indem er einen Kaufpreis von 5 Fr. pro Goldpeso forderte, und sich damit
den Anschein gab, als sei er ,im Ernste der Meinung, dass auf solcher
Basis wohl ' gehandelt werden könne
Aus diesem Grunde braucht endlich auch auf die, insbesondere in den
eingelegten Rechtsgutaehten ,eingehend erörterte Frage nicht weiter
eingetreten zu werden, ob die Beklagte den Vertrag gestützt auf Art. 24
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher: |
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1 | Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher: |
1 | wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat; |
2 | wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat; |
3 | wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war; |
4 | wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde. |
2 | Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich. |
3 | Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen. |
OR anfechten könne; denn es trifft nach dem Gesagten Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war. |
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1 | Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war. |
2 | Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen. |
und der Vertrag erscheint daher für die Beklagte auch dann als nicht
verbindlich, wenn ihr Irrtum kein wesentlicher war.
10. Hinsichtlich der Widerklage fällt in Betracht:
. a) Die Forderung von 31, 704 Fr. 85 Cts., die den Kontokorrentsaldo
per 1. Mai 1920 darstellt, ist an und für sich nicht bestritten, sondern
nur die von der Beklagten in Rechnung gestellte Kommission von 1/4 %
auf ?8,314 Fr. 90 Cts. (= 195 Fr. 80 Cm.). Der Einwand, es fehle an
einer Vereinbarung, welche die Beklagte zu dieser Belastung berechtigen
Würde, hält jedoch nicht stich. Denn die Beklagte hat sich in den für
den Kontokorrentverkehr aufgestellten allgemeinen Bestimmungen, denen
sich der Kläger unterworfen hat, vorbehalten, ausser den Zinsen auch die
jeweilen festgesetzten Provisionen zu berechnen. Gegen den Ansatz von 1/4
% und die Art und Weise der Berechnung der Kommission sind Einwendungen
nicht erhoben werden; übrigens hat die Vorinstanz festgestellt, dass jener
Ansatz bei einem ungedeckten Konto, Wie dem vorliegenden, üblich sei.
b) Auch die Couponskordeinng Von 1165 Fr. 50 Cts erscheint aus den
zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz als begründet. Da die Beklagte
bei der Uebernahme der Coupons erklärt hat, sie schreibe dem Kläger das
Produkt nur unter dem üblichen EingangsVorbehalt gut, kann sie sich auf
diesen Vorbehalt berufen, wenn die Coupons nicht eingelöst werden
Obligationenrecht, N° 85. si ' 549
konnten. Nun geht aus dem eingelegten Borderean der Firma Tornquist &
Cie vom April 1920 hervor, dass die Coupons der 4 3/2 % Anleihe mangels
Einlösung zurückgesandt wurden, und aus der Zuschrift des Bankhauses
A. Iselin & Cie in New-York vom 14. April 1920, dass das Inkasso der
Coupons der 5 % Anleihe von 1909 wegen Verjährung nicht möglich war.
Die Beklagte war deshalb berechtigt, die Gutschrift zu stornieren und
die Coupons dem Kläger zur Verfügung zu stellen ; sie hat auf dieses
Recht nicht etwa dadurch verzichtet, dass sie mit jener Massnahme bis
Ende August 1920 zugewartet hat.
6) Dass endlich der Beklagten für ihre Widerklageforderungen an den in
ihrem Besitze befindlichen Wertschriften des Klägers ein Retentionsrecht
zusteht, ergibt sich aus Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
Demnach erkennt das Bundesgericht :
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 9. Dezember
1920 bestätigt.
85. Urteil der I Zivilabteilung vom 5. Dezember 1921 i. S. Kosmos A. -.G
gegen Fleischner.
Berufung. Rechtsanwendbarkeit bei Distanzkauf , ParteiWillen und
Erfüllungsort.
A. Die Klägerin, Kosmos A.-G. in Mailand, kaufte Ende Januar 1920 durch
Vermittlung des Attilio Boggiali in Mailand vom Beklagten Fleischner
in Zürich eine grössere Partie Spielwaren ; nach übereinstimmender
Darstellung der Parteien erfolgte der Verkauf loco Fürth (Bayern),
woselbst die Waren sich befanden. Der Preis wurde auf 24, 738 Mk. 40
festgesetzt, und von der Klägerin am 29. Januar durch Scheck bezahlt.
550 Obligationenrecht. N° 85.
Die Klägerin behauptet, sie habe den Kaufsabschluss und die Zahlung
des Kaufpreises an die Bedingung geknüpft, dass die Waren mittelst
Postpaketen dureh den 'Spediteur C. Reglin in Chiasso nach Mailand
versendet werden. Nun seien aber die Spielwaren in der Originalverpackung
in Kisten bei Reglin angekommen; dieser habe ihr am 23. März 1920 hievon
Mitteilung gemacht, und sie aufgefordert, die Zollund Frachtspesen zu
bezahlen. Da die Postpakete in Mailand nicht eingetroffen seien, habe
sie mit Zuschriften vom 7. und 22. Juni 1920 dem Beklagten Frist bis
Ende Juni 1920 angesetzt, um die 24,738 Mk. 40_zurückzuerstatten. Der
Beklagte sei der Aufforderung nicht nachgekommen; trotz der wiederholten
Zusicherungen, er werde die Waren in der nächsten Zeit abliefern, habe er
auch die ihm am 13. September 1920 gesetzte, letzte Frist zur Lieferung
bis Ende September unbenützt verstreichen lassen.
Am 6. Oktober 1920 gab deshalb die -Klägerin die Erklärung ab, sie
verzichte auf die Lieferung, und am 15. November 1920 leitete sie
die vorliegende Klage ein, mit der sie vom Beklagten in erster Linie
Rückerstattung der Zahlung von 24,738 Mk. 40 (zum Kurse vom 6. Oktober
1920) = 2597 Fr. 53 Cts, und. überdies 7421 Mk. 50 für entgangenen
Gewinn (30 % ,des Fakturabetrages), nebst 6 % Zins seit 30. Januar
bezw. 30. September 1920, fordert.
B. Durch Urteil vom 7. März 1921 hat das Handelsgericht des Kantons
Zürich die Klage gänzlich abgewiesen.
C. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
Nach feststehender Praxis sind die der Regelung durch den Parteiwillen
anheimgegebenen Wirkungen eines obligatorischen Rechtsgeschäfts, und
insbesondere eines Kaufvertrags, nach demjenigen örtlichen Recht zu be--
Obligationenrecht. N° 85. 551
urteilen, das die Parteien beim Geschäftsabschluss als massgebend
betrachtet haben, oder dessen Anwendung sie doch vernünftigen und
billigerweise erwarten konnten und mussten; als mutmasslicher Parteiwille
ist hiebei, sofern nicht überwiegende Gründe für eine gegenteilige
Lösung sprechen, die Unterstellung unter das Recht des Erfüllungsorts
anzunehmen (vgl. AS 44 II S. 417, sowie die Urteile des Bundesgerichts
vom 7. Juni 1921 i. S. Papierfabrik Marly gegen Verband schweizerischer
Farbstoffkonsumenten, und vom 13. Juli 1921 i. S. Fabrique de Chocolat
de Villars gegen Beretta).
Im vorliegenden Falle nun war nach übereinstimmender Darstellung der
Parteien Fürth Erfüllungsort; also hatte der Beklagte den Kaufgegenstand
der Klägerin in Bayern zu übergeben, und nicht in der Schweiz. Es fragt
sich allerdings, oh der Beklagte nicht über die ihm nach dem Kaufvertrag
obliegenden Verbindlichkeiten hinaus die Pflicht übernommen habe,
die Waren nach Mailand an die Klägerin zu versenden. Allein selbst
wenn man eine solche Verpflichtung annehmen wollte, so würde doch
höchstens die Anwendung des italienischen Rechts, als des Rechts des
Bestimmungsortes, an Stelle des oder neben dem deutschen, als demjenigen
des Erfüllungsortes, in Frage kommen. Nichts spricht aber
' dafür, dass trotz des ausländischen Erfüllungsund Be-
stimmungsortes die Parteien sich dem schweizerischen Recht haben
unterwerfen wollen; der Umstand allein, dass der Beklagte in der Schweiz
wohnte, gestattet diesen Schluss, zumal bei einem so gearteten Geschäfte,
nicht. Auch darf nicht entscheidend darauf abgestellt werden, dass im
Prozess die Parteivertreter sich auf Bestimmungen des schweizerischen
Rechts berufen haben (vgl. AS 46 II S. 488 und Urteil des Bundesgerichts
vom 5. Juli 1921 i. S. Pirot gegen Eidenbenz).
Demnach erkennt das Bundesgericht Auf die Berufung wird nicht eingetreten.