si28 Staatsrecht.

wegen sie ohne weiteres ihre Wirkung verloren hätte. Der solothurnische
Richter muss daher bei der Beurteilung der Kompetenzirage notwendig
davon ausgehen, dass die der Rekursbeklagten vom zugerischen
Kantonsgericht auferlegte Verpflichtung zur Rückkehr zur Zeit der
Erhebung der Scheidungsklage zu Recht bestand ; die Annahme, dass die
Bekm'sbeklagte damals berechtigt gewesen sei, getrennt zu leben, wäre eine
offensichtliche Missachtung des Rechtszustandes, wie er vom zugerischen
Kantonsgericht auf Grund der ihm durch das eidgenössische Recht
verliehenen Befugnis geschaffen worden ist. Demgemäss ist anzunehmen,
dass die Rekursbeklagte zur Zeit der Einreichung der Klage in Olten keinen
selbständigen Wohnsitz nach Art. 25
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
Abs.-2 und 170 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 170 - 1 Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen.
1    Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen.
2    Auf sein Begehren kann das Gericht den andern Ehegatten oder Dritte verpflichten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen.
3    Vorbehalten bleibt das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Geistlichen und ihrer Hilfspersonen.
ZGB begründen

konnte und daher ihr bisheriges Domizil in Zug beibe '

halten hatte. Die solothurnischen Gerichte sind somit zur Beurteilung der
Klage unzuständig. Das angefochtene Urteil des Obergerichtes von Solothurn
ist daher wegen unrichtiger Anwendung des Art. 144
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 170 - 1 Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen.
1    Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen.
2    Auf sein Begehren kann das Gericht den andern Ehegatten oder Dritte verpflichten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen.
3    Vorbehalten bleibt das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Geistlichen und ihrer Hilfspersonen.
ZGB aufznheben, ohne
dass es nötig wäre, noch den weitem vom Rekurrenten geltend gemachten
Beschwerdegrund zu prüfen. '

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird gutgeheissen und der Entscheid des Obergerichtes des
Kantons Solothurn vom 18. Januar 1921 aufgehoben.

Vgl. auch Nr. 51. Voir aussi n° 51.Gewaltentrennung. N° 56. szzu

VI. GEVA LTENTRENN UN (;

SÉPARAT ION DES POUVOIRS

56. Urteil vom 17. Dezember 1921 i. S. Olbrich gegen Aargau.
Administrative-s Verbot der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit,
gestützt auf eine Gesctzesvorschrift, deren Über--

tretung vom Strairichter zu ahnden ist. Übergriff der Verwaltung in das
der Rechtsprechung vorbehaltene Gebiet.

A. In Laufenburg betreibt Paula Olbrich die Penteanstalt für
Sprachleiden, Wobei auch der frühere Inhaber F. Melzer beteiligt zu sein
scheint. Es wird seit Jahren in der Anstalt und in Kursen ausserhalb
derselben ein Verfahren zur Heilung des Stotterns angewendet, wofür
in auffälliger Weise Reklame gemacht wird. Für die nur kurze Zeit
dauernden Kurse (in der Regel fünf Tage) werden Honorare von 480 Fr.
bis 680 Fr. verlangt.

Nachdem im Jahre 1920 der Penteanstalt im Kanton Zürich jede Wirksamkeit
durch eine vom Regierungsrat bestätigte Verfügung der Direktion des
Gesundheitswesens untersagt worden war, beantragte auch die aargauische
Sanitätsdirektiou dem Regierungsrat im Jahre 1921, gegen die Anstalt in
gleicher Weise vorzugehen, und am 12. September fasste der Regierungsrat
dem Antrag der Sanitätsdirektion entsprechend folgenden Beschluss :

1. Den F. Melzer und Paula Olbrich, als Inhabern der Penteanstalt
Laufenburg, wird unter Androhung der gesetzlichen Strafe die Aufnahme
und die Behandlung von Personen, die an Sprachgebrechen leiden, sei es
im Hause des F. Melzer, sei es in Kursen, verboten.

430 Staatsrecht.

2. F. Melzer und Paula Olbrich werden ebenfalls unter Androhung der
gesetzlichen Straffolgen verhalten, die Inschrift Pentean italt für
Sprachleideu am Hause Melzers zu entfernen und die Auskündigung von
Kursen der Penteanstalt zu unterlassen.

Es könne, wird zur Begründung ausgeführt, kein Zweifel darüber bestehen,
dass die Penteanstalt kein ernsthaftes wissenschaftliches Institut sei ;
die Feststellungen in Zürich, die Berichte der von der Anstalt angeführten
Referenzen und die eigenen Beobachtungen des Kantonsarztes bewiesen dies.
In marktschreierischer Art und Weise wird für ein ausserordentlich
teures Verfahren Reklame gemacht, das weder besonders originell ist,
noch wesentliche Erfolge erzielt. Das Verbot der zürcherischen Behörden
gegenüber den Inhabern der Penteanstalt zur Ausübung ihrer Tätigkeit im
Kanton Zürich erscheint daher vollständig gerechtfertigt ; es erscheint
angezeigt, dass auch der hierseitige Kanton dem zürcherischen Beispiel
folgt. Die formelle Kompetenz zum behördlichen Einschreiten wird von
Paula Olbrich in ihrer Zuschrift vom 5. Juli 1921 an das Bezirksamt
Laufenburg bestritten. Sie erklärt, die Penteanstalt habe rein
pädagogischen Charakter, weshalb sich die Gesundheitsbehörden nicht damit
Zu befassen hätten. Es ist in der Tat so, dass zum Einschreiten gegen
die Penteanstalt aus pädagogischen Gründen die gesetzlichen Grundlagen
fehlen dürften. Allein es ist wissenschaftlich festgestellt, dass die
Stottcrer hochgradig nervöse Individuen sind, die ärztlicher Behandlung
bedürfen, und es ergibt sich aus den Akten, dass in der Penteanstalt
ärztliche Funktionen ansgeübt werden (Massicren, Elektrisieren). Dies ist
aber nur geprüftem Mcdizinalpersonal oder Hilfspersonal gestattet. Weder
F. Melzer, noch Paula Olbrich be .itzen irgendwelche Ausweise übe" ihre
medizinischen Qualis kationen. Sie s'nd nicht befugt, im Kanton Aargau
eine Tätigkeit auszuüben. die den geprüften ÄrztenGewaltentrennung. N° 56.

oder geprüftem Hilfspersonal vorbehalten ist Ihre Tätigkeit und die
Reklame dafür muss ihnen daher bei Strafandrohung untersagt werden, wozu
die §§ 12 und 40 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen die
rechtliche Grundlage bieten.

B. Gegen diesen Beschluss hat Paula Olbrich recht-' zeitig
staatsrechtliche Beschwerde erheben mit dem Begehren, es sei derselbe
wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
, 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
, 33
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
1    Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
2    Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
und 58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
BV und 3 KV (Grundsatz
der Gewaltentrennung) aufzuhehen. Nachdem in tatsächlicher Beziehung
bemerkt worden ist, dass Melzer nicht mehr Inhaber des Geschäftes sei,
dass vielmehr Paula Olbrich seit Jahren dasselbe einzig betreibe,
wird im wesentlichen geltend gemacht: Durch den Beschluss Werde die
Rekurrentiu ihrem verkassungsmxissigen Richter entzogen und es werde
dadurch der Grundsatz der Gewaltentrennung erletzt, weil der Regierungsrat
nicht gesetzgebende Behörde sei und es nicht ihm sondern dem Richter
zustehe, zu beurteilen, oh eine Gesetzesverletzung vorliege (g 40 des
Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen). Der Entscheid des
Regierungsrates greift der richterlichen Tätigkeit wir. Die Rekurrentin
hat ein veitassungsmassiges Recht darauf, dass der kompetente Richter
allein darüber entscheidet, ob the Tätigkeit eine Widerhandlung gegen das
Medizinalgesetz sei oder nicht. In diesem Verfahren kann sie auch einzig
und allein ihre Rechte richtig wah1en, in dem sie Parteistellung hat,
ihr vor dem Entscheid Einsicht in alle Akten gegeben werden muss, wo sie
Beweismassnahmen treffen kann und wo ihr die gesetzlichen Rechtsmittel
zur Verfügung stehen. Das alles war ihr in diesem Administrativver-fahren
gar nicht möglich und sie wurde persönlich nicht einmal angehört, :ondern
nur Herr Melzer einvernommen. Das richtige Vorgehen wäre gewesen, dass
die Administrativbehördeu eine Strafanzeige eingereicht hätten, welche
vor dem zuständigen Strafrichter zur Beurteilung gekommen wäre. Ohne
Gerichtsurteil kann

es 17 1 1921 29

432 Staatsrecht.

der Rekurrentin ihre Tätigkeit nicht verboten werden, so lange nicht durch
Urteilsspruch feststeht, dass ihre Tätigkeit in den Kreis der ärztlichen
Tätigkeit fällt. Weiter wird dann darzutun gesucht, dass der Entscheid
des Regierungsrates materiell gegen die Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
, 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
und 33
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
1    Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
2    Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
BV verstosse.

C. Der Regierungsrat des Kantons Aargau trägt auf Abweisung der
Beschwerde an. Über die Behauptung, es seien die Art. 58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
BV und 3
KV verletzt, sagt die Vernehmlassung: Wenn der Rekurs ausführt,
einerseits könne nur der Gesetzgeber etwas unter Strafandrohung
verbieten und anderseits habe hierauf nur der Richter zu entscheiden,
ob der strafbare Tatbestand gegeben sei, so lässt er ausser Acht, dass
besonders Gesetze polizeilicher Natur, wozu zum Teil auch das Gesetz über
das öffentliche Gesundheitswesen des Kantons Aargau gehört, worauf sich
die angefochtene Verfügung des Regierungsrates stützt, über bestimmte
Fragen nur die Grundlinien festlegen und die Normierung im Einzelnen den
Verwaltungsbehörden überlassen. In diesem Falle ist es deren Aufgabe,
im Rahmen des Gesetzes Bestimmungen zu erlassen, die dann ebenfalls

unter die gesetzliche Strafsanktion fallen und an die der

Richter bei der Beurteilung des Einzelfalles gebunden ist. Die
Verwaltungsbehörde masst sich dann weder ungerechtfertigterweise
gesetzliche Kompetenzen an, da ihr solche gleichsam übertragen werden,
noch greift sie in die Befugnisse des Richters ein, denn sie überlässt
diesem die Bestrafung, nachdem sie den strafbaren Tatbestand formuliert
hat und eine Person dessen Voraussetzungen erfüllt. Im konkreten
Falle kann über die Zuständigkeit des Regierungsrates zum Erlass der
ergangenen Verfügung gegen die Penteanstalt in Laufenburg kein Zweifel
bestehen. Durch è 12 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen
des Kantons Aargau wird solchen Personen, die nicht im Besitze eines
eidgenössischen Patentes sind, jede ärztliche Funk-Gewaltentrennung. N°
56. 433

tion im Kanton Aargau verboten. Die Direktion des Gesundheitswesens
ist gemäss Grossratsverordnung hetreffend Organisation und Aufgaben der
Gesundheitsbehörden des Kantons verpflichtet, die nötigen Massnahmen zur
Verhütung und Beseitigung aller die öffentliche Gesundheit bedrohenden
Übelstände zu treffen (§ 4 Abs. 1 der zitierten Verordnung). Dazu gehört
offenbar auch, dass die Ausübung der ärztlichen Funktionen durch nicht
kompetente Personen verunmöglicht wird, besonders, wenn diese ärztliche
Praxis noch als unreell bezeichnet werden muss. In diesem Fall statuiert
§ 4 Ziff. 12 der zitierten Verordnung noch eine spezielle Kompetenz der
Direktion des Gesundheitswesens, indem sie diese mit der Bekämpfung des
Medizinalschwindels betraut. Wenn die Gesundheitsdirektion angesichts
der Wichtigkeit des streitigen Falles nicht selber eine Verfügung gegen
die Penteanstalt erliess, sondern dem Regierungsrat Bericht erstattete
und einen Antrag stellte, der zur heute angefochtenen Entscheidung
führte, so lag darin nichts ungesetzliches, das wider die angerufenen
Verfassungsartikel verstossen würde. Der Einwand der Verletzung der
Art. 58 Bundesverfassung und 3 Staatsverfassung durch die hierseitige
Behörde kann somit nicht gehört werden. Sodann wird auch der Beh'auptung,
dass die Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
, 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
und 33
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
1    Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
2    Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
BV verletzt seien, entgegengetreten

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Der angefochtene regierungsrätliche Beschluss ist ein administratives
Verbot der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit aus sanitätspolizeilichen
Gründen. Es beansprucht nach der Form, in der es erlassen ist, und nach
den Erklärungen in der Vernehmlassung unbedingte Geltung, und es soll
auch der Richter daran gebunden sein. Die darin angedrohte Strafe ist
eine Exekutivstrafe, ein Zwangsmittel zur Durchführung des Verbotes,
woran der Umstand nichts ändert, dass darin die

4 34 Staatsreeht.

gesetzlichen Strafen angedroht sind, wobei übrigens unklar ist,
ob darunter die Strafen des Gesetzes betreffend das öffentliche
Gesundheitswesen oder allenfalls besondere Ungehorsamsstrafen zu verstehen
seien. Ebensowenig kommt für die Natur des Verbotes darauf etwas an, ob
neben der Strafe der unmittelbare polizeiliche Zwang zur Durchführung
desselben angewendet werden könnte oder nicht. Die Zuständigkeit zum
Erlass des Verbotes wird aus dem den Sanitätspolizeibehörden eingeräumten
Oberaufsichtsrecht über das Gesundheitswesen (è 4 der Grossratsverordnung
betreffend die Organisation und Aufgaben der Gesundheitsbehörden des
Kantons Aargau vom 8. November 1920) hergeleitet, wobei insbesondere auf
Ziff. 12 des § 4 der Verordnung verwiesen wird, wo den Sanitätsbehörden
die Bekämpf-

ung des Medizinalschwindels zur Aufgabe gemacht ist.

Allein der Regierungsrat gibt selbst zu, dass seine daherigen Verfügungen
und Erlasse sich im Rahmen des Gesetzes halten müssen, was auch den
allgemeinen Grundsätzen über das Verhältnis der Verwaltung zu der
Gesetzgebung entspricht (vgl. z. B. MAYER, Verwaltungsrecht, 2. Aufl.Bd. I
S. 78 ff., 242). Es berufen sich denn auch sowohl der angefochtene
Beschluss selbst als die Vernehmlassung in materieller Beziehung auf §
12 des Gesetzes über das öffentliche Gesundheitswesen, nach dem Per-

sonen, die nicht im Besitze eines eidgenössischen Patentes

sind, die Ausübung jeder ärztlichen Tätigkeit im Kanton untersagt
ist. Der Regierungsrat geht davon aus, dass das Gewerbe, das die
Rekurrentin betreibt, sei es als solches, sei es wegen bestimmter zur
Anwendung gelaugender Hülfsmittel, eine ärztliche Tätigkeit in sich
schliesse und dass es deshalb von der Rekurrentin, die das Arztpatent
nicht besitze, nicht ausgeübt werden dürfe. Mit dem Verbot wendet er
danach administrativen Zwang zur Aufrechterhaltung jener gesetzlichen
Vorschrift an, wobei er selber den Entscheid darüber beansprucht, ob
die Tätigkeit der Rekurrentin unter

Gewaltentrennung. N° 56. 435

die gesetzliche Vorschrift falle. Nun bestimmt § 40 des Gesetzes
über das öffentliche Gesundheitswesen: Übertretungen dieses Gesetzes
oder der darauf sich stützenden Verordnungen werden W mit Geldbussen
bis auf 1000 Fr. oder mit Gefängnis oder mit Geldbusse und Gefängnis
bestraft. Damit ist dem Richter der Entscheid darüber vorbehalten, ob eine
gewerbliche Tätigkeit unter das Verbot von § 12 des Gesetzes falle, wie
dies jedenfalls da, wo die Verwaltungsentscheide nicht einer Nachprüfung
durch ein Verwaltungsgericht unterstehen, als Ausfluss des Grundsatzes der
Trennung der Gewalten allgemein Rechtens ist. Ein administratives Verbot,
das den Richter binden will, steht mit dieser Ordnung der Zuständigkeit
in Widerspruch. Es mag angehen, dass die Administrativbehörden in dieser
Weise einschreiten, wenn das strafgerichtliche Vorgehen nicht möglich
ist oder zum Schutze des in Frage stehenden öffentlichen Interesses
nicht hinreicht, sowie dann, wenn die Übertretung einer gesetzlichen
Vorschrift klar zu Tage liegt. Von dem allem trifft hier nichts zu. Das
regierungsrätliche Verbot will einen fortdauernden Zustand beseitigen,
der schon längere Zeit besteht, sodass es möglich ist, die Frage,
ob das Gesetz übertreten sei, wirksam durch den Richter beurteilen zu
lassen. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass jetzt besondere Interessen
des gemeinen Wohls die sofortige schliessung der Anstalt der Rekurrentin
und die Unterdrückung ihres Geschäftsbetriebe- erforderten, und endlich
ist auch die Frage, ob man es hier mit einer durch das Gesetz verpöuten
Tätigkeit zu tun habe, keineswegs liquid, wie denn auch der Betrieb
der Anstalt Jahre lang unbeanstandet geblieben ist. War aber danach zu
administrativem Vorgehen gegen die Rekurrentin kein genügender Anlass
vorhanden, so stellt sich das regierungsrätliche Verbot als ein Übergriff
der Verwaltung in das der Rechtsprechung vorbehaltene Gebiet dar. Es
ist deshalb aufzuheben und so dem Richter

436 staatsrecht-

dje Freiheit der Kognition wiederzugehen, die ihm durch den Regierungsrat
entzogen werden will. Erst wenn auf Anzeige der Sanitätspolizeiorgane
der Richter die Tätigkeit der Rekurrentin als Übertretung des § 12 des
Gesetzes erklärt haben wird, werden administrative Zwangsmassnahmen zur
Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes getroffen werden können.

Ist aus diesem Grund der angefochtene Beschluss aufzuheben, so brauchen
die dagegen geltend gemachten materiellen Beschwerdegründe nicht geprüft
zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und demgemäss der
Entscheid des Regierungs-

rates des Kantons Aargau vom 12. September 1921

aufgehoben.

Interkantouale Rechtshilfe N° 57. 437

VII. INTERKANTONALE RECHTSHILFE FÜR DIE YOLLSTRECKUNG
ÖFFENTLICHRECHTLICHER ANSPRÜCHE

GARANTIE INTERCANTONALE POUR L'EXÉCUTION LEGALE DES PRESTATIONS DÉRIVANT
DU DROIT PUBLIC

57. Arrét du 23 décembre 1921 dans la cause Ghatelain contre Berne.

C o n c o r d a t intercantonal du 23 aoùt 1912 concernant la garantie
réciproque pour l'exécution légale des prestations du droit public,
art. 4 (OJ F art. 175 chiff. 3).

Les déclarations officielles de l'autorité instante à la poursuite
lient le juge de main-levée, à moins que leur inexactitude ne résulte
directesssnent du dossier.

A. Emile Chatelain a habité à Tramelan jusqu'à la fin d'avril 1919. Au
mois de juin 1919 il s'est établi à Vevey, où il est actuellement
domicilié et où il paie les impöts.

_Alors_qu'il était encore dans le canton de Berne, il reeut le forinulaire
légal de déclaration d'impöt ; il négligea toutefois de le remplir,
empéehé qu'il était de le faire, à ce qu'il prétend, par la maladie. Il
fut en conséquenee taxe d'offiee. La décision de la Commission de
l'arrondissement du Jura lui parvint à Vevey le 19 octobre 1919. Elle
indique que le revenu imposable pour l'année 1919 a été fixé comme suit:

Première elasse_ . . . Fr. '25 000 Deuxieme classe . . . 3 000

L'avis mentionne que le eontribuable peut reeourir dans les 14 jours
par acte déposé à la Préfecture de Courtelary, mais seulement s'il fait
la preuve qu'il a été empéché d'établir une declaration par la maladie,
l'ahsence
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 47 I 429
Datum : 18. Januar 1921
Publiziert : 31. Dezember 1921
Quelle : Bundesgericht
Status : 47 I 429
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : si28 Staatsrecht. wegen sie ohne weiteres ihre Wirkung verloren hätte. Der solothurnische


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
31 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
33 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 33 Petitionsrecht - 1 Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
1    Jede Person hat das Recht, Petitionen an Behörden zu richten; es dürfen ihr daraus keine Nachteile erwachsen.
2    Die Behörden haben von Petitionen Kenntnis zu nehmen.
58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
ZGB: 25 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
144  170
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 170 - 1 Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen.
1    Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen.
2    Auf sein Begehren kann das Gericht den andern Ehegatten oder Dritte verpflichten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen.
3    Vorbehalten bleibt das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Geistlichen und ihrer Hilfspersonen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
regierungsrat • gesundheitswesen • aargau • gewaltentrennung • frage • 1919 • entscheid • bundesgericht • wille • kantonsgericht • richtigkeit • unternehmung • tag • zweifel • funktion • kv • treffen • strafgericht • bundesverfassung • sanktion
... Alle anzeigen