VI. STAATSVERTRÄGE
TRAITES INTERNATIONAUX
65. Urteil vom 12. Oktober 1923 i. S. Rabaul gegen Bezirksgericht
Zürich (Eînzelriohter) und Gerichtspräsident von Kreuzlingen.
Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich Art. 1. Staatsrechtlicher Rekurs
gegen den Arrestbefehl wegen Verletzung des Vertrages n e b e n der
Anhebung der Arrrestaufhebungsklage. Zulässigkeit des Arrestes gegenüber
einem in Frankreich wohnhaften Franzosen z. G. eines schweiz. Gläubigers,
wenn die Klage zur Feststellung der Arresttorderung bei der Arrestnahme
schon vor einem schweizerischen Gerichte ' als Hauptoder Widerklage hängig
und der betr. schweiz. ' Richter zu deren Beurteilung infolge Einlassung
des Be klagten oder Konnexität des Widerklage mit dem Hauptklageanspruch
nach dem Staatsvertrag zuständig ist.
A. Die Firma Pfister & Duttweiler in Zürich, deren Teilhaber
Schweizerbiirger sind, hatte in den Jahren 1919/1920 mit dem Rekurrenten
Reboul, französischen Staatsangehörigen, der an seinem Wohnsitz Marseille
den Beruf eines Courtier in Ölen, Fetten und verwandten Artikeln
ausübt-,als Verkäufer verschiedene grössere Geschäfte abgeschlossen,
so 11. a. am 11. Oktober 1920 einen Kauf über 40,000 kg huile de
Mafouraire. Im Mai 1921 erhob der Rekurrent gegen die Rekursbeklagte beim
Handelsgericht Zürich Klage auf Erfüllung dieses Vertrages und Zahlung
des Kaufpreises von 164,000 Fr. nebst einer Entschädigung von 10,000 Fr.
für die Einlagerung der Ware. Die Rekursbeklagte beantragte Abweisung
der Klage und machte Widerklageweise eine Forderung von 21,415 Fr. 25
Cts. an den Rekurrenten aus einem Kaufe vom 7. Oktober 1920 über 460
Fässer Cocosöl geltend, wovon 16,0?1 Fr. 85 Cts.
Staatsverträge. N° 65. 5-17,
wegen Mindergewichts der gelieferten gegenüber der bezahlten Ware,
5343 Fr. 40 Cts. wegen Minderwe'rts (Fehlens der zugesicherten
Eigenschaften). In der Hauptverbandlung vor Handelsgericht vom 20. Februar
1923 (der Prozess war bis nach Erledigung eines andern zwischen denselben
Parteien bereits hängigen sistiert worden) liess sich der Rekurrent auf
die Widerklage materiell ein und schloss, ohne die Zuständigkeit des
Gerichts zu ihrer Beurteilung in Zweifel zu ziehen, auf Abweisung des
Anspruchs. Als sich der Anwalt der Rekursbeklagten am 6. Juni 1923 bei der
Handelsgerichtskanzlei nach dem Stande des Prozesses erkundigte, wurde
ihm mitgeteilt, dass das Urteil gefällt, aber noch nicht zur Zustellung
in vollständiger (motivierter) Ausfertigung an die Parteien bereit sei;
dagegen könne' ihm eine Ausfertigung des Dispositives aushingegeben
werden. Tatsächlich stellte die Gerichtskanzlei der Rekursbeklagten dann
am gleichen Tage ein Zeugnis des Inhaltes aus, dass das Handelsgericht
durch Urteil vom 13. April 1923 die Hauptklage abgewiesen, die Widerklage
teilweise für den Betrag von 12,569 Fr. 60 Cts. nebst 6% Zins seit
21. Oktober 1920 gutgeheissen, die Gerichtskosten zu 3/4 dem Kläger und
zu 1/41 der Beklagten fiberbunden und den Kläger überdies 'zur Zahlung
einer Prozessentschädigung von 600 Fr. an die Beklagte verpflichtet habe.
Gestützt hierauf erwirkte die Rekursbeklagte für die ihr urteilsmässig
zugesprochene Forderungssumme (einschliesslich der Prozessentschädigung)
zwei Arrestbefehle, nämlich am 6. Juni 1923 vom Einzelriehter des
Bezirksgerichts Zürich im summarischen Verfahren auf eine Kaution von
angeblich 400 Fr. (in Wirklichkeit 2913) die der Rekurrent zur Erwirkung
der Haftentlassung bei der Bezirksanwaltschaft Zürich hinterlegt hatte,
und am 10 Juni vom Gerichtspräsidium Kreuzlingen auf ein bestrittenes
Guthaben des Rekurrenten an die A. G. Schuler & Cie in Kreuzlingen. Beide
wurden vom
548 Staatsrecht.
zuständigen Betreihungsamt durch Beschlagnahme des betreffenden Aktivums
vollzogen. Zur Begründung des Arrestgesuchs hatte die Rekursbeklagte
bemerkt, dass es sich nicht um eine staatsvertraglich unzulässige saisie
conservatoire , sondern um eine sajsie exécutoire handle, und sich
für die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des handelsgerichtlichen
Urteils auf einen Entscheid der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts
vom 7. November 1922 in dem oben erwähnten früheren Prozesse zwischen
den Parteien berufen, wodurch auf die Berufung der Rekursbeklagten gegen
das kantonale Urteil wegen Anwendbarkeit des französischen Rechtes nicht
eingetreten worden war.
Gegen den Zürcher Arrestbefehl reichte der Rekurrent am 20. Juni
]_923 beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich im beschleunigten
Verfahren Klage nach Art. 279 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 279 - 1 Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
|
1 | Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
2 | Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, so muss der Gläubiger innert zehn Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls |
3 | Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so muss der Gläubiger innert 20 Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls zugestellt worden ist, das Fortsetzungsbegehren stellen. Wird der Rechtsvorschlag nachträglich beseitigt, so beginnt die Frist mit der rechtskräftigen Beseitigung des Rechtsvorschlags. Die Betreibung wird, je nach der Person des Schuldners, auf dem Weg der Pfändung oder des Konkurses fortgesetzt.487 |
4 | Hat der Gläubiger seine Forderung ohne vorgängige Betreibung gerichtlich eingeklagt, so muss er die Betreibung innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einleiten. |
5 | Die Fristen dieses Artikels laufen nicht: |
1 | während des Einspracheverfahrens und bei Weiterziehung des Einsprachenentscheides; |
2 | während des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007488 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bei Weiterziehung des Entscheides über die Vollstreckbarerklärung.489 |
Klageschrift, dass dies nur vorsorglich und unvorgreiflich der Erhebung
eines staatsrechtlichen Rekurses geschehe, worauf der Einzelrichter am
30. Juni den Arrestaufhebungsprozess bis nach Erledigung des letzteren
Rechtsmittels Sistierte. Am 25. Juni 1923 beschwerte sich der Rekurrent
beim Präsidenten des Handelsgerichts darüber, dass die Gerichtskanzlei
einer Partei über den Inhalt eines noch nicht eröffneten Urteils ein
Zeugnis ausstelle, zumal wenn der anderen Partei darüber keine Mitteilung
gemacht werde. Der Präsident des Handelsgerichts erwiderte am 26. Juni
1923, dass auch er hierin eine Unkorrektheit erblicke und der fehlbare
Beamte zur Rechenschaft gezogen werden solle.
B. Mit dem vorliegenden am 30. Juni 1923 erhobenen staatsrechtlichen
Rekurse verlangt Reboul nunmehr die Aufhebung der beiden Arreste
Nr. 31 des Betreibungsamtes Zürich III und Nr. 24 des Betreibungs-amtes
Kreuzlingen wegen Verletzung des Gerichtsstandsvertrages mit Frankreich
von 1869. Er beruft sich auf die feststehende Praxis des Bundesgerichts,
,_,.,.____
Staatsverträge. N° 65. 549
wonach ein Arrestschlag gegen einen in Frankreich wohnhaften Franzosen
für eine unter Art. 1 des Staatsvertrages fallende persönliche Ansprache
zu Gunsten eines schweizerischen Gläubigers nur zulässig sei, wenn er zur
Vollziehung eines über den Anspruch bereits ergangenen rechtskräftigen
und vollstreckbaren Urteils dienen solle. Hier habe aber ein nach
aussen wirksames Urteil im Zeitpunkte des Arrestvollzuges, auf den
es 'ankomme, mangels der durch die Prozessordnung vorgeschriebenen
mündlichen Eröffnung oder schriftlichen Zustellung überhaupt noch
nicht vorgelegen. Das ungesetzlicher Weise von der Gerichtskanzlei
ausgestellte Zeugnis über die Tatsache der Urteilsfällung vermöge jene
Eröffnung oder Zustellung nicht zu ersetzen. Abgesehen davon habe
es jedenfalls an der zur Vollstreckbarkeit nötigen Rechtskraft des
Urteils gefehlt, weil dem Rekurrenten dagegen, nach einmal erfolgter
Zustellung, noch die Rechtsmittel der Berufung an das Bundesgericht
und der Nichtigkeitsbeschwerde an das kantonale Kassationsgericht
zustehen werden, von denen er Gebrauch machen werde. Darüber, ob auf
die Streitsaehe materiell schweiz. Recht anwendbar sei, werde das
Bundesgericht als Berufungsinstanz zu befinden haben. Solange es nicht
mangels dieses Erfordernisses das Eintreten auf die Berufung abgelehnt
habe, sei ein Arrest wegen fehlender Rechtskraft des handelsgerichtlichen
Urteils unzulässig. Zum Schlusse der Rekurssehrift wird ausserdem gerîigt,
dass die Arresturkunden von beiden Betreibungsämtern dem Rekurrenten
nach Marseille direkt durch die Post statt auf dem staatsvertraglich
vorgeschriebenen Wege zugestellt worden seien.
C. Der Einzelrichter des Bezirksgeriehts Zürich im summarischen Verfahren
und der Gerichtspräsident von Kreuzlingen haben auf Gegenbemerkungen
verzichtet. Die Rekursbeklagte, Firma Pfister & Dutt-weiler hat Abweisung
des Rekurses beantragt.
550 Staatsrecht.
D. Nachdem das Urteil des Handelsgerichts vom 13. April 1923 inzwischen
den Parteien am 30. Juni 1923 zugestellt worden war, haben beide Teile
dagegen die Berufung ans Bundesgericht ergriffen, der Rekur-rent mit dem
Antrage auf Ahweisung der Widerklage in vollem Umfange, die Rekursbeklagte
mit dem Begehren auf Erhöhung der zugesprochenen Schadenersatzsumme um
5343 Fr. 40 Cts. nebst 6% Zins ab 18. Januar 1921.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung : 1. Es kann dahingestellt bleiben,
ob nicht die Rüge,
dass die direkte Zustellung der Arresturkunden durch ss
die Post den staatsvertraglichen Vereinbarungen zwischen der Schweiz
und. Frankreich widerspreche, weil es sich dabei um einen vom
Betreibungsamt ausgehenden Akt des Arrestvollzuges handelt, wie die
Rekursantwort einwendet, durch betreibungsrechtliche Beschwerde nach
Art. 17 bis
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 279 - 1 Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
|
1 | Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
2 | Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, so muss der Gläubiger innert zehn Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls |
3 | Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so muss der Gläubiger innert 20 Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls zugestellt worden ist, das Fortsetzungsbegehren stellen. Wird der Rechtsvorschlag nachträglich beseitigt, so beginnt die Frist mit der rechtskräftigen Beseitigung des Rechtsvorschlags. Die Betreibung wird, je nach der Person des Schuldners, auf dem Weg der Pfändung oder des Konkurses fortgesetzt.487 |
4 | Hat der Gläubiger seine Forderung ohne vorgängige Betreibung gerichtlich eingeklagt, so muss er die Betreibung innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einleiten. |
5 | Die Fristen dieses Artikels laufen nicht: |
1 | während des Einspracheverfahrens und bei Weiterziehung des Einsprachenentscheides; |
2 | während des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007488 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bei Weiterziehung des Entscheides über die Vollstreckbarerklärung.489 |
es wäre jene Zustellungsart wirklich unzulässig gewesen (vgl. für die
Zulässigkeit JAEGER, Schuldhetreihungsund Konkurspraxis Bd. I zu Art. 66
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 66 - 1 Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben. |
|
1 | Wohnt der Schuldner nicht am Orte der Betreibung, so werden die Betreibungsurkunden der von ihm daselbst bezeichneten Person oder in dem von ihm bestimmten Lokale abgegeben. |
2 | Mangels einer solchen Bezeichnung erfolgt die Zustellung durch Vermittlung des Betreibungsamtes des Wohnortes oder durch die Post. |
3 | Wohnt der Schuldner im Ausland, so erfolgt die Zustellung durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder, soweit völkerrechtliche Verträge dies vorsehen oder wenn der Empfängerstaat zustimmt, durch die Post.122 |
4 | Die Zustellung wird durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt, wenn: |
1 | der Wohnort des Schuldners unbekannt ist; |
2 | der Schuldner sich beharrlich der Zustellung entzieht; |
3 | der Schuldner im Ausland wohnt und die Zustellung nach Absatz 3 nicht innert angemessener Frist möglich ist.123 |
5 | ...124 |
SchKG Nr. 14 und den dort erwähnten Entscheid der Schuldbetreibungs-_
und Konkurskammer des Bundesgerichts), so würde daraus doch höchstens
folgen, dass die Nichtbeachtung der Mitteilung für den Rekurrenten keine
Rechtsnachteile nach sich ziehen, insbesondere die Verwirkungsfristen
zur Erhebung von Rechtsmitteln gegen den Arrestbefehl oder die Art
seines Vollzuges für ihn erst nach Wiederholung der Zustellung in
gehöriger Form zu laufen beginnen konnten. Die Rechtsbeständigkeit der
Arrestlegung selbst vermöchte dadurch nicht berührt zu werden. Sie hängt
ausschliesslich davon ab, ob der Staatsvertrag eine solche Massnahme gegen
einen in Frankreich wohnhaften Franzosen zu Gunsten eines schweizerischen
Gläubigers an sich zulässt.
,1 v -
Staatsverträge. N° 65. ' 551
2. Andererseits schliesst auch die Hängigkeit der Arrestaufhebungsklage,
entgegen der Ansicht der Rekursheklagten, den staatsrechtlichen Rekurs
gegen den Arrestbefehl nicht ohne weiteres aus. Die Frage, ob da, wo es
zur Anrufung des Bundesgerichts als Staatsgeriehtshof der vorhergehenden
Erschöpfung der kantonalen Instanzen nicht bedarf, der staatsrechtliche
Rekurs n e h e 11 einem kantonalen Rechtsmittel ergriffen werden kann
oder der Rekurrent'auf die spätere Anfechtung eines ihm ungünstigen
Entscheides der kantonalen Rechtsmittelinstanz verwiesen werden soll,
ist, nachdem das OG ein Verbot der Kummulation beider Rechtsbehelie nicht
enthält, eine reine Zweckmässigkeitsfrage. Im vorliegenden Falle sprechen
überwiegende Gründe gegen die letztere Lösung. Einmal ist die Klage nach
Art. 279 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 279 - 1 Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
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1 | Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet oder Klage eingereicht, so muss er dies innert zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun. |
2 | Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, so muss der Gläubiger innert zehn Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls |
3 | Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so muss der Gläubiger innert 20 Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls zugestellt worden ist, das Fortsetzungsbegehren stellen. Wird der Rechtsvorschlag nachträglich beseitigt, so beginnt die Frist mit der rechtskräftigen Beseitigung des Rechtsvorschlags. Die Betreibung wird, je nach der Person des Schuldners, auf dem Weg der Pfändung oder des Konkurses fortgesetzt.487 |
4 | Hat der Gläubiger seine Forderung ohne vorgängige Betreibung gerichtlich eingeklagt, so muss er die Betreibung innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einleiten. |
5 | Die Fristen dieses Artikels laufen nicht: |
1 | während des Einspracheverfahrens und bei Weiterziehung des Einsprachenentscheides; |
2 | während des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach dem Übereinkommen vom 30. Oktober 2007488 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bei Weiterziehung des Entscheides über die Vollstreckbarerklärung.489 |
Kreuzlingen erwirk-ten Arrest eingeleitet Werden, sodass inbezug auf
den letzteren sowieso das Eintreten auf den staatsrechtlichen Rekurs
nicht abgelehnt werden könnte. Sodann handelt es sich um einen Anstand
über die Anwendung eines Staatsvertrages, zu dessen Entscheidung der
Staatsgerichtshof nach seiner Stellung in erster Linie vor den kantonalen
Instanzen berufen ist, und es hängt die Entscheidung auch nicht etwa
von der Feststellung bestrittener tatsächlicher Verhältnisse, zu deren
Würdigung das kantonale Verfahren neuen Stoff beibringen könnte, sondern
von der Lösung einer reinen Rechtsfrage ab, sodass die vorhergehende
Durchführung der Arrestaufhebungsklage nur eine unnötige Weiterung
bedeuten würde. '
3. Die beiden angefochtenen Arreste sind zur Sicherung einer Forderung
erwirkt worden, welche die Rekursbeklagte in dem vom Hekurrenten gegen
sie beim Handelsgericht Zürich angehobenen Prozesse durch Widerklage
geltend gemacht hatte. Nach feststehender Praxis steht aber Art. 1 des
Gerichtsstandsvertrages von
552 Staatsrecht
1869 der Erhebung einer Widerklage am Orte der Hauptkiage nicht entgegen,
sofern zwischen Hauptund Widerklageanspruch die erforderliche Konnexität
besteht (AS 34 I S. 772 Erw. 2 mit Zit.). Ob dieses Erfordernis hier
zutraf, braucht nicht untersucht zu werden. Denn die Bestimmung des
angeführten Vertragsartikels ist keine zwingende in dem Sinne, dass
die Parteien nicht ausdrücklich oder stillschweigend auf einen anderen
Gerichtstsand prorogieren könnten. Eine solche still-schweigende
Unterwerfung unter den an sich nach dem Staatsvertrag örtlich nicht
zuständigen Richter ist dann anzunehmen, wenn der in der Gerichtssitzung
anwesende Beklagte oder Widerbeklagte sich auf die Klage bezw. Widerklage
ohne Erhebung der Unanständigkeitseinrede einlässt (AS 13 S. 105; 25 I
S. 102 Erw. 2). Im vorliegenden Falle hat sich aber der Rekurrent nicht
nur vor dem Handelsgericht ohne weiteres materiell auf die Widcrklage
eingelassen, ohne die Frage der Zuständigkeit nur aufzuwerfen, er
behauptet auch im staatsrechtlichen Rekurse mit keinem Worte, dass das
Handelsgericht zu deren Anhandnahme nicht zuständig gewesen sei, um d a r
a u s die Unzulässigkeit des Arrestes herzuleiten. Unter diesen Umständen
kann aber auch der letztere nicht als staatsvertragsnddiig angesehen
werden. Der Gerichtsstandsvertrag von 1869 enthält keine Vorschrift,
die den Arrest unter Angehörigen der beiden Vertragsstaaten ausdrücklich
und besonders verbieten würde. Die Urteile des Bundesgerichts, die
der Rekurs im Auge hat, beziehen sich durchwegs auf Fälle, in denen
die Arrestnahme der gerichtlichen Einklagung der Forderung voranging
und dieForderungsklage ohne den Arrest nach Art. 1 des Staatsvertrages
nur am französischen Wohnsitze des Schuldners hätte angehoben werden
können. Massgebend War dabei die Erwägung, dass nach der Ausgestaltung
des Arrestes im schweiz. Recht, den Massnahmen, welche es dem Arrestnehmer
zur Aufrechterhaltung der Be-
Staatsverträge. N° 65. . 553
schlagnahme auferlegt, der französische Schuldner durch die, Zulassung der
Arrestlegung gezwungen würde, sich gegen die arrestgesicherte Forderung
in der Schweiz, ausserhalb des Gebietes des ihm durch den Staatsvertrag
gewährleisteten Richters zu verteidigen, wenn er den Verlust der
arrestierten Vermögensstücke vermeiden will, und dadurch um die Garantie
des Art. 1 des staatsvertrages gebracht wurde. Ausschliesslich von diesem
Gesichtspunkte aus und in diesem Rahmen ist die Praxis dazu gekommen,
den Arrest in den gedachten Fällen, als den ersten einleitenden schritt
zur prozessualen Verfolgung da Anspruchs, der gerichtlichen Klage im
Sinne des Art. 1 des Staatsvertrages gleichzustellen, weshalb denn auch
die Arrestlegung, die nicht in jener Funktion, sondern zur Sicherung
der Vollziehung einer bereits durch Urteil anerkannten Forderung
erfolgt, davon stets ausgenommen worden ist (vergl. dazu einerseits
AS23HS.1568;261 S.S4;3318.790;3918.143; 41 S. 527, andererseits ebenda
18 S. 757). Dasselbe muss auch für den Fall gelten, wo zwar über die
Forderung ein rechtskräftiges Urteil noch nicht ergangen ist, die Klage
zur Feststellung der Forderung aber im Zeitpunkte der Arrestnahme
bereits vor einem schweizerischen Gerichte als Hauptoder Widerklage
hängig und das betreffende schweizerische Gericht zu deren Beurteilung,
trotzdem Beklagter ein in Frankreich domizilierter Franzose ist, infolge
der Konnexität des Widerklageanspruchs mit dem Hauptklageanspruch oder
vorbehaltloser materieller Einlassung des Beklagten bezw. Widerbeklagten
kompetent ist. Denn auch dann handelt es sich bei der Arrestlegung
nicht mehr um einen Akt der Rechtsfolgerung, den ersten einleitenden
schritt zur rechtlichen Geltendmachung des Anspruchs, sondern einfach um
eine Massnahme zur Sicherung der künftigen Vollstreckung einer bereits
gerichtlich hängigen Forderung, wodurch eine Verschiebung des durch
Art. I des Staatsvertrages vorgesehenen Gerichtsstandes nicht be-
554 Staatsreeht.
wirkt werden kann. Wenn der Beklagte des letzteren verlustig geht,
so ist dies nicht die Folge der Arrestlegung, sondern die Tatsache,
dass er sich der Wohltat 'der erwähnten Vertragsbestimmung selbst durch
die Erhebung der Hauptklage am Wohnsitze des Widerklägers oder die
Einiassung auf die Hauptbezw. Wider_ klage trotz Inkompetenz des damit
befassten schweizerischen Richters begeben hat. Die Gerichtsbarkeit
des schweizerischen Rechtes inbezug auf den Anspruch selbst zieht aber,
solange der Staatsvertrag einen anderen Grundsatz nicht aufstellt und
eine Beschränkung der Arrestlegung nur .aus der Gerichtsstandsvorschrift
des Art. 1 für die Geltendmachung des Anspruchs an sich hergeleitet
werden kann, ohne weiteres auch des Recht der schweizerischen Behörden
zur Anordnung derjenigen vorsorglichen Massnahmen nach sich, welche
die inländische Gesetzgebung zur Sicherung der künftigen Realisierung_
eines die hängige Forderungsklage gutheissenden Urteils vorsieht.
Da demnach schon die hlosse Hängigkeit des Forderungsprozesses vor dem
zürcherischen Handelsgericht und die unbestrittene Kompetenz des letzteren
zur Beurteilung der betr. Klage für die Zulässigkeit der Arrestlegung
vom Standpunkte des Staatsvertrages genügte', ist es unerheblich,
ob der Prozess im Zeitpunkte des Erlasses der beiden Arrestbefehle
bereits zu einem rechtskräftigen vollstreckbaren Urteile geführt hatte,
und braucht auf die Einwendungen des Rekurses, die sich darauf beziehen,
nicht eingetreten zu werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht : Der Rekurs wird abgewiesen.
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