I. GLEICHHEIT VOR DEM GESETZ (RECHTSVERWEIGERUNG)ÉGALITÉ DEVANT LA LOI
(DÉNI DE JUSTICE)
40. Urteil vom 18. Mai 1923 i. S. Einwohnergemeinde Bern gegen Bern,
Regierungsrat. Verletzung der Rechtsgleichheit erblickt im Widerspruch
des angefochtenen Entscheides zu der bisherigen Praxis der Behörde
inbezug auf die Auslegung der nämlichen Gesetzes-
bestimmung. Aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
einer Änderung der Rechtsprechung.
A. Das bernische Gesetz betreffend die Aufstellung von Alignementsplänen
und von baupolizeilichen Vorschriften durch die Gemeinden vom 15. Juli
1894 ermächtigt in § I die Gemeinden, für ihr Gebiet oder für einzelne
Teile desselben Alignementspläne und Baupoli-zeivorschriften mit
allgemeiner Verbindlichkeit aufzustellen. In den Alignementsplänen
werden die für die Ortschaft oder für den betreffenden Teil derselben
erforderlichen öffentlichen Strassen, Plätze und Anlagen die für Bauten
an vorhandenen und zu erstellenden öffentlichen Strassen, Plätzen und
Anlagen geltenden Baulinien und die Höhenlage der Strassen eingezeichnet
(gg 2 und 3). Sie unterliegen nach öffentlicher Auflage zur Erhebung von
Einsprachen und Annahme durch die Einwohnergemeinde der Genehmigung des
Regierungsrates (fig 6 und 7). Wer innerhalb der durch die genehmigten
AS 49 I me · 21
294 Staatsrecht.
Alignementspläne umfassten Gebietsteile Bauten irgend einer Art
(Neubauten, Umund Ausbauten) ausführen will, hat sich an die in
diesen Plänen festgesetzten Baulinien, sowie an die Linien, welche
die Höhenlage der Strassen bestimmen, zu halten: insbesondere darf
das zu künftigen Strassen, Plätzen und Anlagen mitbestimmte Land nicht
überbaut werden (g 10). Inbezug auf Baugesuche für noch nicht durch einen
Aiignementsplan betroffenes Gebiet bestimmt g 14: Gegen die Ausführung
von Bauten auf Grundstücken, für die keine Aligne-mentspläne bestehen,
kann der Gemeinderat Einsprache erheben. Er ist jedoch gehalten, sofern
die Baulinie nicht gütlich vereinbart werden kann, innerhalb 20 Tagen
einen Alignementsplan über den betreffenden Teil des Gemeindegebietes
öffentlichaufzulegen, ansonst die Einsprache dahinfällt.
Das vom Grossen Rat in Ausführung des § 19 des Gesetzes am 13. März 1900
erlassene Dekret über das Verfahren zur Erlangung von Baubewilligungen
und zur Beurteilung von Einsprachen gegen Bauten sieht die öffentliche
Bekanntmachung und Auflegung der Baugesuche durch die zuständige
Gemeindebehörde unter Ansetzung einer Einsprachefrist vor. Die
Entscheidung über das Gesuch steht, wenn keine Einsprachen eingegangen
sind, dem Regierungsstatthalter, andernfalls, je nach der Natur der
Einsprachegründe, der kantonalen Baudirektion oder der Direktion des
Inhem auf den Bericht des Regierungsstatthalters zu. Gegen den Entscheid
des Regierungsstatthalters oder der Direktion kann an den Regierungsrat
rekurriert werden. § 9 des Dekretes lautet: Sind Einsprachen gegen das
Bauvorhaben erhoben worden, so hat der Gemeinderat den Gesuchsteller
und den Opponenten einzuvernehmen und die diesbezüglichen Verhandlungen
zu protokollieren. Das Protokoll ist sodann samt dem Gesuch und den
übrigen zudienenden Akten dem Regierungsstatthalter zu übermitteln.
Die hier vorgesehene Überweisung jedes hängigen Baube-
Gleichheit vor dem Gesetz. N° 40. 295
wiiligungsgesuches an das Regierungsstatthalteramt hat gemäss § 14
spätestens binnen 30 Tagen nach Ablauf der Einspruchefrist zu erfolgen.
Gemäss der vom Regierungsrat am 28. Oktober 1911 zu § 83 des EG zum
ZGB erlassenen Verordnung hetreffend den Schutz und die Sicherung der
Landschaften, Ortschaftsbilder und Aussichtspunkte im Kanton kann
die Errichtung neuer sowie die Erweiterung und Erhöhung bestehender
Gebäude 11. a. auch aus ästhetischen Gründen untersagt werden, wenn
dadurch Landschaften, Ortschaftsbilder und Aussichtspunkte verunstaltet
werden. Baugesuche, die auf Grund dieser Vorschrift beanstandet werden,
sind in dem durch §§ 11 Abs. 1 und 12 bis 14 des Dekretes vom 13. März
1900 vorgesehenen Verfahren , d. h. durch die kantonale Baudirektion
unter Rekurs an den Regierungsrat zu erledigen.
B. Durch Beschluss vom 5. August 1919 erklärte sich der Regierungsrat
des Kantons Bern grundsätzlich bereit, dem Grossen Rat die Förderung des
geplanten Neubaues des Schweiz. Schulmuseums in Bern durch unentgeltliche
Einräumung eines Baurechts auf der Grossen Schanze in Bern und sonstige
finanzielle Unterstützung zu beantragen, und gestattete dem Sehnlmuseum,
unter Vorbehalt der weiteren Entschliessungen der Staatsbehörden,
das Verfahren zur Erlangung der Baubewilligung einzuleiten. Die in
Frage kommende Fläche der Grossen Schanze, die dem Staate Bern gehört,
bildet einen Teil der an diesem Orte von der Stadt auf Grund einer
Vereinbarung mit dem Staate s. Z. auf ihre Kosten erstellten Gartenanlage
(Promenade). Das Bekanntwerden des Bauvorhabens des Schulmuseums
rief wegen der damit verbundenen Verkümmerung dieser Promenade und
be-fürchteter Beeinträchtigung der Aussicht und des Ortschaftsbildes
zahlreichen Protesten in der Presse, und es gingen gegen das Gesuch
innert Frist verschiedene Einsprachen ein, worunter eine solche der
städtischen Bau-
296 Staatsreeht.
direktion aus Auftrag des Gemeinderates, die sich auf § 1 der Verordnung
vom 28. Oktober 1911 und den daran anschliessenden Art. 51 der städtischen
Bauverord nung stützte.
Nachdem die am 16. Oktober 1919 gemäss § 9 des Dekretes vom 13. März 1900
abgehaltene Verständigungsverhandlung zwisehen den Gesuchstellern und
den Einspreche-rn ergebnislos verlaufen war, beschloss der Gemeinderat
am 28. Oktober die Aufstellung eines Alignementsplanes im Sinne von §
14 des Gesetzes vom 15. Juli 1894 für das Gebiet der Grossen Schanze,
der, abgesehen von der Festsetzung bestimmter Baulinien, den zur Zeit
als Promenade dienenden Teil des Areals mit Einschluss der für den Bau
des Schulmuseums in Aussicht genommenen Fläche als öffentliche Anlage
mit einem Bauverbot belegt. Die Bekanntmachung dieses Beschlusses im
städtischen Amtsblatt fand am 29. Oktober und die öffentliche Auflegung
des Plans vom 1. bis 20. November 1919 statt, Während die Bekanntmachung
des Baubegehrens des Schulmuseums vom 16. September und die Einspraehe
des Gemeinderates gegen dasselbe vom 26. September 1919 datierte. in der
Gemeindeabstimmung vom 20. u. 21. März 1920 wurde der Plan mit 13,799
gegen 2671 Stimmen angenommen und am 15. April 1920 durch Vermittlung des
Regierungsstatthalteramtes dem Regierungsrat zur Genehmigung übermittelt.
Am 12. Februar 1922 ging dem Gemeinderat nachstehender Beschluss
des Regierungsrates vom 8. Dezember 1921 zu: Der Alignementsplan vom
20. u. 21. März 1920 der Gemeinde Bern betreffend die Grosse Schanze in
Bern wird nicht genehmigt, Weil er nicht binnen der Frist von 20 Tagen
aufgelegen hat, wie § 14 des Gesetzes vom 15. Juli 1894 dies vorsieht. Die
Einsprache des Gemeinderates ist somit dahingefallen. Das Baubegehren
des Schweizerischen Sehnlmuseums und die Einsprachen, die sich dagegen
richten, werden, gestützt auf § 2 der Verordnung vom 28. Oktober 1911 und
Gleichheit vor dem Gesetz. N° 40. 297
auf § 11 Abs. 1 des Dekrets vom 13. März 1900 betreffend das Verfahren
zur Erlangung von Baubewilligungen, der kantonalen Baudirektion zur
Behandlung überwiesen.
Die Annahme verspäteter Auflegung des Planes beruht auf der Voraussetzung,
dass die Frist des § 14 des Gesetzes vom 15. Juli 1894 für den Gemeinderat
mit der Erhebung der Einsprache gegen das Bauvorhaben zu laufen beginne
und daher hier zur Zeit der Bekanntmachung des Auflegungshesehlusses
(29. Oktober 1919) bereits abgelaufen gewesensei, während es in der
bisherigen Praxis als genügend erklärt worden war, dass die Auflegung
innert 20 Tagen nach dem Scheitern der Einigungsversuehe mit dem Bauherrn
erfolge.
Die Auslegung des Gesetzes in diesem Punkte war erstmals im Jahre
1897 gegenüber dem Baumeister Häuptli in Bern streitig geworden. Indem
Beschlusse-
, vom 29. Oktober 1897, womit er den betreffenden Aligne-
mentsplan genehmigte, führte der Regierungsrat aus, dass das Gesetz nach
seinem Wortlaute und nach seinem Grundgedanken nur die zweitangeführte
Auffassung zulasse. Er hielt daran auch gegenüber einem vonHäuptli
eingereichten staatsrechtlichen Rekurs fest, worin jener zur Unterstützung
der anderen -'dem Entscheide im heutigen Falle zu Grunde liegenden
Interpretation u. a. auf die Bemerkungen des Berichterstatters des Re-
gierungsrates im Grossen Rate bei der Beratung der Ge-
setzesvorlage, Lienhard .zu der Vorschrift verwiesen s -
hatte, lautend: Der Art. 14 sieht den Fall vor, dass eine Gemeinde es
unterliess, einen Alignementsplan aufzustellen. Nun wird sie aber durch
ein Baugesuch darauf aufmerksam gemacht, dass jemand .ein Haus an einer
Stelle bauen oder dasselbe in einer Weise erstellen Will, welche die
ganze künftige Entwicklung eines Teiles der _ Gemeinde unzweckmässig
gestalten würde. In einemÄ solchen Falle soll die Gemeinde Einspruch
erheben und erklären können, sie wolle für das betreffende Gebiet
298 Steam-echt.
einen Alignementsplan aufstellen ; sie soll aber den Eigentümer nicht
lange aufhalten dürfen, sondern nur 20 Tage. Wird innerhalb dieser
20 Tage der Alignementsplan nicht öffentlich aufgelegt, so muss dem
Betreffenden die Baubewilligung erteilt werden. Die Gemeinde wird also
rasch einen solchen Plan aufstellen müssen und sie kann dies auch, indem
sie ja nur das Alignement des betreffenden Terrains, im Anschluss an das
übrige Alignement, zu ordnen braucht. Das Votum, so wurde damals in
der Beschwerdeantwort geltend gemacht, entkräfte die auf den Wortlaut
des Gesetzes sich stützende Auslegung in keiner Weise: Herr Lienhard
habe sich darin lediglich über die Dauer der gesetzlichen Frist zur
Pianauflage und die Felgen der Nichtbenutzung der Frist geäussert, dagegen
die Frage, von welchem Zeitpunkte an die Frist zu laufen beginne, mit
keinem Worte berührt. Seither war an dieser Praxis unbestrittenermassen
stets festgehalten werden, so n. a. auch gegenüber dem Versuche einer
erneuten Anfechtungdurch den Bauherrn in einem Beschlusse vom 28. Juli
1912 in Sachen Schneider & Leutenegger. Der Beschluss vom 8. Dezember 1921
und 12. Februar 1922 enthält eine Begründung für die neue, abweichende
Auslegung nicht.
C. Mit der vorliegenden, am 17. März 1922 erhobenen staatsrechtlichen
Beschwerde verlangt der Gemeinderat von Bern namens' der Einwohnergemeinde
die Aufhebung des gedachten Beschlusses in seinem ersten, die
Nichtgenehmigung des Alignementsplans für die Grosse Schanze wegen
verspäteter Auflegung betreffenden Teile. Er erblickt in der Aufgabe
der bisherigen ständigen Praxis durch den Regierungsrat in einem Falle,
wo der Staat als Eigentümer des betreffenden Areale s
Partei sei, einen Akt der Willkür und eine Verletzung der Rechtsgleichheit
und sucht darzutun, dass sich der Regierungsrat dabei, wie schon die
Unterlassung jedes Versuches, die neue Auslegung irgendwie zu motivieren,
zeige, einfach von dem Bestreben habe leiten lassen, den
Gleichheit vor dem Gesetz. N° 40. 299
ihm nicht genehmen Plan und das daraus erwachsende Hindernis für die
Verwirklichung seiner Absichten unter allen Umständen zu beseitigen.
D. Der Regierungsrat des Kantons Bern hat Abweisung der Beschwerde
beantragt. Er macht geltend : der angefochtene Beschluss sei auf einen
(der Antwort beigelegten) Vortrag der Justizdirektion vom 30. N0-vember
1920 gefasst worden, worin diese die der bisherigen Praxis Widersprechende
Auslegung des Gesetzes eingehend begründet habe. Die Behörde habe
sich dabei ausschliesslich von den dort anseinandergesetzten sachlichen
Erwägungen leiten lassen, die sich etwas ergänzt, wie folgt zusammenfassen
liessen: Die Aufstellung eines Alignementsplanes bedeute für den
Grundeigentümer eine Eigentumsbeschränkung. Nach Art. 89 KV sei aber das
Eigentum unverletzlich und unterliege nur den durch Gesetz vorgesehenen
Beschränkungen. Bestehen über den Sinn einer solchen beschränkenden
Bestimmung Zweifel und die Rekurrentin gehe selbst zu, dass solche hier
vor der Lösung der Frage durch den Entscheid Häuptli hätten auftauchen
können , so sei im Hinblick auf den verfassungsmässigen Grundsatz der
Eigentumsfreiheit die für den Bürger günstigere Lösung zu wählen, was auch
für den Streit über die Fristbestimmung nach § 14 des Alignementsgesetzes
gelten müsse. Aus dem Wortlaut der erwähnten Vorschrift ergebe sich
aber kein Anhaltspunkt dafür, dass die 20 Tage zu den Verhandlungen mit
dem Gesuchsteller und zu deren Misslingen in Beziehung gesetzt werden
sollen. Die wörtliche Auslegung des § 14 führe vielmehr dazu, diese 20
Tage mit der Einsprache des Gemeinderates in Beziehung zu bringen. Während
dieses Datum eindeutig bestimmt werden könne, werde es sehr oft schwer
halten, festzustellen, wann die Verständigungsverhandlungen endgiltig
gescheitert seien. Es würde daher, wenn man darauf abstellen wollte,
zum Teil in das Belieben des Gemeinderates gestellt, von wann an er die
20tägige Frist laufen lassen wolle. für die engere
Zog Staatsrecht.
Auslegung spreche sodann neben dem Wortlaut auch die (oben wiedergegebene)
Äusserung des Berichterstatters ,des Regierungsrates in den Verhandlungen
des Grossen Rates vom 31. Januar 1892: wenn es danach der Sinn des
Gesetzes sei, dass die Gemeinde durch ihren mit der beabsichtigten
Aufstellung eines Alignementsplanes begründeten Einspruch den Eigentümer
nicht länger als 20 Tage solle aufhalten dürfen, so müsse dieser
Zeitraum notwendigerweise von der Einsprache an berechnet
werden. Lasse man ihm die Verständigungsverhand _
lungen vorausgehen, so könnte sich das Hinaushalten des Gesuchstellers
unter Umständen auf mehrere Monate ausdehnen. Die Abänderung einer
bestehenden Rechtssprechung aus sachlichen Erwägungen, wie sie danach dem
angefochtenen Beschlusse zu Grunde lägen, zum Zwecke, die Praxis mit dem
richtig verstandenen Willen des Gesetzes in Einklang zu bringen, sei aber
zulässig und könne nicht wegen Verletzung der formellen Rechtsgleichheit
angefochten werden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Vorschrift des Art, 4 BV, die alle Schweizer vor dem Gesetze
gleichstellt, enthält ein Gebot nicht nur für den Gesetzgeber,
sondern auch für-die rechtsanwendenden (richterlichen und Verwaltungs-)
Behörden. sie fordert, dass ein Rechtssatz bei gleichen tatsächlichen
Verhältnissen gegenüber allen Bürgern gleich, nicht das eine Mal so,
ein anderes Mal anders ausgelegt werde. Eine Einschränkung des daraus
folgenden Anspruchs auf gleiche Behandlung kann sich immerhin daraus
ergeben, dass die ihm entsprechende Verpflichtung der Behörde, sich
an die von ihr einmal einer bestimmten Rechtsfrage gegebene Lösung zu
halten, zu dem anderen Postulate der sachlichen Übereinstimmung der
Entscheidung mit dem positiven Rechte in Widerspruch tritt. Das Gebot
gleicher Rechtsanwendung Würde streng durchgeführt zur Folge haben,
dass auch in einem solchen Falle an der
Gleichheit vor dem Gesetz. N° 40. 301
früheren Praxis festgehalten werden müsste, während die Rücksicht auf
die materielle Gerechtigkeit denn es muss davon ausgegangen werden,
dass die gesetzliche Regelung eines bestimmten Verhältnisses zugleich
auch die materiell gerechteste sei eine Abweichung von der Praxis
fordern Würde. Wenn bei einem solchen Konflikte im allgemeinen die
letztere Rücksicht als die höhere, wichtigere anzusehen sein wird,
vor der das Prinzip der formellen Gleichheit zurückzutreten hat,
und wenn das Bundesgericht deshalb die Änderung der bisher befolgten
Rechtsprechung hinsichtlich einer an sich verschiedener Auslegung fähigen
Gesetzesbestimmung g r u n d s ä t z 1 i c h als zulässig und nicht
gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
nicht, dass es genüge, irgendwelche der Fassung des Gesetzes oder anderen
Auslegungsmitteln entnommene Gründe anzuführen, um den Widerspruch eines
konkreten Entscheides zu der bisherigen Praxis zu rechtfertigen und
die urteilende Behörde vor jenem Vorwurfe zu schützen. Die geänderte
Auslegung muss sich jedenfalls da, WO es sich nicht nur um die
Abweichung von einem vereinzelten Präzedenzfalle, sondern von einer
konstanten langjährigen Praxis der Behörde handelt, als das Ergebnis
einer ernsthaften, gründlichen neuen Untersuchung der Frage darstellen
und auf Gründe stützen, die nach allgemeinen Auslegungsregeln geeignet
sind, die Annahme, dass der wirkliche Wille des Gesetzes ein anderer
sei als der bisher angenommene, d. h. eines Irrtums in der Auslegung
zu stützen, wobei sobald dies bejaht werden muss, dem Bundesgericht im
staatsrechtlichen Rekursverfahren allerdings eine weitere Nachprüfung der
Schlüssigkeit jener Gründe, (1. h. der Frage, ob die kantonale Behörde sie
mit Recht gegenüber der früheren Auslegung als durchschlagend erachtet
habe, nach der Umschreibung seiner Kognition durch Art. 113 Ziff. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
|
1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
Art. 175 Ziff. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
|
1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
|
1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
handelt es sich denn auch regelmässig
302 staatsrecht-
in den neueren Urteilen, wo die auf den Widerspruch der angefochtenen
Verfügung zu der früheren Rechtsprechung derselben Behörde gegründete
Rüge der Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Eine noch weitergehende Zurückhaltung wird ferner der kantonalen
Behörde da Zur Pflicht gemacht werden dürfen und müssen, wo nicht
die Auslegung materieller rechtlicher Gesetzesvorsehriften, sondern
prozessualer Fristbestimmungen im Streite liegt, die an die Nichtvornahme
einer Handlung innert eines gewissen Zeitraumes in einem bestimmten
zivilprozessualen oder Verwaltungsverfahren Verwirkungsfolgen knüpfen. Die
Entscheidungen, welche die Anwendung solcher Bestimmungen betreffen,
besitzen insofern eine erhöhte unmittelbar praktische Bedeutung, als
die Parteien notwendigerund berechtigterweise danach ihr Verhalten
in einer solchen Prozedur einrichten werden, wenn sie nicht geradezu
gezwungen sind. Das Gebot gleicher Anwendung des Gesetzes gegenüber
allen Bürgern dient daher hier zugleich in hervorragendem Masse der
Wahrung der Rechtssicherheit, so dass ein höheres Interesse, welches den
Einbruch darein rechtfertigt, nicht schon wegen der an sich vor-liegenden
Möglichkeit, dass eine-andere Auslegung die richtiger-e wäre, sondern nur
dawird anerkannt werden können, wo entweder die bisherige Deutung sich
bei näherer Prüfung nach der Fassung des Gesetzes und seinem Zusammenhang
als ganz offenbar falsch und unhaltbar erweist oder, sofern dies nicht
zutrifft, doch gewichtige praktische Nachteile und Gefahren der bisherigen
Praxis dringend gebieten, der anderen ebenfalls möglichen Deutung den
Vorzug zu geben.
Von diesem Standpunkt aus erweist sich aber zunächst im vorliegenden Falle
der Hinweis auf das Votum des Gesetzesredaktors im Grossen Rate zu der
streitigen Vorschrift (è 14 des Alignementsgesetzes) als unbehelflich. Es
könnte ihm ein gewisses Gewicht zweifellos dann nicht abgesprochen werden,
wenn es sich um die erst-
Gleichheit vor dem Gesetz. N° 40. 303
malige Anwendung der Bestimmung handelte. Zur Begründung der Änderung
einer während 25 Jahren konsequent durchgeführten Rechtsprechung in
einer Materie wie der vorliegenden vermag er bei der ohnehin stets
nur mehr akzessorischen, unterstützenden Bedeutung, der solchem den
parlamentarischen Beratungen entnommenem Auslegüngsmaterial nach
allgemeinen Auslegungsregeln überhaupt beigemessen werden kann,
umsoweniger auszureichen, als man es dabei nicht etwa mit einer neu
entdeckten, sondern mit einer Tatsache zu tun hat, die dem Regierungsrat
schon bei seinen früheren Entscheidungen bekannt war, damals aber
von ihm als die heute vertretene Auslegung nicht schlüssig bezeichnet
worden ist. Das weitere zu Gunsten der letzteren heute vorgebrachte
Hauptargument aber, dass das Gesetz selbst nach seinem Wortlaut die Frist
ausschliesslich in Beziehung zur Erhebung der Baueinsprache durch den
Gemeinderat und in keiner Weise zu dem scheitern des Versuches einer
gütlichen Vereinbarung der Baulinie bringe, ist nicht nur diskutabel,
sondern augenscheinlich falsch und unhaltbar. Nach dem Wortlaut des
§ 14 Satz 2 des Gesetzes vom 15. Juli 1894 ist der Gemeinderat zur
Wirksamkeit der nach Satz 1 erhobenen Einsprache nur dann gehalten
einen Alignementsplan für das betreffende, bisher noch nicht von einem
solchen umfasste Gebiet aufzulegen, wenn die Baulinie nicht gütlich
vereinbart werden kann . Diese Ausdrucksweise lässt aber sehr wohl die
Folgerung zu, ja scheint sie zunächst geradezu aufzudrängen, dass das
Ergebnis solcher gütlichen Verhandlungen abgewartet werden darf, bevor
zur Auflegung geschritten wird ; sonst würde dieselbe ohne Rücksicht
auf die Möglichkeit einer Einigung sozusagen immer stattfinden müssen,
da der Gemeinderat es bei der Kürze der 20tägigen Frist, wenn er
nicht die Interessen der Gemeinde aufs Spiel setzen will, nicht würde
darauf ankommen lassen können, dass die Verhandlungen bis dann zu einer
Verständigung führen werden. Ver-möchte dieser aus dem
304 staatsrecht-
Wortlaut der Vorschrift gezogene Schluss auch nicht hinzureichen, um
die andere, dem angefochtenen Entscheide zu Grunde liegende Auslegung
auszuschliessen wie denn der Rekurrent zugibt, dass trotz dieser Fassung
anfänglich Zweifel über die wahre Meinung des Gesetzes möglich gewesen
seien so kann doch umgekehrt noch viel weniger davon die Rede sein,
dass der Text des Gesetzes n n r die heute vertretene Deutung zulasse
oder sie nach den Regeln der grammatikalischen Interpretation zwingend
fordere (wie übrigens schon daraus erhellt, dass der frühere Entscheid in
Sachen Häuptli mit derselben Bestimmtheit die damalige entgegengesetzte
Interpretation als die grammatikalisch allein mögliche bezeichnete). Auch
die andere oben ins Auge gefasste Alter- native -gewiehtige praktische
Nachteile und Gefahren der bisherigen Praxis, die gebieten würden,
sie zu Gunsten der anderen, ebenso möglichen Auslegung aufzugeben
trifft nicht zu. Der Regierungsrat verweist in diesem Zusammenhang auf
den Zweck der Bestimmung: zu verhiiten, dass der Grundeigentümer in der
Verwertung seines Grundstücks während längerer Zeit wegen der Absicht der
Aufstellung eines Alignements aufgehalten werde, das dann möglicherweise
nachher von der Oberbehördenicht genehmigt wird. Dieser Zweck werde aber
gefährdet, wenn man die Frist zur Auflegung des Plans erst vom Scheitern
der Verständigungsverhandlungen laufen lasse, indem es einerseits oft
Schwierigkeiten bereiten könne, den Zeitpunkt des endgiltigeu Scheiterns
dieser Verhandlungen festzustellen, andererseits der Gemeinderat durch
deren Hinausziehung den Beginn des
Fristenlaufs mehr oder minder nach seinem Belieben, -
unter Umständen um Monate verzögern könnte. Dabei wird jedoch die wichtige
Tatsache vollständig übergangen, dass nach dem oben angeführten § 14
des Dekretes vom 13. März 1900 jedes Baubewilligungsgesuch binnen 30
Tagen nach Ablauf der Einsprachefrist, mit dem Protokoll über die in §
9 ebenda vorgesehene Ver-
Glelchheit vor dem Gesetz. N° 40. 305
handlung zwischen den Einsprechern und dem Gesuchsteller, der zuständigen
kantonalen Behörde zur Entscheidung übermittelt werden muss. Der
Gesuchsteller hat es daher in der Hand, die beschleunigte Auslegung
des Planes dadurch zu erzwingen, dass er an dieser Verhandlung die
ihm von der Gemeinde zugemutet-e Einschränkung in der Überbauung und
eine allfällige Abmachung darüber ein für alle Mal zu Protokoll ablehnt.
Er wird, wenn ihm selbst die durch das Laufen der Auflegungsfrist erst von
diesem Zeitpunkt an bewirkte unbedeutende Verzögerung noch als zu lang
erscheint, auch sie dadurch vermeiden können, dass er sich nach Ablauf
der Einspracheirist über die Erhebung oder Nichterhebung einer Einsprache
durch den Gemeinderat nach § 14 Satz 1 des Alignementsgesetzes erkundigt
und im ersteren Falle dem Gemeinderat schriftlich seinen Willen kundgibt,
auf dem Bauvorhaben zu beharren und sich auf eine andere Festsetzung
der Baulinie unter keinen Umständen einzulassen.
In seiner Beschwerdeantwort an das Bundesgericht im Fall Häuptli hatte
denn auch der Regierungsrat das eben erörterte Bedenken gegen die
heute von ihm aufgegebene Auslegung des Gesetzes mit den Worten als
unzutreifend zurückgewiesen : Für den Bauunternehmer dagegen bringt
die Anerkennung der (damaligen) regierungsrätlichen Interpretation keine
nachteiligen Konsequenzen mit sich. Er kann sich gegen die aufschiebenden
Wirkungen der gütlichen Verhandlungen jederzeit leicht in der Weise
schützen, dass er im Zeitpunkte des Ablaufs der Einsprachefrist oder
auch schon früher kategorisch erklärt, sich in keine Verhandlungen
einlassen zu wollen. Dadurch wird er entsprechend der Gesetzesauslegung
des Rek. bewirken, dass die 20tägige Planauflagefrist sofort nach dem
Verflusse der Einsprachefrist zu laufen beginnt. Andererseits wurde in
jener Vernehmlassung mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die vom
damaligen Rekurrenten ver-
306 Staatsrecht. tretene, heute vom Regierungsrat aufgenommene Inter-
pretation des g 14 diese Vorschrift für die Gemeinde.
häufig wertlos machen könnte: Der Bauunternehmer brauchte nur bis zum
Ablaufe der 20tägigen Frist den Gemeinderat durch Scheinverhandlungen
hinzuhalten, so wäre der letztere in die absolute Unmöglichkeit ver-setzt,
die öffentliche Planauflage rechtzeitig zu besorgen. Geht man hievon
aus, so kann aber auch von einer irgendwie erheblichen Mehrbeschränkung
des Eigentümers, die aus der bisherigen Praxis gegenüber der heute
vertretenen Auslegung folgen würde und dazu führen müsste, im Hinblick
auf die verfassungsmässige Eigentumsgarantie und die daraus abgeleitete
Vermutung für die Freiheit des Eigentums die letztere Auslegung zu
adoptieren, ernstlich nicht gesprochen werden, während umgekehrt die
neue Interpretation geeignet wäre, die öffentlichen Interessen der
Gemeinde zu gefährden, deren Wahrung durch Einführung g e s e t zI i c
h e r Beschränkungen des Eigentnrnsinhalts, insbesondere der Baufreiheit
anerkanntermassen durch jene Garantie nicht berührt und in Art. 702
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
ausdrücklich vorbehalten wird.
Zur Begründung der Notwendigkeit einer Änderung der bisherigen Praxis
wegen ihrer praktischen Folgen hätte daher auch die Auseinandersetzung
mit diesen Einwendungen und den eigenen früheren bezüglichen Ausführungen
der Behörde; eine Erörterung darüber gehört, dass und weshalb sie bei
erneuter Prüfung nicht als zutreffend anerkannt werden können. Wenn
sowohl der Vortrag der Justizdirektion als die Beschwerdeantwort daran
einfach vorbeigegangen und sich mit der summarischen Aufstellung
einer entgegengesetzten B eh a u p t u n g begnügen, so muss dies
notwendigerweise die Vermutung wachrufen, es sei in Wirklichkeit doch
nicht so sehr die Überzeugung von der Unriehtigkeit der bisher befolgten
Auslegung als die Tatsache, dass sie im konkreten Falle dem Staate in
seiner Eigenschaft als
Handelsund Gewerbefrelheit. N° 41. 307--
Eigentümer überbauungsfähigen Landes nachteilig zu werden drohte, gewesen,
was die neue Interpretation veranlasste, und der Entscheid wäre anders
ausgefallen, wenn der Gemeinde ein gewöhnlicher privater Grundeigentümer
als Interessent gegenübergestanden hätte. Gerade gegen ein schwanken in
der Rechtsprechung aus solchen Rücksichten will Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Der angefochtene Beschluss ist deshalb in der Meinung aufzubeben,
dass die Genehmigung des von der Einwohnergemeinde Bern beschlossenen
Alignementsplans für die Grosse Schanze nicht wegen Nichteinhaltung der
Auflegungsfrist des § 14 des Alignementsgesetzes verweigert werden darf.
Demnach erkennt das Bundesgericht :
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Beschluss des
Regierungsrates des Kantons Bern vom 8. Dezember 1921 aufgehoben.
Vgl. auch Nr. 41, 43, 45 11. 46. Voir aussi nOs 41, 43, 45 et 46.
II. HANDELSUND GEWERBEFREIHEIT
LIBERTÉ DU COMMERCE ET DE L'INDUSTRIE
41. Urteil vom 11. Mai 1923 i. S. Zofinger Tagblatt A. G. und Ringier &
Cie gegen Aargau Regierungsrat.
Verbot der öffentlichen Empfehlung zu brieflicher Behandlung von
Krankheiten, der Veröffentlichung von Zeugnissen über Heilung von
Krankheiten zu Reklamezwecken und der Anpreisung medizinischer Apparate
ohne Bewilligung. Anfechtung aus Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
|
1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
mangelnder Grundlage im kantonalen Recht.
A. Die {Verordnung des aargauischen Regierungsrats vom 14. Juli 1900
betr. die Auskündung und den