müsste bewiesen sein, dass der Beklagte als Gesellschafter auf etreten
sei und als solcher gezeichnet hätte. Dafür im besondern, dass er dem
Kläger gegenüber seinen Eintritt in die Firma Rathgeb & Mayer kundgegeben
habe, oderdass der Kläger sonst in den Glauben versetzt worden sei, die
Kollektivgesellschaft bestehe nicht mehr bloss aus Rathgeb und Mayer,
liegt nichts vor.
Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Berufung wird begründet erklärt,
das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 25. September 1920
aufgehoben und die Klage abgewiesen. s
29. Urteil der I. seiten-Haus vom 19. April 1921 i. S. Epstein gegen
sagt-ehel-
Rechtliche Natur der Handelsusancen. Verhältnis zu den Vorschriften des
OR über die Mängelrüge.
A. Einer vom Kläger beim Handelsgericht des Kantons Zürich eingereichten
Klage auf Bezahlung
einer an sich nicht bestrittenen Forderung von 2020 Fr. '
45 Cts. gegenüber nebst 6 % Zins seit 15. November 1919 machte der
Beklagte teils kompensations , teils Widerklagsweise zwei Gegenforderungen
aus Mangelgewähr geltend, nämlich :
a) Einen Preisminderungsanspruch im Beträge von 3192 Fr. 25 Cts. auf
einer ihm vom Kläger am 30. Mai 1919 mit 24,524 Fr. 40 Cts. fakturierten
Partie Seidenwaren (Polonaise), ausgehend von einem Minderwert von 1
Fr. per Meter der gelieferten Ware (1597,95 m + 15945 m). Zur Begründung
führte er aus, er habe die Ware am 2. Juni 1919 erhalten und am 6. Juni
1919 dem Kläger geschrieben, dass er deren Prüfung der Feiertage wegen
frühestens Ende nächster Wocheonus-w nennen" 't. N' 29. 161
vornehmen könne. Die Untersuchung habe dann eine zu starke Appretur und
zu geringe Haltbarkeit gegenüber dem Bestellmuster ergeben, was er mit
Schreiben vom 19. Juni 1919 dem Kläger mitgeteilt habe. Dieses Ergebnis
sei auch vom Fabrikanten der Ware, dem das Bestellmuster auf Reklamation
bin vom Kläger vorgelegt wurde, bestätigt worden; auf dessen Anerbieten
der nochmaligen Behandlung der Ware habe er, der Beklagte, nicht eingehen
können, da die Ware bereits nach Deutschland weiterverkauft gewesen
sei, und sich der Abnehmer bereit erklärt habe, dieselbe trotz ihrer
Minderwertigkeit gegen angemessene Vergütung zu behalten.
Demgegenüber bestritt der Kläger und Widerbeklagte in erster
Linie die Zulässigkeit der Mängeirüge unter Berufung auf § 12 der
Zürcher-Platzusancen für den Handel mit Seidenstoffen, demzufolge die
Beanstandung der Lieferungsware bei Verlust des Reklamationsrechtes
spätestens innerhalb sechs Tagen nach Empfang der Ware erfolgen
müsse. Dass der Beklagte den Brief vom 6. Juni geschrieben habe, bestritt
er mit
.Nichtwissen. Es sei wahrscheinlich, dass erst die Zu-
schrift des Beklagten vom 19. Juni 1919 eine Beanstandung der Ware
enthalten habe. Die Rüge sei aber jedenfalls verspätet, da der Beklagte
die Frist nicht einseitig von sich aus erstrecken könne. Der Grund
der Verspätung sei unerheblich. Im übrigen bestritt der Kläger und
Widerbeklagte auch die materielle Begründetheit der Rüge. --
b) Einen Preisminderungsanspruch von 435 Fr. 90 Cts. d. h. ebenfalls von
1 Fr. per Meter auf zwei am 17. Juli und 10. August 1918 fakturierten
Lieferungen Crepe de Chine, da sich diese Ware im Verlaufe der Lagerung
als nicht haltbar erwiesen habe.
Der Kläger bestritt auch inbezug auf diesen Widerklageposten sowohl die
Zulässigkeit, als auch die Begründetheit der Mängelrüge.
162 Obst-stosswon N° SO-
B. Durch Urteil vom 28. Oktober 1920 hat das Handelsgericht des Kantons
Zürich in Gutheissung der Klage den Beklagten pflichtig erklärt dem
Kläger 2020 Fr. 45 Cts. nebst 6 % Zins seit dem 15. November 1919
zu bezahlen. Die Widerklage wurde abgewiesen, und zwar hinsichtlich
der ersten Gegenforderung mit der Begründung, dass gemäss den vom
Kläger und Widerbeklagten angerufenen Zürcher Platzusancen für den
Handel mit Seidenstoffen Beanstandungen von Lieferungsware spätestens
innerhalb sechs Tagen (Feiertage nicht inbegriffen) nach Empfang
derselben dem Verkäufer mitgeteilt werden müssen, widrigenfalls das
Reklamationsrecht dahinfalle. In Anbetracht, dass auf den 8. und
9. Juni die Pfingstfeiertage fielen, wäre der Beklagte, nachdem er
die Ware am 2. Juni empfangen habe, gehalten geWesen, die Mängelrüge
spätestens am 10. Juni anzubringen. Angenommen aber auch, dass die Frist
durch den bestrittenen Brief vom 6. Juni zufolge sjillschweigender
Genehmigung seitens des Klägers inhaltsgemäss erstreckt worden Wäre,
hätte der Beklagte innert dieser erstreckten Frist, d. h. bis zum
16. Juni spätestens und nicht erst am 19. Juni reklamieren sollen.
Die Mängelrüge sei also in jedem Falle verspätet, und
es brauche daher nicht untersucht zu werden, ob der
Brief vom 6. Juni Wirklich geschrieben und abgesandt worden sei. Der
Einwand des Beklagten, dass er die Prüfung wegen Arbeitsüberhäufung
damals nicht habe vornehmen können, wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Auch hinsichtlich des zweiten Widerklagebegehrens trat die Vorinstanz
dem formellen Standpunkt des Klägers bei, dass die erst am 9. Juli 1919
erhobene Mängelrüge verspätet sei. .
C. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte und Widerkläger rechtzeitig die
Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag :
1. Es sei das Urteil des Handelsgerichts vomObligationenrecht. N° 29 163
28. Oktober 1920 in vollem Umfange aufzuheben, die Hauptklage
abzuweisen und die Widerklage gutzuheissen, alles unter Kosten-und
Entschädigungsfolge zu Lasten des Klägers und Widerbeklagten.
2. Eventuell seien die Akten an das Handelsgericht Zürich, Abteilung B,
zurückzuweisen, zur Abnahme des anerbotenen Beweises dafür :
a) dass die laut Faktura vom 30. Mai 1919 gelieferte Polonaise gegenüber
dem Bestellmuster viel härter, zu stark appretiert, viel weniger haltbar
sei und daher einen Minderwert von 1 Fr. per Meter aufweise;
b) dass die laut Faktura vom 17. Juli und 10. August 1918 gelieferte
Crépe de Chine wegen zu geringer Haltbarkeit gegenüber dem Fakturapreis
von 11. Fr. per Meter einen Minderwert von 1 Fr. per Meter aufweise ;
c) dass der Brief des Beklagten an den Kläger vom 6. Juni 1919 (act. 17)
tatsächlich geschrieben und dem Kläger angekommen ist.
Der Kläger und Widerbeklagte hat auf Abweisung der Berufung und
vollinhaltliche Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils angetragen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
I. Die Kompetenz des Bundesgerichts ist sowohl hinsichtlich des
anzuwendenden Rechts als in Anbetracht des Streitwertes gegeben. Hieran
ändert der Umstand nichts, dass die erste Gegenforderung des Beklagten
für Gewährsmängel vorinstanzlich auf Grund der Zürcher-Platzusancen für
den Handel mit seidenstoffen beurteilt wurde und auch zu beurteilen ist
(Erw. 2 und 3). Bundesrecht kommt insoweit in Betracht, als es sich frägt,
welche rechtliche Bedeutung den Handelsusaneen im Verhältnis zu den den
nämlichen Gegenstand regelnden Vorschriften des OR beizumessen ist. In
dieser Hinsicht ist davon auszugehen, dass es sich bei solchen Usancen
nicht etwa um lokales Gewohnheitsrecht mit derogatorischer Wirkung auf
das ge-
AS 47 n _ um ' 12
164 Obugatlonenrecht. N° 29.
sehriehene Recht handelt, wie denn auch überhaupt sowohl ungesetztes als
gesetztes partikuläres Recht innerhalb des Gebietes des Bundeszivilrechts
nur insoweit Geltung besitzt, als es in diesem ausdrücklich vorbehalten
ist (ZGB Art. 5 und Scth Art. 51). Die Geltung von Handelsusancen, wie
z. B. der hier in Frage kommenden Zürcher-Platzusancen für den Handel mit
Seidenstoffen, beruht nicht auf deren Anerkennung als Gewohnheitsrecht,
sondern auf der Annahme, dass sich die Parteien ihnen, sei es ausdrücklich
oder stillschweigend, unterworfen haben. Sie gelten nicht als objektive,
Bestandteil der allgemeinen Rechtsordnung bildende Normen, sondern
als wirkliche oder doch nach den GrundSätzen über Treu und Glauben im
Rechtsverkehr vorausgesetzte leges contraclus (LABAND, Handelsusancen
in Goldschmidt Labands Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht, Bd. 17
S. 486 ff.)
2. Was nun zunächst die erst in der Berufungsinstanz erhobene Einwendung
des Beklagten anbetrifft, dass die Zürcher-Platzusancen vorliegend
deswegen keine Anwendung finden, weil nach Art. 74, Abs. 2, Ziff. 3OR der
Erfüllungsort für den Kläger als Verkäufer der streitigen Ware an seinem
Wohnsitz in Basel und nicht. in Zürich gelegen sei, so ist es auf Grund
der vorliegenden Akten mangels jeglicher näherer Angaben über die von
den Parteien getroffenen Vertragsbedingungen nicht möglich nachzuprüfen,
ob wirklich Basel oder nicht vielmehr Zürich als Erfüllungsort zu gelten
habe. Entscheidend
ist aber, ob die Zürcher-Platzusancen ihre Geltung auch,
für solche Lieferungsgeschäfte beanspruchen, bei weichen die Ware an den
in Zürich domizilierten Empfänger übersandt worden ist, und danach die
Prüfung der Ware und die Mängelrüge hier stattzufinden hatten. Es wäre
Sache des Beklagten gewesen, hierüber die nötigen An-
gaben zu machen. Da er jegliche nähere Substanzierung
unterlassen hat, kann die Annahme der Vorinstanz, dass sich die Zürcher
Platzusancen für den Handel mitObligatlonenrecht. N° 29. 165
Seidenstoffen auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge bei einem
Geschäft, wie dem vorliegenden, erstrecken, nicht als rechtsirrtümlich
bezeichnet werden.
3. Gegenüber der Behauptung des Beklagten, die in den Zürcher-Platzusancen
festgelegte Rügefrist sei mit Art. 201
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 201 - 1 Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen. |
|
1 | Der Käufer soll, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige machen. |
2 | Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, die bei der übungsgemässen Untersuchung nicht erkennbar waren. |
3 | Ergeben sich später solche Mängel, so muss die Anzeige sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt. |
widerspreche Treu und Glauben im Verkehr, ist darauf zu verweisen,
dass die Vorschriften des OR bezüglich der Untersuchungs-und Rügefrist
dispositiver Natur sind, mithin nur soweit Geltung haben wollen, als es an
einer Willenserklärung der Parteien fehlt. Wie diese Bestimmungen durch
besondere Vereinbarung der Parteien abgeändert werden können, so kann
dies auch geschehen durch beidseitige Unterwerfung unter abweichende
Verkehrssitten oder Usancen. Eine kurze Frist, wie sie in den Zürcher
Platzusancen festgelegt ist, entspricht zweifellos einem Bedürfnis des
Handels in der in Frage stehenden Branche, und es ist nicht einzusehen,
in welcher Beziehung diese Frist die Grundsätze von Treu und Glauben
im rechtsgeschäftlichen Verkehr verletzen sollte. Die Entscheidung der
Vorinstanz betreffend die Gegenforderung des Beklagten von 3192 Fr. 25
Cts. ist daher aus diesen Gründen zu bestätigen.
4. _ Was den zweiten widerklagsweise geltend gemachten
Preisminderungsanspruch von 435 Fr. 90 Cts. betrifft, fällt für die
Beurteilung entscheidend in Betracht, ob es sich bei dem gerügten Mangel
um einen verborgenen gehandelt habe. Dies erscheint ausgeschlossen,
wenn mit der Vorinstanz anzunehmen ist, dass von einem Mors-choder
Schwachwerden der Seide infolge der Lagerung nicht gesprochen werden
kann. Denn alsdann ist davon auszugehen, dass diese Mängel nicht auf die
Lagerung zurückzuführen sind, also bereits bei der Lieferung vorhanden und
als solche auch erkennbar waren. Da die auf sachverständiger Würdigung
beruhende tatsächliche Feststellung der Vorinstanz mit den Akten nicht
in Widerspruch steht und ihr ein Rechtsirrtmn nicht zu-
166 Obligationenrecht. N° 30.
grunde liegt, ist das Bundesgericht an dieselbe gebunden. und es muss
daher mit dem angefochtenen Urteil die erst am 9. Juli 1919 erhobene
Mängelrüge als verspätet betrachtet werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht;
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 28. Oktober 1920 bestätigt.
30. Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. April 1921 i. S. Markwald
gegen Vogel-Müller.
Auftrag : Für die Frage der Unsittlichkeit eines in Prozenten
des Vermögens gemachten Honorarversprechens ist der Inhalt der
übertragenen Geschäfte von Bedeutung. Anwaltliche oder ausseranwaltliche
Tätigkeit. Unentgeltliche Zwendung. Uebervorteilung ?
A. Im April 1910 kam die am 26. Oktober 1834 in crossa a/O. geborne
Witwe Therese Meyer-hoi auf der Rückreise von San Remo nach Luzern, wo
sie ihres Gesundheitszustandes wegen in der Folge Wohnsitz nahm. Bald zog
sie den Kläger als Berater in Rechtssachen bei und übertrug ihm zunächst
die Ausrichtung einer Schenkung an ihre Pflegerin Fr. M. Kleymeyer.
Anfangs Juni machte sie ihn mit ihrer Absicht, ein Testament zu errichten,
vertraut und übertrug ihm die nötigen Vorarbeiten, die insbesondere im
Rückzug und in der Vernichtung einer beim Amtsgericht Hamburg hinterlegten
letztwilligen Verfügung vom 12. November 1903 und in der Aufnahme
eines Vermögensetats bestanden. Mit beglaubigter Vollmachtsurkunde vom
14. Juni 1910 ermächtigte sie ihn daher generell alle bisher errichteten
Letztwillensverordnungen, mögen die-Obligationenrecht. N° 30. 16?
selben lauten wie sie wollen und deponiert sein wo sie wollen, von
den bezüglichen amtlichen oder privaten Depotstellen herauszuverlangen
und zu vernichten , und mit Urkunde vom gleichen Tage erteilte sie ihm
unbeschränkte Vollmacht zur Vornahme aller zur genauen Feststellung ihres
Vermögens erforderlichen Erhebungen bei den Depotstellen. Gleichzeitig
mit dieser Vollmachtserteilung ordnete Frau Meyerhof auch die Honorarfrage
und zwar in einem Nachtrag vom 15. Juni 1910 folgenden Inhalts :
Unter Bezugnahme auf die Herrn Dr. Vogel-Müller, Rechtsanwalt in Luzern
unterm 14. Juni 1910 ausgestellten Generalvollmachten betreffend
Feststellung meines Vermögensbestandes und Rückzug der errichteten
Testamente und Legate verpflichtet sich die unterzeichnete Frau Therese
Meyerhof, ihrem Bevollmächtigten für die demselben aus der Betätigung
der erteilten und noch weiter zu erteilenden Vollmachten erwachsenden
Mühewalt, Reisespcsen und sonstigen Auslagen als Honorar 51/2 % meines
Bruttovermögens zu bezahlen. Sollte ich inzwischen mit Tod abgehen, so
ist das Honorar nach dem Brutto Nachlass zu berechnen und aus demselben
zu bezahlen.
Am 25. Juni 1910 errichtete Frau Meyerhof das Testament, in welchem
sie ihre irühern letztwilligen Verfügungen Widen'ief und ihre
Geschwisterkinder, bezw. Nachkommen von. solchen, zu Erben einsetzte,
worunter auch den Beklagten. Als Testamentsvollstrecker bestellte sie
den Kläger und Bankdirektor W. Penzenburg in Königsberg, welchen sie
als Honorar je 2 % ihres Brutto-Nachlasses aussetzte. Im Anschlusse an
diese Testamentserrichtung ermächtigte Frau Meyerhof am 4. Juli 1910
in Abänderung der Vollmacht zur Vermögensermittlung vom 14. Juni den
Kläger, ihr Vermögen nach Luzern, ihrem Domizil, zu verbringen. Die
Vermögensverwaltung wurde der Bank in Luzern übertragen.