922 Obligafionenrecht. N° 49.

dass der behauptete Irrtum nicht ein wesentlicher im Sinne des Art. 24
OR ist. ,

Von einem Irrtum gemäss Art. 24 Ziff. 3 kann schon ' deswegen keine
Rede sein, weil für die Zeit des Abschlusses bezw. die Zeit des
Einganges der Ware (also des Liefertermines) der Beklagte sich über
die Preisverhältnisse gar nicht geirrt hat. Der Montagner war damals
nicht erheblich mehr wert als der Beklagte meinte. Geirrt hat sich
der Verkäufer damals nur insofern, als er annahm, die Liquidation des
Geschäftes werde in der vorgesehenen Zeit vor sich gehen. Dieser Irrtum
aber ist ein unwesentlicher. Andernfalls müssten alle durch den Krieg
verzögerten Geschäfte anfechtbar sein. Er ist nur ein Irrtum im Motiv,
im Resultat, ein Irrtum über die Eintràglichkeit eines Geschäftes,
der sich auch auf Art. 24 Ziff. 4v nicht stützen kann.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts Zürich
vom 11. Februar 1919 bestätigt.

49. Urteil der I. einheizen-g vom12.Jnni 1919 i. S. von Hahn gegen
BabyStar-s Erben.

B etrug ? B ürgschaf t oder Vertrag zu Gunsten Dritter ? Un erlan !) t
e H an dlung. Die ausserordentliche Verjährung des Art. 60 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 60 - 1 Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35
1    Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.35
1bis    Bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung mit Ablauf von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit Ablauf von zwanzig Jahren, vom Tage an gerechnet, an welchem das schädigende Verhalten erfolgte oder aufhörte.36
2    Hat die ersatzpflichtige Person durch ihr schädigendes Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung ungeachtet der vorstehenden Absätze frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.37
3    Ist durch die unerlaubte Handlung gegen den Verletzten eine Forderung begründet worden, so kann dieser die Erfüllung auch dann verweigern, wenn sein Anspruch aus der unerlaubten Handlung verjährt ist.
OR
ist nicht anwendbar, wenn durch rechtskräftiges Urteil festgestellt
ist, dass die Handlung, aus welcher die Zivilklage hergeleitet Wird,
nicht strafbar sei. Keine neue Einrede i. S. von Art. 80 0 G, weil die
kanton. Instanz die Verjährungsfrage von sich aus untersucht hatte.

A . Mit Vertrag vom 17. Mai 1905 verkaufte Theodor Schröter in Zürich
sein Verlagsgeschäft um 300,000 Fr.

an Erhard Richter. Um die geforderte Anzahlung von

Obligationen-seichtN° 49. 323--

,100,000 Fr.. leisten zu können, setzte sich Richter in Beziehung mit
F. Grebner aus Berlin, damals in Affoltern, und mit F. Spörri in Baden,
die beide bedeutende Dar leihen in Aussicht stellten. Richter setzte eine
Berechnung der Rentabilität des Geschäftes auf, worin ein jährlichen
Reingewinn von 72,000 Fr. ausgewiesen wurde. Diese Aufstellung trug
am Fusse den von Richter eigenhändig geschriebenen Satz : Umstehende
Bilanz habe an Hand der schriftlichen Angaben des Herrn Th. Schröter und
darauffolgender persönlicher Prüfung der Bücher und. Fakturen möglichst
genau und gewissenhaft selbst aufgestellt und kann für Richtigkeit
(kleinere Irrungen vorbehalten) jederzeit einstehen.

Am 1. Juli 1905 ging Grebner mit Richter einen Darlehensvertrag ein,
wonach er diesem 35,000 Fr. zu beschaffen hatte, gegen 5% Zins und
einen Anteil am Reingewinn des Geschäftes von 11,67 %, Wobei Richter
die Garantie übernahm, dass dieser Gewinnanteil wenigstens 15%,
des Darleihenskapitals, also 5250 Fr., neben der Verzinsung betragen
werde. Tatsächlich bezahlte Grebner nur 34,000 Fr. Es steht fest, dass
dieses Geld mit der Anzahlung Richters in die Hand des Theodor Schröter
gelangt ist. .

Schon nach dern ersten Geschäftsjahr stellte sich heraus, dass der
von Richter berechnete Reingewinn bei weitem nicht erreicht Werde, und
dass bei den vorhandenen Zins-.und Abzahlungslasten das Geschäft sich
nicht halten. lasse. Richter klagte gegen Schröter auf Aufhebung des
Kaufvertrages wegen Betmges und erzielte auf dem Vergleichsweg einen
Nachlass von 20,000 Fr. auf der Kaufsumme. Dagegen schlug Grebncr die
ihm anerboteneRückzahlung des Darlehens samt Zins aus.

Am. 30. November 1908 trat Richter des Verlagsgeschäft zum Preise von
280,000 Fr. an Fritz Schröter,

Sohn des Theodor Schröter, ab. Entgegen dem Darlehens--

vertrag erhielt Grebner vom Verkaufe erst nach Abschluss. Kenntnis. Dem
Käufer wurde die Schuld des Verkäufers.

324 . Obligationenrecht. N' 49.

gegenüber Theodor Schröter über-banden ; die restierenden

136,787 Fr. sollten vom Käufer durch eine Bürgund "Selbstzahlerschait
des Theodor Schröter sichergestellt, ' mit 5% verzinst und in Raten
abbezahlt werden, und zwar solange halbjährlich je 10,000 Fr. mit
entsprechenden Zinsen, als die Verbindlichkeiten des Verkäufers
gegenüber Spörri und Grebner nicht vollständig bezahlt sein würden. Im
Original des Vertrages hatte Theodor Schröter da, wo von seiner Bürgund
Selbst-zahlervsc-,h:-1ktsverpfliehtnng die Rede ist, seinen Nam'enszug
am Rande beigefügt ; eine besondere Urkunde scheint hierüber nicht
aufgestellt warden zu sein.

Ueber Richter wurde am 16. Februar 1909 der Konkurs eröffnet ,und
am 29. April 1910 heendigt. Dabei kam Grebner, wie die laufenden
Gläubiger überhaupt, vollständig zu Verlust. Im Konkurse hatte der
Gläubigerausschuss beschloSsen, den Kaufvertrag Richters mit Fritz
Schröter als Ganzes nicht anzufechten, weshalb denn auch das Guthaben
Richters von 136,787 Fr. auf den Käufer verwertet und für 10,000 Fr. dem
Buchvdrucker Meyer zugeschlagen wurde. Dagegen sollte die im Vertrag
liegende Begünstigung des Theodor Schröter angefochten werden ; der
bezügliche Auftrag wurde aber nicht ausgeführt. Auch Grabner verlangte
die Aussonderung der Forderung Richters auf Theodor Schröter, weil dieser
im Ver-trage die Verpflichtung übernommen habe, die Darlehensgläubiger
Grebner und Spörri direkt zu befriedigen. Die Klage wurde aber abgewiesen.

Inzwischen, nämlich am 15. Mai 1909, trat Fritz _

Schröter das Verlagsgeschäft wiederum an. den Vater Theodor Schröter zum
Preise von 280,000 Fr. ab.-Daffir übernahm dieser die Schuld des Fritz
Schröter an die Konk'ursmasse Richter im Betrage von 92,937 Fr. 71 Cts.,
ferner frühere Geschäftssehulden desselben im Betrage

von 43,849 Fr. 99015... und endlich wurde die eigene

Restiordernng des Theodor Schröter an Richter, die Fritz '1Schröter
seinerzeit mit dem Geschäft übernommen

Obllgeüonenrecht. N° 49. ss 325

sbatte, im Betrage von 14.3,212Fr. 30 Cts. verrechnet. SLS-iter verkaufte
Theodor Schröter das Verlagsgeschäft zum Preise von 200,000 Fr. an
Buchdrucker Meyer.

Auf Veranlassung Grebners wurde gegen Richter, Fritz und Theodor
Schröter Anklage wegen betrüglichen Bankerotts und Gläubigerbegünstigung
erhoben. Das Bezirksgericht Zürich hat mit Urteil vom 11. Oktober 1916
die Angeklagten freigesprochen Die Berufung der Zivilpartei gegen dieses
Urteil ist vom Obergericht mit Beschluss vom 28. August 1917 als verspätet
zurückgewiesen worden. ' si

B; Im vorliegenden, im September 1912 angehobenen Zivilprozesse hat
Grebner folgende ,Begehren gestellt:

1. Ist der Beklagte verpflichtet, dem Kläger 49,150 Fr, plus Zins zu 5%
seit 11. Dezember 1918 zu bezahlen plus 90 (Its. Betreibungskosten ? '

2. Ist eventuell der Kaufvertrag, vom 30. November 1908 zwischen Erhard
Richter als Verkäufer und Fritz Schröter als Käufer, sowie der weitere
Kaufvertrag zwischen Sohn Fritz Schröter als Verkäufer und Vater Theodor
Schröter als Käufer der AktiVen des ursprüng.) lichen Schröter'schen
Buchhandelgeschäftes als frau dulös anfechtbar und aufzuheben ? und
ist demge ·-) mäss der an diesen fraud'ulösen Geschäften beteiligte
Beklagte für den gestifteton Schaden von 49,150 Fr; plus Zins zu 5% seit
11. Dezember 1908, eventuell ) eine geringere richterlich zu bestimende
Summe haftbar und zahlungspf'lichtig ?

C. Das Bezirksgericht Horgen hat mit Urteil vom 3. Mai 1915 die Klage
abgewiesen. Die I. Appellationskammer des Obergerichts dagegen hat
unterm 19. Dezember 1917 die Klage im Betrage von 7139 Fr. nebst 5%
Zins seit 2. Februar 1909 geschützt und die Mehrforderung abgewiesen. ' '

D. . Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Klägerin Alice von
Hahn als Rechtsnachfolgerin des, Verstorbenen Grebner und die Erben des
ebenfalls ver--

326 Oblig'ationenreeht. siN49.

storbenen Beklagten Theodor Schröter rechtzeitig die _

Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit den Anträgen. * ,Die
Klägerin: *

Es1 sei die Klage in vollem Umfange gemäss Rechts begehren 1, eventuell
es sei die Antechtungsklage im Sinne von Rechtsbegehren 2 gutzuheissen.

2. Die Beklagten.

1 . Es sei die Berufunggutznheissen und in Aufhebung des angefochtenen
Urteils die Klage gänzlich abzu weisen.

2. Eventuell seien die Akten durch das Bundes gericht durch Erhebung
einer Expertise darüber zu ergänzen, welches der mutmassliche Erlös des
streitigen Verlagsgeschäftes gewesen wäre, wenn es im Konkurse Richters
hätte verkauft werden müssen, und gestützt darauf ein neues Urteil im
Sinne der Abweisung der Klage zu fällen.

3. Weiter ev entnell seien die Akten zum Zwecke der unter 2. beantragten
Aktenergänzung und zur Anstal-

lung eines neuen Urteils an die Vorinstanz zurückzu .

weisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Klägerin hat in erster Linie den Standpunkt eingenommen,
Theodor Schrötei habe Richter wissentlich die unwahre Angabe gemacht,
das Verlagsgeschäft weite einen jährlichen Reingewinn von 72, 000 Fr. ab,
und dm ch diese gleiche unwahre Angabe sei Grebner bewogen

worden, Richter das Darlehen von 35,000 Fr. zu ge_

währen. Die kantonalen Instanzen haben aber dargetan, dass Von einem
solchen Betrage in Wirklichkeit nicht die Rede sein könne. Es genügt, in
dieser Hinsicht auf ihre Ausführungen zu verweisen, denen gegenüber die
Klägerin in der Berufungsinstanz nichts stichhaltiges vor gebracht hat.

2. Sodann macht die Klägerin geltend, Theodor

Schröter habe die Schuld Richters an Grebner über- -

.... ___ _.

Obligationenrecht. N° 49. , 327

_; nommen, beziehungsweise er habe diesem gegenüber

für jene Verbindlichkeit Bürgschaft geleiStet, oder aber es liege ein
Vertrag zu Gunsten Dritter im Sinne Von Art. 128 aOR vor. Richtig ist,
dass in Ziff. III des Vertrages vom 30. November 1908 zwischen Richter
und Fritz Schröter eine Bürgund Selbstzahlerschaftsverpflichtnng des
Theodor Schröter erwähnt ist, wobei dieser am Rand seine Unterschrift
beigesetzt hat. Will man hierin eine gültige Bürgschaft erblieken,
so besteht sie aber jedenfalls nur zu Gunsten Richters, für dessen
Kaufpreisiorderung an Fritz Schröter, nicht zu: Gunsten Grehners. Wie
die kantonalen Instanzen aktengemäss und daher für das Bundesgericht
verbindlich festgestellt haben, ist zwischen Theodor Schröter und Grebner
niemals weder eine Schuld'übernahme vereinbart, noch eine Bürgschaft
abgeschlossen worden, und Grebner hat weder je ein solches Obligo ,
noch eine Bürgschafteverpfh'chtung ausgehändigt erhalten. Dass Richter
Schuldner Grebners bleiben sollte, ergibt sich aus dem Vertrag mit aller
Deutlichkeit; es fand also nicht einmal eine Schuldübernahme durch Fritz
Schröter, geschweige denn durch Theodor Schröter statt. Allerdings wurde
die Uebemahme einer direkten Verpflichtung durch Vater und Sohn Schröter
ins Auge gefasst, indem Richter dem Grebner die Abtretung eines Teiles
der Forderung an Fritz Schröter, mit der Bürgund Selbstsi zahlerschat't
des Theodor Schröter, gegen seine Entlassung aus der Schuldpflicht anbot;
allein die Sache kam nicht zustande. Ebensowenig kann von einem Vertrage
zu Gunsten Dritter im Sinne von Art 128 aOR gesprochen weiden Die Annahme
eines zwischen Richter und Fritz Schröter einerseits und Theodor Schröter
andrerseits abgeschlossenen Vertrages, welcher Grebner als Begünstigten
berechtigt hätte, sieh für seine Forderung an Richter durch Theodor
Schröter bezahlt zu machen, ist schon deshalb von der Hand zu, weisen,
weil sie der tat-

sachlichen Grundlage entbehrt ; sie lässt sich auch nicht

328 Obligationenrecht. N° 49.

mit etweleher Schlüssigkeit aus der Korrespondenz herleiten, weshalb auf
die weitere Frage, ob Grebner die Erfüllung rechtsgültig gefordert habe,
nicht einzutreten ist.

3. Vor den kantonalen Instanzen hat die Klägerin weiterhin die
Uebertragung des Geschäftes von Richter auf Fritz Schröter und von diesem
auf Theodor Schröter gestützt auf Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.512
SchKG angefochten, Wobei sie
geltend machte, der erste Vertrag sei simuliert. Allein da sie diesen
Standpunkt selber nicht mehr aufrechthält, erübrigt es sich, auf die
einzelnen dabei zu entscheidenden Fragen einzugehen ; es mag lediglich
bemerkt werden, dass auch hier die übereinstimmenden Ausführungen
der kantonalen Instanzen nach keiner Richtung als rechtsirrtümlich
erscheinen,_ sondern vielmehr in allen Teilen zutreffen-

4. Es bleibt zu untersuchen, ob Theodor Schröter der Klägerin aus
unerlaubter Handlung hafte und die Klage aus diesem Rechtsgrunde
gutgeheissen werden könne. Dabei ist in erster Linie die von den Beklagten
erhobene Verjähmngseinrede, und zwar zunächst auf ihre Zulässigkeit zu
prüfen. Denn diese Einrede ist zum ersten Mal in der.Berufungsinstanz'
erhoben werden. Allein das rührt davon her, dass der Rechtsgrund der
unerlaubten Handlung im Prozess klägerischerseits gar nicht geltend
gemacht werden war, sondern überhaupt erst von der Vorinstanz aufgeworfen
worden ist, sodass die Beklagten erst in der Berufungsinstanz dazu haben
Stellung nehmen können. Bei dieser Sachlage ist der Einwand der Klägerin,

. es handle sich um ein nach Art. 80
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.512
OG unzulässiges ss

Novum, als unstichhaltig zurückzuweisen. Die Einrede ist deshalb
keine neue, weil die Vorinstanz die Haftung aus. unerlaubter Handlung
im angefochtenen Urteil von sich aus behandelt und dabei auch die
Verjährungsfrageuntersucht hat, obsehon nach Art. 160 aOR der Richter
die Verjährung nicht von Amtes Wegen berücksichtigen kann, sondern das
Vorbringen der Einrede durch dieObligationenreeht. N° 49. 329

Partei abwarten muss. Der Tatbestand ist also nicht in

unzulässiger Weise in der eidgenöSsischen Instanz erweiter-c Werden,
sondern die .Verjährungseinrede war bereits im kantonalen Tatbestand,
wie er dem Bundesgericht unterbreitet werden ist, enthalten.

In der Sache selber ist, was zunächst die in Art. 69 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 69 - 1 Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.
1    Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.
2    Will der Gläubiger eine Teilzahlung annehmen, so kann der Schuldner die Zahlung des von ihm anerkannten Teiles der Schuld nicht verweigern.
alt (= 60
Abs. 2 rev.) OR. vorgesehene ausser' ordentliche Verjährung, 6. h. die
Annahme der längeren strafrechtlichen Verjährungsfrist auch "für den
Zivilanspruch betrifft, der Vorinstanz insofern beizupflichten, als für
die Anwendung dieser Bestimmung eine v'orgängige Strafverfolgung oder
gar ein Strafurteil nicht notwendige ' Voraussetzung ist, vielmehr der
Zivilrichter, wenn kein ' Strafurteil vorliegt, in der Prüfung der Frage,
ob die Handlung strafbar sei, frei ist (vergl. Art. 59
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 59 - 1 Wer von dem Gebäude oder Werke eines andern mit Schaden bedroht ist, kann von dem Eigentümer verlangen, dass er die erforderlichen Massregeln zur Abwendung der Gefahr treffe.
1    Wer von dem Gebäude oder Werke eines andern mit Schaden bedroht ist, kann von dem Eigentümer verlangen, dass er die erforderlichen Massregeln zur Abwendung der Gefahr treffe.
2    Vorbehalten bleiben die Anordnungen der Polizei zum Schutze von Personen und Eigentum.
alt, 53 rev.
OR). Wenn die Vorinstanz aber weiter ausführt, der Zivih'ichter sei
an ein vorangegangenes freisprechendes Urteil des Strafrichters nicht
gebunden, so übersieht sie, dass die Strafbarkeit hier Voraussetzung
des Zivilanspruchs, beziehungsweise der langem Verjährung, ist, es
sich somit um einen Fall wahrer Präjudizialität des im Strafprozesse
ergangenen Urteils handelt. Das Bulfdesgerieht hat denn auch, Wie
schon seit Jahrzehnten in Auslegung des Begriffes der " strafrechtlich
verfolgbaren Handlung in Art. 6 Abs. 3
SR 611.0 Bundesgesetz vom 7. Oktober 2005 über den eidgenössischen Finanzhaushalt (Finanzhaushaltgesetz, FHG) - Finanzhaushaltgesetz
FHG Art. 6 Jahresrechnung des Bundes - Die Jahresrechnung des Bundes umfasst:
a  ...
b  die Erfolgsrechnung;
c  die Investitionsrechnung;
d  die Geldflussrechnung;
e  die Bilanz;
f  den Eigenkapitalnachweis;
fbis  den Nachweis der Einhaltung der Schuldenbremse;
g  den Anhang.
FHG (s. insbes. AS 37 II S. 571
f.), in den neueren Urteilen i. S. Favrat gegen Filliettaz (AS 38 II
S. 485 f.) und Brandv'ersicherungsanstalt Bern gegen Binggeli (AS 44 II
S. 177 f.) ausgesprochen, dass eine Schadenersatzklage aus strafbarer
Handlung dann nicht mehr erhoben werden könne, wenn die Strafbehörden
rechtskräftig festgestellt haben, dass dem Staate aus der erwähnten
Handlung kein Strafanspmch erwachsen sei (vergl. ferner WEISS, Konnexe
Zivilund Strafsachen S. 259 if. und Berufung S. 297 f.; BECKER, Kommentar
zum OR Art. 60 S. 257). Danach

{ist als bundesrechtlicher Satz anzusehen, dass wenn durch

rechtskräftiges Urteil festgestellt ist, die Handlung, aus

330 Obligationenrecht. N° 49.

welcher die Zivilklage hergeleitet wird, sei nicht strafbaré die
Bestimmung, dass die längere strafrechtliche Ver-{ jàhrungsfrist auch für
den Zivilanspruch gelte, nicht zur; Anwendung kommt, weil der Zivilrichter
an das Strafurteil gebunden ist. Wenn daher die Vorinstanz, trotzdem

der strakrichter das Vorhandensein einer strakharen

Handlung bereits rechtskräftig verneint hatte (s. Urteil des
Bezirksgerichts Zürich vom 11. Oktober 1916 und Beschluss der
II. Appellationskammer des Obergerichts Zürich vom 28. August 1917),
das freisxirechende Urteil als nicht in Betracht kommend bezeichnet
und die Frage, ob der Tatbestand des betrüglichen Bankerottes und
der Gläubigerbegünstigung gegeben sei, nochmals frei geprüft und
entschieden hat, so hat sie das Anwendungsgebiet des Art. 69 Abs. 2
aOR in unzulässiger Weise erweitert und damit Bundesrecht verletzt;
sie durfte nicht mehr auf die längere Verjährungsfrist des Streit echtes
abstellen, gleichviel ob sie ihrerseits, im Gegensatz zum Strairichter,
der Auffassung war, dass tatsächlich eine straibare Handlung vorliege.

Ist somit die Anwendbarkeit der ausserordentlichen Verjährungsfrist
des Art. 69 Abs. 2 aRO auf den vor liegenden Schadenersatzanspruch
ausgeschlossen, so kann sich nur noch fragen, ob er innerhalb der
ordentlichen Verjährungsptlieht des Art. 69 Abs. 1 aOR geltend gemacht
werden sei. Demnach ist zu prüfen, wann Grebner frühestens Kenntnis von
der Schädigung und der Person des Täters erlangt hat. Als schädigende
Handlung kommt entscheidend in Betracht die Mitwirkung des Theodor
Schröter bei dem am 30. November 1908 zwischen Richter und Fritz Schröter
abgeschlossenen Vertrage, durch den das'Verlagsgeschäft van ersterein auf
letzteren übergegangen ist. Vom Abschluss dieses Vertrages hatte aber
der damalige Vertreter Grebners, Rechtsanwalt Dr. Schnabel, spätestens
am 10. Dezember 1908 Kenntnis, wie aus dessen Brief vom gleichen Tage
an Fritz Schröter hervorgeht Dieser Brief zeigt, dass Dr. Schnabel schon

Obligationenrecnt. N° 49. 331

damals im Vortrage Richter-Fritz Schröter eine Begünstigung des Theodor
Schröter, also eine seinen Mandanten schädigende stratbare Handlung
erblickt hat. Von dem Umfange der Schädigung sodann erhielt er

spätestens mit der Ausstellung des Verlustscheines im ' Konkurs Richter,
am 22. April 1910, Kenntnis. Da das Wissen des Vertreters als eigenes
Wissen Grebners zu gelten hat, lief somit die ordentliche einjährige
Verjährungsfrist des Art. 69 Abs. 1 aOR von diesem Zeitpunkt an. Die
klägerischen Ausführungen darüber, dass auf den Zeitpunkt der Entdeckung
des sogenannten Geheimvertrages zwischen Fritz Schröter und Theodor
Schröter über den Rückverkauf des Geschäftes an letzteren abgestellt
werden müsse, gehen fehl ;, dieser Vorgang War keineswegs eine notwendige
Voraussetzung für die Er; hebung einer Schadenersatzklage gegen Theodor
Schröter aus unerlaubter Handlung. Denn schon _mit dem Vertrag vorn
30. November 1908 war das Verlagsgeschäit aus dem Eigentum Richters
ausgeschieden und damit dein

Beschlag der Gläubiger entzogen; die Voraussetzungen ; si

für den Eintritt der Verjährung waren am 22. April 1910 nach allen
Richtungen erfüllt. Nun steht fest, dass . Grebner innert Jahresfrist seit
diesem Tage eine Schaden'ersatzklagé nicht angehoben hat (die vorliegende
Klage wurde erst im September 1912 eingereicht) und innert* dieser Frist
auch eine Handlung, durch welche die Ver-' jährung gemäss Art. 154 aOR
unterbrochen Werden wäre, nicht erfolgt ist, weshalb ein allfälliger
Anspruch auf Schadenersatz verjährt und die Deliktsklage schon aus diesem
Grunde abzuweisen'ist, ohne dass untersucht zu werden braucht, ob im
übrigen die Voraussetzungen einer unerlaubten Handlung gegeben wären.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

1. Die Berufung der Klägerin wird abgewiesen. 2. Die Berufng der Beklagten
wird als begründet

AS 45 [[ 1913 23

332 Obligationenrecht. N° 50.

erklärt und damit, in Abänderung des Urteils des Ober--

gerichtsdes Kantons Zürich vom 19. Dezember 19127,

die Klage; abgewiesen.

50. Urteil der !. 217113qu vom 13. Juni 1919" _ i.'S. Mumenthelor
gegen Luzern.

Haftung des W er k e i g ent ii m e r s,. der zwar das Uhliche, nicht
aber das nach den Umständen Erforderliche und ihm

Zuzumutende vorgesehen hat. Unfall, herbeigeführt durch

'Kippen eines Hydrantendeckels. '

A. Der Kläger erlitt am 13. Oktober 1916 in der Haldenstrasse in Luzern
einen Unfall. Er trat auf einen Hydrautendeckel, der lose in einem
entsprechenden Falze des Schachtrahmens lag, dabei kippte der Deckel umund
der Kläger fiel vornüber, sich am rechten Fuss erheblich verletzend. ss _

Mit der vorliegenden Klage verlangte Mumenthaler von der Beklagten als
Werkeigentümerin wegen fehlerhafter Anlage beziehungsweise mangelhaften
Unterhaltes der Schaehthedeckung 20,000 Fr. Schadenersatz.

: DieBeklagte hat demgegenüber jede Haftung bestritten, siweil die Anlage
an sich nicht fehlerhaft und auch gut unterhalten gewesen sei. · si

B. Beide kantonalen Instanzen haben die Klage

abgewiesen, das Ohergerieht, weil die Konstruktion, die -

die Beklagte für die Bedeckung ihrer Hydranten gewählt habe, nach dem
eingehalten Gutachten allgemeinfühlieh und seit Jahren allgemein ins
Gebrauch sei. Auch sei durch Zeugenbeweis erhärtet, das-ein Luzern
und insbesondere bei der streitigen Anlage nieein Unfall vorgekommen
Ferner habe der Kläger nicht etwa dargetan, dass zufolge Abnützung der
fragliche Verschluss dem Normaltyp dieser Schaehthedeckungen' gegenüber
sich verändertObligationenrerht, Nein.

habe. Unter diesen Umständen könne weder von mangel-

, halter Anlage noch nngeniigendem Unterhalt die Rede

sein. Auf mangelhafte Unterhaltung dürfe aber auch dann nicht geschlossen
werden, wenn man, der Ansicht der Experten folgend, annehme', der Unfall
sei dadurch möglich geworden, dass ein Fremdkörper habe in den Falz des
Schachtrahmens eindringen können, denn um hieraus auf schlechten Unterhalt
schliessen zu dürfen, hätte bewiesen werden müssen, dass die Beklagte
es an der ordentlichen und vübungsgemässen Reinigung habe fehlen lassen. ,

C.Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung ss an das Bundesgericht
ergrifien, mit dem Antrag auf

si Znsprechung der Klage eventuell Rückweisnng zur Be" weisergänzung. ' '

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Das Bundesgericht hat in konstanter Praxis daran festgehaltemdass für
die Frage, ob der Werkeigentümer das Werk richtig angelegt beziehungsweise
unterhalten hahe, nicht bloss auf die bei Erstellung und Unterhalt solcher
Werke bestehende Uebung abgestellt werden kann.'Wenn der Werkeigentümer
nicht haftenwill, muss er nicht nur das Uebliche, sondern das nach den
Umständen (speziell auch nach der Funktion, die dem betreffenden Werk
zuko'mmt), G e b o t e n e vorgenom-men haben,-AS 38 II S; 74 und Urteil
i. S. Nieriker gegen Geiger vom 12.'NOVen1ber 1915. Damit ist gesagt, dass
den Werkeigentümer ein Abusus nicht befreit. Anderseits aber dürfen von
ihm auch nicht übertriebene z. B. zu kosts'pielige, mit den Interessen des
Publikums in keinem Verhältnis stehende, Aufwendungen verlangt werden. ·

2. 'Geht man hiev'on aus, so ist zunächst die Einwendung des Beklagten
als unerheblich zurückqueisem der streitige SchachtVerschluss sei gleich
konstruiert gewesen, wie die Anlagen dieser Art in den meisten
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Document : 45 II 322
Date : 11. Februar 1919
Published : 31. Dezember 1920
Source : Bundesgericht
Status : 45 II 322
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 922 Obligafionenrecht. N° 49. dass der behauptete Irrtum nicht ein wesentlicher


Legislation register
FHG: 6
OG: 80
OR: 59  60  69
SchKG: 288
Keyword index
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defendant • federal court • hamlet • interest • lower instance • question • error • loan • tortuous act • knowledge • father • 1919 • correctness • damage • knowledge • letter • civil party • heir • insufficient maintenance • legal ground
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