532 Staatsrecht.

VI. GEWALTENTRENN UN G

' SÉPARATION DES POUVOIRS

60. Urteil vom 18. November 1922 i. S._A,msler & 01° gegen Aargau
Regierungsrat.

Vorschrift eines kantonalen Gebührentarifs, wonach für die Vormerkung
'von Firmaänderungen im Grundbuch eine nach dem Werte der betreffenden
Grundstücke bemessene Gebühr zu entrichten ist. Unzuständigkeit des
Bundesgerichts zur Prüfung der Vereinbarkeit einer solchen Abgabe
mit Art. 954
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 954 - 1 Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
1    Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
2    Für Eintragungen, die mit Bodenverbesserungen oder mit Bodenaustausch zum Zwecke der Abrundung landwirtschaftlicher Betriebe zusammenhangen, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
ZGB. Die Einführung durch blosse Verordnung auf Grund der
Ermächtigung an den Grossen Rat zur Festsetzung der Grundbuchgebühren im
kantonalen EG verstösst nicht gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung,
wenn schon das bisherige kantonale Recht den Ausdruck Gebühren
im Grundbuchwesen in jenem weiteren, die im Anschluss an gewisse
grundbuchliche Vorgänge zu entrichtenden Verkehrssteuern mitumiassenden
Sinne verwendete. Eine erst später durch Revision des Tarife auf
einen bisher abgahefreien Vorgang gesetzte Abgabe kann nicht auf die
Eintragung entsprechender Vorgänge angewendet werden, deren Anmeldung
schon vorher in der zwecks Bereinigung der Grundprotokolle für den ganzen
Kanton gesetzten einheitlichen Aufrutsirist erfolgt war. Der Grundsatz
der Rechtsgieichheit fordert, dass alle während jener Frist erfolgten
Anmeldungen hinsichtlich der Gebührenpilicht gleich behandelt werden,
auch wenn die effektive Durchführung der Bereinigung etappenweise erfolgt.

A. Das aargauische EG zum ZGB bestimmt:

§ 154. Vom 1. Januar 1912 hinweg bis zur Einführung des eigentlichen
Grundbuchs findet die Einräumung, Übertragung, Änderung und Löschung
dinglicher Rechte an Grundstücken nicht mehr durch Fertigung, sondern
durch Eintragung in ein Interimsregister statt, das vom Grundbuchiührer
gemeindeweise geführt wird. Die Eintragung geschieht nach den Vor-

Gewaltentrennung. N° 60. 533

schriften des ZGB mit sofortiger Grundbuchwirkung, aber noch ohne
Grundbuchwirkung zu Gunsten gutgläubiger Dritter (Scth Art. 48).

g 155 Abs. 1: Der Anlegung des Grundbuches hat die Bereinigung der
bisherigen Fertigungsprotokolie voranzugehen. Dabei werden von Amteswegcn
diejenigen Rechte in das Grundbuch und in das Interimsregister übertragen,
die in der letzten zu Recht bestehenden Eigentumsoder Lastenfertigung
enthalten und infolge der Bereinigung nicht weggefallen sind.

§ 159. Die näheren Vorschriften über die Führung der Interimsrcgister,
das bei der Bereinigung zu heobachtende Verfahren, über die Anlegung
des Grundbuchs und über den Zeitpunkt seines Inkrafttretens erlässt der
Grosse Rat.

§ 140. Die Gebühren, die für die Eintragungen in,

das Grundbuch und die damit verbundenen Vermes-

sungsarbeiten erhoben werden dürfen (Art. 954
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 954 - 1 Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
1    Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
2    Für Eintragungen, die mit Bodenverbesserungen oder mit Bodenaustausch zum Zwecke der Abrundung landwirtschaftlicher Betriebe zusammenhangen, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
ZGB), werden vom Grossen
Rate festgesetzt und fallen in _ die Staatskasse. ,

Die gestützt hierauf vom Grossen Rate am 5. Juli * 1911 erlassene
Verordnung über die Einführung des Grundbuches regelt in drei Abschnitten
die Eintragung dingiicher Rechte an Grundstücken bis .zur Einführung des
Grundbuchs , die Bereinigung der Fertigungskontrelle und die 'Anlegung
des Grundbuches. Ein Anhang enthält den Tarif der Gebühren für die
Eintragungenin das Interimsregister und für das Bereinigungsveriahren
. An Stelle desselben ist durch Verordnung vom 27. November 1912
ein neuerabgeänderter Tarif getreten, der unter A. Gebühren für die
Eintragungen in das Interimsregister u. a. in Ziff. 1 Abs. 2 vorschreibt:
Für Handändemngen durch Erbgang oder Ehevertrag sowie für die Anmeldung
des Eigentumsreehts im Bereinigungsverfahren beträgt die Gebühr 1,5 0/50.
Am 30. November 1917

534 . Staatsrecht . si

hat der Grosse Rat dazu eine Ergänzung d. J. beschlossen: Im Abschnitt
A 6 Vormerkungen des Tarifs zur Grossratsverordnung über die Einführung
des Grundbuchs wird beigefügt: '

i) Firmaänderungen, für jede Grundbuchnummer 1 'Z'/W der Sehatzung.

Und durch einen weiteren Beschluss vom Januar 1921 ist zugleich mit den
übrigen Grundhuchgebühren auch dieser Ansatz um die Hälfte erhöht worden.

Grundlage des Bereinigungsverfahrens nach Abschnitt II der Verordnung
vom 5. Juli 1911 sind einerseits die von den Gemeinderäten an Hand der
bisherigen Fertigungskontrolle anzufertigenden Grundstückblätter, die
den Beschrieb' aller Grundstücke des Gemeindebanns und den Bestand der
Rechte und Lasten an ihnen auf Ende des Jahres 1911 enthalten sollen,
andererseits ein vom Regierungsrat für das ganze Kantonsgebiet zu
erlassende-r Aufruf (EUR514,18). Für den Beschrieb der Rechte an einem
Grundstück haben sich die Gemeinderäte an die letzte Fertigung unter
Berücksichtigung seitheriger Nachträge (Löschungen, Neuschätzungen
u. s. W.) zu halten, im Grundstückblatt aber darauf aufmerksam zu
machen, wenn ihnen bekannt ist, dass die letzte Fertigung unrichtig
war ,oder dass seit der letzten Fertigung ein noch nicht gefertigter
Eigentumswechsel stattgefunden hat ( § 16). Durch den Aufruf nach § 18
werden alle Personen, die Dienstbarkeiten, Grundlasten oder Pfandrechte
an Grundstücken im Kanton beanspruchen, aufgefordert, sie innert einer
bestimmten Frist beim betreffenden Grundbuchamte anzumelden : einer
Anmeldung des Eigentumsrechts an den Grundstücken bedarf es, sofern
es im bisherigen Fertigungsprotokoll eingetragen ist, nicht. An die
Nichtanmeldnng ist die Folge zu knüpfen, dass der Grundbuchverwalter
die in den bisherigen Fertigungsprotokollen nicht eingetragenen Rechte,
die nicht angemeldet werden, in das Grundbuch s. Z. nicht auf-

Gewaltentrennung. N° 60. 535

nehmen werde und dass er die in den Fertigungsprotokollen eingetragenen
Rechte von Amteswegen nur aufnehmen werde nach Massgabe der letzten, über
ein Grundstück ergangenen Fertigung (g 19). Hieran schliesst sich dann das
eigentliche Bereinigungsverfahren vor dem Grundbucham't (gg 21 bis 28) an.

B. Das Bad Schinznach und der dazu gehörende Grundbesitz in
der aargauischen Gemeinde Birrenlauf war seit 1908 infolge Kauks
Eigentum der Kollektivgesellschaft Amsler, Rilliet & C1e und auf deren
Namen im Fertigungsprotokoll eingetragen. Im Jahre 1910 traten zwei
Teilhaber und im Jahre 1911 auch noch der Teilhaber Rilliet aus der
Gesellschaft aus und an Stelle des letztem ein neuer Teilhaber ein,
was die Umänderung der Firma in Amsler & Cie notwendig machte. Die
Austritte, der Neueintritt und der Firmawechsel wurden am 21. Dezember
1911 ins Handelsregister eingetragen, ohne dass gleichzeitig auch ein
entsprechen-der Vormerk im' Fertigungsprotokcll veranlasst worden _
wäre. Durch Verhandlungen mit dem damaligen Anwalte der Firma Amsler &
Cle über die grundbuchliche Behandlung dieser Vorgänge auf sie aufmerksam
geworden, nahm das Grundbuchamt Brugg den Standpunkt ein, dass es sich
um einen Wechsel im Eigentum handle, der die Übertragung des Eigentums
von der alten Gesellschaft bezw. den ausscheidenden Teilhabern auf die
neue Gesellschaft im Grundbuch nötig mache und den Staat zur Erhebung
der auf Handänderungen gesetzten Gebühr berechtige. In einer einlässlich
begründeten Eingabe vom 3. November 1913 trat der Anwalt der Firma dieser
Auffassung entgegen, und stellte das Begehren, es sei von einer solchen
Zufertigung abzusehen, und der bisherige Eintrag als auch zu Gunsten der
neuen Firma bezw. der Gesellschaft in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung
wirksam und als mass. gehende . Grundlage der Eintragung in das künftige
Grundbuch anzuerkennen. Die Justizdirektion bezw.

536 . Staatsrecht.

die vom! Justizdirektor präsidierte .Notariatskommission als
erstinstanzliche Aufsichtsbehörde schützte mit Beschluss vomki
5. Februar 1914 diese Auffassung und erklärte, dass eine Handänderung
der Grundstücke, die, der Firma Amsler & C.le zustehen, im Jahre
1911 nicht notwendig gewesen sei und daher auch nicht nachgeholt werden
müsse. Inzwischen hatte die Firma auf den vom Regierungsrat nach § 18
der Verordnung vom 5. Juli 1911 erlassenen Aufruf am 31. Dezember 1913
innert Frist für die sämtlichen in Betracht kommenden Grundstücke dem
Grundbuchamt. Brugg je ein Formular 'gAnmeldung eines Eigentumsrecht-ev
eingereicht, worin es unter Rubrik 1 Vollständiger Name, Beruf und
Wohnort des Ansprechers , jeweilen hiess: Amsler & Cie, Bad Schinznach
in Birrenlanf. Die Rubrik 3 ErWerbsart war ausgefüllt mit: Kaufvertrag
vom 25. Februar u. 16. April 1908 und Firmaänderung vom 1. Dezember 1911.
Und in Rubrik 4 (letZte Fertigung) war bemerkt: Lant Fertigungsprotokoll
der Gemeinde Birrenlauf ...... ist das Grundstück noch eingetragen als
Eigentum der früheren Firma Bad Schinznach Amsler, Rilliet & Cie.

Das Grundbuchamt nahm die Anmeldungen zu den ' Akten, ohne ihnen
einstweilen eine weitere Folge zu geben. Nachdem dann die Reihenfolge der
Bereinigung an die Gemeinde Birrenlauf gekommen war, _ teilte es mit
Schreiben vom 10. November 1921 der Ansprecherin mit, dass sie, um als
Eigentümerin aufgenommen zu werden, noch die, Handelsregisterauszüge über
den früheren und gegenwärtigen Eintrag bezüglich der Firma einzusenden
habe, und forderte, in deren Besitz gekommen, am 30. November 1921 für
die Eintragung die durch Abschnitt A. Ziff. 61 des Tarifs zur Verordnung
vom 5. Juli 1911 mit Ergänzungen vom 30. November 1917 und Januar 1921 für
Firmaänderungen vorgesehene Gebühr von z 1,5 0/00 des Schatzungswertes,
zusammen 2062 Fr.

Gewaltentrennung. N°' 60. ' 537

Auf Beschwerde der Firma Amsler & Cie setzte die kantonale Justizdirekticn
die Gebühr auf 1 9/00 der Schatzung herab, hielt dagegen im übrigen an der
Forderung fest, mit der Begründung: nach § 14 der Grossratsverordnung über
die Einführung des Grundbuchs hätten die Grundstückblätter noch auf den
Namen der alten Firma ausgestellt werden müssen, weil diese Ende 1911 im
FertigungSprotokoll als Eigentümerin eingetragen war. Um die schon 1911
erfolgte Firmaänderung in das Grundbuch'eintragen zulassen, habe es einer
Anmeldung bedurft. Als solche sei die Sog. Eigentumsanmeldung anzusehen,
welche die neue Firma am 31. Dezember 1913 eingereicht habe. Denn einer
Eigentumsanmeldung im Bereinigungsverfahren hätte es nur bedurft, wenn
auch die alte Firma nicht eingetragen gewesen wäre. Nach dem ,bestehenden
Tarif sei _ aber für die Vormerkung einer Firmaänderung und, die durch
sie veranlassten Anzeigen eine Gebühr von 1°]00 der Steuerschatzung zu
erheben. Hieran lasse sich nichts ändern. Da die Anmeldung schon 1913
erfolgt sei und sofort hätte erledigt werden können als Anmel : dùng
einer Firmaänderung im Betrieb und nicht als s solche des Eigentumsrechts
im Bereinigungsverfahren -dürfe immerhin der erst 1921 beschlossene
Tenerungsznschlag von 50°]0 nicht gefordert werden.--

Die Firma rekurrierte gegen diese Verfügung an den _ Regierungsrat,
indem sie einerseits die Rechtbeständigkeit der _in Frage stehenden
Gebührenbestimmung bestritt, weil sie eine sachlich nicht gerechtfertigte'
ungünstiger-e Behandlung der Gesellschaften gegenüber den übrigen
Grundeigentümern enthalte und. zudem nur durch Gesetz hätte eingeführt
werden können, andererseits den Behörden das Recht absprach, eine solche
neu eingeführte Gebühr rückwirkend auf ,eine schon lange vorher erfolgte
Anmeldung anzuwenden.

Der Regierungsrat wies indessen den Rekurs durch

Entscheid vom 1.0. Februar 1921 ab. Er verwarf zunächst

538 ' Staatsreeht. '

die beiden ersten Einwände unte1 Beiufung auf § 159 (recte 140) EG und die
E1wägung, dass ein Fall wie der vorliegende mit hiossen Namensänderungen
von natürlichen Personen nicht auf gleiche Stufe gestellt-

werden könne. Bei der Firma Amsler, Rilliet & Cie ' seien Personen einund
ausgetreten. Die ausgetretenen Mitglieder hätten Eigentum aufgegeben
und der neue Gesellschafter Senn sei Gesamteigentümer geworden. Es sei
in gewissem Sinne ein Sonderreeht, wenn dafür nicht eine gewöhnliche
Handänderung verlangt und die auf solche gesetzte Gebühr erhoben
werde. Auch von einer rückwirkenden Anwendung des Tarifes könne keine Rede
sein. Im Aufrufverfahren für die Bereinigung der Fertigungsprotokolie sei
nicht die Änderung der Firma, sondern deren Eigentumsrecht zur Eintragung
angemeldet worden, während die Notariatskommission dann auf das Gesuch
der Firma vom 3. November 1913 die Vornahme einer Handänderung und eines
entsprechenden Neueintrags als überflüssig erklärt habe. Eine belegte
Anmeldung für Eintragung der Firmaänderung sei erst im Jahre 1921, auf
die Aufforderung des Grundbuchamtes vom 10. November 1921 eingereicht
werden, worauf die entsprechende Vormerkung erfolgt sei. Für sie und nicht
für die 1913 eingereichte Eigentumsanmeldung im Bereinigungsverfahren
werde die streitige Gebühr gefordert. Sie stütze sich also auf den zur
Zeit'der Anmeldung geltenden Tarif und streng genommen hätte deshalb
auch an dem Teuerungszusehlag von 509,10 festgehalten werden soilen,
da die Anmeldung von 1913 unbrauchbar gewesen und nicht wie diejenige
von 1921 im Betrieb, sondern in der Bereinigung erfolgt sei.

C. Gegen den Entscheid des Regierungsrats hat die Firma Amsler & Cie den
staatsrechtlichen Rekuis ans Bundesgericht ergriffen mit dem Aritrage,
es sei unter Aufhebung des Entscheides und der dadurch geschützten
Verfügungen dei Justizdirektion und des

Gewakentrennung. N° 60. ' 539

Gmndbuchamts Brugg die Forderung von l 0/90 der Grundsteuerschatzung als
verfassungswidrig zu erklären und auszusprech'en, dass für die Vormerkung
der Firmaanderung im Grundbuch keine höhere Gebühr berechnet werden dürfe,
als sie sich aus dem Tarife von 1912 vor der Ergänzung von 1917 ergeben
mag. Als Beschwerdegründe werden Verletzung der derogatorischen Kraft
des Bundesrechts, des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV (Verstoss gegen die Rechtsgleichheit und
Winùr) und des Grundsatzes der Gewaltentrennung geltend gemacht. Der
erste und der letzte Beschwerdegrund werden darauf gestützt, dass
Art. 954
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 954 - 1 Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
1    Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
2    Für Eintragungen, die mit Bodenverbesserungen oder mit Bodenaustausch zum Zwecke der Abrundung landwirtschaftlicher Betriebe zusammenhangen, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
ZGB den Kantonen bloss den Be-zug von Gebühren, nicht aber von
Spezialsteuern für die Eintragungen ins Grundbuch gestatte, und eine
Abgabe wie die vorliegende, die sich als Steuer und nicht als Gebühr
darstelle, überdies nach kantonalem Staatsrecht ein Gesetz erfordert
hätte. Im übrigen ist die Begründung der Beschwerde, soweit nötig,
aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.

D. Der Regierungsrat des Kantons Aargau hält in seiner Vernehmlassung,
worin er Abweisung der Beschwerde beantragt, an der im angefochtenen
Entscheide vertretenen Rechtsauffassung fest. Die Rechtslage wäre
übrigens auch dann keine andere, wenn schon die Eigentumsanmeldung vom
31. Dezember 1913 als Anmeldung der Firmaänderung betrachtet würde. Denn
die Bereinigung der Grundstückblätter der Gemeinde Birrenlauf sei
erst im Jahre 1921, unter der Herrschaft des neuen Tarifs durchgeführt
worden. Für die Gehührenpflicht sei aber nicht der zur Zeit der Anmeldung
im allgemeinen Aufrufverfahren, sondern der zur Zeit der Vornahme der
Be-f reinigung geltende Tarif ' massgebend. Es ergehe sich dies deutlich
aus § 26 Abs. 3 der Grossratsverordnung vom 3. Juli 1911, wonach die
Bereinigung und Auflage der Grundstüekblätter in einer angemessenen
Reihenfolge erfolgen solie und dabei auch noch eintragungs-

540 si Staatsreeht.

pflichtige Rechte angemeldet werden könnten,: deren Anmeldung bisher
unterblieben sei. vWenn daraus der _ Rekurrentin ein Nachteil erwachse,
so habe sie ihn sich selbst zuzuschreiben, weil sie es unterlassen habe
die Anmeldung zu belegen und die sofortige Eintragung der Firmaändemng
imlaufenden Betrieb zu verlangen, statt sich auf das Begehren um Vornahme
derselben im Bereinigungsverfahren zu beschränken. Auch bei Anwendung
des Tarife von 1912 könnte ferner nicht, wie die Rekurrentin postuliere,
eine blosse Kanzleigebühr erhoben werden, sondern es müsste der dort
in Ziff. 1 Abs. 2 iestgelegte Ansatz von 1,50/00 für die Anmeldung
des Eigentums im Bereinigungsverfahren Anwendung finden , andernfalls
könnten sich Erben, die Ende 1911 Eigentümer waren, aber als solche noch
angemeldet und eingetragen werden mussten, mit Recht darüber beklagen,
dass sie gegenüber den Handelsfirmen ungleich behandelt werden.

E. Auf eine beim Bundesrat als oberste Aufsichtsbehörde über
das. Grundbuchwesen eingereichte Beschwerde ist dieser am 28. März 1922
nicht eingetreten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. 'Die Rüge, dass die Erhebung von Abgaben mit Steuercharakter wie
der vorliegenden für die Vornahme von Eintragungen im Grundbuch gegen
Bundesrecht,

nämlich gegen Art. 954
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 954 - 1 Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
1    Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
2    Für Eintragungen, die mit Bodenverbesserungen oder mit Bodenaustausch zum Zwecke der Abrundung landwirtschaftlicher Betriebe zusammenhangen, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
ZGB verstosse, War, weil gegen eine Verfügung
des Grundbuchamts und der kantonalen Aufsichtsbehörden über dieses
gerichtet und die Auslegung einer grundbuchrechtlichen Vorschrift des
ZGB betreffend, nicht durch staatsrechtlichen Rekurs', sondern auf
dem Wege der Verwaltungsbeschwerde an den Bundesrat nach Art. 956
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 956 - 1 Die Geschäftsführung der Grundbuchämter unterliegt der administrativen Aufsicht der Kantone.
1    Die Geschäftsführung der Grundbuchämter unterliegt der administrativen Aufsicht der Kantone.
2    Der Bund übt die Oberaufsicht aus.
ZGB,
102 Grundbuch; verordnung geltend zu machen. Sie ist durch den-Entscheid
des Bundesrates vom 28. März 1922 trotz des auf Nichteintreten lautenden
Dispositives tatsächlich auch geprüft, aber als unstichhaltig verworfen
wor-

Gewaltentrennung. Nd 60. 541

den. Wenn hier erklärt wird, dass der Bundesrat gegen kantonale
Gehührenforderungen, die im Zusammenhang mit Einträgen im Grundbuch
erhoben werden, nur einschreiten könne, falls dadurch die Anwendung
' eines Institutes des eidgenössischen Rechts verunmöglicht oder
ungebührlich erschwert werde, so ist damit implizite auch ausgesprochen,
dass Art. 954
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 954 - 1 Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
1    Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbundenen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
2    Für Eintragungen, die mit Bodenverbesserungen oder mit Bodenaustausch zum Zwecke der Abrundung landwirtschaftlicher Betriebe zusammenhangen, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
ZGB eine Beschränkung der kantonalen Steuerhoheit,
wie dieRekurrenten sie daraus herauslesen wollen, nicht enthält. Denn
eine wirkliche Gebühr wird jene Folge nie haben können. Sie kann sich
höchstens aus im Anschluss an eintragungsoder vormerkungsbedüritige
Veränderungen ss in den Rechtsverhältnissen eines Grundstücks erhobenen
Abgaben ergeben, für deren Höhe nicht der Umfang der dem Staate
durch die Eintragung _verursachten Arbeit, sondern der Wert des von
der Veränderung betroffenen Objektes massgebend ist, und die deshalb
trotz der Bezeichnung als Gebühr in Wirklichkeit nicht mehr die Natur
einer solchen, sondern einer Verkehrs-Umsatzsteuer haben. Dass der
Nichteinhetensentscheid des Bundesrates so zu verstehen ist, ergibt
sich klar aus den früheren Entscheidungen BB] 1915 I S. 300; 1916 I
S. 314, auf die darin verwiesen wird, und aus BB] 1914 I S 356 (wo die
Weigerung der baselstädtischen Grundbuchbehörden den _ Eigentumsübergang
an einem Grundstücke vor Entrichtung der Handändemngssteuer einzutragen,
als nicht bundesrechtswidrigerklärt wurde).

2. Schon das bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs geltende
frühere aargauische. Recht, nämlich die Hypothekarordnung von 1888 hatte
den ,Ausdruck Gebühr auf diesem Gebiete ebenfalls in jener weiteren,
die,.im Anschluss an gewisse grundbuchliche Vorgänge, zu entrichtenden
Verkehrsstenern rnitumfassenden Bedeutung verwendet, wie aus dem einen
Bestandteil des Erlasses bildenden, vom Grossen Rate aufgestellten Tarife
ohne weiteres hervorgeht. Da nichts

AS 48 l 1922 37

542 staatsrecht-

dafür vorliegt, dass hierin eine Änderung habe getroffen und dem Grossen
Rate eine Befugnis, die er seit Jahrzehnten unbestrittenerrnassen
ausgeübt hatte, nunmehr entzogen werden sollen, ist demnach auch die
in Art. 140 des EG zum ZGB dieser Behörde erteilte Ermächtigung zur
Festsetzung der Gebühren, welche für die Eintragungen im Grundbuch
zu entrichten sind , zweifellos gleich, d. h. im Sinne der bisherigen
Übung und Terminoiogie aufzufassen und auszulegen, wie denn der Rekurs
etwas anderes selbst nicht behauptet, sondern an der Bestimmung einfach
lvorbeigeht und sich für die Behauptung, dass es für die Einführung
einer Steuer wie der heute streitigen eines Gesetzes bedurft hätte,
ausschliesslich auf die den Umfang der Gesetzgebungsund Verordnungsgewalt
im allgemeinen abgrenzenden Vorschriften der KV beruft. Beruht
die Regelung nicht nur der für die Eintragungen und Vormerkungen im
Grundbuch zu entrichtenden Gebühren im technischen Sinne, sondern auch
der im Anschluss an die betreffenden materiellrechtlichen Vorgänge
geschuldeten Verkehrssteuern durch grossrätliche Verordnung auf einer
ausdrücklichen Delegation des Gesetzgebers, so werden aber damit weder
der Grundsatz der Gewaltentrennung noch jene Verfassungsvorschriften
verletzt. Denn dafür, dass eine solche, nach allgemeinen staatsrechtlichen
Anschauungen zulässige gesetzliche Übertragung der Rechtssetzungsbefugnis
an die Verordnungsgewalt durch das positive aargauische Verfassungsrecht
ausgeschlossen würde, liegt nichts vor und es wird dies auch von der Rekur
' rentin nicht geltend gemacht. '

3. Den Einwand, dass die Vorschrift des Abschnitts
A. Ziff. 6i des Tarifs zur Grossratsverordnung vom 5. Juli
1911 solange gegen die Reehtsgleichheit verstosse, als nicht
für die Vormerkung von Namensänderungen einer im Grundbuch
als. Eigentümer eingetragenen Einzelperson infolge Verheirateng,
Scheidung...,. ___. _. _...Gewaltentrennung. N° 60. 543

der Ehe, Adoption u. s. W. eine gleiche Abgabe erhoben werde, hat
schon der Regierungsrat zutreffend widerlegt. Bei der Änderung der
früheren Firma der Rekurrentin Amsler, Rilliet & Cle in Amsler &
Cle handelte es sich nicht um eine solche blosse Namensänderung; sie
stand im Zusammenhang mit dem Aus ' tritt bisheriger und Eintritt neuer
Gesellschafter und damit mit einer Änderung in Rechtsverhältnissen der zum
Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke selbst, nämlich in der Person
der daran Anteilberechtigten. Wenn es, wie das Bundesgericht im Falle
der Erben Zürcher gegen Zürich (Urteil vom 23. Juni 1922) entschieden
hat, ohne Willkür (Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV) zulässig ist, einen solchen
Vorgang sogar den für Eigentums (Hand ) Änderungen durch das kantonale
Recht vorgesehenen Abgaben zu unterwerfen, so ist vom Standpunkte der
erwähnten Verfassungsnorm noch viel weniger dagegen etwas einzuwenden,
dass darauf durch positive Vorschrift eine zwar ebenfalls nach Bruchteiien
des Wertes des betroffenen Grundstücks bemessene, aber gegenüber der
eigentlichen Handänderungssteuer doch niedrigere Abgabe gesetzt wird. Die
Frage, ob eine solche auch anlässlich von Firmaänderungen bezogen werden
dürfte, mit denen eine Verschiebung im Bestande der Gesellschafter und
in der ganzen Organisation der Gesellschaft nicht verbunden ist, sondern
die sich in der Tat als blosser Namenwechsel darstellen, braucht heute
nicht entschieden zu werden.

4. Die Anwendung der durch den Grossratsbeschluss vom 30. Nov. 1917
neu eingeführten Gebühr im vorliegenden Falle kann auch nicht, wie die
Rekurrentin meint, schon aus dem Gesichtspunkte der Nichtrückwirkung
eines solchen Steuererlasses als unzulässig erklärt werden. Denn die
streitige Gebührenauflage beruht ,nicht auf der Annahme, dass die neue
Vorschrift auch solche danach steuerpflichtige Vor-

544 . Staatsrecht.

. gänge, die sich vor ihrem_ Erlasse abgespielt haben und mangels
Bestehens einer derartigen Norm damals steuerfrei geblieben sind,
nachträglich noch erfassen müsse. Sie geht davon aus, dass die Gebühren-'
pflicht ,deshalb zu bejahen sei, weil die Anmeldung, die der damit
belasteten Vonnerkung im 'Grundbuch'e zu Grunde liegt, erst unter der
Herrschaft des neuen Tarifesssim November-1921 erfolgt sei, eventuell,
wenn sie schon in den Eingaben vom 31.' Dezember 1913 zu erblicken wäre,
weil es für die Gebührenpflicht im BereinigungsVerfahren nicht auf
den Zeitpunkt des Aufrufs naeh § 18 der Verordnung vom 5. Juli 1911,
sondern der tatsächlichen Vornahme der Bereinigung in der betreffenden
Gemeinde ankomme. Es fragt sich demnach bloss, ob das eine oder andere
dieser Argumente vor Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV standhalte. Dies ist zu verneinen.

5. Auf die Aufforderung des Grundbuchamts Brugg vom 10.' November
1921 hat die Rekurrentin am 17. November lediglich mit einem Satze
geantwortet, dass sie das Gewünschte, nämlich den vermissten Han-_
delsregisterauszug einsende. Irgend einen Antrag hat sie damit nicht
verbunden.. Es ist deshalb willkürlich, weil mit dem Inhalt der AntWort
schlechterdings unVereinbar, wenn der Regierungsrat darin die Anmeldung
der Firmaänderung zur Eintragung erblicken will, auf die bin dann die
bezügliche Vormerkung erfolgte. In seinem Schreiben vom 10. November
1921 hatte denn auch der Grundbuchverwalter von del Rekurrentin selbst
etwas derartiges nicht verlangt, sondern lediglich um die Ergänzung ihrer
Eingaben vom 31. Dezember 1913 durch Nachbringung des fehlenden Ausweises
für die behauptete Änderung in den Rechtsverhältnissen ersucht. Nur jene
früheren Eingaben konnten es folglich sein, welchedie Grundlage der ent _
sprechenden Vormerkung im Grundbuch bildeten, Weil eine andere Anmeldung,
welche den Grundbuchführer zu einer solchen Vormerkung berechtigt hätte,
über-Gcwaltentrennung. N° 60. ' 545

haupt nicht verlag. Der angefochtene Entscheid wendet

demgegenüber zu Unrecht ein, dass auf die Anmel-

dungen vom 31. Dezember 1913 hin die Vormerkung nicht hätte geschehen
dürfen, weil sie nicht auf den Eintrag einer blossen Firmaänderung
sondern eines Wechsels in der Person des eingetragenen Grundeigentümers
selbst, d. b. einer Handänderung gegangen seien. Allerdings war dabei
das für die Anmeldung des Eigentumsrechts im Bereinigungsverfahren
aufgestellte Formular benützt worden, was jene Annahme zunächst wenigstens
einigermassen zu stützen scheint.

Nun hatte sich aber die Bekurrentin von Anfang an dem Grundbuchamt
gegenüber auf den Standpunkt gestellt, dass der Wechsel der
Gesellschafter, weil das

Grundstück auf den Namen der Gesellschaft (Firma) und nicht der
einzelnen Teilhaber eingetragen sei, keine Änderung ,in der Person
des Eigentümers selbst bedeute und deshalb keine Handänderung
(Eigentums-übertragung) im Grundbuche, sondern nur einen einfachen
Vormerk erfordere, und hatte darüber am 3. November 1913 den Entscheid
der Aufsichtsbehörde angerufen. Es kann daher unmöglich unterstellt
werden, dass sie jenen Standpunkt vor der Behandlung des betreffenden
Gesuche durch die Aufsichtsinstanz habe aufgeben und sich nachträglich
mit der Behandlung des Vorgangs als Eigentumsübergang und damit mit
der Pflicht zur Entrichtung der gewöhnlichen Handänderungsgebührr habe
einverstanden erklären wollen. Vielmehr konnte der'Sinn der Anmeldungen
nur sein, mit Rücksicht darauf, dass im alten Fertigungsprotokoll noch
die frühere Firma Amsler, Rilliet & Cie als Eigentümerin angegeben war,
bei der Bereinigung des Protokolls eine entsprechende Berichtigung jener
Angabe zu ei'Wirken, wobei die Form, in der sie zu geschehen hatte, von
der Erledigung der Eingabe vom 3. November 1921 durch die Oberinstanzen
abhängen sollte. Schon die Anmeldungen vom 31. Dezember 1913

546 staatsrecht-

gingen demnach in Wirklichkeit zweifellos einfach auf die Vormerkung
der Firmaänderung und nicht auf die Vornahme einer Eigentumsübertragung
(Handänderung) und es ist Willkür, wenn der angefochtene Entscheid
wegen der Überschrift des verwendeten Formulars im Widerspruch zu der
ganzen Sachlage etwas anderes annimmt, wie denn auch das Grundbuchamt
und die Justizdirektion keineswegs auf diesem Boden standen, sondern
ihrerseits ohne weiteres von jener allein möglichen Deutung ausgingen. Den
Standpunkt, dass die Anmeldung auf diesem Wege rechtlich wirkungslos
(unbrauchbar )' gewesen wäre, weil es sich um einen im laufenden
Betrieb und nicht im Bereinigungsverfahren zu behandelnden Vorgang
gehandelt habe, hält der Regierungsrat in der Beschwerdeantwort
(offenbar mit Recht) selbst nicht mehr aufrecht. Er anerkennt hier,
dass eine Vormerkung ausserhalb des Bereinigungsverfahrens, d. h. vor
der Vornahme der Grundprotokollbereinigung in der Gemeinde Birkenlauf nur
hätte erwirkt zu werden brauchen, wenn die Rekurrentin im Grundbuch über
die Liegenschaften hätte verfügen wollen, allerdings um daraus den Schluss
zu ziehen: nachdem sie sich auf die Anmeldung im Bereinigungsverfahren
beschränkt, müsse sie auch die Konsequenz auf sich nehmen, nämlich
dass auf die Eintragung der zur Zeit der ,wirklichen Durchführung
der Bereinigung geltende Tarif angewendet werde. Nun hatten aber
die Anmeldungen im Bereinigungsverfahren nach § 18 der Verordnung vom
5. Juli 1911 für das ganze Kantonsgebiet innert einer einheitlichen,
vom Regierungsrat bestimmten Frist zu erfolgen. Der Grundsatz der
Rechtsgleiehheit erfordert es deshalb, dass sich auch die Gebührenpflicht
hinsichtlich der bezüglichen Einträge für alle Anmeldungen nach demselben
Erlass, nämlich dem beim Schluss jener Aufrufsfrist geltenden Tarife
bestimmt, und es ist damit nicht vereinbar. deshalb, weil die effektive
BereinigungGewaitentrennung. N° 00. 5-17

der Protokolle in den einzelnen Gemeinden nicht gleichzeitig, sondern
sukzessive während einer Reihe von Jahren durchgeführt wurde, denselben
Vorgang, der in einer Gemeinde als abgabefrei behandelt werden musste,
später in einer anderen Gemeinde mit einer Abgabe zu belasten, weil
inzwischen ein anderer Tarif in Kraft getreten ist. Mit der Anmeldung
des betreffenden Vorgangs zur Berücksichtigung im Bereinigungsverfahren
hat der Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte an einem Grundstücke
alles, was ihm zur Bewirkung des Eintrags oblag, getan ; aus der Tatsache,

. dass der Staat die Bereinigung nicht überall sofort im

Anschluss an das Anmeldungsverfahren, sondern, weil es ihm aus Gründen
der Behördenorganisation und Kostenverteilung so besser passt, teilweise
erst geraume Zeit nachher vornimmt, darf dem einzelnen Interessenten ein
Nachteil gegenüber anderen, deren Anmeldungen früher erledigt werden sind,
nicht erwachsen.

Da die Anmeldung, welche zu der heute fraglichen Vormerkung im Grundbuch
führte, schon in jenem Aufrufsverfahren von 1913 erfolgt war, kann demnach
eine Abgabe, die erst durch eine seither ergangenev Tarifergänzung auf
Rechtsvorgänge dieser Art gesetzt worden ist, davon selbst dann nicht
erhoben werden, wenn das kantonale Recht hiezu an sich die Handhabe
bietet, d. h. als massgebenden Zeitpunkt für die Gebührenpflicht nicht
die Anmeldung im Aufrufsverfahren, sondern die effektive Bereinigung
der Fertigungsprotokolle betrachten sollte. Denn in diesem Falle stünde
es eben selbst mit den Anforderungen, die sich aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV ergeben und
eine Schranke auch für den Gesetzgeber bilden, in Widerspruch. Die Frage,
ob sich aus dem vom Regierungsrat angerufenen Art. 26 der Verordnung
vom 5. Juli 1911 Wirklich jene Folgerung ziehen lasse, braucht deshalb
nicht erörtert zu werden. Sie wäre übrigens offenbar zu verneinen.

5 18 Staatsrecht.

An dieser Rechtslage ändert schliesslich auch der Umstand nichts,
dass die Rekurrentin es unterlassen hatte, schon der Anmeldung vom
31. Dezember 1913 einen Handelsregisterauszug als Ausweis für die
Firmaänderung beizulegen. Denn einmal hat der Grundbuchverwalter die
Eingabe deshalb nicht etwa abgewiesen und es der Rekurrentin überlassen,
sie unter Beilegung des nötigen Ausweises zu erneuern, sondern er
hat von der Rekurrentin nur die Nachbringung des letzteren verlangt,
m. ,a. W. die Anmeldung unter Vorbehalt der Erfüllung dieser Auflage als
giltig betrachtet und behandelt. Sodann hätte es selbst im Falle einer im
November 1921 erfolgten Ahweisung von dem oben erörterten Gesichtspunkte
aus nicht darauf ankommen können, wenn die Rekurrentin daraufhin zu einer
neuen belegten Anmeldung schritt. Massgebend müsste Vielmehr sein, wie die
Sachlage sich gestaltet hätte, wenn die Bereinigung sofort im Anschluss an
das Aufrufsverfahren durchgeführt worden wäre und der Grundbuchverwalter
damals seine Abweisungsverfügung erlassen hätte. Es kann aber keinem
Zweifel unterliegen, dass in diesem Falle die Hekurrentin den fehlenden
Beleg ohne weiteres und sofort nachgebracht hätte, wie sie es auf die
Aufforderung vom 10. November 1921 getan hat.

Entgegen der nicht im angefochtenen Entscheide, aber in der
Beschwerdeantwort nebenbei geäusserten Ansicht kann auch nicht die Rede
davon sein, dass eventuell bei Anwendung des Gebührentarifes von 1912
Abschnitt A Ziff. ] Abs. 2 desselben massgebend sein müsste und die
streitige Forderung deshalb dem Masse nach gerechtfertigt wäre. Der
dort vorgesehene Gebührensatz bezieht sich auf Handänderungen infolge
Ehevertrags oder Erbgangs so wie auf die Anmeldung des Eigentumsrechts
im Bereinigungsverfahren, während ,hier eine Anmeldung des Eigentums als
solchen im Bereinigungsverfahren nach § 18 der VerordnungGewaltentrennun
g. N° 61. 549

vom 5. Jan 1911 anerkanntermassen nicht notwendig war und auch
eine Handänderung , überhaupt nach dem verbindlichen Entscheide der
Notariatskommission nicht in Betracht kam. Offenbar weil man in der
Ab-gabenfreiheit von Vorgängen der hier fraglichen Art eine Lücke des
Tarifes sah, ist dieser im Jahre 1917 ' ergänzt worden. Dies schliesst es
aber notwendig aus, diese Lücke für die vorangehende Zeit durch analoge
Heranziehung jener anderen Vorschrift des alten (nicht ergänzten)
Tarifes auszufüllen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid des
Regierungsrates des Kantons Aargau vom 10. Februar 1922 aufgehoben.

. 61. Urteil vom 25. November 1922 i. S.Guîdîmann gegen Ernst Guldlmann
und Zürich Obergericht und Kassatiensgericht.

Art. 54
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 54 - Die juristischen Personen sind handlungsfähig, sobald die nach Gesetz und Statuten hiefür unentbehrlichen Organe bestellt sind.
, 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
Scth z. ZGB, 303 ZGB. Bestimmung einer vom Regierungsrat
als Vollziehungshehörde erlassenen .Verordnung, wonach die Anerkennung
eines ausserehehchen Kindes ausser durch die im kantonalen EG zuständig
erklärten Zivilstandsheamten des Vohnsitzes oder Heimatsortes des
Anerkennenden auch durch den Zivilstandsbeamten des Geburtsortes
des Kindes beurkundet werden kann. Anfechtung wegen Übergriffs der
administrativen in die gesetzgebende Gewalt. Abweisung. Einfluss der aus
der eventuellen Ungiltigkeit der Bestimmung folgenden Unzuständigkeit
des Beamten des Geburtsortes zur Beurkundung auf die Rechtsbeständigkeit
der Anerkennung selbst?

A. Der 1897 geborene Rekurrent Ernst Guldimann, Bürger der solothurnischen
Gemeinde Lostorf, hat am 23. Dezember 1915 das von Berta Margaretha
Bachmann am 21. Dezember 1915 in Zürich geborene ausser-
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 48 I 532
Date : 18. November 1922
Published : 31. Dezember 1922
Source : Bundesgericht
Status : 48 I 532
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 532 Staatsrecht. VI. GEWALTENTRENN UN G ' SÉPARATION DES POUVOIRS 60. Urteil vom


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BV: 4
ZGB: 54  55  954  956
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