224 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 66.

Gesetz nicht vorgesehenen und daher unzulässigen Weise beeinträchtigen und
ist zum Schutze des Gläubigers auch nicht notwendig. da dieser gemäss
Art. 115
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 115 - 1 War kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne des Artikels 149.
1    War kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne des Artikels 149.
2    War nach der Schätzung des Beamten nicht genügendes Vermögen vorhanden, so dient die Pfändungsurkunde dem Gläubiger als provisorischer Verlustschein und äussert als solcher die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 bezeichneten Rechtswirkungen.
3    Der provisorische Verlustschein verleiht dem Gläubiger ferner das Recht, innert der Jahresfrist nach Artikel 88 Absatz 2 die Pfändung neu entdeckter Vermögensgegenstände zu verlangen. Die Bestimmungen über den Pfändungsanschluss (Art. 110 und 111) sind anwendbar.239
SchKG, wenn er durch die Pfändung nicht genügend gedeckt
ist, allfällig erst nach Ablauf eines Jahres seit der Zustellung
des Zahlungsbefehls neuentdeckte oder neu erworbene Vermögensstücke
mit Arrest belegen lassen kann. Das Betreibungsamt hätte daher dem
Nachpfändungsbegehren des Rekursgegners keine Folge geben dürfen. Die
Aufhebung seines Requisitionsauftrages zieht ohne weiteres den Hinfall
der gestützt darauf vorgenommenen Lohnpfändung nach sich.

Demnach erkennt die Schuldbetr.und Konkurskammer :

Der Rekurs wird begründet erklärt und die angefochtene Verfügung
aufgehoben.

66. Entscheid vom 27. Dezember 1922 i. S. Wolf & Wahlen.

Art. 262 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 262 - 1 Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
1    Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
2    Aus dem Erlös von Pfandgegenständen werden nur die Kosten ihrer Inventur, Verwaltung und Verwertung gedeckt.
SchKG: Ob eine nicht bestrittene Forderung
Konkursforderung oder M a s s e V e r h i n dl i c h k e i t sei,
entscheiden die Aufsichtsbehörden im Beschwerde-verfahren '

Eine während des Nachlassverfahrens eingegangene Verbindlichkeit ist im
nachfolgenden Konkurs nicht Masseverhindlichkeit, selbst wenn sie vom
Sachwalter eingegangen wurde. -

A. Während des Nachlassverfahrens über die Baufirma Adank, Vetter &
Cle lieferte ihr die Firma Wolf & Wahlen unter verschiedenen Malen
Baumaterialien, wofür der gerichtliche Sachwalter jeweilen in dem
Sinne Gutsprache auf die Neubauten, für welche die Materialien
Verwendung fanden, erteilte, dass er die Eingänge aus diesen
Neubauten für Arbeitslöhne und Lieferantenrechnungen zu reservieren
und verhältnismässige Zahlung daraus zu leisten versprach. Im weiteren
lieferte die

Schuldhetreihungsund Konkursrecht. N° 66. 225

Firma Wolf & Wahlen nach der später erfolgten 'Eröffnung des Konkurses
über Adank, Vetter & Cie noch Baumaterialien, die der (gewesene)
Sachwalter mit Vollmacht des Konkursamtes bestellt hatte. Für die
bezüglichen Fakturen im Gesamtbetrage von 2155 Fr.' 80 Cts. verlangte die
Firma Wolf & Wahlen von der Konkursverwaltung volle Bezahlung. Doch liess
diese die Forderung nur in fünfter Klasse zu. Hiegegen führten Wolf &
Wahlen Beschwerde mit dem Antrag, ihre Forderung sei als Massaschuld
anzuerkennen und zu behandeln.

B. Durch Entscheid vom 7. Dezember hat die Aufsichtsbehörde des
Kantons Bern die Beschwerde mit Bezug auf die Lieferungen nach der
Konkurseröffnung, nämlich für den Betrag von 253 Fr. gutgeheissen,
im übrigen aber abgewiesen.

C. Diesen am 13. Dezember zugestellten Entscheid hat die Firma Wolf &
Wahlen am 21. Dezember an das Bundesgericht weitergezogen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskummer zieht

in Erwägung:

1. Der Begriff der Masseverbindlichkeit ist dem Schuldbetreibungs
und Konkursgesetz nicht bekannt. Erhebt ein Gläubiger den Anspruch,
für seine Forderung aus der Konkursmasse vorweg bezahlt zu werden, so
vermag er sich hiefür nur auf Art. 262 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 262 - 1 Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
1    Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
2    Aus dem Erlös von Pfandgegenständen werden nur die Kosten ihrer Inventur, Verwaltung und Verwertung gedeckt.
SchKG zu stützen, wonach die
Konkurskosten vorab zu decken sind. Können Masseverbindlichkeiten somit
nur unter dem Gesichtspunkt anerkannt werden, dass sie Konkurskosten
im weiteren Sinne darstellen, so steht im Streitfall die Entscheidung
darüber, ob eine Forderung Konkursiorderung oder aber Masseverbindlichkeit
sei, gleichwie nach Geb. T. Art. 10 und 15 die Entscheidung über die
Konkurskosten überhaupt, den Aufsichtsbehörden zu. Dazu kommt, dass,
wenn die Konkursverwaltung eine Forderung als Masseverbindlichkeit gelten
lässt, dies

226 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 66.

durch vorzugsweise Zuteilung in der Verteilungsliste geschieht,
deren Anfechtung nach ständiger Rechtsprechung durch Beschwerde
und nicht durch gerichtliche Klage zu erfolgen hat. Dann muss. aber
auch die gegenteilige Verfügung, die Nichtanerkennung einer Forderung
als Masseverbindlichkeit, durch Beschwerde angefochten werden können,
gleichgültig, ob sie schon vor der Auflage der Verteilungsliste getroffen
wird, z. B. wie vorliegend anlässlich der Auflage des Kollokationspla'nes
durch Zulassung der Forderung in fünfter Klasse (vgl. AS 43 III S. 254
und dortige Zitate), Dagegen bleibt es ,der Zuständigkeit der Gerichte
vorbehalten, zu entscheiden, ob die geltend gemachte Forderung dern
Ansprecher überhaupt zustehe und eventuell in welchem Umfange, da es
sich insoweit nicht um eine Frage der Verteilung handelt.

2. Wenn das Gesetz (SchKG Art. 298) dem Schuldner, über welchen
das Nachlassverfahren eröffnet worden ist, gestattet, sein Geschäft
unter der Aufsicht des Sachwalters fortzubetreiben, so will es ihm
damit die Fortführung des Geschäftes doch nicht garantieren, derart,
dass Dritte verpflichtet wären, sie ihm durch Einräumung von Kredit zu
ermöglichen. Ist es aber ihrer freien Entschliessung anheimgegeben, ob und
unter welchen Bedingungen sie ihm kreditieren wollen, so rechtfertigt
es sich nicht, ihnen im nachfolgenden Konkurs eine Vorzugsstellung
gegenüber den andern Gläubigern zuzuerkennen, während sie doch, anders
als jene, zu einer Zeit kreditiert haben, da die Zahlungsunfähigkeit
des Schuldners durch die Publikation der Nachlasstundung bereits
offenkundig war. Insbesondere kann von der analogen Anwendung des von der
Rechtsprechung aufgestellten Satzes, dass die Kosten eines der Eröffnung
des Erbschaftskonkurses vorangegangenen öffentlichen Inventars den
Konkurskosten gleichstehen, keine Rede sein, da dieser seine Begründung
nur darin finden kann, dass das Konkursverfahren durch ein

....1

Schuldhetreibungsund Konkursrecht. N° 66. 227

solches Inventar vereinfacht wird (AS 36 I S. 450 f. = Sep.-Ausg. 13
S. 187 f. und 44 III S. 31 f.). Im weiteren muss aber auch die Auffassung
der Rekurrentin zurückgewiesen werden, als ob sich ein Vorzugsrecht
daraus herleiten lasse, dass der Wert der Konkursmasse durch die
Materiallieferungen vermehrt worden sei, da das Konkursrecht ein solches
Vorzugsrecht nicht einmal zu Gunsten derjenigen Konkursgläuhiger
anerkennt, deren Gegenleistung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung
un-zweifelhaft noch vorhanden ist, was übrigens in jedem einzelnen
Falle besonders geprüft werden müsste. Zu Unrecht endlich beruft sich die
Rekurrentin auf die Gutsprache des Sachwalters. Insofern sie versucht, ein
(dingliehes) Vorzugsrecht auf die Forderung der Masse am Bauherrn, also
einen besonderen Bestandteil des Konkursvermögens, aus jener Gutsprache
herzuleiten, wozu vielleicht die besondere Form, in der sie erteilt
wurde, Anlass geben könnte, hätte sie es nicht durch Beschwerde, sondern
nur durch Kollokationsklage gegen die Verweisung in die fünfte Klasse
geltend zu machen vermögen, sodass auf diesen Punkt nicht einzutreten
ist. Eine Masseverbindlichkeit einzugehen, d. h. einen Anspruch auf
vorzugsweise Zuteilung aus dem Erlös des gesamten Konkursvermögens zu
begründen, wieer auf dem Beschwerdeweg geltend gemacht werden kann,
steht dem Saehwalter nicht zu, da er nicht als antizipando handelndes
-Organ des allfällig in Zukunft durchzuführenden Konkursverfahrens
angesehen werden kann, in welcher Eigenschaft allein er die Konkursmasse
zu verpflichten vermöchte. Dass endlich im Konkurs nicht auf die vom
Schuldner-gegebene Zusicherung voller Bezahlung abgestellt werden kann,
bedarf keiner weiteren Ausführungen.

Demnach erkennt die Schuldbeir.and Konkarskammer :

Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 48 III 224
Datum : 27. Dezember 1922
Publiziert : 31. Dezember 1922
Quelle : Bundesgericht
Status : 48 III 224
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 224 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 66. Gesetz nicht vorgesehenen und daher


Gesetzesregister
SchKG: 115 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 115 - 1 War kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne des Artikels 149.
1    War kein pfändbares Vermögen vorhanden, so bildet die Pfändungsurkunde den Verlustschein im Sinne des Artikels 149.
2    War nach der Schätzung des Beamten nicht genügendes Vermögen vorhanden, so dient die Pfändungsurkunde dem Gläubiger als provisorischer Verlustschein und äussert als solcher die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 bezeichneten Rechtswirkungen.
3    Der provisorische Verlustschein verleiht dem Gläubiger ferner das Recht, innert der Jahresfrist nach Artikel 88 Absatz 2 die Pfändung neu entdeckter Vermögensgegenstände zu verlangen. Die Bestimmungen über den Pfändungsanschluss (Art. 110 und 111) sind anwendbar.239
262
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 262 - 1 Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
1    Sämtliche Kosten für Eröffnung und Durchführung des Konkurses sowie für die Aufnahme eines Güterverzeichnisses werden vorab gedeckt.
2    Aus dem Erlös von Pfandgegenständen werden nur die Kosten ihrer Inventur, Verwaltung und Verwertung gedeckt.
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