23. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Mai 1922 i. S. Arbeiterunion
Zürich & Konsorten gegen Zürich.
Die Anschlussberufung ist gegenüber
einem von mehreren Streitgenossen nur zulässig, wenn er selber die
Berufung erklärt hat. - Verein oder Gesellschaft? - Verein entstanden
aus dem Zusammenschluss zweier Vereine. Die einzelnen Mitglieder
dieser Vereine sind Mitglieder des Gesamtverbandes. - Die Generalversammlung des Vereins kann durch eine Delegiertenversammlung ersetzt werden. - Haftung der Arbeiterunion Zürich für Ausschreitungen,
verursacht durch ihre Organe bei Anlass einer Demonstration. - Haftung der Organe selbst.

A. In Zürich besteht unter dem Namen Arbeiterunion Zürich eine
Vereinigung, gebildet aus dem Gewerkschaftskartell von Zürich und
Umgebung und der sozialdemokratischen Partei der Stadt Zürich .
Nach den Statuten bezweckt diese Vereinigung die Wahrung der Interessen
der Arbeiterschaft in allen Angelegenheiten, die nicht ausschliesslich
politischer oder gewerkschaftlicher Natur sind und zwar wird als Mittel
zur Erreichung dieses Zweckes n. a. angeführt, die Organisation von
Demonstrationen. Laut Art. 4 der Statuten sind Organe der Union:

a) Die gemeinsame Delegiertenversammlung, be stehend aus je einem
Delegierten auf 70 Mitglieder.

b} Der Unionsvorstand, bestehend aus dem Vor stand des
Gewerkschaftskartells und dem Vorstande der sozialdemokratischen Partei
der Stadt Zürich. Präsident und Vizepräsident werden von der Dele-

AS 48 II 1922 10

146 Personenrecht. N° 23. giertenversammlung aus der Mitte der beiden
Vorstände gewählt.

c) Die Geschaftsprüfungskommission . . . .

Die Kosten aller von der Arbeiterunion durchgeführten Aktionen werden
aus der Kasse des Gewerkschaftskartells und der sozialdemokratischen
Partei Zürich proportional gedeckt, soweit nicht die aus den gemeinsamen
Veranstaltungen eingehenden Mittel ausreichen (Art. 6 d. Stat.). Die
statuten sind durch die Delegiertenversammlung zu genehmigen, zu
ihrer Revision ist die Zustimmung des Gewerkschaftskartells und der
Sozialdemokratischen ssPartei Zürich nötig (Art. 7 d. Stat.). Ausser
dem in den Statuten vorgesehenen, alle Vorstandsmitglieder der beiden
vereinigten Verbände umfassenden Vorstand, besteht zugegebenermasser
als weiteres Organ ein aus diesem Gesamtvorstand gewählter engerer
Vorstand. Dieser engere Vorstand setzte sich 1919 zusammen aus Küng als
Präsident, Trostel als Vizepräsident, Kopp, Hausammann und Hiestand.

Am 10. Juni 1919 beschloss der engere Vorstand der Union die Herausgabe
eines Flugblattes, in dem die Arbeiterschaft von Zürich und Umgebung
auf den 13. Juni als dem Beerdigungstag der Rosa Luxemburg zu einer
Demonstration auf dem Paradeplatz eingeladen wurde,

um zu bezeugen dass auch sie bereit sei, für die Welt-

revolution einzustehen und ,zu kämpfen . In einer weiteren Sitzung
vom 12. Juni, an welcher jedoch Kopp und Hausammann nicht teilnahmen,
wurde ferner beschlossen, nach der Demonstrationsversammlung einen
Demonstrationszug zu veranstalten und zwar, da während der Beratung
hierüber der Bericht einlangte, Arbeitersekretär Wyss sei an der Grenze
verhaftet und nach Zürich verbracht worden _, vor das Gefängnis dieses
letztem.

Trotzdem der Stadtrat von Zürich die Abhaltung .

der Versammlung auf dem Paradeplatz verboten und den Organisatoren den
Münsterplatz zur VerfügungPersonenrecht. N° 23. 147

gestellt hatte, hielten diese an dem ursprünglich angegebenen
Versammlungsort fest und erst als die Menge den Polizeikordon
durchbrochen und den Platz eingenommen hatte, veranlasste Küng sie, auf
den Münster-platz zu ziehen, nachdem sie ja nun ihren Willen durchgesetzt
haben . Auf dem Münsterplatz sprachen Trostel, der für den zum Referenten
bestimmten Küng als Vizepräsident der Union die Versammlung leitete, Küng,
Dr Hitz, Hausammann und der Kommunist Bruggmann. In diesen Reden wurde
wiederholt darauf hingewiesen, dass zur Tat geschritten werden müsse,

. dass es ohne Blutvergiessen nicht mehr abgehe, 11. a.

Im Verlaufe der Versammlung gab Trostel bekannt, dass Wyss grundlos
verhaftet worden sei und in Zürich gefangen gehalten werde, worauf aus der
Menge der Ruf erscholl : Usehole . Nach einer kurzen Beratung zwischen
Trostel und Küng, an der, nach der Feststellung der Vorinstanz, auch
Kopp teilnahm, forderte. Trostel die Versammlung auf, einen Spaziergang
nach dem Bezirksgebäude, WO Wyss gefangen gehalten werde, zu machen und
Wyss dort ein Ständchen zu bringen. Die Menge kam dieser Aufforderung
nach und begab sich, Trostel, Küng und Stadtrat Traber an der Spitze,
in ungeordnetem Zuge zum Bezirksgebäude. Kaum dort angekommen setzte
sie zum Sturm auf das Gebäude an und stellte den Angriff erst ein, als
Wyss freigegeben worden war. Bei diesem Sturm wurde am Gebäude durch
Zertrümmern von Fenstern, Türen, Jalousieladen etc. ein'Schaden von 7617
Fr. 60 Cts. angerichtet.

Mit der vorliegenden Klage verlangte die Klägerin, die Stadtgemeinde
Zürich, als Eigentümerin des Gebäudes, Ersatz dieses Schadens unter
solidarischer Haftung :

a) gemäss Art. 55 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
ZGB von der Arbeiterunion, deren Organe die
Demonstration beschlossen und durchgeführt und damit den in Anbetracht
aller Verhältnisse wohl voraussehbaren Schaden verursacht haben,

148 Personenrecht. N° 23.

b) gemäss Art. 55 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
ZGB von den handelnden Organen Küng, Tres-fel,
Kopp und Hausammann selbst, die die Versammlung einberufen und den Zug
zum Bezirksgebäude beschlossen, und von denen zudem Küng und Trostel
durch Reden die Menge zu Gewalttätigkeiten aufgereizt haben, .

e) von zwei Teilnehmern, Härlimann und Frey, die sich nachgewiesenermassen
durch Werfen von Steinen an den schädigenden Handlungen beteiligt haben.

Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage. Sie bestritten, dass
die Voraussetzungen des Art. 41 GB auf sie zutreffen. Ueberdies führte
die Arbeiterunion aus, sie sei keine juristische Person, sondern eine
einfache Gesellschaft, bestehend aus dem Gewerkschaftskartell und der
sozialdemokratischen Partei Zürich, schon aus diesem Grunde, sodann aber
auch, weil der Schaden nicht auf Organhandlungen des engem Vorstandes
zu-rückzuführen sei, sei Art. 55 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
ZGB auf sie nicht anwendbar.

B. Mit Urteil vom 19. Oktober 1921 hat das Obergericht des Kantons Zürich
die Klage gegenüber der Arbeiterunion, Küng, Trostel und Kopp ganz,
gegenüber Frey und Hürlimann im Betrage von je 50 Fr. zugesprochen,
gegenüber Hausammann dagegen abgewiesen s C. Gegen dieses Urteil richtet
sich die vorliegende Berufung, mit der die Beklagten Arbeiternnion,
Küng, Trostel und Kopp Abweisung der Klage, Kopp eventuell ;Bückweisung
der Akten, beantragen.

Mit Anschlussberufung vom 13. Januar 1922 hat die Klägerin Zusprechung
der Klage auch gegenüber Hausammann verlangt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Da der Beklagte Hausammann gegen das vorinstanzliche Urteil keine
Berufung an das Bundesgericht eingelegt hat, ist die Einreichung
einer Anschlussberufung gegen ihn nach konstanter Praxis nicht zu-si
.... ___sisisi _

Personenrecht. N° 23. 149

lässig (AS 24 II S. 291 ; 29 II S. 37 ; 37 II S. 390 ; 39 II s. 806).

2. Zu untersuchen bleibt daher nur, ob die Vorinstanz mit Recht die
Haftung der Arbeiterunion und ihrer Vorstandsmitglieder Küng, Trostel
und Kopp bejaht hat.

Dabei ist in allen Teilen von den im Vorstehenden wieder-gegebenen
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz auszugehen. Allerdings werden
dies: Feststellungen von den Beklagten in verschiedener Hinsicht als
aktenwidrig angefochten, allein zu Unrecht. So kann

insbesondere von einer Aktenwidrigkeit nicht die Rede

sein, wenn die Vorinstanz annimmt, der engere Vorstand habe in Abwesenheit
der Beklagten Kopp und Hausamman'n schon am 12. Juni 1919 beschlossen,
nach der

Demonstrationsversammlung einen Zug vor das Ge-

fängnis des Wyss zu veranstalten. Die Beklagte Arbeiter-

union macht in dieser Hinsicht geltend, die Vorinstanz hätte nicht
einseitig auf die Aussagen Trostels, der diese Beschlussfassung zugebe,
sondern auch auf die Depositionen Küngs und Hiestands, die sie bestreiten,
abstellen Sollen. Schon diese Begründung zeigt, dass die Feststellung
der Vorinstanz auf einer Abwägung der Beweis-kraft der verschiedenen in
Frage kommenden Beweismittel fusst, also auf einer Grundlage, die mit
der Ein rede der Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden

kann. Uebrigens sagt auch Hiestand (act. 89/382), es sei am 12. Juni
ein Demonstrationszug beschlossen worden, und auch Küng lässt vor
Bundesgericht durch seinen Anwalt ausführen, es sei am 12. Juni nach
Ein treffen der Nachricht von der Verhaftung Wyss' ein Demonstrationszug
vor das Gefängnis beschlossen worden. Ebensowenig ist die Feststellung
anfechtbar, Kopp

habe an der kurzen Beratung auf dem Münsterplatz teilgenommen. Die
Vorinstanz stützt sich dabei auf die eigene Zugabe Kopps : Es wurde
auch noch auf dem Münsterplatz davon gesprochen, ob man einen offi-

150 Personenrecht. N° 23.

ziellen Demonstrationszug machen wolle. Man tat dies, um
Sonderaktionen eines kleinen Teiles der Versammlung zu verhindern. Wir
Vorstandsmitglieder werden oftmals als Bremser und Bonzen bezeichnet, weil
wir bis jetzt Plünderungen und Attentate verhindert haben . Ergibt sich
hieraus die Teilnahme Kopps an dieser Beratung auch nicht ohne weiteres
zwingend, so bewegte sich doch das Obergericht jedenfalls wiederum im
Rahmen der ihm zustehenden Beweiswürdigung, wenn es daraus diesen Schluss
zog. Auch davon kann keine Rede sein, die Akten zur Abnahme des von Kopp
beantragten Enlastungsbewcises an die Vorinstanz zurückzuweisen. Kopp
hat sich vor der kantonalen Instanz darauf beschränkt, Beweis dafür zu
offerieren, dass er an der Versammlung nicht gesprochen und anlässlich
des Zuges vor Ausschreitungen gewarnt habe. Auch wenn diese Behauptungen
bewiesen würden, wäre damit keineswegs dargetan, dass er auf dem
Münsterplatz bei der Beschiussfassung über die Durchführung des Zuges
nicht mitgewirkt habe.

3. Grundlage sämtlicher Ansprüche der Klägerin, auch derjenigen gegen die
Arbeiterunion, ist Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR. Eine Verurteilung der Beklagten durfte
daher jedenfalls nur erfolgen, wenn die von der Klägerin eingeklagten
Handlungen insbesondere also die Beschlussfassung vom 12. Juni über
die Ausführung des Demonstrationszuges vor das Gefängnis des Wyss,
die Durchführung der Demonstrationsversammlung auf dem Paradeund auf
dem Münsterplatz und die Veranlassung des Demonstrationszuges nach
dem Bezirksgebäude in der Versammlung auf dem Münsterplatz mit dem
eingetretenen Schaden nach den besonderen obwaltenden Umständen in
ursächlichem Zusammenhang stehen,

und wenn die Beklagten dabei ein Verschulden, Vorsatz .

oder Fahrlässigkeit, traf. Was zunächst den Kausaizusammenhang anbetrifft,
so ist er gegeben, auch wenn die streitigen Tatsachen nur

Personenrecht. N° 23. 151

Glieder einer ganzen Kausalreihe sind, sofern wenigstens wie die neuere
Praxis in Anlehnung an die Theorie vom adaequaten Kausalzusammenhang
Weiter verlangt, nach allgemeiner Lebenserfahrung diese Tatsachen an sich
geeignet waren, den schädigenden Erfolg herbeizuführen (AS 41 II S. 88,
93 ; 42 II S. 365).

Diese Voraussetzungen treffen auf die oben angeführten Handlungen ohne
weiteres zu. Die Organisation der Demonstrationsversammlung und des Zuges
vor das Bezirksgebäude sind zweifelsohne Glieder der Kausalkette, ohne
die der Schaden nicht eingetreten Wäre, und ferner sind es Ursachen,
die bei der damals herrschenden Erregung in den Arbeiterkreisen nach
allgemeiner menschlicher Erfahrung an sich geeignet erschienen, den
eingetretenen Schaden herbeizuführen.

Ebenso kann ein Zweifel an der objektiven Widerrechtlichkeit der
eingetretenen Sachbeschädigung nicht bestehen.

Aber auch die subjektiven Voraussetzungen des Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.


OR sindgegeben. Die Beklagten selber führen im Pro-

zesse verschiedentlich aus, die Stimmung der Arbeiterschaft sei, als
die Demonstrationsversammlung veranstaltet wurde, eine ausserordentlich
erregte gewesen. So spricht Küng von einer ungeheuren Wut, die damals
wegen der Bestrafung städtischer Arbeiter und wegen des Streiks in
der Arbeiterschaft gesteckt habe. Auch Hausammann bestätigt diese
Erregung und führt sie auf Massnahmen der Regierung auf dem Gebiete
der Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhung zurück. Diese Erregung und
Wut war also die Folge von Tatsachen, die vor die zum Gegenstand
der Klage gemachten Ereignisse fielen. Trotzdem, und in Kenntnis
dieser Verhältnisse, rief der engere Vorstand der Arbeiterunion die
Arbeiterschaft in einem Flugilath in welchem klar und deutlich zum Kampf
für die Weltrevolution aufgefordert wurde, zu der Demonstration zusammen,
und trotzdem wurde am 12. Juni der Zug vor das Gefängnis

152 Personenrecht. N° 23.

des Wyss beschlossen. Als schweres Verschulden der Organisatoren der
Demonstration stellt sich aber vor allem ihr Verhalten am 13. Juni selbst
dar. Mit Recht weist die Vorinstanz darauf hin, dass die Demonstration
schon durch einen Akt der Auflehnung gegen die behördlichen Anordnungen
eingeleitet wurde. Nach den. vor-instanzlichen Feststellungen wäre es
Küng und Trostel ein Leichtes gewesen, .die Leute, nachdem das Verbot der
Versammlung auf dem Paradeplatz bekannt geworden war, an einen andern Ort
zu dirigieren. Statt dessen erzwangen sie sich durch eine vorbereitete
Aktion den Zugang zum Paradeplatz, wobei insbesondere Küng selber die
Leute aufforderte, den Platz einzunehmen. Bekannten sich die Veranstalter
der Versammlung schon dadurch offen zur Auflehnung gegen die öffentliche
Ordnung, so waren insbesondere ihre eigenen Reden und diejenigen, die
sie von Dritten halten liessen, geeignet, die Menge noch mehr zu erregen
und zu Ausschreitungen anzuspornen. Küng selbst erklärte in einer Rede,
man dürfe vor gewaltsamen Umwälzungen nicht zurückschrecken und auch
Trostel sprach von der Notwendigkeit der Weltrevolution. Dass unter diesen
Umständen die Mitteilung von der angeblich ungerechtfertigten Verhaftung
des Wyss die Erregung aufs höchste steigern, und dass ein Zug nachdem
Ort, wo Wyss gefangen gehalten wurde, zu Ausschreitungen führen musste,
hätte bei nur etwelcher Ueberlegung den Ärbeiterführern nicht verborgen
bleiben können, auch wenn sie'nicht noch speziell durch die in der Menge
laut gewordenen Rufe Usehole auf die bestehende Gefahr aufmerksam gemacht
worden wären. Uebrigens gibt Trostel dies auch ausdrücklich zu, indem er
erklärt, er müsste ein schlechter Psychologe sein, wenn er nicht wüsste,
dass ein Flugblatt und eine Demonstrationsversammlung auf den weniger
reifen Teil der Arbeiterschaft zündend wirke,

und dass dann die Empörung in irgend einer spontanen -

Aktion sich auslöse. -Personenrecht. N° 28. 153

4. Was die Anrechnung dieser unerlaubten Handlungen auf die einzelnen
Beklagten anbelangt, so kann die Arbeiterunion ihre Haftung nicht deswegen
ablehnen, Weil sie nicht'juristische Person sei.

Zunächst kann einem Zweifel nicht unterliegen, dass, was die
Zweckbestimmung der Arbeiterunion anbelangt, der Subsumption unter
den Art. 60 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
ZGB nichts im Wege steht. Wie in Doktrin und Praxis
nicht bestritten ist, fallen unter den Begriff der politischen Vereine
im Sinne dieses Artikels nicht nur Verbände mit rein politischem Zweck,
sondern auch solche, die, ohne für sich selber wirtschaftliche Vorteile
zu erstreben, sieh allgemein die Hebung einer gesellschaftlichen Klasse
zum Ziele setzen.

Aber auch die Vorschriften des Art. 60 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
ZGB . sind erfüllt, die
Statuten sind in schriftlicher Form ahgefasst und geben über Zweck,
Mittel und Organisation der Union Aufschluss. ss . _.

Zuzugeben ist dagegen, dass materiell die Organisan nicht in allen Teilen
dem im 2. Abschnitt des II. Teiles des ZGB vorgesehenen Normalfall des
Vereines entspricht. Allein diese Abweichungen, die in der Hauptsache
darauf zurückzuführen sind, dass die Union aus dem Zusammenschluss
bereits organisierter Unterverbäude und nicht aus dem im Gesetz in erster
Linie s ins Auge gefassten direkten Zusammenschluss einzelner Personen
entstanden ist, sind untergeordneter Natur und vermögen nach Art. 63
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
ZGB,
der der-Anpassung an besondere Verhältnisse weitesten Raum gewährt, nicht,
der Arbeiterunion den Charakter des Vereins zu nehmen.} Entscheidend ist,
dass die Union im Sinne des Gesetzes körperschaft'lich. organisiert ist,
sich Qrgane, die berufen sind, einen über demjenigen der ein-' zelnen
Mitglieder stehenden Korporationswfllen zum: Ausdruck zu bringen, gegeben
und damit die Grundlage geschaffen hat, als selbständiges Rechtssubjekt
in den.; Rechtsverkehr einzugreifen.

154 Personenrecht. N° 23.

So wird in Art. 4 b die Geschäftsführung einem Vorstande übertragen,
der, wenn dies auch nicht ausdrückhch gesagt wird, die Union nach aussen
selbständig zu vertreten hat (Art. 69
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 69 - 1 Der Vorstand hat das Recht und die Pflicht, nach den Befugnissen, die die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten.
1    Der Vorstand hat das Recht und die Pflicht, nach den Befugnissen, die die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten.
2    Vereine, die zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet sind, müssen durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Zugang zum Mitgliederverzeichnis haben.91
ZGB). Ferner sehen die Statuten
ein besonderes Organ vor, das die Geschäftsführung des Vorstandes
kontrolliert, und endlich wird in Art. 4 a in der Delegiertenversammlung
ein oberstes Organ geschaffen, das die Statuten genehmigt, Kommissionen
mit unbeschränkten Kompetenzen einsetzen kann und bestimmt ist, die
gesamte Vereinstätigkeit zu überwachen.

_5. Kann unter diesen Umständen keine Rede davon sem, dass die
sozialdemokratische Partei der Stadt Zürich und das Gewerkschaftskartell
lediglich eine einfache Gesellschaft im Sinne der Art. 530 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 530 - 1 Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.
1    Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.
2    Sie ist eine einfache Gesellschaft im Sinne dieses Titels, sofern dabei nicht die Voraussetzungen einer andern durch das Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen.
. OR
haben begründen wollen, ssso ist anderseits auch der Einwand
mcht zu hören, jedenfalls handle es sich nur um einen Verein mit
bloss zwei Mitgliedern, ein solcher Verein sei aber rechtlich
unmöglich, weil für ihn das den Art. 60 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
. ZGB zu Grunde liegende
Majorisierungsprinzip nicht anwendbar wäre. Diese Einwendung geht von
der unzutreffenden Voraussetzung aus, Mitglieder der Union seien die
beiden Unterorganisationen, die Sozialdemokratische Partei der Stadt
Zürich. und das Gewerkschaftskartell.Mit Recht weist die Klägerin
daraufhin, dass nach Art. 1 der Statuten der Gesamtverband nicht
etwa die Wahrung der Interessen der beiden Unterverbände bezweckt,
sondern direkt die Interessen der Arbeiterschaft und zwar Interessen,
die ausserhalb der Tätigkeit der beiden Verbände liegen. Sodann aber
spricht vor allem die Organisation des obersten Vereinsorgans für die
Annahme, die Arbeiterunion habe nicht die beiden Unterverbände als solche,
sondern ihre einzelnen Mitglieder in die Gesamtvereinigung zusammenfassen
wollen. Als oberstes Verbandsorgan ist die Delegiertenversammlung berufen,
den Willen der einzelnen Mitglieder...,_..._ ,A .n--

Personenrecht. N° 23. 155

am unmittelbarsten zum Ausdruck zu bringen. Wären als Mitglieder
die beiden Verbände gedacht gewesen, so wäre daher das oberste Organ
offenbar derart organisiert worden, dass sich bei der Beschlussfassung
der Kollektivwille des Gewerkschaftskartells und der Kollektivwille der
Sozialdemokratischen Partei gegenüber gestanden hätten. Dies trifft bei
der DelegiertenVersammlung der Arbeiterunion nicht zu. Vielmehr haben die
Delegierten, proportional nach der Anzahl der Mitglieder der Unterverbände
gewählt, in der Delegiertenversammlung als Einzelpersonen Sitz und
Stimme und fassen ihre Beschlüsse unbekümmert um die Zugehörigkeit zu
dem einen oder andern Unterverband. Näher, als in ihnen die Vertreter
der beiden Unterorganisationen zu sehen, liegt daher zweifelsohne,sie
als Vertreter der Einzelmitglieder zu betrachten, aus deren Mitte
sie delegiert werden. Dem entspricht übrigens auch, dass auch für
die Vorstandsbeschlüsse einfach das Prinzip der Majoritä't gilt, ohne
dass der Zugehörigkeit des einzelnen Mitgliedes zum einen oder andern
,Verband irgendwelche Bedeutung zukäme.

Aber auch aus Art. 7 der Statuten kann die Arbeiterunion nichts gegen
ihre Behandlung als juristische Person ableiten. Zwar erklärt diese
Bestimmung eine Bevision der Statuten nur als möglich, wenn die beiden
Unterorganisationen dazu ihre Zustimmung geben. Allein offenbar wollte
damit lediglich eine Erschwerung der Revision bezweckt werden,' wie sie
z. B. durch Aufstellung eines bestimmten Quorums allgemein üblich ist. Der
Abnermität, die sich dabei insofern ergibt, dass die Statutenrevision
von rechtlich als Dritte zu behandelnden Rechtssubjekten abhängt,
kommt eine wesentliche Bedeutung nicht zu, weil ja materiell sich die
sozialdemokratische Partei und das Gewerkschaftskartell doch aus den
gleichen Personen wie die Arbeiterunion zusammensetzen.

Eine ähnliche Verweisung auf die Mitwirkung der

156 . Personenrecht. N° 23,

beiden Teilorganisationen enthält übrigens auch Art. 6 der Statuten über
die Deckung der Verbindlichkeiten der Union. Einerseits ist jedoch diese
Verweisung nur eine subsidiäre, in erster Linie sollen die Auslagen
des Vereins aus den Veranstaltungen der Arbeiterunion gedeckt werden
, und anderseits werden die nötigen Beträge von den beiden Verbänden
pro rata der Zahl der Mitglieder erhoben, so dass sie indirekt einem
Mitgliederbeitrag gleichkommen.

Auch der Umstand, dass die Statuten der Arbeiterunion keine
Generalversammlung versehen, vermag ihr den Charakter eines Vereins
im Sinne von Art. 60 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
. ZGB nicht zu nehmen. Wenn Art. 64
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 64 - 1 Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
1    Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
2    Sie wird vom Vorstand einberufen.
3    Die Einberufung erfolgt nach Vorschrift der Statuten und überdies von Gesetzes wegen, wenn ein Fünftel der Mitglieder die Einberufung verlangt.
ZGB die
Versammlung der Mitglieder als oberstes Vereinsorgan vorsieht, so handelt
es sich dabei nicht um eine zwingende Gesetzesbestimmung. 'Der ratio legis
ist Genüge getan, auch wenn sich der Wille des einzelnen Mitgliedes auf
eine andere angemessene Weise Geltung zu verschaffen vermag. So unterliegt
es keinem Zweifel, dass an Stelle der Generalversammlung eine schriftliche
Abstimmung, eine sog. Urabstimmung, treten kann. Die Entwicklung des
Vereinslebens in neuerer Zeit verlangt aber zwin-gend auch die Zulassung
einer'Delegation ,des Stimmrechtes der Mitglieder an eine mehr oder
weniger beschränkte Zahl von Personen aus ihrer Mitte. Die zahlenmässige
Ausdehnung vieler,insbesondere gerade der politischen Vereinigungen,
ferner örtliche Verhältnisse, die Ausdehnung von Vereinen über die
Gebiete ganzer Staaten und über diese hinaus, machen in vielen Fällen
eine Stimmabgabe jedes einzelnen Mitgliedes praktisch unmöglich. Wolite
man daher die Garantierung des Stimmrechtes jedes einzelnen Mitgliedes
als Essentiale der Statuten betrachten, so Würde dadurch eine grosse
Zahl von Vereinigungen, und zwar gerade sehr Wichtige und nt ensiv in
den Verkehr eingreifende, der juristischen Persönlichkeit beraubt.

6. Gemäss Art. 55 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
ZGB haften juristischePersonenrecht. N° 23. 157

Personen für unerlaubte Handlungen ihrer Organe wie für ihr sonstiges
Verhalten. Dabei ist Voraussetzung, dass die Organe als Organe gehandelt
haben, beZW., dass der entstandene Schaden die Folge eines Verhaltens ist,
das angesichts der Natur der Organstellung grundsätzlich, also abgesehen
vom konkreten Fall, in den Rahmen der Organkompetenz fiel (Urteil des
Bundesgerichts i. S. Kantonalbank Bern c. Heizerverband vom 25. Januar
1922). Diese Voraussetzungen treffen im vorliegenden Falle zu. Zunächst
hat die Arbeiterunion nicht mehr bestritten, dass dem engeren Vorstand
Organstellung zukomme und ebensowenig hat sie vor Bundesgericht noch in
Abrede gestellt, dass grundsätzlich die Veranstaltung von Demonstrationen
wie diejenige vom 13. Juni 1919 in seine Kompetenz fiel.

Nach den in Erwägung 3 gemachten Ausführungen über die vom engeren
Vorstand bei der Vorbereitung und Durchführung der Demonstration vom
13. Juni 1919 begangenen unerlaubten Handlungen kann daher über die
Haftbarkeit der Arbeiterunion ein Zweifel nicht bestehen. Insbesondere
muss sie sich nicht nur das kollektive Vorgehen des Vorstandes anrechnen
lassen ; der Natur der Sache nach wurden die Vorstandsmitglieder bei
Ausführung der gefassten Beschlüsse auch vor Einzelaufgaben gestellt;
auch das Verhalten Küngs bei Einnahme des Paradeplatzes, die Reden,
die einzelne Vorstandsmitglieder gehalten haben, die Mitteilung Trostels
über die 'Gefangennahme Wyss' etc. ., müssen darum der Union angerechnet
werden.

7. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, haften neben
der juristischen Person die Organe für ihr Verschulden auch noch
persönlich. Küng, Trostcl und Kopp sind daher und zwar solidarisch mit der
Arbeiterunion ebenfalls zur Schadloshaltung der Klägerin verpflichtet.,
Allerdings war Kopp anlässlich der Sitzung vom 12. Juni 1919, an welcher
der Demonstra-

158 Personenrecht. N° 24.

tionszug vor Wyss' Gefängnis beschlossen wurde, nicht anwesend, allein
nach den-eingangs angeführten Feststellungen der Vorinstanz hat er an
der Beschlussfassung auf dem Münsterplatz teilgenommen, sodass er aus
diesem Grunde ebenfalls ais haftbar erklärt werden muss.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Auf die Anschlussberufung wird nicht eingetreten. Die Hauptberufungen
werden abgewiesen.

24. Arrèt de la. 11° Section civile des 1/15 juin 1922 _ dans la cause
Fehr contre Fondation da la Communauté suisse-allemande de Genève.

Fondation dépendant d'une association Unselbständige Stiftung). La
revision des statuts sociaux ne peut avoir pour but et pour ekket de
modifier le but de la fondation, et c'est à l'autorité de surveillance
prévue à I'art. 84 CC. qu'il incombe de pourvoir à ce que les hiens
constitués en fondation soient employés conformément à leur destination. '

La transformation du but social donne également ouverture à l'action
instituée par l'art. 74 CC. Le délai d'un mois prescrit à l'art. 75 doit
etre observé.

L'art. 88 CC vise l'infraqtion àune obligation imposée à tout le monde
et non la Violation d'un droit privé indiViduel.

A. A la fin du XVIe siècle, une communauté réformée allemande fut fondée
à Genève. L'art. 191 des plus anciens statuts de cette communauté
(26 decembre 1664) est ainsi concu: Vu que la paroisse allemande
(hochteutsche Gemeinde) de cette lonable Ville de Genève, par une gräce
particuliére de Dieu, suhsiste sous la bienveillante protection de notre
gracieuse Seigneurie, elle doit etre tout conforme à l'Eglise de cette
Ville, non seulement dans la doctrine, maisPersonenrecht. N° 24. 159

aussi dans la discipline ecclésiastique . La communauté assistait en
outre les pauvres évangéliques réformés. Son nom officiel était : Eglise
réformée allemande n et Baume aliemande . En 1753 elie decida d'ouvrir
une éeoie destinée aux enfants des membres de l'Eglise.

Pen à peu la communauté se déveioppa et ses ressources augmentèrent
gräce à des dons et des legs. Il n'y avait pas de cotisationsfixes.

En 1815, une ordonnance du Conseil d'Etat du canton de Genève reconnut
l'Egiise réformée allemande et ia Bourse allemande, administrées par une
seule direction. D'après les principes consacrés par cette ordonnance,
sont membres de l'Eglise, les Allemands et Suisses aliemands refer-més
étahlis dans le canton. Pour exereersiles droits d'électeur, il faut
etre majeur et avoir fait an pastenr la déciaration qu'on se reeonnait
membre de I'Egiise.

En 1849 fut promulguée à Genève la loi générale du 22 aoùt sur les
fondations. L'art. 15, chiff. 7° de cette loi, sans entrer dans l'examen
de l'organisation interieure de l'Eglise allemande et ne prenant en
consideration que l'existence d'une fondation dans cette Eglise,
maintint la Bourse allemande , à la condition qu'elle soumettra
l'élection de son administration financiére à tous les membres actifs
de l'Eglise allemande à laquelle elle est affectée . L'Eglise_ continua
à s'administrer elle meme, tandis que l'administration de la Bourse fut
confiée à un ccmité de cinq personnes choisies parmi les membres actifs
de l'Eglise. Conformément à l'art. 15 de la loi sur les fondations,
la Surveillance de l'administration des fonds tut du ressort du Conseil
d'Etat.

A la suite d'un arréte du Conseil d'Etat du 26 mars 1850 et d'un acte
de partage du 16 avril Suivant, les revenus du capital des fondations
appliquées à l'entretien de l'Eglise allemande réformée et à la Bourse
d'assistance ressortissant à cette Eglise furent attri-bués a concurrence
de 62 % à i'Eglise, le surplus l'étant
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 48 II 145
Datum : 11. Mai 1922
Publiziert : 31. Dezember 1922
Quelle : Bundesgericht
Status : 48 II 145
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 23. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Mai 1922 i. S. Arbeiterunion Zürich & Konsorten gegen...


Gesetzesregister
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
530
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 530 - 1 Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.
1    Gesellschaft ist die vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.
2    Sie ist eine einfache Gesellschaft im Sinne dieses Titels, sofern dabei nicht die Voraussetzungen einer andern durch das Gesetz geordneten Gesellschaft zutreffen.
ZGB: 55 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
60 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
63 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
64 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 64 - 1 Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
1    Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
2    Sie wird vom Vorstand einberufen.
3    Die Einberufung erfolgt nach Vorschrift der Statuten und überdies von Gesetzes wegen, wenn ein Fünftel der Mitglieder die Einberufung verlangt.
69
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 69 - 1 Der Vorstand hat das Recht und die Pflicht, nach den Befugnissen, die die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten.
1    Der Vorstand hat das Recht und die Pflicht, nach den Befugnissen, die die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten.
2    Vereine, die zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet sind, müssen durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Diese Person muss Zugang zum Mitgliederverzeichnis haben.91
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorstand • vorinstanz • personenrecht • beklagter • schaden • delegiertenversammlung • veranstalter • bundesgericht • menge • 1919 • weiler • juristische person • zweifel • verhalten • zahl • gefangener • delegierter • wille • treffen • unerlaubte handlung
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