5 18 Staatsrecht.

An dieser Rechtslage ändert schliesslich auch der Umstand nichts,
dass die Rekurrentin es unterlassen hatte, schon der Anmeldung vom
31. Dezember 1913 einen Handelsregisterauszug als Ausweis für die
Firmaänderung beizulegen. Denn einmal hat der Grundbuchverwalter die
Eingabe deshalb nicht etwa abgewiesen und es der Rekurrentin überlassen,
sie unter Beilegung des nötigen Ausweises zu erneuern, sondern er
hat von der Rekurrentin nur die Nachbringung des letzteren verlangt,
m. a. W. die Anmeldung unter Vorbehalt der Erfüllung dieser Auflage als
giltig betrachtet und behandelt. Sodann hätte es selbst im Falle einer im
November 1921 erfolgten Abweisung von dem oben erörterten Gesichtspunkte
aus nicht darauf ankommen können, wenn die Rekurrentin daraufhin zu
einer neuen belegten Anmeldung schritt. Massgebend müsste vielmehr
sein,. wie die Sachlage sich gestaltet hätte, wenn die Bereinigung
sofort im Anschluss an das Aufrufsverfahren durchgeführt werden wäre
und der Grundbuehverwalter damals seine Abweisungsverfügung erlassen
hätte. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass in diesem, Falle
die Rekurrentin den fehlenden Beleg ohne weiteres und sofort nachgebracht
hätte, wie sie es auf die Aufforderung vom 10. November 1921 getan hat._

Entgegen der nicht im angefochtenen Entscheide, aber in der
Beschwerdeantwort nebenbei geausserten Ansicht kann auch nicht die Rede
davon sein, dass eventuell bei Anwendung des Gebührentarifes von 1912
Abschnitt A Ziff. 1 Abs. 2 desselben massgebend sein müsste und die
streitige Forderung deshalb dem Masse nach gerechtfertigt wäre. Der dort
vorgesehene Gebührensatz bezieht sich auf Handänderungen infolge

Ehevertrags oder Erbgangs so wie auf die Anmeldung .

des Eigentumsrechts im Bereinigungsverfahren, während hier eine
Anmeldung des Eigentums als solchen im Bereinigungsverfahren nach §
18 der VerordnungGewaltentrennung. N° 61. 549

vom 5. Juli 1911 anerkanntermassen nicht notwendig war und auch
eine Handänderung überhaupt nach dem verbindlichen Entscheide der
Notariatskommission nicht in Betracht kam. Offenbar weil man in der
Abgabenfreiheit von Vorgängen der hier fraglichen Art

eine Lücke des Tarifes sah, ist dieser im Jahre 1917 ' ergänzt
worden. Dies schliesst es aber notwendig aus, diese Lücke für die
vorangehende Zeit durch analoge Heranziehung jener anderen Vorschrift
des alten (nicht

ergänzten) Tarifes auszufüllen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid des
Regierungsrates des Kantons Aargau vom 10. Februar 1922 aufgehoben.

61. Urteil vom 25. November 1922 i. S.Guldimann gegen Ernst Guldimann
und Zürich Obergerîcht una Kassationsgericht.

A rt. 54, 55 Scth 2. ZGB, 303 ZGB. Bestimmung einer vom Regierungsrat
als Vollziehungsbehörde erlassenen ,Verordnung, wonach die Anerkennung
eines ausserehehchen Kindes ausser durch die im kantonalen EG zuständig
erklärten Zivilstandsbeamten des 'Wohnsitzes oder Heimatsortes des
Anerkennenden auch durch den Zivilstandsbeamten des Geburtsortes
des Kindes beurkundet werden kann. Anfechtung wegen Übergrika der
administrativen in die gesetzgebende Gewalt. Abweisung. Einfluss der aus
der eventuellen Ung'iltigkeit der Bestimmung folgenden Unzuständigkeit
des Beamten des Geburtsortes zur Beurkundung auf die Rechtsbeständigkeit
der Anerkennung selbst?

A. Der 1897 geborene Rekurrent Ernst Guldimann, Bürger der solothurnischen
Gemeinde Lostorf, hat am 23. Dezember 1915 das von Berta Margaretha
Bachmann am 21. Dezember 1915 in Zürich geborene ausser-

550 staatsrecht-

eheliehe Kind Ernst durch vom Zivilstandsbeamten der Stadt Zürich
errichtete öffentliche Urkunde im

_ Sinne des Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB als das seine anerkannt. Er war damals in
Küsnacht, Kts. Zürich wohnhaft. Durch Urteil vom 27. Januar 1922 hat das
Obergericht des Kantons Zürich II. Kammer ihn auf Klage des Vormundes des
Kindes verpflichtet, an dieses vom 22. Februar 1921 (Einleitung der Klage)
an bis auf weiteres monatliche Unterhaltsbeiträge von 50 Fr. zu zahlen,
(während das Bezirksgericht Zürich als erste Instanz den Anspruch,
wenn schon in geringerem Betrage, auch für die weiter zurückliegende
Zeit vom 21. Dezember 1915 an geschützt hatte).

In der Berufungsverhandlung hatte der Rekurrent den Antrag auf Abweisung
der Klage u. a. auch darauf gestützt, dass die Anerkennungserklärung
vom 23. Dezember 1915, weil vor einem zu deren Entgegennahme nicht
zuständigen Beamten abgegeben, nichtig sei. Nach § 249 des zürcherichen
EG zum ZGB vom 2. April 1911 habe die öffentliche Beurkundung
solcher Anerkennungen durch den Zivilstandsbeamten des Wohnsitzes
oder Heimatsortes des Anerkennenden zu erfolgen. Der Regierungsrat
des Kantons Zürich als blosse Vollziehungsbehörde sei nicht befugt
gewesen, wie er es in der von ihm erlassenen Verordnung betreffend das
Zivilstandswesen vom 21. September 1921 getan habe, jene gesetzliche
Vorschrift dahin abzuändern, dass daneben auch die Beurkundung durch
den Zivilstands-beamten des Geburtsortes des Kindes zugelassen werde.

Das Obergericht verwarf jedoch diese Einrede mit der Begründung: die
Bestimmung des Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
Scth zum ZGB, die es den Kantonen überlasse zu
bestimmen, in welcher Weise auf ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung
hergestellt wird , beziehe sich, wie schon die Fassung zeige, in erster
Linie auf die bei Vornahme der öffentlichen Beurkundung von den dazu
bezeichneten Amtsstellen zu beobachtenden Formalitäten, dieGewalt
entrennun g. N° 61. .") Z 1

Organisation dieser Amtsstellen, die von ihnen zu führenden Register
u. 5. w., nicht auf die örtliche Zuständigkeit zur Beurkundung. In §
249 des EG zum ZGB habe dann allerdings der zürcherische Gesetzgeber
inbezug auf die Anerkennung ausserehelicher Kinder auch diesen Punkt
geordnet. Doch sei diese Zuständigkeitsordnung nicht als ausschliessliche,
absolut zwingende aufzufassen. Einmal wäre der Kanton Zürich damit über
die ihm durch Art. 55 Scth gestellte Aufgabe hinausgegangen. Sodann
hätte der Bundesrat der Bestimmung offenbar die Genehmigung nicht erteilt,

. wenn sie in jenem Sinne zu verstehen gewesen wäre,

nachdem er kurz zuvor in seiner Verordnung vom 25. Februar 1910
betr. die Zivilstandsregister, bestimmt gehabt habe, dass die Kantone
den Zivilstandsbeamten des Geburtsortes mit der Beurkundung solcher
Anerkennungen betrauen könnten. Denn die Diskrepanz zwischen dieser
Vorschrift und derjenigen des § 249 EG sei augenscheinlich gewesen, Als
oberste Aufsichtsbehörde über das Zivilstandswesen hätte der Bundes-rat
auch den Zivilstandsämtern die Ausübung anderer als der ihnen durch
seine Verordnung zugewiesenen Funktionen verbieten können. Endlich
habe es dem Gesetzgeber nicht entgehen können, dass ganz offenbar der
Zivilstandsbeamte des Geburtsortes des Kindes die geeignetste Amtsstelle
für die Beurkundung der Anerkennung sei. Denn er trage die Geburt des
Kindes zuerst ein und gewöhnlich werde sich auch der aussereheliche Vater
in dieser Zeit am Orte der Niederkunft aufhalten, sodass Anmeldung und
Eintragung der Geburt und Erklärung und Beurkundung der Anerkennung in'
e n ,n Akte vorgenommen werden können. Es wäre daher unverständlich, wenn
der zürcherische Gesetzgeber den Zivilstandsbeamten des Geburtsortes von
der Beurkundung der Anerkennung hätte ausschliessen wollen. Gehe man
hievon aus, so verstosse aber der auf Art. 32 der bundesrätlichen
Verordnung vom 25. Februar 1910

552 Staatsrecht.

sich stützende § 77 der Verordnung des Regierungsrats vom 21. September
1911 nicht gegen § 249 des EG, . wie denn der Bundesrat ihn am
21. November 1921 ebenfalls genehmigt habe, obwohl damals das EG
bereits vom Volke angenommen gewesen sei. Auch das lasse wiederum
darauf schliessen, dass der Bundesrat den § 249 EG nicht als zwingende
Zuständigkeitsvorschrift angesehen habe. Die Anerkennung vom 23. Dezember
1915 sei somit vor einem zuständigen Zivilstandsbeamten ausgesprochen
worden.

Der Rekurrent ergriff gegen dieses Urteil die zivilrechtliche Berufung
aus Bundesgericht und gleichzeitig unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes
von § 344 Ziff. 9 der zürcherischen ZPO (Verletzung klaren Rechtes)
die kantonalrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde an das zürcherische
Kassationsgericht. Die Behandlung der Berufung ist bis zur Erledigung
dieser Beschwerde eingestellt worden. '

Durch Entscheid vom 24. Juni, zugestellt 31. Juli 1922 hat das
Kassationsgericht dieselbe, soweit darauf eingetreten werden kann,
als unbegründet abgewiesen. Die Frage, ob die in § 249 EG enthaltene
Zuständigkeitsbestimmung mit Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
Schl'l' zum ZGB vereinbar
sei, durch diesen gedeckt werde, sei eine solche der Auslegung der
letzteren Vorschrift und daher, da der für die Berufung nach Art..56
ff. OG erforderliche Streitwert erreicht sei, vom Bundesgericht
als Berufungsinstanz zu beurteilen. Sie könne somit nach § 345
der zürcherischen ZPO nicht zum Gegenstand einer kantonalreehtlichen
Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden. Verneine man die Frage, auf weicher
Annahme das angefochtene Urteil in erster Linie beruhe, so komme aber der
Rüge, dass der Regierungsrat das Einführungsgesetz nicht habe abändern
können, keine Bedeutung mehr zu. Denn das Obergericht stelle auf den §
77 der regierungsrätlichen Verordnung betr. die Zivilstandsregister nur
deshalb ab, weil es davon ausgehe, dass

Gewaltentrennung. N° 61. 553

der kantonale Gesetzgeber im EG eine Bestimmung wie diejenige des § 249
nicht habe treffen können. Soweit aber die Beschwerde sich gegen die
weitere Annahme richte, § 249 des EG sei, selbst wenn er Vorschriften
über die örtliche Zuständigkeit hätte aufstellen können, nicht zwingenden
Rechtes, sondern lasse eine dem § 77 der regierungsrätlichen Verordnung
entsprechende Ergänzung, zu, sei sie materiell unbegründet. Auch wenn
man in § 249 EG eine materiellrechtliche Bestimmung im Sinne des § 244
Ziff. 9 ZPO Sehen wollte, lasse sich nicht sagen, der klare Wortlaut
und Sinn der erstange-

s führten Vorschrift verbiete die von der Vorinstanz

vertretene Auslegung und es sei die Zuständigkeit des Zivilstandsbeamten
des Geburtsortes des anzuerkennenden Kindes schlechthin
ausgeschlossen. Schon die Tatsache, dass der Bundesrat sowohl das
Einführungsgesetz als die Verordnung betr. die Zivilstandsregister
genehmigt habe, spreche dagegen, ganz abgesehen von allen anderen
Erwägungen, welche das Obergericht in gründlicher Behandlung der
streitigen Frage angestellt habe.

B. sehon auf das Urteil des Obergerichts hin hatte der Rekurrent neben der
Berufung beim Bundesgericht einen auf Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV gestützten staatsrecht--

lichen Rekurs erhoben. Mit Eingabe vom 7. August hat

er denselben dann zurückgezogen, gleichzeitig aber eine neue
gleiche Beschwerde eingereicht, die sich gegen den Entscheid des
Kassationsgerichtes vom 24. Juni 1922 richtet. .Es wird darin ausgeführt :
das Recht der Kantone zur Regelung der öffentlichen Beurkundung für ihr
Gebiet umfasse notwendiger Weise auch die Befugnis, die zur Beurkundung
sachlich und Örtlich zuständige Behörde zu bezeichnen, soweit nicht
ausnahmsweise das ZGB selbst darüber eine Regel aufstelle. Fehle es an
einer solchen, wie es für die Anerkennung nach Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB zutreffe,
so sei die Ordnung auch dieses Punktes nicht nur ein Recht, sondern
geradezu eine

554 Staatsreeht.

Pflicht des Kantons. Denn die Rechtsuohenden müssten wissen,
vor welchem Beamten sie eine formbedürftige Rechtshandlung giltig
vornehmen könnten. Durch die Bestimmung des § 249 EG zum ZGB habe
der Kanton Zürich demnach lediglich von der Ermächtigung des Art. 55
Scth Gebrauch gemacht. Eine Zuständigkeitsregel dieser Art sei aber,
solange nicht aus ihrer Fassung selbst ein anderer Wille hervorgehe,
zweifellos als aussehliessliche zu betrachten, die eine Ergänzung
durch Schaffung anderer Zuständigkeiten auf dem Verordnungswege ohne
Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung und des durch Art. 28 KV
anerkannten alleinigen Gesetzgebungsrechtes des Kantonsrats und Volkes
nicht zulasse. Die Gründe, mit denen das Obergericht und ihm folgend das
Kassationsgericht dem § 249 EG diesen zwingenden Charakter absprechen,
seien offenbar haltlos. Allerdings hätte der Bundesrat als oberste
Aufsichtsbehörde über die Zivilstandsämter durch die Verordnung vom
25. Februar 1910 verbindlich bestimmen können, welcher Zivilstandsbeamte
befugt sei, eine Anerkennungserklärung entgegenzunehmen. Tatsächlich habe
er dies aber nicht getan, sondern in Art. 32 der Verordnung lediglich
erklärt, dass die Kantone, wenn sie überhaupt die Zivilstandsämter
für die Beurkundung der Anerkennung als zuständig bezeichnen wollten,
damit den Zivilstandsbeamten des Geburtsort-es des Kindes betrauen
können. Es liege darin also lediglich eine Anweisung an die Kantone, die
zu befolgen oder nicht ihnen ireistehe. Dann könne aber auch aus dieser
Bestimmung der Schluss nicht gezogen werden, dass der Bundesrat den §
249 EG offenbar nur unter der Voraussetzung genehmigt habe, es handle
sich dabei um eine nicht zwingende Vorschrift, die durch blosse

Verordnung in einem dem Art. 32 seiner Verordnung .

vom 25. Februar 1910 entsprechenden sinne ergänzt werden könne, und sei,
nachdem der zürcherische Gesetzgeber einmal durch § 249 des EG an Stelle
der in

Gewaltentrennung. N° 61. 555

jener bundesrätlichen Verordnung ins Auge gefassten Regelung
tatsächlich eine andere getroffen, diese auch für den Regierungsrat als
Vollziehungsbehörde verbindlich gewesen. Dass der Bundesrat neben dem EG
auch den § 77 der regierungsrätlichen Verordnung genehmigt habe, aber sei
schon deshalb unerheblich, weil er bei solchen Genehmigungsbeschlüssen
nur die Bundesrechtmässigkeit des betreffenden Erlasses und die Frage,
ob dessen Bestimmungen als zweckmässige Ausführung des Bundesrechtes
gelten könnten, nicht auch die Übereinstimmung mit dem kantonalen Recht
nachzuprüfen habe. Zur Verweigerung der Genehmigung aus diesem Grunde wäre
er überhaupt nicht kompetent gewesen. Den praktischen Gründen, welche
sich für die Anerkennung der Zuständigkeit des Zivilstands-beamten des
Geburtsortes anführen lassen, stünden ebenso beachtenswerte zu Gunsten des
Amtes des Wohnsitzes des Anerkennenden gegenüber (was näher ausgeführt
wird), sodass sich auch daraus die Folgerung dass der Gesetzgeber
die Zuständigkeitsordnung des . § 249 EG nicht als abschliessende
habe betrachtet wissen wollen, nicht ziehen lasse. Der Entscheid des
Kassationsgerichtes enthalte demnach einen Willkürakt, indem er sich
auf eine Norm (5 77 der regierungsrätlichen Verordnung vom 21. September
1911) stütze, die nach dem auch durch das zürcherische Verfassungsrecht
gewährleisteten Grundsatze der Gewaltentrennung nichtig sei. Es liege
darin zugleich eine Verletzung dieses Verfassungsgrundsatzes (genauer
des Art. 28 KV). Eine Rechtsverweigerung sei schliesslich auch darin zu
erblicken, dass das Kassationsgericht den Rekurrenten kurzerhand auf den
Weg der Berufung ans Bundesgericht verweise und dabei die unverständliche
Behaupting aufstelle, der Rüge, § 249 EG habe durch blosse Verordnung
nicht abgeändert werden können, komme keine selbständige Bedeutung für
die Entscheidung ,des Prozesses zu. Im Berufungsveriahren könne nur die

556 staatsrecht-

Anwendung des eidgenössischen Rechts, nicht diejenige einer Vorschrift des
EG zum ZGB, also kantonalen Rechts nachgeprüft werden. Das Rekursbegehren
lautet · es ser das angefochtene Urteil aufzuheben die vorn Rekurrenten
_vor Zivilstandsamt Zürich abgegebene älerkennnngserklärung als nichtig
zu erklären und die Koîîînfîîzeirnst Guldnnann Sohn abzuweisen, unter

C. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen
verzichtet. Der Vormund des Rekursbeklagten Ernst Guldimann Sohn hat
Abweisung des Rekurses beantragt. Denselben Antrag hat der Regierungsrat
des Kantons Zürich gestellt, dem mit Rücksicht darauf, dass die Gütigkeit
einer von ,ihm erlassenen Verordnung in Frage steht, ebenfalls Gelegenheit
zur ernehmlassung gegeben worden ist.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Gegenstand der Beurteilung kann nur der auf Aufhebung des
kassationsgerichtlichen Urteils gerichtete Antrag sein. Zu positiven
Verfügungen in der Sache selbst, wie sie der Rekurrent mit dem zweiten
Teile seines Beschwerdebegehrens verlangt, wäre der Staatsgerichtshof
wegen der rein kassatorischen Natur des staatsrechtlichen Rekurses nach
Art. 175 Ziff 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
1723 OG keinesfalls kommpetent. . ,

_. Auch in dieser Beschrähkun ist die Zu ' ' ' des Rechtsmittels von
zwei verskhiedenen ICÎZÎIÎIIÎÈÎ punkten aus zweifelhaft sie setzt einmal
voraus dass wirklich die örtliche Unzuständigkeit des Zivilstandsbeamten
von Zürich zur Errichtung der Anerkennung-surkunde vom 23. Dezember 1915
die Nichtigkeit der Anerkennung selbst nach sich zöge. Diese Folge, welche

die beiden kantonalen Instanzen ohne weiteres als

gegeben anzunehmen scheinen, versteht sich aber keigeswegs von selbst,
nachdem sich. der beurkundende eamte fur seine Zuständigkeit auf eine
formell zuGewaltentrennung. N° 61. 557

Recht bestehende Kompetenzbestimmung, nämlich den hundesrätlich
genehmigten § 77 der regierungsrätlichen Verordnung vom 21. September
1911 stützen konnte. Es lässt sich die Auffassung vertreten, dass
das formale Vorhandensein dieser Bestimmung, solange sie nicht durch
Verfügung einer dazu befugten Behörde beseitigt ist, ohne Rücksicht auf
die rn ateriell e Verfas-· sungsund Gesetzesmässigkeit der Bestimmung für
die Giltigkeit des Beurkundungsaktes genügen müsse. Wie es sich damit
verhält, ist in erster Linie eine Frage der Auslegung des Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB
und der ihn ergänzenden allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzesnach
denen es sich bestimmt, welche Anforderungen an die die Kindesanerkennung
aussprechende Urkunde zu stellen sind, damit die Anerkennung als wirksam
betrachtet werden kann. Der Entscheid darüber steht deshalb, nachdem
die Frage sich in einer dem streitwerte nach der Berufung unterliegenden
Zivilrechtsstreitigkeit stellt, nicht dem Staatsgerichtshof, sondern der
Zivilabteilung des Bundesgerichts als Berufungsinstanz zu. Könnte die
materielle Ungiltigkeit des § 77 der regierungsrätlichen Verordnung vom
21. September 1911 die Gütigkeit des Anerkennungsaktes nicht berühren,
so hätte der Rekurrent an der Feststellung jener Ungiltigkeit keinerlei
praktisches Interesse, weil sie keinen Einfluss auf den Ausgang
des zwischen ihm und dem Rekursheklagten schwebenden Rechtsstreites
auszuüben vermag. Der Nachweis eines solchen Interesses gehört aber nach
Art. 178
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
OG zur Beschwerdelegitimation. Zur Lösung bloss theoretischer
staatsrechtlicher Fragen kann der staatsrechtliche Rekurs nicht
benützt werden. Es müsste deshalb streng genommen die Erledigung des
vorliegenden Rekurses ausgesetzt werden, bis die II. _Zivil-. abteilung
des Bundesgerichts als Berufungsinstanz _zu jener anderen Frage Stellung
genommen haben wird. Ihr und nicht dem Staatsgerichtshof käme es
grund-,sätzlich auch zu, über die Richtigkeit der vom Oberge--

AS 48 I . 1912 "l'38

558 . staats-echt

richt vertretenen Auffassung zu urteilen, dass der kantonale Gesetzgeber
eine Lösung der örtlichen Zuständigkeitsfrage, wie sie § 249 des EG
zum ZGB enthält, nicht habe treffen können, sei es weil für die Ordnung
dieser Zuständigkeit überhaupt das Bundesrecht massgebend wäre, sei es
weil, wenn die Beurkundung dem Zivilstandsbeamten übertragenwerden sollte,
dafür nach Art. 32 der bundesrätlichen Verordnung vom 25. Februar 1910 nur
der Zivilstandsbeamte des Geburtsortes des uneheliehen Kindes in Betracht
kommen konnte. Denn auch nach dieser Richtung handelt es sich um einen
auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des ZGB, bezw. seines Scth zu
lösenden staatsrechtlichen Präjudizialpunkt "in einem nach eidgenössischem
Recht zu beurteilenden Zivilprozess. Würde er im Sinne des Obergerichts
erledigt, so wäre damit wiederum die durch den vorliegenden Rekurs
aufgeworfene Frage, ob der Regierungsrat die Zuständigkeitsbestimmung
des § 249 EG, ihre bundesreehtliche Zu-lässigkeit vorausgesetzt, in
der Weise habe ergänzen können, wie es in § 77 seiner Verordnung vom
21. september 1911 geschehen ist, gegenstandslos.

3. Doch mag über diese formellen Bedenken hin-

weggesehen werden, weil auchwenn man nach beiden sisi

Richtungen die dem Rekurrenten günstigere Lösung ohne weiteres als
gegeben ansieht also unterstellt, dass der kantonale Gesetzgeber über die
Zuständigkeitsfrage im Sinne des § 249 EG habe legiferieren können und,
dass die Ungiltigkeit des § 77 der regierungsrätlichen Verordnung vom
21. September 1911 den . Anerkennungsakt vom 23. Dez. 1915 nichtig machen
würde der Rekurs als unbegründet verworfen werden muss. Die Bestimmung
des § 249 EG zum ZGB, wonach die Beurkundung durch den Zivilstandsbeamten
des Wohnsitzes oder Heimatsortes des Anerkennenden erfolgt, stellt sich
unter dieser Voraussetzung, (1. h. wenn man davon ausgeht, dass das
Zivilgesetzbuch nicht

Gewaltentrennung. N° 61. 559

nur die Bezeichnung der sachlich, sondern auch der örtlich für die
Errichtung der Anerkennungsurkunde zuständigen Amtsstelle den Kantonen
überlässt, als Ausführungsvorschrift zu Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB im Sinne von
Art. 52 Scth dar. Und zwar handelt es sich, wovon auch der Rekurs
ausgeht, um eine notwendige Ausführungsvorschrift nach Abs. 2 des
letzteren Artikels, weil zur Vollziehung des Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB, soweit
die Anerkennung in Form einer öffentlichen Urkunde in Betracht kommt,
nicht nur die Bestimmung des zur Errichtung an sich zuständigen Beamten,
sondern, wo innert des Kantonsgebietes mehrere Aemter dieser Art mit
örtlich abgegrenztem Geschäftskreis bestehen, auch eine Vorschrift
darüber gehört, welches von ihnen im einzelnen Falle zur Vornahme
der Beurkundung befugt sein soll. Art. 52 Abs. 2 Scth sieht aber vor,
dass solche notwendige Ausführungsvorschriften von den Kantonen auf dem
Verordnungswege erlassen werden können, auch wenn dazu, dem Gegenstande
nach, nach kantonalem Rechte ein Gesetz erforderlich wäre, eine
Vorschrift, die selbst wenn man über ihre Verfassungsmässigkeit Zweifel
haben wollte, nach Art. 113
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
letzter Absatz BV für das Bundesgericht
massgebend sein muss. Hätte die Zuständigkeit zur Errichtung von
Anerkennungsurkunden im Sinne von Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB demzufolge an sich
giltig auf dem Verordnungsw'ege geregelt werden können, so kann aber
auch der § 77 der regierungsrätlichen Verordnung vom 21. September 1910
nicht deshalb wegen Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung
angefochten werden, weil er sich auf eine schon an sich zum Vorbehalt,
des Gesetzes gehörende Materie bezieht. Vielmehr trägt es sich nur,
ob nicht eine solche Anordnung unzulässig war, nachdem sich bereits die
gesetzgebende Behörde der Frage bemächtigt und sie statt auf dem Wege
der Verordnung durch Gesetz geordnet hatte. Voraussetzung dafür wäre,
dass der § 249 EG die Zuständigkeit zur Beurkundung von Kin--

560 -Staatskeeht.s

desanerkennungen erschöpfend regeln, d. h. nicht bloss bestimmen wollte,
dass die Beurkundung jedenfalls vor den ,hier genannten Amtsstellen giltig
vorgenommen werden könne, sondern damit zugleich auch die Vornahme durch
andere als unstatthaft ausschliessen wollte. Ob die Bestimmung im einen
oder anderen Sinne zu verstehen sei, ist eine Frage der Auslegung des
kantonalen Gesetzesrechtes, die das Bundesgericht als staatsgerichtshof
nicht frei, sondern nur aus dem Gesichtspunkte des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, der Willkür
und Verletzung klaren Rechtes nachprüfen kann. Der Umstand, dass von ihrer
Beantwortung die Giltigkeit des § 77 der regierungsrätlichen Verordnung
vom 21. September 1911 und die Begründetheit der Anfechtung dieser
Vorschrift aus dem Gesichtspunkte der Verletzung des Grundsatzes der
Gewaltentrennung abhängt, ändert daran nichts und kann dem Bundesgericht
eine weitergehende Kognition nicht geben. Wenn nun auch zuzugeben sein
mag, dass . Kompetenzbestimmungen der vorliegenden Art regelmässig,
auch wenn es in ihrer Fassung nicht noch besonders zum Ausdruck kommt,
als abschliessende zu betrachten sein werden und die Gründe,. welche
die kantonalen Instanzen hier für eine, andere Auslegung

geltend machen, nicht als zwingend erscheinen, so -

kann doch diese andere Auslegung keinesfalls als willkürlich erklärt
werden. Es kann dafür auf die vom Obergericht angeführten Umstände
verwiesen werden, welche die Beurkundung am Geburtsorte des Kindes als
die zweckmässigste Lösung erscheinen lassen. Dass sie den praktischen
Bedürfnissen am besten entspricht, zeigt die in der Vernehmlassung des
Regierungsrates von Zürieh festgestellte Tatsache, dass tatsächlich
"die Mehrzahl aller Anerkennungen nach Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
ZGB seit 1912 an diesem
Orte abgegeben worden ist. Andererseits sind sachliche Erwägungen,
welche gegen . diese Lösung sprechen würden und dazu führen müssten,
sie auszuschliessen, nicht ersichtlich. Die Fest-

Gewaltentrennung. N° 61. 551

stellung der Identität des Anerkennenden, worauf der Rekurs verweist, ist
dem Zivilstandsbeamten des Geburtsortes des Kindes'ebcnsogut möglich wie
demjenigen des Wohnsitzes oder Heimatsortes des Anerkennenden. Und wenn
der Rekurrent weiter darauf hinweist, dass der Zivilstandsbeamte des
Wohnortes, wenn die Anerkennung hier hätte abgegeben werden wollen, im
vorliegenden Falle zweifellos vorerst den Vater des Rekurrenten davon
unterrichtet hätte, damit er diesen über die Folgen seines Schrittes
belehren könne, so handelt es sich dabei einmal um eine blosse Behaup.
tung. Sodann können Betrachtungen dieser Art, die für einen ausnahmsweisen
Tatbestand wie den vorliegenden vielleicht zutreffen mögen, offenbar
auch für die gesetzliche Lösung der Frage, die sich nach den regelmässig
bestehenden Verhältnissen richten muss, nicht massgebend sein. Aus der
Vernehmlassung des Regierungsrates ergibt sich denn auch, dass die
Bestimmung des § 249 EG, erst bei der parlamentarischen Beratung in
das Gesetz eingefügt werden ist, ohne dass die Protokolle irgendwelchen
Anhaltspunkt dafür böten, dass man damit bewusst von der in Art. 32 der
bundesrätlichen Verordnung vom 25. Februar 1910 vergescsi henen Lòsung
hätte abweichen wollen. Es ist daher der Schluss zulässig, dass man die
letztere Vorschrift einfach übersah und den Beamten des Vohnsitzes oder
Heimatsortes des Anerkennenden zuständig erklärte, nicht weil man die
Zuständigkeit desjenigen des Geburtsortes ausschliessen wollte, sondern
weil man an diese Möglichkeit augenblicklich nicht dachte. Diese Annahme
genügt aber jedenfalls vom Standpunkte des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, um die Auffassung
der kantonalen Instanzen, dass § 249 EG die Zuständigkeit zur Beurkundung
der Anerkennung nicht abschliessend ordne, sondern eine Er-

· gänzung durch Zuständigerklärung auch anderer Zivil-

standsämter auf dem Verordnungswege, sofern die Materie überhaupt auf
diesem Wege geregelt werden kann,

562 Staatsrecht.

zulasse, als haltbar erscheinen zu lassen. Es braucht ' daher auf die
weiteren Erwägungen, welche das Obergericht für diese Deutung angeführt
hat, nicht eingetreten zu werden. Jene Voraussetzung aber (Möglichkeit der
Regelung auf dem Verordnungswege an sich), si trifft wie bereits dargetan
infolge Art. 52
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
Scth zum ZGB zu. Und dass wenn die Bestimmung des § 77
der Verordnung vom 21. September 1911 auf diesem Wege erlassen werden
konnte, der Regierungsrat und nicht der Kantonsrat die dazu zuständige
Behörde war, wird vom Rekurrenten nicht bestritten.

4. Das Nichteintreten auf die kantonalrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde
wegen Zulässigkeit der Berufung ans Bundesgericht, bezieht sich nur auf
die Frage der Vereinbarkeit des § 249 EG mit dem Bundesrecht (Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.

Scth zum' ZGB und Art. 32 der bundesrätlichen Verordnung vom 25. Februar
1910). Wenn das Kassationsgericht ausgeführt hat, dass, falls der §
249 EG selbst aus diesem Grunde für ungiltig betrachtet werden sollte,
die Rüge, der Regierungsrat könne das EG. nicht auf dem Verordnungswege
abändern, keine Bedeutung mehr habe, so ist aber diese Auffassung durchaus
zutreffend und es kann darin eine Rechtsverwei--

gerung unmöglich gesehen werden. Für den andern .

Fall, d. h. bei Annahme der bundesrechtlichen Giltigkeit des § 249 EG
hat das Kassationsgericht die Zulässigkeit seiner Ergänzung auf dem
Verordnungswege im Sinne des § 77 der regierungsrätlichen Verordnung vom
21. September 1910 materiell geprüft und mit Gründen bejaht, die nach dem
unter 3 Ausgeführten durch das Mittel des staatsrechtlichen Rekurses-wegen
Willkür und Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung mit Erfolg
nicht angefochten werden können.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Vom Rückzuge der Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zürich vom 27. Januar

Gemeinde-autonomie. N° 62. 563

1922 wird Vormerk genommen. Die Beschwerde gegen ' das Urteil
des KaSSationsgerichts des Kantons Zürich vom 24. Juni 1922 wird
abgewiesen. --

VII. GEME INDEAUTONOMIE AUTONOMIE COMMUNALE

62. Urteil vom s. Dezember 1922 i. S. Gemeinde Filisur gegen Graubünden,
Grossen Rat.--

Bestimmung einer kantonalen Verfassung (Graubünden), wonach die
Gemeinden, soweit die Erträgnisse des Gemeindevermögens zur Deckung der
Gemeindebedürfniss'e nicht ausreichen, Gemeindesteuern nach billigen
und gerechten Grundsätzen gemäss von ihnen zu erlassenden autonomen
Reglementen erheben können, mit der weitem Einschrànkung, dass allfällige
Progressivsteuern die Progressionssätze des jeweiligen kantonalen
steuer-gesetzes nicht überschreiten dürfen. Bedeutung des letzteren
Verbotes bei Verschiedenheit der beiden steuersysteme. Umfang des den
staatlichen Aufsichtsbehörden im Hinblick auf das verfassungsmässige
Postulat billiger und gerechter Verteilung der Steuerlasten gegenüber
einem Gemeindesteuerregle-mente zustehenden Interventionsrechts. Riige
der Verletzung der Gemeindeautonomie durch missbräuchliche Aufhebung
von Bestimmungen eines solchen Reglements seitens der Aufsichtsbehörden
wegen Missachtung jenes" Gebotes.

A. Nach Art. 40 Abs. 2 der graubündnerischen Verfassung von 1892
steht jeder Gemeinde das Recht der selbständigen Gemeindeverwaltung
mit Einschluss der niederen Polizei zu: sie ist befugt die dahin
einschlagenden Ordnungen festzusetzen, welche jedoch den Bundes-und
Kantonsgesetzen und dem Eigentumsrechte Dritter nicht zuwider sein
dürfen. Die Gemeindebedürfnisse sind in erster Linie aus den in billigem
Masse zu taxierenden Erträgnissen des Gemeindevermögens (Nutzungstaxen
u. s. w.) zu decken: die Er--
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 48 I 549
Datum : 10. Februar 1922
Publiziert : 31. Dezember 1922
Quelle : Bundesgericht
Status : 48 I 549
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 5 18 Staatsrecht. An dieser Rechtslage ändert schliesslich auch der Umstand nichts,


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
113
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
OG: 175  178
ZGB: 52 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 52 - 1 Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
1    Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem besondern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Persönlichkeit durch die Eintragung in das Handelsregister.
2    Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.80
3    Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder widerrechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht erlangen.
55 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
frage • weiler • regierungsrat • bundesgericht • gewaltentrennung • bundesrat • gemeinde • nichtigkeit • stelle • zivilstandsregister • kantonales recht • berufung ans bundesgericht • autonomie • zivilstand • bewilligung oder genehmigung • kantonales rechtsmittel • treffen • kv • zweifel • vormund • verfassung • streitwert • mass • wissen • vater • entscheid • richtlinie • zivilgesetzbuch • verfassungsrecht • zahl • rechtsmittel • weisung • beschwerdeantwort • abweisung • wirkung • kantons- und gemeindesteuer • kantonsgericht • kantonales parlament • solothurn • beschwerdegrund • legislative • willkürverbot • begründung des entscheids • gesuch an eine behörde • bescheinigung • voraussetzung • gesetzesvorbehalt • vorinstanz • wille • monat • errichtung eines dinglichen rechts • vormerkung • rechtslage • erste instanz • gemeindeautonomie • beschwerdelegitimation • aussereheliches kind • norm • nicht zwingendes recht • zivilprozess • postulat • charakter • richtigkeit • deckung • funktion • zivilrechtsstreitigkeit • kassatorische natur • erbgang • eigentum • augenschein • aargau
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