzung ab.

J . Die Kläger wurden darüber, ob sie nicht durch Bankdirektor Pfammatter
in einer Sitzung der Genossenschaft erfahren haben, dass die Beklagte von
den Bauinteressenten ausser der Verpfändung ihrer Grundstücke noch eine
Solidarbürgschaft (für den" gesamten, tier Genosifnschait zu gewährenden
Baukredit) verlange, persönlich befragt. In dieser Einvernehme erklärten
sie alle übereinstimmend, dass sie einer Sitzung, in welcher ein

Obligationenrecht. N° 25. 177

solches Begehren eröffnet worden sei, nicht beigewohnt, und überhaupt
nichts davon gewusst haben, dass neben der Verpfändung noch eine
Solidarbürgschaft von ihnen gefordert werde. Brechbühl sagte aus, er sei
anwesend gewesen, als Messmer erklärt habe, der Baukredit von 330.090
Fr. sei sichergestellt oder gewährt ; er erinnere sich aber nicht,
dass von den Darlehensbedingungen im einzelnen die Rede gewesen sei, und
habe insbesondere nicht gehört, dass eine Solidarbürgschaft in Betracht
komme. Ferner erklärten sämtliche Kläger (mit einziger Ausnahme Domigs,
welcher sich hieran nicht erinnern konnte), dass ihnen am Bankschalter
nur e i n Bogen vorgelegt worden sei, auf dem von Flächen und Grenzen
die Rede gewesen sei, dass sie nur diese Angaben durchgelesen, und
eine Aufklärung weder verlangt, noch erhalten haben. Hauri fügte
bei : er habe von der Solidarbürgschaft erstmals vernommen, als er
am 14. Dezember 1921 zu Notar von Sepibus nach Mörel gegangen sei,
um Kenntnis vom Vertragsinhalt zu erhalten ; Biderbost : er sei erst
durch die Betreibung zu näheren Erkundigungen veranlasst werden und habe
alsdann den wirklichen Sachverhalt, von dem er vorher nichts gewusst habe,
erfahren, worauf er Sicherung durch Rückbürgschaft gesucht habe.

K. Nachdem die Kläger in der Hauptverbandlung noch eine Reihe weiterer,
nicht in Betracht kommender Eventualanträge gestellt hatten, hat das
Kantonsgericht Wallis durch Urteil vom 14. Dezember 1922 erkannt :

1. Die Aberkennungsklage auf den Rechtsöifnungsentscheid vom 13. Februar
1922 für die Summe von 333,799 Fr. 40 Cts. nebst Zinsen Wird als
begründet erklärt.

2. Das Recht auf Anhebung der Bereicherungsklage wird der
Schweiz. Genossenschaftsbank gewährleistet.

L. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte und Widerklägerin die Berufung
an das Bundesgericht erklärt, mit den Anträgen :

178 Obligationenrecht. N° 25.

l. Die Aberkennungsklage sei als unbegründet abzuweisen. -

2. subsidiär : Die Kläger und Widerbeklagten zahlen, weil
ungerechtfertigt bereichert , der Beklagten und Widerklägerin folgende
Entschädigungen:

'a) Theodor Strub Fr. 39,936.90 b) Fritz Brechbühl 27,172.85 c) Oskar
Domig 38,916.05 d) Emil Biderbost 53,772.e) Joseph Marie Clausen
27,176.30 ]) Hermann Hauri 26,965.45

alles unter Solidarhaftung mit 5°]0 Zins seit Klageanhebung.

Die Widerklägerin führt aus, sie stelle in Bezug auf den Umfang des
Bereicherungsanspruchs auf das Ergebnis der Prüfung der Bauabrechnungen
durch die Schweiz. T reuhandgesellschaft ab.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. _Gegenstand der Aberkennungsklage bildet lediglich die
Feststellung über den Bestand oder Nichtbestand der Forderung,
für welche der Aberkennungsbeklagten Rechtsöffnung erteilt werden
ist. Diese Forderung konnte im Rechtsöffnungsverfahren nur auf eine
Schuldanerkennung der Kläger gegründet werden. Da die Beklagte als solche
die Bürgschaftserldärung vom 13. April 1920 geltend machte, erschöpft sich
also der Gegenstand der Aberkennungsklage in der Frage, ob und eventuell
in welchem Umfange diese Bürgschaitsforderung zu Recht bestehe '?

soweit die Beklagte aus anderen Rechtstiteln Ansprüche gegen die Kläger
herleiten will, muss sie speziell hierauf klagen: sie darf nicht dem in
der Betreibung geltend gemachten Schuldgrund, zum Zwecke der Abweisung
der Aberkennungsklage, einen andern Schuldgrund substituieren. Auf
die Behauptung, die Kläger seien ungerechtfertigterweise aus ihrem
Vermögen be-

Obligationenrecht. N° 25. 179

reichert, ist daher bei der Beurteilung der Aberkennungsklage nicht
einzutreten. Einen solchen Bereicherungsansprach hat die Beklagte nun
freilich ausdrücklich auch im Wege der Widerklage erhoben. Allein da
die Vorinstanz den damit geltend gemachten Anspruch auf ein besonderes
Verfahren verwiesen hat, und in dieser Entscheidung. kein Haupturteil
im Sinn von Art. 58
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 26 - 1 Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
1    Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
2    Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.
OG liegt, kann das Bundesgericht auf diesen Teil
des angefochtenen Urteils nicht eintreten.

2. Die Kläger bestreiten nicht, den von der Beklagten angerufenen
Bürgschaftsakt unterzeichnet zu haben. Sie haben damit eine
rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgegeben, die an sich geeignet ist,
die Rechtswirkungen herbeizuführen, welche die Beklagte ihnen gegenüber
geltend ,macht. Obschon nämlich, rein äusserlich betrachtet, jene Urkunde
sich als eine Beweisurkunde darstellt (_ es wird notarialisch eine Reihe
angeblich abgegebener Erklärungen protokolliert, und die Unterschrift
unter dieselben bedeutet zunächst nur, dass die Protokollierung richtig
sei -), so besteht kein Zweifel darüber, dass die Urkunde von den an
ihrem Inhalt Beteiligten,indem sie sie unterzeichneten,.zugleich als
Dispositivurkunde behandelt werden ist, in dem Sinne, dass sie mit
ihrer Unterschrift kundgaben, sich zu dem schriftlich zu verpflichten,
was ihnen in derselben als ihre, vor dem Notar abgegebene Erklärung in
den Mund gelegt wird. Mit Recht hat daher die Vorinstanz angenommen,
dass mit der gedachten Urkunde eine Bürgschaitserklärung nach den
Vorschriften des OR abgegeben worden sei. _

Die von den Klägern erhobene Einwendung, dass die die Bürgschaft
betreffende Klausel auf dem ersten Doppelbogen der Urkunde stehe, während
sie nur den zweiten, auf dem von der Verpfändung ihrer Liegen-schaften
die Rede ist, unterzeichnet haben, Welcher ihnen allein zur Unterschrift
vorgelegt werden sei, kann nicht gehört werden; denn wenn auch in
der Urkunde

f

180 Obligationen-sticht N° 25.

mehrere selbständige Rechtsgeschäfte verschiedener Parteien behandelt
sind (Krediteröffnungsvertrag, Schuld übernahmevertrag von Dr. Bin-eher
und Messmer,

Bürgschaft, Hypothekarbestellung), so bildet sie doch, schon rein
äusserljeh, eine Einheit. Der zweite Bogen hat keine selbständige
Bedeutung; er beginnt mitten im Zusammenhang des einen der veischiedenen
Rechtsgeschäfte, sogar mitten in einem Satz, sodass die Unterzeichner,
selbst wenn sie bloss den zweiten Bogen vor sich hatten, unmöglich der
Ansicht sein konnten, dass dieser die ganze Urkunde bilde. Auch der
Umstand, dass die Urkunde in ihrem Titel die Bürgschaft nicht erwähnt,
vermag daran, dass die Kläger mit ihrer Unterzeichnung auch die darin
enthaltene Bürgschaft erklärt haben, nichts zu ändern. ss .

3. Die Kläger machen nun aber geltend, der Inhalt ihrer
Bürgschaftserklärung stimme nicht überein mit dem Inhalt, den sie ihrer
Erklärung haben geben wollen. Sie fechten m. a. W. ihre Willenserklärung
wegen Irrtums an, indem sie denjenigen Fall wesentlichen Irrtums
anrufen, wo der Irrende einen anderen Vertrag abschliessen wollte, als
denjenigen, für den er seine Zustimmung gegeben hat (Art. 24 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.

OR). Freilich behaupten sie nicht, dass sie anstatt der Bürgschaft eine
andere Verpflichtung haben eingehen wollen, aber sie machen geltend,
ihre Vertragsmeinung sei gewesen, dass sie für die Kreditschuld der
Genossenschaft nur mit ihren Grundstücken (mit Einschluss der darauf
errichteten Bauten) durch Verpfändung derselben einstehen, Während
die irrtümliche Willenserklärung dahin gehe, dass sie mit diesem
Immobiliareigentum, und dazu mit ihrem ganzen übrigen Vermögen, durch
Solidarbürgschaft, für jene Schuld haften. Auch dieser Fall gehört unter
Art. 24 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR, denn es handelt sich nicht um eine Anfechtung des
Vertrags wegen irriger Motive des Vertragswillens, sondern wegen irriger
Abgabe der Erklärung desselben.

Obligationenrecht. N° 25. 181

4. Die Vorinstanz ist auf diese Anfechtung des Vertrages nicht
eingetreten, weil sie bereits aus einem andern Rechtsgrund zur
Gutheissung der Aberkennungsklage gelangt war, nämlich deshalb,
weil die von den Klägern verbürgte Hauptscth nicht bestehe. Dieser
Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Mag man annehmen,
die in dem Akt vom 13. April 1920 enthaltene Bürgschaft beziehe sich
auf eine Verpflichtung der Genossenschaft Wohnungsfürsorge , oder auf
eine solche der beiden Kontrahenten Dr. Bin-cher und Messmer, in beiden
Fällen ist klar, dass eine Hauptschuld gegenüber der Beklagten nicht
schon durch den am 13. April abgeschlossenen Krediteröffnungsvertrag
begründet wurde, sondern erst durch die Ausführung desselben seitens der
Beklagten, d. h. durch die tatsäch, liche Kreditgewährung. Die Bürgschaft
bildet also kein Akzessorium zu dem Krediteröffnungsvertrag, sondern
zu den Verpflichtungen, die den Kreditnehmern durch die Entgegennahme
von Geldern der Beklagten dieser gegenüber erwuchsen, und es ist klar,
dass die Bürgschaft nur die Meinung haben konnte, dass die Bürgen der
Beklagten für die Erfüllung der Verpflichtungen der Kreditnehmer aus
dem Empfang von Geldern haften. Die verbürgte Hauptschuld ist somit
als zu Recht bestehend zu betrachten, denn sie ist in der Höhe von
335,602 Fr. 05 Cts. durch Unterzeichnung der Richtigbefundsanzeige per
31. Dezember 1921 seitens der Genossenschaft anerkannt worden.

5. Ist demgemäss auf die Anfechtung der Bürgschaft wegcn Irrtums
einzutreten, so erhebt sich die Frage, ob diese Anfechtung nicht deshalb
ausgeschlossen sei, weil die Kläger in der Lage gewesen wären, sich von
der ihnen zugemutet-en Bürgschaftsver'oflichtung dadurch Rechenschaft zu
geben, dass sie die Urkunde vor ihrer Unterzeichnung genau durchlesen-Jud
weil aus dem Umstand, dass sie den Akt vorbehaltlos unterzeichnet haben,
zu schliessen sei, sie bekennen sich schlechthin zu dessen

AS ;9 II _ 1923 13

182 Ohligationrnrecht. N° 25.

Inhalt. Das Bundesgericht hat zu der Auffassung, Wie sie in der
deutschen Rechtsprechung, insbesondere vor dem Inkrafttreten des BGB
zum Ausdruck gekommen ist (vergl. LEIST, Einschränkung der Irrtumsund
Täuschungsanfechtung in Arch. Ziv. Pr. 102 S. 244 ff. und die dort
zitierten Urteile), dass wer eine Willenserklärung in dem Bewusstsein
abgebe, ihren Inhalt nicht zu kennen, nicht irre, und die Sicherheit
des Verkehrs die Einwendung, dass er den Inhalt nicht gelesen habe,
ausschliesse, im Urteil vom 16. Juli 1908 i. S. Barbezat gegen Schenker
(BGE 34 II 531 f.) ss Stellung genommen. In diesem Urteil hat es
jene Auffassung als mit dem SGB nicht im Einklang stehend abgelehnt,
und ausgeführt, dasselbe gestatte die Relevierung des von der Erklärung
differierenden Willens, wenn die Diskrepanz wesentlich sei, ohne Rücksicht
auf die Erkennbarkeit der Differenz, und ohne dass die Voraussetzungen
der exceptio doli oder der Mangel guten Glaubens beim Gegner
vorliegen. Ausgeschlossen sei die Anfechtung nur dann, wenn ersichtlich
sei, dass der Erklärende im Bewusstsein der Unkenntnis des Inhalts des
Erklärten sich allem, was der Gegner wolle, unterwerfe. Auch die deutsche
Rechtswissenschaft hat inzwischen der Irrtumsanfechtung auf Qrund der
Fassung des § 119 BGB einen breiteren Raum gewährt (vergl. v. TUHR,
Allg. Teil d. deutsch. bürg. R. Il1 571; DünrNGEn-HACHENanno, HGB II
39 ff.; SIEGEL, Privatr. Funktion der Urkunde in Arch. Ziv. Pr. 111
S. 80 ff., insbes. 92). Es fragt sich somit, ob die Kläger sich darauf
berufen können, dass ihnen bei Unterzeichnung des Akt-es vom 13. April
1920 der Satz betreffend Leistung der Solidarbürgschaft entgangen sei,
und dass sie überhai pt keine Kenntnis davon gehabt haben, dass die
Beklagte beabsichtigt. habe, in denselben eine solche Verpflichtung
aufzunehmen: wenn sich diese Einwendung erwahrt, so ist dargetan,
dass sie einen andern Vertrag eingehen wollt-enals wie sie durch ihre
Unterschrift erklärt haben,

Obligatfonenrecht. N° 25. 183

nämlich bloss eine Hypothekarverschreibung, und nicht daneben noch eine
Solidarbürgschaft für den gesamten, der Genossenschaft von der Bank zu
gewährenden Kredit von über 300,000 Fr.

6. Da die Vorinstanz über die genannte Taisache eine Feststellung nicht
vorgenommen hat, so bedarf der Tatbestand der Vervollständiglmg, und es
fragt sich in erster Linie, ob die vorliegenden Akten eine Feststellung
in der angegebenen Richtung ohne Rückweisung an die Vorinstanz, im Sinn
von Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
,Abs. 1 OG gestatten.

Hiehei ist von den Umständen auszugehen, welche den Akt vom 13. April 1920
veranlasst haben : Die Genossenschaft hatte sich gebildet, um einfachen
Leuten billige Wohnungen zu verschaffen; Genossenschaften die sich als
Bauinteressenten meldeten, sollten von der Genossenschaft Baugrund und auf
demselben von ihr zu erstellende Wohnhäuser erwerben. Ihre Verpflichtungen
beschränkten sich nach den Statuten auf die Bezahlung des Eintrittsgeldes,
sowie der Erstellungskosten des für sie bestimmten Wohnhauses, während
eine persönliche Haftbarkeit für die finanziellen Verpflichtungen des
ganzen Unternehmens ausgeschlossen war; eine solche Haftung wäre übrigens
mit dem Genossenschaftszweck im Widerspruch gestanden, und auch der
Bundesund der Kantonsbeitrag wären wohl kaum bewilligt worden, wenn jedem
Übernehmer eines Wohnhauses die Verpflichtung überbunden worden wäre,
für die ganze Unternehmung soiidarisch zu haften. Wohl aber konnte den
Bauinteressenten zugemutet werden, die zu übernehmende Liegenschaft in
Pfand zu gehen, zur Sicherung der ihnen aus der Übernahme gegenüber der
Genossenschaft erwachsenen Verpflichtungen, was denn auch die Beklagte
laut dem Schreiben der Filiale an den Hauptsitz vom 3. Januar 1920 von
der Genossenschaft zu verlangen beabsichtigte.

An eine Inanspruchnahme der Bauinteressenten als Solidarschuldner für
den ganzen zu gewährenden Bau-'

184 Obligationen-sehn N° 25; kredit war also nach verständiger Würdigung
der Umstände gerechter und billiger Weise nicht zu denken. _ Es war auch
nach solcher Würdigung von vornherein klar, dass die Bauinteressenten
sich einem Ansinnen dieser Art nicht unterworfen haben würden, da sie
ja alle, mit Ausnahme Dr. Bürchers, bei weitem nicht im Stande gewesen
wären, eine solche Verpflichtung zu erfüllen. Bei der Frage, ob die
Beklagte, oder die Leitung der Genossenschaft dennoch ein derartiges
Ansinnen gestellt haben, bevor sie den Akt unterschrieben, muss daher
ein strenger Beweis verlangt werden.

Nun ist eine dahingehende schriftliche Mitteilung der Beklagten nicht
bei den Akten, und auch nicht behauptet, dass eine solche erfolgt
sei. Vielmehr ist in der Korrespondenz, die in der massgebenden Zeit
zwischen der Beklagten und den Organen der Genossenschaft gewechselt
wurde, sogar noch in der Zuschrift derselben vom 4. April 1920, nur
von der Verpfändung der Grundstücke, nirgends aber von persönlicher
Haftung, oder gar Solidarbürgschaft der Bauinteressenten für den
ganzen Baukredit die Rede. Auch ist kein Protokoll vorhanden, welches
dartäte, dass in irgend einer Versammlung oder Sitzung, sei es der
Genossenschaft, sei es des Vorstandes, eine solche Bedingung der
Beklagten erwähnt worden wäre. Ebensowenig geben die Zeugenaussagen
einen, auch nur einigermassen sicheren Anhaltspunkt dafür, dass
wirklich und wann, und in welcher Weise die Bedingung gegenüber den
Bauinteressenten gestellt werden sei, für den vollen zu gewährenden
Baukredit Solidarbiirgschaft zu leisten. Die Aussagen Pfammatters
im besonderen, welcher zur massgebenden Zeit die Briger Filiale der
Beklagten verwaltete, und anfänglich auch der Genosenschaft angehörte,
lauten sehr unbestimmt. Dass auch den Bauinteressenten selbst mitgeteilt
worden sei, die Beklagte verlange als Garantie für den Baukredit ausser
der Grundpfandverschreibung eine Bürgschaft, hat positiv eigentlich nur
Messmer ausgesagt;Ünngationenrecht. N? 25. ,185

allein gerade dieser Zeuge behauptet, dass die Bürgschaft nur bis
zur Erstellung der Hypothekartitel gefordert worden sei, indem jeder
'Häuserbesitzer die Bürgschaft durch Hypothezierung des Baues ablösen
und so die Bürgschaft in Wegfall kommen sollte. Dass aber eine derart
eingeschränkte Haftung etwas ganz anderes darstellt, als die von
der Beklagten behauptete S o l i d a rbürgschait für die v o l le
Bauschuld der Genossenschaft, bedari keiner näheren Erörterung. ' Auch
in Bezug auf die Art und Weise, wie der Akt vom 13. April 1920 zu stande
gekommen ist, und von den Beteiligten unterzeichnet wurde, hat sich die
Darstellung der Kläger in der Hauptsache als richtig herausgestellt.
Nicht nur hat die Beweisführung ergeben, dass der Inhalt der Urkunde,
in Abwesenheit der Kläger, dem Notar von Sepibus im Wesentlichen
durch den Vertreter der Beklagten, Direktor Biklin, diktiert wurde,
sondern dass die Kläger erst am darauffolgenden Tage zur Mitwirkung beim
Vertrag eingeladen wurden, und zwar in der Weise, dass Messmer namens der
Baukommission der Genossenschaft sie aufforderte, zwecks Unterzeich-nung
des Hypothekaraktes bei der Beklagten vorzusprechen. Hiedurch wurden
die Kläger in dem irrtümlichen Glauben bestärkt, dass es sich einzig
um Unterzeichnung der Verpfändungsurkunde handle ; sie hatten nur
die Hypothekarverschreibung im Auge, und konnten umsoweniger darauf
gefasst sein, dass in der zu unterschreibenden Urkunde ein weiteres
Rechtsgeschäft stipuliert sei, durch das ihnen die Übernahme einer
solidarischen Haftbarkeit für den ganzen, der Genossenschaft gewährten
Baukredit zugemutet werde, als eine solche Verpflichtung, wie bereits
ausgeführt, in einem offenbaren Missverhältnis zu ihrer finanziellen
Leistungsfähigkeit und zu dem wirtschaftlichen Vorteil gestanden wäre, den
das Unternehmen jedem Einzelnen von ihnen hot. Die Umstände sodann, unter
denen den Klägern die Unterzeichnung des Aktes auf der Bank zugemutet

186 Obligetionenrecht. N° 25.

wurde, waren geeignet, das genaue Studium desselben und die Beurteilung
der Tragweite der zu übernehmen den Verpflichtungen zum mindesten
erheblich zu erschweren ; das fällt umso schwerer ins Gewicht, als
man es bei der Mehrzahl der Beteiligten wohl nicht mit besonders
geschäftsgewandten Personen zu tun hat, und überdies die Bürgschaft
in dem zwei Doppelbogen umfassenden, von Anfang bis Ende fortlaufend
von Hand geschriebenen, nicht sehr leicht leserlichen Akt äusserlich
in keiner Weise hervortritt, sondern mitten in dem grossen Umfang der
Urkunde, welche eine Menge, die einzelnen Verpflichteten nicht direkt
interessierender Einzelheiten enthält, in einem Nebensatz ausgedrückt,
so zu sagen versteckt ist. Bei dieser Sachlage hätten Treu und Glauben
es verlangt, dass die Kläger auf die in die Urkunde aufgenommene
Bürgschaftsklausel aufmerksam gemacht und über die Tragweite der aus der
Solidarbiirgschaft sich ergebenden Verpflichtungen aufgeklärt worden
wären, oder aber die Urkunde ihnen wenigstens zum eingehenden Studium
aushingegeben worden wäre. Weder da': eine,noch das andere ist gesehen hen
; auch wurden die Bauinteressenten nicht etwa an der für die Unterschrift
bestimmten Stelle auf ihre Eigenschaft als Bürgen hingewiesen, so wenig
als in der Überschrift des Aktes die Bürgschaft erwähnt ist.

Diese Umstände sprechen mit solcher Wahrscheinlichkeit für die
klägerische Darstellung, dass es Sache der Beklagten gewesen wäre,
dem gegenüber ihrerseits darzutun, dass sie wirklich den Klägern von
den Bedingungen der solidarbijrgschakt Kenntnis gegeben habe. Sie hat
diesen Beweis nicht geleistet. Der Hinweis auf die vom Kläger Biderbost
erwirkte Rückbürgschaft Dr. Bürchers, sowie auf die Anstrengungen
einzelner Bauinteressenten, sich durch Zahlung ihres Anteils von der
Solidarbürgschaft zu befreien, ist deshalb unbehelflich, weil die Kläger
inzwischen, durch die am 13. Dezember 1921 angehebene Betreibung, von
der Geltendmachung

Obligationenrecht. N° 26. , 187.

der Solidarbürgschaft durch die Beklagte Kenntnis erhalten hatten. So
erklärt es sich auch, dass Hauri bei seiner Steuerdeklaration pro 1922
den Sehuldenabzug für volle 330,000 Fr. beansprucht hat.

7. Danach kann nicht angenommen werden, dass die Kläger sich etwa den
Zumutungen der Beklagten, im Bewusstsein der Unkenntnis derselben,
blindlings unterwerfen wollten, sondern es drängt sich der Schluss auf,
dass sie bei Unterzeichnung des Aktes vom 13. April 1920 tatsächlich in
dem geltend gemachten Irrtum befangen waren, sodass die Anfechtung der
Solidarbürgschaft nach Art. 24 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR als begründet erscheint.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

1. Bezüglich der Widerklage wird auf die Berufung nicht eingetreten.

2. In Bezug auf die Aberkennungsklage wird die Berufung abgewiesen und
das Urteil des Kantonsgerichfs Wallis vom 14. Dezember 1922 bestätigt.

26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. April 1923 i. S. Kunz gegen
Baumann & Vogt. A k t i e n r e c h t : Voraussetzungen der persönlichen
Haftharkeit der vor Eintragung der Aktiengesellschaft Handeln-

den. Natur des Anspruches aus Art. 623 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 623 - 1 Die Generalversammlung ist befugt, durch Statutenänderung bei unverändert bleibendem Aktienkapital311 die Aktien in solche von kleinerem Nennwert zu zerlegen oder zu solchen von grösserem Nennwert zusammenzulegen.
1    Die Generalversammlung ist befugt, durch Statutenänderung bei unverändert bleibendem Aktienkapital311 die Aktien in solche von kleinerem Nennwert zu zerlegen oder zu solchen von grösserem Nennwert zusammenzulegen.
2    Für die Zusammenlegung von Aktien, die nicht an einer Börse kotiert sind, bedarf es der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre.312
OR. Berücksichtigung des
Parteiwillens.

A. Der Kläger Kunz beteiligte sich im Jahre 1919 an einem von einem
gewissen Schwab in Biel betriebenen Fabrikationsgeschäft ehem.tech.
Produkte durch Grewährung finanzieller Hilfe. In der Folge wurde
dieses Geschäft unter Ausscheidung des Schwab vom Kläger gemeinsam mit
den Beklagten Vogt und Baumann in Form einer einfachen Gesellschaft
weiterbetrieben. Be-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 49 II 167
Datum : 23. April 1923
Publiziert : 31. Dezember 1924
Quelle : Bundesgericht
Status : 49 II 167
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 166 Obligationenrecht. N° 24. so ist er daher zum Gegcnbeweis für diese Behauptung


Gesetzesregister
OG: 58  82
OR: 1 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 1 - 1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
1    Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.
2    Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.
24 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
26 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 26 - 1 Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
1    Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
2    Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.
42 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 42 - 1 Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
1    Wer Schadenersatz beansprucht, hat den Schaden zu beweisen.
2    Der nicht ziffernmässig nachweisbare Schaden ist nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen.
3    Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen.26
623
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 623 - 1 Die Generalversammlung ist befugt, durch Statutenänderung bei unverändert bleibendem Aktienkapital311 die Aktien in solche von kleinerem Nennwert zu zerlegen oder zu solchen von grösserem Nennwert zusammenzulegen.
1    Die Generalversammlung ist befugt, durch Statutenänderung bei unverändert bleibendem Aktienkapital311 die Aktien in solche von kleinerem Nennwert zu zerlegen oder zu solchen von grösserem Nennwert zusammenzulegen.
2    Für die Zusammenlegung von Aktien, die nicht an einer Börse kotiert sind, bedarf es der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre.312
BGE Register
34-II-523
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • genossenschaft • aberkennungsklage • kenntnis • stelle • baukredit • unterschrift • bedingung • notar • vorinstanz • weiler • verwaltungsrat • bundesgericht • zeuge • grundpfandverschreibung • einwendung • wallis • zins • wille • frage
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