486 Elektrische Anlagen N° 72.

über Starkstromeinflüssen, die eine sichere Feststellmlg der Herkunft der
störenden Einwirkung häufig gar nicht ermögliche, richtigerWeise, wie es
in Schweden geschehe, überhaupt doppeldrähtig angelegt werden sollten,
was denn auch die Eidg. Telegraphenund Telephonverwaltung selber dadurch
anerkenne, dass sie die nachträgliche Erstellung des Doppeldrahtes von
sich aus bereits in grössere-m Umfange durchgeführt habe. Beide Räte
pflichteten dieser Erwägung durch entsprechende Fassung des Art. 3 Abs. 2
(nunmehr Art. 4 Abs. 2) über die

Benutzung der Erde als Leitung bei SchWachstromanlagen '

und durch Annahme des Art. 17 Abs. 3 und 5 im Gesetz gewordenen Inhalte
bei (vergl. aus der Gesotzesberatung namentlich die Aeusserungen
der Berichterstatter Blumer und Paillard und der Votanten Köchlin
und Dinkelmann im Nationalrat, sowie des Berichterstatters Gee! im
Ständerat : Stenogr. Bulletin der Bundesversammlung, 1900, S. 585
f., 588, 603 und 609 ; 1901, S. 230, 244, 249 und 256). Von den
T e l eg r ap h en linien war dabei gar nicht die Rede, weil eben
eine besondere Regelung der Kostentragung ihrer technisch nicht in
gleicher Weise gebotenen Verdoppelung nicht gewünscht wurde. Daraus
folgt zwingend, dass Verdoppelungen von T e l e g r a p h e n drähten,
die als Sicherungsmassnahmen im Sinne des Art. 17 ElG notwendig sind,
wie dass vorliegend für die Leitung St. Moritz-Schule anerkanntennassen
der Fall war, der Regel des Art. 17 Abs. 4 Ziff. 1 Eis-Unterstehen. Diese
Auffassung ist denn auch, nach den unbestrittenen Angaben der Replik,
in den bisherigen aussergerichtlichen Anwendungsiällen stets zur Geltung
gelangt. Der zweite Posten der Klageforderung muss daher eben-falls
zugesprochen werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

In Gutheissung der Klage wird die Beklagte Verurteilt, der Klägerinvl 2 ,
1 93 F r. 20 C t s. nebst 5% Zins seit dem 1. Januar 1916 zu bezahlen. -

I. FAMILIENRECHT

DROIT DE LA FAMILLE

73. Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Oktober 1919 i. S. Brindlî gegen
'.l'getgcl. Vaterschaftsklage. Berechnung der Frist des Art. 314 Abs. 1
_ZGB. Gegenbeweis des Beklagten nach Absatz 2 ebenda. Abweisnng der
Klage trotz des von der Klägerin geschworenen Eides, in "der kritischen
Zeit mit keinem anderen Manne verkehrt zu haben, wenn die vom Beklagten
i. S. der letzteren Vorschrift :angerutenen und an sich feststehenden
Tatsachen derart sind, um nicht nur Zweifel an seiner Vaterschaft zu
erregen, sendem dieselbe geradezu als unmöglich erscheinen zu lassen.

A. Die Klägerin 1 Gertrud Tgetgel kam am 2. März 1918 in Chur
ausserehelich mit einem Mädchen Hedwig, der heutigen Klägerin 2" nieder,
als dessen Vater sie den Beklagten Jakob Brändli bezeichnet. Mit der
vorliegenden Klage verlangen Mutter und Kind, dass das letztere dem
Beklagten unter Standesfolge zugesprochen und er verpflichtet werde, an
die Mutter 300 Fr. als Auslagen nach Art. 317
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
und 500
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 500 - 1 Der Erblasser hat dem Beamten seinen Willen mitzuteilen, worauf dieser die Urkunde aufsetzt oder aufsetzen lässt und dem Erblasser zu lesen gibt.
1    Der Erblasser hat dem Beamten seinen Willen mitzuteilen, worauf dieser die Urkunde aufsetzt oder aufsetzen lässt und dem Erblasser zu lesen gibt.
2    Die Urkunde ist vom Erblasser zu unterschreiben.
3    Der Beamte hat die Urkunde zu datieren und ebenfalls zu unterschreiben.
Fr. als Genugtuung
nach Art. 318
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 318 - 1 Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
1    Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
2    Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.449
3    Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.450
ZGB .zu bezahlen.

Nach der Darstellung der Klägerin 1 hätte der Beklagte, den sie als
Nachbarskind von Jugend auf'kannte, sich im Jahre 1915 mit ihr verlobt
; man sei dann aber übereingekommen, die Verehelichung bis nach Ende
des Krieges zu verschieben. Im August 1917 habe sich die Klägerin
aus ihrer Stellung in Zürich vorübergehend zu ihrem Vater-nach Chur
begeben. Ungefähr zu gleicher Zeit, am 25. August 1917 sei auch der
Beklagte aus dem Militärdienst dorthin zurückgekehrt. Kurz nachher,
spätestens aber am 1. September 1917 sei es zwischen den

AS 45 n 1919 3'

48a Famfifenrecfie'nsi'oss 73.

Parteien zum geschlechtlichen Verkehre ssgekomm'en,

dem das Kind entsprungen sei. Der Beklagte anerkannte vor Gericht,
der Klägerin 1-

. seinerzeit die Ehe versprochen zu haben. Nachdem er '

insder schriftlichen Klagebeantwortung mit gutem Gewissen und
Entsobiedenheit bestritten hatte, ihr zwischen dem 25. August
und 1. September 1917 beige wohnt zu haben, gab er anlässlich der
Hauptverbandlnng aueh zu, nach dem 25. August 1917mit ihr geschlechtlichen
Verkehr gepflogen zu haben, der indessen nach seiner Art ungeeignet
gewesen sei, zur Konzeption zu führen. Auch sonst sei es ausgeschlossen,
dass das Kind daraus herstammen könnte. Da dasselbe bei der Geburt völlig
ausgetragen und reif gewesen sei, müsse die Empiängnis schon lange vor dem
25. August 1917 stattgefunden haben. die Klägerin 1 also beim Verkehre
mit dem Beklagten schon seit Monatenschwanger gewesen sein,Damit stimme
überein, dass der Arzt Dr. Denzler in Zürich, den sie Ende Januar 1918
konsultiert, eine Schwangerschaft im achten Monat festgestellt habe,
und dass die Klägerin sich schon im Juli 1917 durch die Aerztin Dr. von
Wartburg in Zürich habe untersuchen lassen, weil sie seit'Ende Mai 1917
die Periode verloren habe. Die Geburt Anfang März 1918 würde mit dem
Ansbleiben der Periode seit jenem Zeitpunkt im Einklang stehen. Verdachtig
erscheine ferner,dass die Klägerin _ dem Beklagten erst Anfang Februar
1918 von ihrem Zustande Mitteilung gemacht und den verschiedenen von ihr
konsultierten Aerzten jeweilen verheimlicht habe, dass sie schon vorher
auf Schwangerschaft untersucht werden sei. Nach den Erkundigungen des
Beklagten habe sie denn auch während ihres Zürcher Aufenthaltes zu. einem
Soldaten und einem russischen Studenten Be-ziehungen unterhalten.,

Die erste Instanz, das Bezirksgericht Plessur leitete über die
Behauptungen des Beklagten inbezug auf den

Reifegrad des Kindes ein Beweisverfahren ein. Der

Familienrecht. N° 73. · 489 bestellte Sachverständige Dr. Lardelli in
Chur erklärte

' zunächst, dass es ihm unmöglich sei, ein Urteil abzugeben.

weil die dazu nötigen Angaben über Masse, Gewicht usw. des Neugeborenen
fehlten. Nachdem dann, nachträglich die Hebamme über die Beobachtungen,
die sie in dieser Hinsicht bei der Geburt gemacht hatte, als Zeugin
einvernommen worden war, sprach er sich dahin aus: ,das am 2. März 1918
zur Welt gekommene Kind sei beinahe ausgetragen gewesen, die Konzeption
sei wahrscheinlich zwischen dem ]. und 15. Juli, keinesfalls aber nach dem

17. Juli 1917 erfolgt. Am 30. Juni 1919 beschloss darauf das
Bezirksgericht,

der Klägerin 1 den Eid dafür aufzulegen:

dass der Beklagte nach dem 25. August und ver dem 5. September 1917 mit
ihr fleischlichen Umgang gehabt, und dass sie während des Zeitraums von
300 bis 180 Tagen vor der Niederkunît, d. h. Vom 7. Mai bis 4. Sep-

tember 1917 mit keinem anderen Manne geschlechtlicli

verkehrt habe. Nach Leistung des Eides hiess es durch Urteil vom

gleichen Tage die Klage im Sinne der gestellten Begehren gut.
Der Beschluss über Zulassung des Eides stützt sich auf Art. 17 und 18
des graubündnerischen EG z. ZGB lautend: ,

Art. 17: Wenn die Klägerin den Beweis der Vaterschaft weder durch das
Geständnis des Beklagten noch auf andere genügende Weise zu erbringen
vermag und auch der Beklagte keinen Gegenbeweis erbringt, so, kann
das Gericht die Klägerin zum Bestätigungseide zulassen unter folgenden
Voraussetzungen:

1. dass ihre Angaben nicht verdächtig erscheinen und durch anderweitige
Umstande unterstützt werden; '

2. dass sie einen guten Leumund besitzt. .,

Art. 18. Die Klägerin hat den Bestätigungseid nach Belehrung über die
Bedeutung desselben in der Regel nach folgender Formel zu leisten:

490 Familienrecht. N °.73.

. Ich schwör-e zu Gott dem Allwissenden, dass N. N. (Name des Beklagten)
zu der von mir angegebenen Zeit mit mir kleischlichen Umgang gepflogen
hat, und dass ich Während des Zeitraums vom 300. bis 180. Tage vor
meiner Niederkunft mit keinem anderen Manne fleischlichen Umgang
hatte. (Dieser Zeitraum soll in der Regel ,in der Eidesformel durch
Angabe der Kalendertage näher bezeichnet werden.)

Für besondere Fälle soll der Richter die Formel entsprechend modifizieren.

In den Erwägungen des UrteHs, die zugleich auch die Begründung
des Eidesdekretes enthalten, wird ausgeführt: das Gutachten des
gerichtlichen Sachverständigen sei an sich geeignet etwelche Zweifel an
der Vaterschaft des Beklagten zu erwecken. Da die Klägerin den Beweis
der Vaterschaft auf andere Weise nicht zu erbringen vermöge, sei sie
deshalb zum Bestätigungseide zuzulassen, sofern nicht etwa der Beklagte
den Gegenbeweis erbracht habe oder ihre Angaben sonst als verdächtig
erschienen. Dies treffe indessen nicht zu. Für die behaupteten Beziehungen
der Klägerin zu anderen Männern, liegen keinerlei bestimmte Anhaltspunkte
vor und die ärztliche Expertise könne deshalb nicht als Gegenbeweis
gelten, weil ihre Folgerungen ausschliesslich auf den Angaben der Hebamme
Hunger beruhten. Diese seien aber, da die Zeugeneinvernabme erst ein
Jahr nach der Geburt erfolgt sei und die Zeugin Über ihre Wahrnehmungen
bei der letzteren keine schriftlichen Aufzeichnungen gemacht habe,
nicht zuverlässig genug, um darauf abzustellen. Auch die vom Beklagten
angerufene schriftliche Erklärung der Aerztin von Wartburg sei nicht
schlüSsig, da das Ausbleiben der Periode im Juni 191,7 nicht notwendig
auf eine damals bereits bestehende Schwangerschaft zurückgeführt werden
müsse, sondern sich auch mit dem schlechten Allgemeinbefinden der Klägerin
zu jener Zeit erklären lasse.

C Gegen dieses nach der kantonalen Prozessor-d--

Familienrecht. N° ?3. 491

nung letztinstanzliche Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des
Beklagten mit dem Antrage auf Abweisung der Klage.

Das Bundesgericht Zieht in Erwägung :

Nach Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB ist die Vaterschaft zu vermuten, wenn
der Beklagte nachweisbar in der Zeit vom. dreihundertsten bis zum
hundertachtzigsten Tage wir der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt
hat. Hätte der Beklagte im vorliegenden Falle zugestanden, mit der
'-Klägerin 1 Wäh re n d jener Frist geschlechtlich verkehrt zu haben, so
müsste demnach die Klage schon auf Grund dieses Geständnisses gutgeheissen
werden, sofern es nicht dem Beklagten andererseits gelungen sein sollte,
die daraus folgende Vermutung durch den Nachweis von Tatsachen im Sinne
von Abs. 2 der nämlichen Gesetzes-_ ' vol-schritt zu entkräften oder
darzn'tun, dass die Klägerin um die Zeit der Empfängnis einen uuzüchtigen
Lebenswandel führte (Art. 315 ebenda). Mit der Anforderung, dass der
Beklagte der Mutter beigewohnt haben müsse, verlangt das Gesetz von der
Vaterschaftsldägerin nur den Nachweis ,des Geschlechtsverkehrs binnen des
kritischen Zeitraums. Die Behauptung, dass der an sich zugegebene oder
festgestellte Verkehr nicht zur Konzeption habe führen können, stellt
sich als Einrede nach Abs. 2 des Art. 314 dar, deren Beweis demBeklagten
obliegt. Sie wird überdies nur in den seltenen Fällen Erfolg haben können,
wo etwa durch ärztliches Gutachten die Zeugungsunfähigkeit v des Beklagten
mit Sicherheit festgekstellt werden kann. Die blosse Berufung auf die
Verwendungvon Schutzmitteln zur Verhütung der Empfängnis reicht dazu,
wie schon wiederholt entschieden wurde, nicht aus.

Nun vermag aberim heutigen Falle das Geständnis des Beklagten allein
die Vermutung des Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB deshalb noch nicht herzustellen,
weil es nur dahin geht, dass er mit der Klägerin n a chdem 25. August 1917

492 Familienrecht". N° 73. '

geschlechtlich _verkehrt habe, was bei dem geringen Abstand dieses Tages
vom Ende der gesetzlichen Frist die Möglichkeit offen lässt, dass der
Umgang auch erst nach Ablauf der letzteren stattgefunden haben könnte.
Offenbar zum Teil halb hat sich denn auch die Vorinstanz damit nic t
begnügt und der Klägerin dafür, dass jenes nicht der Fall sei, sondern
er noch in die kritische Zeit falle, den Ergänzungseid auferlegt Auch
dieser erbringt indessen, so wie er gæchworen wurde, den gesetzlichen
Beweis noch nicht, weil der Verinstanz bei Berechnung des in Betracht
kommenden Zeitraums ein Versehen unter-laufen ist. Aus der Fassung
des Gesetzes, welches die Beiwohnung in der Zeit vom dreihundertsten
bis zum hundertachtzigsten Tage v o r der Geburt verlangt, ergibt
sich ohne weiteres, dass dabei entgegen der Berechnuhgsweise, von der
offenbar die Vorinstanz ausgegangen ist, der Tag der Geburt selbst nicht
mitgezählt werden darf. Zweifelhaft kann nur sein, wie die Worte vom
dreihundert-stenb i s zumsi hundertachtzigsten Tage zu verstehen seien,
ob es noch genüge-

wenn am hundertachtzigsten Tage ein Geschlechts-

verkehr zwischen der Klägerin und dem Beklagten erfolgt ist, sodass die
gesetzliche Konzeptionszeit 121 Tage umfassen würde, oder ob die Frist
mit dem Ende des 181. Tages als abgelaufen zu betrachten ist. Diese
Frage ist indessen unbedenklich im ersterender Klage günstigeren Sinne
zu lösen. Nicht nur entspricht es dem Sprachgebrauch, da, wo eine Frist
,unter Bezeichnung des Anfangs und Endtages angegeben wird, diese beiden
Tage mitzurechnen. Entscheidend fällt namentlich auch in Betracht,
{wie in Art. 254
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 254
, 255
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 255 - 1 Ist ein Kind während der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater.
1    Ist ein Kind während der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater.
2    Stirbt der Ehemann, so gilt er als Vater, wenn das Kind innert 300 Tagen nach seinem Tod geboren wird oder bei späterer Geburt nachgewiesenermassen vor dem Tod des Ehemannes gezeugt worden ist.
3    Wird der Ehemann für verschollen erklärt, so gilt er als Vater, wenn das Kind vor Ablauf von 300 Tagen seit dem Zeitpunkt der Todesgefahr oder der letzten Nachricht geboren worden ist.
ZGB die Anfechtung der Ehelichkeit während der
Ehe gebot-euer Kinder geordnet ist. Wenn hier wie nach dem Wortlaut des
Gesetzes zweifellos ist -die Vermutung für die Ehelichkeit auch dann
noch besteht, wenn die Ehe am hundertachtzigsten Tage vor der Geburt
abgeschlossen worden war, so erscheint es gegeben-, den· nämlichen
Grundsatz analogFamilienrecht. ' N' 73, Î 4935

auch bei der Berechnung derüFrist des Art. 314 Abs. 1 si anzuwenden,
da der für die Konzeption in Betracht

fallende Zeitraum für eheliche und uneheliche Kinder naturgemäss der
nämliche sein muss. Lässt man demnach

_ den Tag der Geburt-selbst (2. März 1918) ausser Ansatz,

so ergibt sich aber, auch wenn man andererseits den

.hundertachtzigsten Tag vor der Geburt mit in die gesetz-_ liche Frist
einreclmet, als spätestens noch von der-letzteren umfasstes Datum hier
der 3. und nicht der 4. oder 5. September 1917. Da die Klägerin lediglich
geschworen

hat, in der Zeit nach dem 25. August bis zum 5. September 1917 mit'
dem Beklagten geschlechtlich verkehrt und vom 7.. Mai bis 4. September
1917 mit keinem anderen Manne Umgang gehabt zu haben, bleibt demnach
nach wie vor die Möglichkeit bestehen, dass der Umgang ausser } die
gesetzliche Frist falle, in welchem Falle die Vermutung des Art. 3.14
Abs. 1 nicht eintreten würde und die Klage schon deshalb abzuweisen
wäre. Die Sache müsste demnach an die ?orinstanzzurückgewiesen werdendamit
sie der Klägerin den Eid neuerdings mit entsprechend berichtigtem Inhalt
abnehme, falls nicht Tatsachen dar-getan sind, welche die Vaterschaft
des Beklagten auch beim Nachweise des Geschlechtsverkehrs in der Zeit
nach dem 25. August bis und mit dem 3. September 1917 ausgeschlossen
-erscheinen lassen oder doch erhebliche Zweifel an derselben im Sinne
des Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB erwecken.

Eine solche Entkräitung der gesetzlichen Vermutung würde dann zweifellos
vorliegen, wenn das am 2. März 1918 geborene Kind damals voll oder doch
annähernd voll ausgetragen gewesen wäre, da in diesem Falle nach dem
erhobenen Gutachten die Konzeption spätestens Mitte Juli 1917 erfolgt sein
müsste. Nun hat aber die Vorinstanz jene Tatsache (Reife bei der Geburt)
als nicht nachgewiesen erklärt, weil die Aussagen der Hebamme, die darüber
allein unmittelbar Aufschluss geben,". wegen des beträchtlichen Yvon der
' Geburt bis zur Zeugeneinver--

494 Familienrecht. N° 73.

nahme verstrichenen Zeitraums und weil nur auf das. Gedächtnis, nicht
auf schriftliche Aufzeichnungen ge-

stützt, nicht hinreichend zuverlässig erscheinen, um als. '

Beweis gelten zu können. Da es sich dabei um eine Tatfrage handelt, ist
das Bundesgericht an diese Beweis würdigung gebunden. Mit ihr wird aber
auch dem Gut-' achten Lardelli die Grundlage entzogen, da seineAnnahmen
über den Reife-grad des Kindes ausschliesslich auf den Depositioncn
der Hebamme über ihre Beobachtungen bei der Geburt beruhen.: An dieser
Sachlage vermag auch die schriftliche Erklärung der Aerztin von Wartburg
nichts zu ändern ; auch sie ist von der Vorinstanz nicht übersehen, aber
deshalb als nicht beweisbildend hezeichnet worden, weil das Ausbleiben
der Periode im Juni: 1917 nicht notwendig auf Schwangerschaft deute,
sondern auch andere Gründe haben könne, eine Möglichkeit, welche von
der Ausstellerin des Zeugnisses selbst erwähnt wird. Gleiches gilt für
die Aussage des Dr. Denzler, dass er bei der Untersuchung der Klägerin
Ende Januar 1918 Schwangerschaft im achten Monate festgestellt habe.
Wenn schon in diesem Zeugnis ein gewichtiges unterstützendes Indiz tür
die Richtigkeit der Angaben der Hebamme liegt, das die Vorinstanzwohl zu
einem anderen Schlusse als dem von ihr. gezogenen hätte führen können,
kann doch bei dem mehr oder minder problematischen Charakter, der der
__Schätzung des Reifegrades des Kindes im Mutterleib stets innewohnt,
darin keine Aktenwidrigkeit gesehen werden, dass mangels unbedingt
zuverlässigerBeobachtungen bei der Geburt selbst die Tatsache der völligen
oder doch annähernden Reife des Kindes im letzteren Zeitpunkte als nicht
festgestellt erklärt worden ist. '

Damit ist indessen die Frage, ob dem Beklagten die Widerlegung
der gesetzlichen Vermutung des Art. 314 Abs. } gelungen sei, noch
nicht erledigt. Nach der eigenen Darstellung der Klägerin hat {der
Beklagte erst nach dem 25. August 1917 und früher nie geschlechtlich
mitFamilienrecht. N° ?3. 495

ihr verkehrt. Gesetzt also der Umgang habe am 26. August 1917 sials dem
frühesten danach in Betracht fallenden Termine stattgefunden, so Wäre
das am 2. März 1918 geborene Kind nur 188 Tage im Mutterleibe ' getragen
werden. Nun ist allerdings in der Medizin anerkannt, dass auch bei einer
so kurzen, ja sogar bei einer noch kürzeren Schwangerschaftsdauer ein Ich
e nd e 8 Kind zur Welt kommen kann, weshalb denn auch Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB
den Nachweis eines nicht näher als. hundert-achtzig Tage vor der Geburt
liegenden Geschlechtsverkehrs zur Begründung der Vermutung der Vaterschaft
genügen lässt. Andererseits steht aber diemedizinische Wissenschaft
auch nicht an zu erklären, dass ein solches Kind nicht le b e n s f ä h
i g sei, also (von Mittel der künstlichen Aufzucht in einem Brutkasten
abgesehen) nicht W e i t e rl e b e n kann, sondern es zur Lebensiähigkeit
einer Schwangerschaft von mindestens 28 bis 30 Wochen bedarf. Geburten
vor der 28.Woche werden in der Medizin geradezu als Fehlgeburten,
Abortus bezeichnet. Erst nach der 28. Woche beginnen die Frühgeburten
(vergl. HOFFMANN Lehrbuch der gerichtlichen Medizin 9. Aufl. S. 182;
OLSHAUSEN zitiert bei NAGORSKY, Rechtsverhältnis des nnehelichen Kindes
S. 93 f.). lm vorliegenden Falle steht aber wiederum unbestritten fest,
dass das als Mitklägerin auftretende Kind durchaus. lebensfähig War und
heute noch am Leben ist, was nach dem Gesagten ausschliesst, dass es
erst am 26. August 1917 erzeugt, also nur 188 Tage oder nicht ganz 27
Wochengetragen sein könnte. Das eigene Zugeständnis der Klägerin, mit dem
Beklagten erst nach dem 25. August 1917 geschlechtlich verkehrt zu haben,
in Verbindung mit der ebenfalls aktenmässig feststehenden Tatsache der
Geburt eines lebensfähigen Kindes am 2. März 1918 muss demnach allein
schon dazu führen, nicht nur Zweifel an derVaterschaft des Beklagten zu
erregen, sondern dieselbegeradezu als unmöglich erscheinen zu lassen.

Gegen die dadurch bewirkte Zerstörung der Vermutung

496 Familienrecht. N° 73.

nach Art. 3l4 Abs. l ZGB vermag der Klägerin auch der von ihr gescbworene
Eid, dass sie in der Zeit vom 7. Mai bis und mit 4. September 1917 mit
keinem anderen Marine Umgang gehabt habe- nicht zu'helfen. Zur Herstellung
der erwähnten Vermutung war er überflüssig, weil dazu die positive
Tatsache des Ge'schlechtsyerkehrs mit dem Beklagten innert der Zeit des
Art. 314 Abs. 1 genügt. Und als Gegenbeweis gegen den vom Beklagten
geleisteten'Beweis nach Art. 314 Abs. 2 kann er nicht in Betracht
fallen, weil er hiefür nach der Natur der Tatsachen, auf welche sich der
Beklagte bei der Berufung auf die letztere Vorschrift stützt, untauglich
ist. Da. der Vaterschaftsbeklagbe seiner Beweispflicht nach Art. 314
Abs. 2 damit genügt, dass er Umstände dartut, welche erfahrungsgemäss,
jder Regel nach geeignet sind, Zweifel an seiner Vaterschaft zu erregen,
muss der Klägerin demgegenüber allerdings-vorbehalten bleiben zu beweisen,
dass die fraglichen Zweifel dennoch deshalb nicht bestehen können,
weil die Tatsachen, welchesie an sich hervorrufen müssten, infolge
besonderer Umstände im konkreten Falle der Schlüssigkeit entbehren,
wie 2. B. beim festgestellten Umgang auch noch mit anderen Männern, dass
die Klägerin im Zeitpunkt-te des letzteren bereits schwanger gewesen sei
usw. In diesem Sinne hat denn auch das Bundesgericht die Möglichkeit eines
Gegenbeweises . zur Wiederherstellung der Vermutung des Art. 314 Abs. 1,
durch die Klägerin wiederholt anerkannt. Die Frage, ob fer n u r in der
erwähnten Weise d. b. durch die Berufung auf bestimmte Umstände, welche
die vom Beklagten dargetanenen Tatsachen als nicht schlüssig erscheinen
lassen, geleistet'werden und demgemäss auch · ein allfälliger Eid der
Klägerin sich nur auf das Zutreffen ' jener Umstände beziehen könne,
oder ob dazu nach Lage des Falles auch der allgemeine Reinigungseid,
mit keinem anderen Manne verkehrt zu haben, genügen ,könne, braucht hier
nicht untersucht zu werden. Auch wenn man dieAErbringung des Gegenbeweises
in'der letzteren FormFamilienrecht, N° 73. 497

; nicht überhaupt, grundsätzlich ausschliessen will, kann sie jedenfalls
dann nicht in Betracht fallen, wenn der

fragliche Eid nach dem, was der Beklagte seinerseits zur Entkräftung der
Vermutung des Art. 314Abs. 1 dargetan hat, auf etwas Unmögliches gehen
wiirde. so verhält es sich aber hier. Da nach den obigen Ausfühnmgen
ein am 2. März 1918 lebensfälfig zur Welt gekom-menes Kind nicht aus
einem erst am 26. August 1917 erfolgten GeschlechtSverkehr stammen
kann, die Klägerin aber selbst nicht behauptet, vor diesem Tage mit dem
Beklagten verkehrt zu haben, folgt daraus notwendig, dass sie während
der Konzeptionszeit noch mit einem anderen Manne Umgang gehabt haben
m u s s , weil ohne solchen Geschlechtsverkehr es überhaupt nicht zur
Konzeption hättekommen können. Der der Klägerin auferlegte Eid dafür,
dass sie in der Zeit vom 7. Mai bis 4. September 1917 mit keinem
anderen Manne verkehrt habe, richtet sich demnach auf etwas, was nach
den Folgerungen, die aus den vom Beklagten angerufenen, Zweifel an der
Vaterschaft begründenden Umständen gezogen werden müssen, von vorneherein
als Unmöglichkeit erscheint. Er durfte deshalb nicht abgenommen werden,
wenn nicht das dem Beklagten durch Art. 314 Abs. 2 gewährleisteteRecht auf
Entkräftung der Vermutung des Abs. 1 ebenda bedeutungslos werden soll. Da
die Frage, ob die vom Vatersehaktsbeiclagten nachgewiesenen Tatsachen die
Zweifel des Art. 314 Abs. 2 rechtfertigenund welche Folgen sich daraus
hinsichtlich der Möglichkeit eines Gegenbeweises der Klägerin ergeben,
eine Rechtsfrage ist, die weil vom Bundesrecht beherrscht der freien
Nachprü-f fung des Bundesgeriehts unterliegt, kann letzteres dem nach
auch durch die Leistung des unzulässiger Weise abgenommenen Eides nicht
gebunden werden, und ist es bei der Beurteilung so zu halten, wie wenn
derselbe überhaupt nicht vorläge.

Die Klage ist somit schon aus diesen Gründen und ohne dass es der
vorhergehenden Rückweisung zur Wie-

498 Familienrecht. N° 74.

derholung des Eidesverfahrens inbezug auf den Gre -

schlechtsverkehr mit dem Beklagten innert der kritischen Zeit bedürfte
abzuweisen.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des n'ezirksgerichts Plessur
vom 30. Juni 1919 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

74. Urteil der II. WWW-ang vom 21. Oktober 1919 1. S. JW gegen
Basel-Stadt.

Klage gegen den Kanton auf Feststellung, dass der Klägerin die elterliche
Gewalt über ihr Kind zustehe-: keine Zivilstreitigkeit im Sinne von
Art. 56
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
OG. Die elterliche Gewalt fällt-, wie die Auslegung von Art. 268
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 268 - 1 Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
1    Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
2    Die Adoptionsvoraussetzungen müssen bereits bei der Einreichung des Gesuchs erfüllt sein.304
3    Ist das Gesuch eingereicht, so hindert Tod oder Eintritt der Urteilsunfähigkeit der adoptierenden Person die Adoption nicht, sofern die anderen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind.305
4    Wird das Kind nach Einreichung des Gesuchs volljährig, so bleiben die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger anwendbar, wenn deren Voraussetzungen vorher erfüllt waren.306
5    Der Adoptionsentscheid enthält alle für die Eintragung in das Personenstandsregister erforderlichen Angaben betreffend den Vornamen, den Namen und das Bürgerrecht der adoptierten Person.307
ZGB ergibt, mit dem Tode des Adoptivparens nicht an die leiblichen
Eltern zurück, sondern erlischt, sodass dem Kind ein Vormund zu bestellen
ist. (Art. 368
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 368 - 1 Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen.
1    Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen.
2    Sie kann insbesondere der beauftragten Person Weisungen erteilen, diese zur Einreichung eines Inventars, zur periodischen Rechnungsablage und zur Berichterstattung verpflichten oder ihr die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen.
ZGB).

A. Im Mai 1914 adoptierte Witwe Dietzi-Tegtmeier das am 8. Mai 1906
gebotene-Kind Nora, das der am 15. Mai 1906 geschiedenen Ehe ihrer
Schwester Mathilde Tegtmeier mit Karl Wiedmayer entstammteund das bei
der Scheidung der Mutter zugesprochen werden war. Als am 9. September
1918 die Ad'optivmutter starb, ernannte die Vormundschaftsbehörde des
Kantons Basel Stadt Dr. Paul Lorenz zum Vormund des Kindes. Dagegen
_beschwerde sich Mathilde Tegtmeier, die inzwischen mit Hermann Jermann
von Laufen eine zweite Ehe eingegangen war und nunmehr das Kind zu sich
nehmen wollte, wurde jedoch sowohl vom Justizdepartement als auch Yom
Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt abgewiesen.

Darauf reichte Frau Jermann am 25. April 1919 beim Zivilgericht Basel
Stadt folgende, gegen den Kan-Familienrecht. N° 1-1. 499

"ton Basel-Stadt gerichtete Klage ein: Es sei festzu-

stellen, dass der Klägerin die elterliche Gewalt über das Kind Nora
Dietzi zusteht Zur Begründung machte sie geltend, dass mit dem Tode
der Adoptivmutter die elterliche Gewalt ipso jure an sie, die leibliche
Mutter, ss .zuriickgefallen sei (THALBERG, Adoption S. 207; EGGER,

Komm. zuArt. 268 ZGB S. 352; SILBERNAGEL,K0m1n.

:zu Art. 268
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 268 - 1 Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
1    Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
2    Die Adoptionsvoraussetzungen müssen bereits bei der Einreichung des Gesuchs erfüllt sein.304
3    Ist das Gesuch eingereicht, so hindert Tod oder Eintritt der Urteilsunfähigkeit der adoptierenden Person die Adoption nicht, sofern die anderen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind.305
4    Wird das Kind nach Einreichung des Gesuchs volljährig, so bleiben die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger anwendbar, wenn deren Voraussetzungen vorher erfüllt waren.306
5    Der Adoptionsentscheid enthält alle für die Eintragung in das Personenstandsregister erforderlichen Angaben betreffend den Vornamen, den Namen und das Bürgerrecht der adoptierten Person.307
ZGB, S. 70).

Der Beklagte bestritt sowohl die Zuständigkeit des .'Zivilrichters als
seine Passivlegitimation und trug in ider Sache selbst auf Abweisung
der Klage an.

Durch Urteil vom 26. August 1919 hat das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt in Uebereinstimmung mit der ersten Instanz die Klage
abgewiesen. Den Motiven ist zu entnehmen: Für die zu entscheidende
Hauptfrage, ob der Klägerin die elterliche Gewalt über das Kind Nora
zustehe, sei privates Recht smassgehend ; es handle sich somit um eine
Zivilstreitigkeit. Dabei komme dem Kanton Basel-Stadt die Rolle des
Beklagten zu, da er durch seine Organe der Klägerin die elterlichen
Gewaltrechte bestreite. Auf die materielle Frage selbst gebe das
Zivilgesetzbuch keine Antwort. Bei der nach Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
ZGB vor-zunehmenden
Ausfüllung der Lücke könne weder auf ein Gewohnheits-recht noch
auf bewährte Lehre und Ueberlieferung,' "woran es fehle, abgestellt
werden. Demnach habe der

"Richter nach der Regel zu entscheiden, die er als Ge--

setzgeber aufstellen würde. Dabei falle namentlich ins Gewicht, dass
das Kind durch die Adoption regelmässig in durchaus andere und zwar
bessere Verhältnisse komme. Eine Rückversetzung in den ihm völlig fremden
Lebenskreis der leiblichen Eltern wiirde daher weder seinen Interessen
noch dem Sinn und Geiste des Institutes der Adoption entsprechen. Die
Eltern dürften sich über den endgültigen Verlust ihrer Gewalt-rechte
nicht beklagen, da sie durch die Zustimmung zur Adoption selbst darauf
verzichtet hätten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 45 II 487
Datum : 15. Oktober 1919
Publiziert : 31. Dezember 1920
Quelle : Bundesgericht
Status : 45 II 487
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 486 Elektrische Anlagen N° 72. über Starkstromeinflüssen, die eine sichere Feststellmlg


Gesetzesregister
OG: 56
ZGB: 1 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
254 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 254
255 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 255 - 1 Ist ein Kind während der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater.
1    Ist ein Kind während der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater.
2    Stirbt der Ehemann, so gilt er als Vater, wenn das Kind innert 300 Tagen nach seinem Tod geboren wird oder bei späterer Geburt nachgewiesenermassen vor dem Tod des Ehemannes gezeugt worden ist.
3    Wird der Ehemann für verschollen erklärt, so gilt er als Vater, wenn das Kind vor Ablauf von 300 Tagen seit dem Zeitpunkt der Todesgefahr oder der letzten Nachricht geboren worden ist.
268 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 268 - 1 Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
1    Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
2    Die Adoptionsvoraussetzungen müssen bereits bei der Einreichung des Gesuchs erfüllt sein.304
3    Ist das Gesuch eingereicht, so hindert Tod oder Eintritt der Urteilsunfähigkeit der adoptierenden Person die Adoption nicht, sofern die anderen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind.305
4    Wird das Kind nach Einreichung des Gesuchs volljährig, so bleiben die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger anwendbar, wenn deren Voraussetzungen vorher erfüllt waren.306
5    Der Adoptionsentscheid enthält alle für die Eintragung in das Personenstandsregister erforderlichen Angaben betreffend den Vornamen, den Namen und das Bürgerrecht der adoptierten Person.307
314 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
317 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
318 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 318 - 1 Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
1    Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
2    Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.449
3    Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.450
368 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 368 - 1 Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen.
1    Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen.
2    Sie kann insbesondere der beauftragten Person Weisungen erteilen, diese zur Einreichung eines Inventars, zur periodischen Rechnungsablage und zur Berichterstattung verpflichten oder ihr die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen.
500
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 500 - 1 Der Erblasser hat dem Beamten seinen Willen mitzuteilen, worauf dieser die Urkunde aufsetzt oder aufsetzen lässt und dem Erblasser zu lesen gibt.
1    Der Erblasser hat dem Beamten seinen Willen mitzuteilen, worauf dieser die Urkunde aufsetzt oder aufsetzen lässt und dem Erblasser zu lesen gibt.
2    Die Urkunde ist vom Erblasser zu unterschreiben.
3    Der Beamte hat die Urkunde zu datieren und ebenfalls zu unterschreiben.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • tag • weiler • vermutung • eid • zweifel • geschlecht • basel-stadt • 1919 • mann • schwangerschaft • mutter • geschlechtsverkehr • ehe • bundesgericht • hebamme • elterliche gewalt • frage • frist • vorinstanz
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