192 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

51. Entscheid vom 24. number 1918, i. S. Bachelor.

Streitigkeit zwischen einem Gläubiger und einem Dritten über die jenem
laut Verteilungsliste zukommende Dividende. Zuständigkeit des Richters
oder der Aufsichtsbehörde ? insbesondere wenn die Streitigkeit sich nach
Art. 217
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 217 - 1 Ist ein Gläubiger von einem Mitverpflichteten des Schuldners für seine Forderung teilweise befriedigt worden, so wird gleichwohl im Konkurse des letztern die Forderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage aufgenommen, gleichviel, ob der Mitverpflichtete gegen den Schuldner rückgriffsberechtigt ist oder nicht.
1    Ist ein Gläubiger von einem Mitverpflichteten des Schuldners für seine Forderung teilweise befriedigt worden, so wird gleichwohl im Konkurse des letztern die Forderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage aufgenommen, gleichviel, ob der Mitverpflichtete gegen den Schuldner rückgriffsberechtigt ist oder nicht.
2    Das Recht zur Eingabe der Forderung im Konkurse steht dem Gläubiger und dem Mitverpflichteten zu.
3    Der auf die Forderung entfallende Anteil an der Konkursmasse kommt dem Gläubiger bis zu seiner vollständigen Befriedigung zu. Aus dem Überschusse erhält ein rückgriffsberechtigter Mitverpflichteter den Betrag, den er bei selbständiger Geltendmachung des Rückgriffsrechtes erhalten würde. Der Rest verbleibt der Masse.
SchKG beurteilt ? s

A. Der Rekurrent, Notar Bochsler in Bremgarten, ' war Inhaber einer
Grundpfandverschreibung von 3000 Fr. haltend auf der in Besenbüren
gelegenen Liegenschaft Kat. Nr. 73 /74, des Josef Dass, Antiquar in Zug,
verbürgt durch Frau Widmer-Staub in Luzern und die Rekursbeklagte Frau
Wiki-Frey in Luzern als Solidarbürgen. In dem in der Folge über den
Grundpfandschuldner Duss ausgebrochenen Konkurs blieb die Forderung
im Betrage von 2379 Fr. 30 Cts. ungedeckt. Gegen die vom Konkursamt Zug
aufgestellte Verteilungsliste, wonach die auf den Pfandausfall entfallende
Konkursdividende im Betrage von 72 Fr. 10 Cts. dem Rekurrenten zugewiesen
wurde, erhob Frau Wiki-Frey rechtzeitig Beschwerde mit dem Anfrage,
die Dividende sei ihr zuzuteilen, Weil sie als Bürgin den Rekurrenten
befriedigt habe und demnach die Dividende beanspruchen könne. Der
Rekurrent beantragte Abweisung der Beschwerde, mit der Begründung,
dass die Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht richtig seien, indem
nämlich n'och ein Betrag von 222 Fr. 90 Cts. ausstehe. Solange aber seine
Forderung nicht völlig bezahlt sei, müsse die Dividende ihm zukommen.

Durch Entscheid vom 24. Oktober hat die Aufsichtsbehörde des Kantons Zug
die Beschwerde in dem Sinne gutgeheissen, dass die Dividende so lange
zu deponieren sei, bis zwischen den Parteien gütlich oder gerichtlich
entschieden sei, wem die Dividende zufallen solle, in Erwägung, dass
die Prüfung der Frage nach der Dividendenherechtigung nicht in die
Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden, sondern des Richters falle und die
strei-und Konkurskammer, N° 51.' 193

tige Dividende daher bis zur Ausfällung des richterlichen Entscheides
hinterlegt werden müsse. ,

B. Gegen diesen, ihm am 26. Oktober angestellten Entscheid rekurriert
Notar Bochsler am 5. November an das Bundesgericht mit dem Antrage,
er sei aufzuheben. Zur Begründung dieses Antrages werden die in der
Beschwerdeantwort gemachten Ausführungen wiederholt-

C. In einer am 4. November bei der kantonalen Aufsichtsbehörde zu Handen
des Bundesgerichts eingelegten Rekursantwort beantragt Frau Wiki-Frey,
der angefochtene Entscheid sei zu bestätigen. Sie macht geltend,
dass sie durch Quittungen die Bezahlung des Pfandausfalls von 2379
Fr. 30 Cts. nachweisen könne. Um den Rest Zinsvergütungen etc. auch
noch begleichen zu können, habe sie den Rekurrenten um Ablegung der
Schlussrechnung ersucht, was dieser bis anhin verweigert habe. Wenn nun
der Rekurrent sich etwa auf den Standpunkt stellen sollte, die Forderung
sei noch nicht ganz gedeckt und er habe-daher Anspruch auf die Dividende,
so könne trotzdem der Rekurs nicht gutgeheissen werden, weil sie den
Pfandausfall, auf den die Dividende entfalle, gedeckt habe.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Der im angefochtenen Entscheide ausgesprochene Grundsatz, dass die
Aufsichtsbehörde nicht zuständig sei zur Beurteilung der Frage nach der
Rechtsbeständigkeit der Ansprüche, die von einem Dritten an der nach der
Verteilungsliste einem Gläubiger zufallenden Dividende geltend gemacht
werden und daher lediglich die Hinterlegung der Dividende verfügen könne,
den Entscheid in der Sache selbst aber dem Richter überlassen müsse, ist
in dieser allgemeinen Formulierung nicht zutreffend. Er ist richtig, wenn
diese Ansprüche sich auf das materielle Recht stützen, nicht aber dann,
wenn die Streitigkeit eine V e r t e i 1 11 n g s f r a g e beschlägt,

194 Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

deren Lösung in den Grundsätzen des Vollstreckungsrechtes gefunden
werden muss; denn unter solchen Umständen ist der Zivilrichter zur Erle'
digung der Streitigkeit inkonipetent, folgerichtig kann die An f si c
h t s b e h ö r d-e nicht lediglich die Deposition anordnen, sondern
sie hat über die Begründetheit des Anspruches zu entscheiden. Ein
solcher Fall liegt aber hier vor. Die Rekursbeklagte bestreitet die
im Kollokationsplan. festgelegte materielle Rechtslage, wonach der
Pfandausfall imBetrage'von 2379Fr.30 Cts. in der 5. Klasse kolloziert
und damit der Anspruch des Rekurrenten auf die, auf diesen Betrag
entfallende Dividende festgestellt wird, nicht, wie auch anderseits
der Rekurrent die der Rekursbeklagten aus Art. 505
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 505 - 1 Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.
1    Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.
2    Im Konkurs und beim Nachlassverfahren des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlassstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält.
3    Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist.
OR zustehenden
Rechte anerkennt. streitig ist nur, auf welche Weise die Konkurrenz
dieser beiden, von den Parteien gegenseitig anerkannten Ansprüche,
in der Verteilungsliste zum Ausdruck kommen soll, d. h. insbesondere,
inwiefern der Anspruch der Rekursbeklagten aus .Art. 505
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 505 - 1 Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.
1    Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.
2    Im Konkurs und beim Nachlassverfahren des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlassstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält.
3    Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist.
OR darin
zu berücksichtigen ist. Die Lösung dieser Frage gibt Art. 217
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 217 - 1 Ist ein Gläubiger von einem Mitverpflichteten des Schuldners für seine Forderung teilweise befriedigt worden, so wird gleichwohl im Konkurse des letztern die Forderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage aufgenommen, gleichviel, ob der Mitverpflichtete gegen den Schuldner rückgriffsberechtigt ist oder nicht.
1    Ist ein Gläubiger von einem Mitverpflichteten des Schuldners für seine Forderung teilweise befriedigt worden, so wird gleichwohl im Konkurse des letztern die Forderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage aufgenommen, gleichviel, ob der Mitverpflichtete gegen den Schuldner rückgriffsberechtigt ist oder nicht.
2    Das Recht zur Eingabe der Forderung im Konkurse steht dem Gläubiger und dem Mitverpflichteten zu.
3    Der auf die Forderung entfallende Anteil an der Konkursmasse kommt dem Gläubiger bis zu seiner vollständigen Befriedigung zu. Aus dem Überschusse erhält ein rückgriffsberechtigter Mitverpflichteter den Betrag, den er bei selbständiger Geltendmachung des Rückgriffsrechtes erhalten würde. Der Rest verbleibt der Masse.
SchKG
weicher bestimmt, dass der Rückgriffsberechtigte im vorliegenden Falle
also die Rekursbeklagte erst dann die Berücksichtigung seiner Rechte im
Verteilungsverfahren verlangen und die Dividende beanspruchen kann, wenn
der Gläubiger für seine Forderung völlige Deckung erhalten hat, sodass
also nur ein allfälligen zur vollen Befriedigung des Gläubigers' nicht
mehr notwendiger Dividendenüberschuss dem Regressberechtigten zugewiesen
werden darf. Dies ist eine Vorschrift, welche die Verteilung im Konkurse
betrifft und über deren Ausführung somit nur die Aufsichtsbehörden wachen
können. Im vorliegenden Falle steht nun aber gestützt auf das von der
Rekursbeklagten in ihrer Rekursbeantwortung vom 4. November gemachte
Zugeständnis fest, dass die Zinsen der von der Rekursbeklagten verbürgten
Forderung noch ausstehend sind, der Rekurrent also nochnicht völlig
befriedigt ist. Folgerichtig kann er die Dividendeund Konkurskammer. . °
52. is.}

beanspruchen, soweit sie zur völligen Deckung seiner Forderung
erforderlich ist und es kann nurein eventuell noch verbleibender
Ueberschuss der Rekursbeklagten zugewiesen werden.

Demnach erkennt die Schuldbefr.und Konkurskammer : Der Rekurs wird
gutgeheissen.

52. Entscheid vom 26. Dezember 1918 i. S. Satt-ei

Anfechtung einer Betreibung nachdem sie abgeschlossen,ein Verlustschein
ausgestellt und gestützt auf den letzteren eine neue Betreibung angehoben
werden ist.

A. Gestützt auf einen in einer früheren Betreibung erhaltenenVerlustschein
betrieb derBeschwerdegegner den Beschwerdeführer für eine Forderung von
207 Fr. 55 Cts. Nachdem diesem am 31. Oktober 1918 der Zahlungsbefehl
zugestellt worden war, erhob er am 20./ 21. November 1918 Beschwerde,
weil die erste Betreihung, trotzdem er damals noch minderjährig
gewesen, statt gegen seinen Vormund, gegen ihn selbst geführt werden
sei. Dementsprechend Verlange er, dass der in der Folge ausgestellte
Verlustschein, weil absolut nichtig, annulliert werde.

Das Betreibungsamt gab seinen Fehler zu, verwies jedoch darauf, dass
die Akte der ersten Betreibung insgesamt in Rechtskraft erwachsen seien.

B. ' Die kantonale Aufsichtsbehörde wies'die Beschwerde wegen Verspätung
ab, davon ausgehend, sie hätte innert 10 Tagen seit Zustellung des zweiten
Zahlungsbefehles erhoben werden müssen, und weil im übrigen die zweite
Betreibung formgültig eingeleitet worden sei.

C. Hierüber beschwerte sich Cattani beim Bundes-

· gericht, indem er beantragen liess: Es sei das in den

Jahren 1916/17 gegen den minderjährigen Otto Cattani in Arlesheim
durchgeführte Betreibungsund PfandAS ni _ 1918 15
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 44 III 192
Datum : 24. Januar 1918
Publiziert : 31. Dezember 1919
Quelle : Bundesgericht
Status : 44 III 192
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 192 Entscheidungen der Schuldbetreibungs- 51. Entscheid vom 24. number 1918, i.


Gesetzesregister
OR: 505
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 505 - 1 Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.
1    Ist der Hauptschuldner mit der Bezahlung von Kapital, von Zinsen für ein halbes Jahr oder einer Jahresamortisation sechs Monate im Rückstand, so hat der Gläubiger dem Bürgen Mitteilung zu machen. Auf Verlangen hat er ihm jederzeit über den Stand der Hauptschuld Auskunft zu geben.
2    Im Konkurs und beim Nachlassverfahren des Hauptschuldners hat der Gläubiger seine Forderung anzumelden und alles Weitere vorzukehren, was ihm zur Wahrung der Rechte zugemutet werden kann. Den Bürgen hat er vom Konkurs und von der Nachlassstundung zu benachrichtigen, sobald er von ihnen Kenntnis erhält.
3    Unterlässt der Gläubiger eine dieser Handlungen, so verliert er seine Ansprüche gegen den Bürgen insoweit, als diesem aus der Unterlassung ein Schaden entstanden ist.
SchKG: 217
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 217 - 1 Ist ein Gläubiger von einem Mitverpflichteten des Schuldners für seine Forderung teilweise befriedigt worden, so wird gleichwohl im Konkurse des letztern die Forderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage aufgenommen, gleichviel, ob der Mitverpflichtete gegen den Schuldner rückgriffsberechtigt ist oder nicht.
1    Ist ein Gläubiger von einem Mitverpflichteten des Schuldners für seine Forderung teilweise befriedigt worden, so wird gleichwohl im Konkurse des letztern die Forderung in ihrem vollen ursprünglichen Betrage aufgenommen, gleichviel, ob der Mitverpflichtete gegen den Schuldner rückgriffsberechtigt ist oder nicht.
2    Das Recht zur Eingabe der Forderung im Konkurse steht dem Gläubiger und dem Mitverpflichteten zu.
3    Der auf die Forderung entfallende Anteil an der Konkursmasse kommt dem Gläubiger bis zu seiner vollständigen Befriedigung zu. Aus dem Überschusse erhält ein rückgriffsberechtigter Mitverpflichteter den Betrag, den er bei selbständiger Geltendmachung des Rückgriffsrechtes erhalten würde. Der Rest verbleibt der Masse.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
weiler • pfandausfall • frage • konkursdividende • richtigkeit • bundesgericht • zufall • verlustschein • notar • zahlungsbefehl • deckung • nichtigkeit • entscheid • richterliche behörde • begründung des entscheids • rechtskraft • beurteilung • rechtskraft • bescheinigung • weisung
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