164 Stats:-echt.

es doch richtiger sein, hier Frauenfeld den Vorzug zu geben, dies auch
deshalb, weil im Zweifel eher das bisherigeDomizil als fortdauernd
zu betrachten ist (vgl. ZGB Art. 24 Abs. 1). Die äussern Beziehungen
des Rea. kurrenten zu Frauenfeld und Zürich bestanden wie bis anhin
weiter. Wenn auch der Wegzug der Familie von Frauenfeld beschlossen war,
so konnte doch nach den Verhältnissen mit einer raschen Übersiedelung
nach Zürich oder Umgebung wohl nicht gerechnet werden," und die Familie
blieb auch in der Tat noch beinahe 1 % Jahre in Frauenfeld, nachdem
die Anstellung-des Rekurrenten in Zürich eine definitive geworden war.
Das Verhältnis des Rekurrenten zu Zürich war auch nach dem 1. Februar
1920 insofern noch unsicher, als nicht feststand, dass er sich gerade in
der Stadt Zürich definitiv mit der Familie niederlassen werde, wie nun
ja der neue Wohnsitz in Kilchberg und nicht in Zürich ist. Die Annahme
hätte etwas Gezwungenes, dass-der Rekurrent seinen Wohnsitz bis ]. Februar
1920 in Frauenfeld gehabt habe, dass dann sein bisheriger Aufenthalt in
Zürich zum Wohnsitz geworden sei, um als solcher mit der Übersiedelung
der Familie nach Kilchberg vom letzteren Orte abgelöst zu werden. Es
erscheint als einfacher und natürlicher, hier den Wohnsitzwechsel an
die Übersiedelung der Familie, die einschneidendste Verànderungsider
Verhältnisse, zu knüpfen. Die Umstände des vorliegenden Falles decken
sich denn auch nicht völlig mit denjenigen, die den Urteilen Riedlin vom
21. November 1919 und Lohmann vom 15. Mai 1920 (beide nicht publiziert)
zu Grunde lagen, auf welche Urteile sich der Regierungsrat von Zürich
beruft. Riedlin war erst kurz vor dem Antritt seiner d a u e r n d e n
stelle in Zürich mit der Familie vom Ausland nach Basel gekommen, und
die Familie folgte ihm nach 10 Monaten nach Zürich nach. Auch Lohrmann
trat eine definitive Anstellung in einer Gemeinde des Kantons Zürich an,
und die Familie kam nach 7 Monaten dahinDoppelbesteuemng. N° 25. 165

nach. In keinem der beiden Fälle bestanden so intensive persönliche
Beziehungen des Familienhauptes zum bisherigen Wohnsitz fort, wie beim
Rekurrenten.

.Ist nach dem Gesagten Frauenfeld als bürgerlicher Wohnsitz des
Rekurrenten während des Jahres 1920 (und bis zur Übersiedelung nach
Kilchberg) zu betrachten, so ist der Rekurs dahin gutzuheissen, dass er
in Zürich für 1920 nicht besteuert werden darf.

Demnach erkenni das Bundesgericht :

Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der Rekurrent in Zürich für
1920 nicht besteuert werden darf.

25. Urteil vom 17. Juni 1921 i. S. Hofer gegen Zürich und Thurgau. Verbot
der Doppelbesteuerung. Steuerdomizil für das Einkommen unselbständig
erwerbender Personen, die in einem Kanton dauernd ihrem Bernie nachgehen,
aber den Sonntag,

wie auch allfällige Ferien regelmässig in einem andern Kanton bei ihren
Eltern zubringen.

· A. Die Rekurrenten, die Geschwister Otto und lksjiise Hofer,
arbeiten seit dem Jahre 1918 in Zürich als Bureauangestellte und ohnen
dort. in gemieteten Zimmern Jeden Samstag gehen sie ..u ihren Eltern
in Fimmelsthg (Munizipalgemeinde Amlikon) im Kanton 'lhuxgan, um dort
den Sonntag zuzuhringen Hier übt Otto Hofe-i auch sein Stimmrecht
aus. Die Rekurrenten sind stets in Amlikon besteuert werden und haben
die ihnen hier auferlegten Steuern jeweilen bezahlt. Im Februar und
März 1921 erkl'irte ihnen die Finanzdirektion des Kantons Zürich, dass
sie vom 1. Januar 1919 an ausschliesslich in Zürich für ihr Einkommen
steuerpflichtig seien.

B. Hierauf haben Otto und Elise Hofer am 31. M.;? rz

166 Staatsrecnt.

1921 die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht wegen
Doppelbesteuerung ergriffen und um einen Entscheid darüber ersucht, in
welchem Kantone sie für die Zeit seit dem ].. Januar 1919 steuerpflichtig
seien. ss -

C. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau ha beantragt, der Steueranspruch
des Kantons Zürich sei abzuweisen. 'Er bemerkt, die Rekurrenten seien
mit Fimmelsberg Amlikon durch stärkere Beziehungen verbunden als mit
Zürich, so dass sich ihr zivilrechtlicher Wohnsitz und das Steuerdomizil
im Kanton Thurgau befinde. -

D. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat sich zur Beschwerde wie folgt
ges-äussert : .::. Wir erklären uns damit einverstanden, die Besteuerung
im Kanton Zürich anfzuheben, falls Sie auf Grundlage der Akten n
dazu kommen sollten, anzunehmen, das Steuerdomizil der Rekurrenten
befinde sich im Kanton Thurgau. Wenn nämlich auch der Umstand, dass die
Rekurrenten regelmässig über den Sonntag sich nach Fimmelsberg begeben,
gegen die Annahme eines Stenerdomizils in Zürich spricht, so ist doch
nicht ausser Acht zu lassen, dass beide Rekurrenten schon seit Herbst
1918 eine ständige Stellung in Zürich haben. Beide halten sich somit
in Zürich zu einem Zwecke dauernder Natur auf. Die Bande, die sie mit
Zürich verbinden, sind daher mindestens so stark. wiediejenigen. welche
sie mit Fimmelsberg haben. --

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Nach feststehender Praxis des Bundesgerichts können unselbständig
erwerbende Personen für das aus ihrer Anstellung erzielte
Einkommen, abgesehen von der Teilung der Steuerhoheit bei doppelter
Familien-niederlassung, ausschliesslich im Kanton ihres zivilrechtlichen
Wohnsitzes im Sinne des Art. 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
ZGB besteuert werden (vergl. AS 34 I
S. 251; 35 l S. 40. 325. 539; 37 I s;40,Doppelbesteuerung N° 25. 167

46 I S. 37; Urteile i. S. Meili gegen Zürich und-,Thurgau vom 30. Oktober
1920, i. S. Obersteg gegen Lnrieb und Thurgau vom 27. November 1920)
Nun halten Sieh die Rekurrenten allerdings schon längere Zeit in Lunch.
auf und sind hier dauernd angestellt. Ein solcher Aufenthalt zum
Zwecke der .Berufsausübung gelingt aber, Wie vom Bundesgericht schon
wiederholt ansgefuhrt .worden ist, nicht ohne weiteres zur Annahme, dass
hier der Wohnsitz sei. Da die Rekurrenten den Sonntag, Wie ,aueh all?
fällige Ferien (auch Krankheitstage), regelnmssig bei ihren Eltern in
Fimmelsberg zubrmgen, so stehen sie auch zu diesem Orte in dauernden,
ununterbrochenär; Beziehungen, und diese sind offenbar rnit Rueksie h
darauf, dass sich hier das Elternhaus befindet, :o sie die Rekurrenten
zu Hause fühlen, und dass sie alle Wochen hierher kommen, weit stärker
als die Bande, die sie mit Zürich verknüpfen. Unter diesen L_mstanden
muss die Gemeinde Amlikon als zivilrechtlicher Wohnsitz der Rekurrenten
angesehen werden, was zur Folge hat, dass sie in Zürich nicht für ihr
Emkommenbesteuert werden können, wie dies der Stadtrat ven Lurich auch
anerkannt hat.

Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerden werden in dem Sinne
gutgeheissen, dass die Rekurrenten in Zürich für die-Zeit seit dem
-I. Januar 1919 nicht besteuert werden lux-fen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 47 I 165
Datum : 17. Juni 1921
Publiziert : 31. Dezember 1921
Quelle : Bundesgericht
Status : 47 I 165
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 164 Stats:-echt. es doch richtiger sein, hier Frauenfeld den Vorzug zu geben, dies


Gesetzesregister
ZGB: 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
familie • frauenfeld • thurgau • bundesgericht • sonntag • 1919 • doppelbesteuerung • regierungsrat • monat • ferien • gemeinde • samstag • entscheid • arbeitnehmer • dauer • staatsrechtliche beschwerde • steuerhoheit • familienhaupt • stelle • weiler
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