382 Familienrecht. N° 64.

ss du droit d'exercer la puissance paternelle, mais de l'ensemble des
dispositious sur la puissance paternelle il résulte que l'article 274
traite de la personne revétue de cette autor-ite, tandis que l'article 273
en édicte les conditions en général et que les articles 275 et suivants
en règlementent l'étendue et les effets; l'article 274 ne distingue donc
pas entre la puissance patemelle pleine et entiere et le simple exercice
de ce pouvoir.

L'article 156, du moins le texte allemand, vient corroborer ce point de
vue. ll confie au juge le soin de prendre, en cas de diverse, les mesures
nécessaires concernant non seulement les relations personnelles entre

parents et enfants mais aussi la Gestaltung (orga-

nisation, attribution} des droits appartenant aux parents
(Elternrechte). Le. legjslatenr suisse est alle plus loin que le
législateur allemand qui, lui, s'est borné. à régler le sort de l'enfant
quant à la personne qui doit en prendre soin, en réservantexpressément
le droit du pere de représenter l'enfanL (art. 1635 CC all.). Il y a
lieu d'ohserver, en outre, que, d'après l'article 157, il appartient au
jage de prendre à la requéte de l'un des parents les mesures commandées
par des faits nouveaux tels que la mort du pere ou de la mère; ce ,qui
signjkie qu'en cas de décès du conjoint auquel le jugement de divorce
a attribué les enfants, iLincombe à l'époux suwivaut de-s'aclresser au
juge pour qu'il les lui confie. Cette requéte serait superfluesi si,
comme la recourante le soutient, le décès rendait sans autre au survivant
la puissance paternelle integrale, comprenant le droit de l'exercer. .

D'autre part, le Tribunal federal a déjà reconnu (RO 40 ll p. 315 et
suiv.) que le jage du divoree pouvait enlever les enfants au père et à
la mère et que cette décision avait pour efket necessajre la decheance
de la puissance paternelle de l'un et de l'autre. Le Tribunal fédéral
a done admis en principe, et l'arrét le dit d'ailleurs expressément,
que l'attribution des enfants impli-Sachenrècht; N° 65. 383

que attributi-au de la puissance paternelle et entraîne la perte de
l'autorité de celui anque] ils ne sont pas confiés. Enfin, d'après la
jurisprudenee (R0 45 II p. 502), le décès de l'adoptant ne rétablit
pas non plus la puissanee paternelle des pere et mère de l'adopté.
Il n'yssa pas de motif d'abandonner ces principes.

Il résulte de ces considérations que le jugemeut pronongant le divoree
des époux Thomas-Landry et attribuant l'enfant Jean-René au pere a eu pour
effetvdc priver la recourante non seulement de l'exercice de la puissance
paternelle mais de cette pnissance elle-meme et que le décès du père
n'a pas rendu l'auterité à la mère, le juge étant séul competent pour
rétablir darne Landry dans son droit si elle en fait la requéte et s'il
l'en reconnaît (ligne. ll va naturellement de soi que le rekus éventuel
du juge pourrait faire l'objet d'un recours au Tribunal fédéral. '

Le Tribunal fédéral pronunce :

Le recours est rejeté.

Il. SACHENRECHTDROlTS RÉELS

65. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Oktober 1921 i. S. Löwongard
gegen Bieter. Beurkundung von Liegenschaftskäufen: Eine kantonale
Bestimmung, wonach für die Beurkundung

eines Grundstückkaufes die lex rei sitae massgehend ist, verstösst nicht
gegen Bundesrecht.

A. Gemäss einem von Notar Wehrli in Bern öffentlich heurkundeten Vertrag,
betitelt : Kaufversprechen

384 Sachenrecht. N° 65.

(Vorvertrag) , verpflichtete sich der Kläger Löwengard als Verkäufer
und der Beklagte Bieter als Käufer ,über das Gut und Schloss Gottlieben,
Bezirk Tägerweilen, Kanton Thurgau, einen Kaufvertrag abzuschliessen zu
den in der Urkunde eingehend aufgeführten Bedingungen.

Auf Abschluss des definitiven Kaufvertrages belangt, bestritt der Käufer
die Gültigkeit des Kaufversprechens,

weil es der im Kanton Thurgau für die öffentliche Beur.

kundung vorgeschriebenen Form nicht entspreche. B. Beide kantonalen
Instanzen, das Obergericht mit Urteil vom, 10. März 1921, haben die
Klage abgewiesen. Sie haben angenommen, das Kaufversprechen sei für den
Beklagten nicht rechtsverbindlich, es hätte nach den Bestimmungen des
thurgauischen Rechtes von

einem thurgauischen Urkundsbeamten (Notar, Gemein .

deratsschreiber oder Grundbuchverwalter) beurkundet werden müssen. -

C. Gegen das Urteil des Obergerichts richtet sich die vorliegende
Berufung, mit der der Kläger neuerdings Zusprcchung der Klage beantragt.

Das Bundesgericht ':iehi in Erwägung :

1. Insofern die Auslegung der Bestimmungen des kantonalen
Einführungsgesetzes in Frage steht, kann das Bundesgericht den
angefochtenen Entscheid nicht überprüfen. Zu beurteilen ist im
Berufungsverfahren nur, ob der von der Vorinstanz aus dem kantonalen
Rechte abgeleitete Grundsatz, dass für die Beurkundung von Verträgen
über im Kanton Thurgau gelegene Liegenschaften thurgauisches Recht
als das Recht der gelegenen Sache anwendbar sei, gegen eine Norm des
eidgenössischen Rechtes verstosse.

Das Bundesgericht hat diese Frage schon in seinem Urteil i. S. Grand gegen
Menoud (AS 46 II 394) in eingehender Begründung verneint. In der Doktrin
ist sie bestritten. Für die Anwendbarkeit der lex rei sitaeSachenrecht. N°
65. 385

haben sich ausgesprechen: REICHEL zu Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
Sehl'l' 2. ZGB N. 4; GUHL,
Monatsschrift für bernisches Verwaltungsrecht XVIII S. 266; BLUMENSTBIN
ebenda XI S. 241 ; WIELAND zu Art. 657 N. 6. Gegen diese Auffassung und
für die Freiheit der Parteien, ihre Verträge an jedem beliebigen Ort
nach den Vorschriften der le.-r foci confracius heurkunden zu können,
haben sich erklärt : LEEMANN zu Art. 657 N. 32; .I.-Z. 17 S. 321. ;
Hunt-zn, Zum Schweiz. Sachenrecht S. 100; MUTZNEH, Verhandlungen des
Schweiz. Juristenvereins, 1921.

2. Als durch den angefochtenen Entscheid verletzt, hat der Kläger in
erster Linie den Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
Scth 3. ZGB angerufen. Dass diese Bestimmung
den Parteien das Recht gewährleisten wolle, ihre Verträge überall in der
Schweiz beurkunden zu lassen, ergibt sich jedenfalls nicht schon aus ihrem
Wortlaut. Wenn Art. 55 den Kantonen die Festsetzung der Erfordernisse der
öffentlichen Beurkundung auf. ihrem Gebiet überlässt, so kann das, was
die Beurkundung von Verträgen über Liegenschaften anbelangt, ebensowohl
heissen, die Kantone sollen berechtigt sein, Beurkundungsnormen für
die Verträge aufzustellen, welche auf ihrem Gebiet gelegene Grundstücke
betreffen, als auch, sie seien

'zuständig, die Beurkundung der auf ihrem Gebiet errich-

teten Verträge zu regeln.

Ebensowenig schlüssig ist, wenn der Kläger geltend macht, angesichts der
durch das ZGB geschaffenen Bechtsvereinheitlichung, seien Vorbehalte zu
Gunsten der kantonalen Gesetzgebung, wie der des Art. 55 Scth, restriktiv
zu interpretieren. Das Recht der öffentlichen Beurkundung ist ein Teil der
nicht streitigen Gerichtsbarkeit und damit des öffentlichen Rechtes. Als
solches stünde sie an sich ausserhalb des dem Zivilgesetzgeber
unterworfenen Gebietes. Wie in verschiedenen anderen Fällen war aber
der Gesetzgeber, um seine zivilrechtlichen Normen realisierbar machen
zu können, gezwungen, in das öffentliche Recht überzugreifen.

386 Sachenrecht. N° 65.

Diese ausnahmsweise-n Eingriffe in kantonales Rechtsgebiet besonders
weit, im vorliegenden Falle den zu Gunsten der Kantone gemachten
Vorbehalt besonders eng auszulegen, besteht keine Veranlassung. Der
Bundesgesetzgeber hat sich denn auch in allen seinen die öffentliche
Beurkundung betreffenden Bestimmungen offensichtlich bemüht,
die Kompetenzen der Kantone so wenig als möglich zu alterieren. Er
beschränkte sich im wesentlichen darauf, die Wirkungen der Beurkundung zu
bestimmen, wogegen er ihre Ausgestaltung, abgesehen von wenigen Ausnahmen
(öffentliches Testament, Erbvertrag und Verpfründungsvertrag) nicht
berührte. Dementsprechend blieb auch in den Vorbereitungen des Gesetzes
ein Antrag des Vereins bernischer Notare unberücksichtigt, .Wenigstens
einen eidgenössischen Begriff der Beurkundung aufzustellen. (BLUMEN-STELN,
Monatsschrift für bernisches Verwaltungsrecht II S. 513, Ill S. 86.) '

3. Als wichtigstes Argument gegen die bundesrechtliche Zulässigkeit
der 'Verweisung der Parteien auf die lea: rei siiae wird in der
Doktrin angeführt, die Freiheit in der Wahl des Abschlussortes sei im
Vertragsrecht derart allgemein anerkannt, und entspreche einem für moderne
Rechtsanschauungen derart selbstverständlichen Prinzip, dass es auch für
den Grundstückverkehr seines ausdrücklichen Vorbehaltes bedurft hätte,
um die Anwendung dieses Grundsatzes auszuschliessen.

Dem steht zunächst entgegen, dass immerhin in der innerkantonalen Regelung
eine ganze Anzahl von Kantonen die lee: rei sifae als massgebend erklärt
haben, obwohl für die innerkantonalen Beziehungen eine weitere Auffassung
zweifelsohne näher gelegen hätte, als für die interkantonalen. (Vgl. EinfG
der Kantone Aargau gi _ bezüglich der Gemeindeschreiber , Baselland §
19, Graubünden Art. 165, Schaffhausen Art. 22, Schwyz § 22, Solothurn §
17, Wallis Art. 49, Zug F 20.)

Die Anwendung der lex loci contractus ist aber auchSachenrecht. N° 65. 387

deswegen für den Abschluss von Verträgen über dingliche Rechte an
Liegenschaften nicht selbstverständlieh, weil der Gesetzgeber für
sie allgemein den Gesichtspunkt der Verkehrserleichterung hinter den
Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit und des Schutzes der Vertragsparteien
gegen Uebereilung, gegen die Abfassung ungenauer, unklarer, mit den
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen nicht übereinstimmender
Verträge, zurücktreten liess. Uebrigens muss es ja den Parteien auf
jeden Fall frei stehen, statt selber sich zum Vertragsschluss vor
den Beamten der gelegenen Sache zu begeben, sich durch einen Dritten
vertreten zu lassen. Auch die Analogie mit dem öffentlichen Testament
kann nicht angerufen werden. Für das öffentliche Testament ergibt sich
die Freizügigkeit aus der besonderen Natur der letztwilligen Verfügung,
insbesondere aus der Erwägung, dass eine solche Verfügung vom Erblasser
jederzeit soll vorgenommen werden können.

4. Sind diese zu Gunsten der lem loci contrae-luz angeführten Argumente
nicht stichhaltig, so sprechen anderseits für die Unterstellung der
Beurkundung von Verträgen über Liegenschaften unter die ler rei sfide
eine ganze Reihe von Erwägungen. In erster Linie ist darauf hinzuweisen,
dass bei diesen Verträgen der Vertragsinhalt mit der Beschaffenheit der
Liegenschaft, mit den Gebrauchen der Gegend, den Besonderheiten ihres
Liegenschaftenverkehrs und der Organisation ihres Grundbuchwesens so nahe
zusammenhängt, dass das Zerreissen dieser Beziehungen die Rechtssicherheit
gefährden würde. '

Das gilt insbesondere, wenn der Kanton der gelegenen Sache ein
ausgebildetes Beurkundungsverfahreii hat. Besteht die Beurkundung nur in
der Beglaubigung der Unterschriften, so kann sie allerdings andernorts
ebensogut vorgenommen werden. Eine ganze Anzahl von Kantonen aber hat
die. Beurkundung mit einer

AS 47 II 1921 27

388 Sachenrecht. N° 65.

Reihe von Kautelen umgeben. So stellen verschiedene Kantone den Parteien
speziell ausgebildete Beamte zur Verfiigung'und weisen diese an, nicht
nur die Erklärungen des Vertragswillens entgegenzunehmen, son--

dern den Vertragsschliessenden allgemein mit Rat und '

Tat beizustehen. Eine solche Beurkundung, am Orte der gelegenen
Sache, von einem mit den Verhältnissen vertrauten Beamten vorgenommen,
garantiert zweifelsohne in weit höherem Masse, dass der Vertragsinhalt den
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des betreffenden Grundstückes
entspricht, als eine von einem kantonsfremden Urkundsbeamten ausgeführte.

5. Diese Zusammenhänge werden denn auch in der Doktrin nirgends
bestritten. Auch die Anhänger der ler loci contractus geben sie indirekt
zu, indem auch

sie erklären, einem Kanton mit ausgebildetem Bear--

kundungswesen hönne schon mit Rücksicht auf seine Verantwortlichkeit
nicht zugemutet werden, die Eintragung in das Grundbuch auf Grund einer
seinen Vorschriften nicht entsprechenden Beurkundung vorzunehmen (LEEMANN,
J.-Z. 17 S. 321; vergl. auch den Entsch. des Bundesrates, J. Z. 12 S. 359
i. S. Lüscher gegen Aargau). Sie leiten aber hieraus nicht den Grundsatz
ab, dass ein in einem anderen Kanton beurkundeter Vertrag nichtig sei,
sondern, dass in diesem Falle im Kanton der gelegenen Sache eine zweite
Beurkundung vorgenommen oder doch die erste im Sinne des Rechtes dieses
Kantons ergänzt werden müsse.

Dabei wird übersehen, dass wenn die Parteien schon durch den ersten
Vertrag gebunden sind, die nachträgliche Mitwirkung des Grundbuchbeamten
der gelegenen Sache zum mindesten vom Gesichtspunkt des Schutzes der
Parteien aus, nur mehr eine reduzierte Bedeutung haben kann.

Die Zweiteilung der Grundlage des Grundbucheintrages in einen
verbindlichen obligatorischen Vertrag und ein weiteres speziell den
Eintrag vorbereitendesSachenrecht. N° 65. 389

Rechtsgeschäft der Parteien ist zudem dem System des ZGB fremd. Das ZGB
geht grundsätzlich davon aus, dass der öffentlich beurkundete Vertrag
direkte Eintragsgrundlage sein soll, und dass der Erwerber gestützt auf
sie, direkt auf Eintragung klagen kann (Art. 665
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 665 - 1 Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigentümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums.
1    Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigentümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums.
2    Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder Urteil des Gerichts kann der Erwerber die Eintragung von sich aus erwirken.
3    Änderungen am Grundeigentum, die von Gesetzes wegen durch Gütergemeinschaft oder deren Auflösung eintreten, werden auf Anmeldung eines Ehegatten hin im Grundbuch eingetragen.575
, Abs. 1 ZGB).

Vor allem aber wäre bei dieser Zweiteilung des Grundgeschäftes eine
ausserordentliche Komplizierung des Verfahrens nicht zu vermeiden. Auch
bei Bereitwilligkeit beider Parteien, die zweite Beurkundung vorzu-nehmen,
würde diese doch immer unnötige Kosten und erheblichen Zeitverlust mit
sich bringen. In erhöhtem Masse aber Wäre mit diesen Nachteilen dann zu
rechnen, wenn ein Vertragsteil nachträgiich seine Mitwirkung verweigern
wollte. Sei es mit der direkten Klage auf Eintragung in das Grundbuch,
sei es in einem besonderen Verfahren, müsste in diesem Falle zuerst die
Anpassung der ersten Urkunde an die Beurkundungsvorschriften des Kantons
der gelegenen Sache erzwungen werden. Je grössere Differenzen zwischen
diesem letzteren und demjenigen des Kantons des Vertragsschlusses
bestünden, um so grössere Weiterungen würde diese Anpassung verlangen
und um so grössere Schwierigkeiten würden ,ihr entgegenstehen. Dabei
ist die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass sich auf Grund des
Beurkundungsverfahrens des Kantons der gelegenen Sache auch materielle
Unstimmigkeiten ergaben, und endlich muss auch damit gerechnet werden,
dass der Beklagte überhaupt die Gültigkeit der ersten Urkunde in Frage
ziehen und damit den Streit auf das dem urteilenden Richter fremde
Recht des Kantons des Vertragsschlusses hinübertragen würde. Dieses
Recht nachzuweisen, wäre der Kläger genötigt, eine Meinungsäusserung
der zuständigen Behörden des Kantons des Abschlussortes beizubringen.
Weitere Schwierigkeiten erwüchsen aber endlich dann, wenn Abschlussort
und Ort der gelegenen Sache sich in verschiedenen Sprachgebieten befinden
sollten. Abge-

390 Sachenrecht. N° 65.

sehen von dem übrigen Anpassungsverfahren müsste in diesem Falle auch
noch eine Uebersetzung der ersten Urkunde vorgenommen werden

In dem vom Kläger eingelegten Gutachten von Professor Huber wird
allerdings die Ansicht vertreten, diese Komplikationen lassen sich zum
grössten Teil vermeiden, wenn die Parteien sich schon in der ersten
Urkunde zu einer Anpassung an das Beurkundungsrecht des Kantons der
gelegenen Sache verpflichten würden. Dieser Auffassung kann jedoch
deswegen nicht gefolgt werden, weil damit, wenn sich eine Partei weigerte,
ihrer Verpflichtung nachzukommen, den Behörden des Ortes der gelegenen
Sache zugemutet würde, einfach auf die erste Beurkundung abzustellen
und die eigenen Beurkundungsnormen ausser Anwendung zu lassen.

6. Weder aus dem Wortlaut, noch aus dem Sinn und Geist des Art. 55
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.

813th z. ZGB, noch aus dem übrigen Inhalt des ZGB ergibt sich somit
ein Rechtssatz, der den Kantonen verbieten würde, für Verträge über
dingliche Rechte an auf ihrem Kantonsgebiet gelegenen Liegenschaften
die Zesiv rei silae vorzubehalten. Was aber für Hauptverträge gilt,
muss auch für Vorverträge, die den Abschluss eines solchen Vertrages zum
Gegenstand haben, zutreffen. Wenn auch nur indirekt, ist doch auch der
Vorvertrag auf den Erwerb des betreffenden dinglichen Rechtes gerichtet,
die Bindung der Parteien ist die nämliche,ünd die gleichen Beziehungen
verbinden den Vertragsinhalt mit dem Ort der gelegenen Sache. Es wäre
daher nicht einzusehen, warum den Kantonen nicht gestattet sein sollte,
dieselben Kautelen aufzustellen für den Abschluss eines Vorvertrages
wie für den Abschluss des Hauptvertrages.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des thurgauischen Obergerichts
vom 10. März 1921 bestätigt.Obllgatlonenrecht. N° 66. 391

I Il. OBLIGATIONENRECHT

DROIT DES OBLIGATIONS

66. Urteil der I. Zivilabteiîung vom 15. September 1921 i. S. Bourne &
Go. Ltd. gegen Weberei Tösstal ,A.-G.

K a u f. Wirkung einer nach Vertragsabschluss eingetretenen
wesentlichen Leistungserschwerung auf die Lieferpflicht des Verkäufers ;
Interessenausgleieh durch Teilung des Schadens bezw. Zusprechung einer
reduzierten Entschädigung wegen Nichterfüllung.

A. Die Beklagte, Firma S. Bourne & Co. Ltd., welehe in Nottingham
(England) die Garnfabrikation betreibt, und mit der Klägerin, Weberei
Tösstal A.-G. in Bauma, bereits in Geschäftsverbindung stand, verkaufte
am 22. Juli 1915 durch ihren Zürcher Vertreter Enz der Klägerin 10,000 kg
Voile Zwirn Nr. 100 2, 34 [35 turns, zum Preise von 9 Fr. per kg, franko
Pracht und Zoll Bauma, 4 % Skonto 30 Tage Kasse, lieferbar September

bis November ab England, zirka 1000 kg per Woche.

schon damals hatte die englische Regierung die Ausfuhr solcher Waren nach
der Schweiz verboten, bis ein official distributing committee (welches
dann in der Gestalt der SSS ins Leben gerufen wurde) gegründet sein würde,
um den Uebergang in Feindesland zuverhindern. Die Beklagte teilte dies
noch im Juli 1915 ihren Kunden, so auch der Klägerin mit, und bemerkte:
Inzwischen bleibe ungewiss, ob es Wochen oder Monate lang gehe, bis sie
die Erlaubnis zur Verschifkung von Ware nach der Schweiz erlangen könne;
es bleibe ihr daher nichts anderes übrig, als unterdessen die Produktion
dieser Garne einzustellen. Immerhin lehne sie a mit Bezug auf Nr. 100 /2
und alle ihre Orders jede Verantwortlich-keit für Lieferungsverzug ab,
und anerkenne ihren Kunden das Recht auf Rücktritt nicht.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 47 II 383
Datum : 06. Oktober 1921
Publiziert : 31. Dezember 1921
Quelle : Bundesgericht
Status : 47 II 383
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 382 Familienrecht. N° 64. ss du droit d'exercer la puissance paternelle, mais de


Gesetzesregister
ZGB: 55 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 55 - 1 Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
1    Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben.
2    Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
3    Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem persönlich verantwortlich.
665
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 665 - 1 Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigentümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums.
1    Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigentümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums.
2    Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder Urteil des Gerichts kann der Erwerber die Eintragung von sich aus erwirken.
3    Änderungen am Grundeigentum, die von Gesetzes wegen durch Gütergemeinschaft oder deren Auflösung eintreten, werden auf Anmeldung eines Ehegatten hin im Grundbuch eingetragen.575
BGE Register
46-II-391
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
thurgau • sachenrecht • beklagter • bundesgericht • testament • vertragsinhalt • frage • vorvertrag • doktrin • mais • notar • weiler • norm • vertragsabschluss • grundbuch • mass • aargau • innerkantonal • entscheid • nichtigkeit
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