f478 Obligationenrecht. N° 87.

V. OBLIGATIONENRECHT

DROIT DES OBLIGATIONS

87. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom '7. November
1918 i. S. Hess gegen . Verband schweizerischer Agenten der
Kolonielwarenbranohe.

Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB, 41 if OR. Rechtswidrigkeit eines Boykottes, der

verhängt wird, um den Betrofienen wegen der Nichteinerkennung eines aus
einem konkreten Rechtverhaltmsse hergeleiteten, in Wirklichkeit nach
den dieses beherrschenden Normen nicht bestehenden Forderungsansprnches
zumassregeln bezw. zu dessen Anerkennung zu zwingen. Verschulden.

Der Kläger Hess, der in Le Hävre ein KaiîeeImportgeschàft betreibt,
hatte im Jahre 1906 auf Grund vorangegangener Besprechung und daran
anschliessender Korrespondenz seine Vertretung für den ,Rayon Basel
dem Agenten Vogelbach dort übertragen. Im Jahre 1910 schloss der
Verband schweizerischer Agenten der Kolonialwarenbranche, dem Vogelbach
angehört, mit den Verbänden der Grossisten eine Konvention, nach der
diese sich Verpflichteten, sich bei ihren Einkäufen ausschliesslich der
Vermittlung von Mitgliedern des Agentenverbandes zu bedienen. Ferner
trafen dieOMitglieder des Agentenverbandes unter sich im gleichen Jahre
eine Vereinbarung ,"derzufolge sie die Vertretung von Importhänsern
nur übernehmen dürfen, wenn letztere die Provision nicht bloss auf den
vom Agenten vermittelten, sondern auch auf den direkt im betreffenden
Rayon abgeschlossenen Geschäften entrichten. Uber

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Firmen, welche die Bezahlung einer danach geschuldeten Provision
verweigern, soll vom Verbandsvorstand die Sperre verhängt werden,
d. h. es sollen die Mitglieder aufgefordert werden, die' Vertretung
der Firma niederzulegen bezw. abzulehnen. Die Mitglieder ihrerseits
sind verpflichtet, einer solchen Aufforderung Folge zu leisten.
.Gcstützt hierauf forderte Vogelbach anfangs 1915 vom Kläger Provision
auf verschiedenen Geschäften, die dieser im Jahre 1914 direkt mit dem
Verbande schweiz. Konsumvereine in Basel abgeschlossen hatte.. ,Der
Kläger lehnte die Bezahlung mit der Begründung ab, dass Vogelbach nach
den vertraglichen Vereinbarungen von 1906, die für das Verhältnis zwischen
ihnen bis zu einer Abänderung massgebend seien, einen Provisionsanspruch
nur für die durch Seine Vermittlung zustandegekommenen Abschlüsse habe. Da
er an diesem Standpunkte auch auf die Intervention des Vorstandes des
Agentenverbandes, an den sich Vogelbach gewendet hatte, festhielt,
erliess jener im März 1916 gegen den Kläger die in der Konvention von
1910 vorgesehene Sperreerklärung. Mit der vorliegenden Klage verlangt
der Kläger Verurteilung des Agentenverbandes:

1. zur sofortigen Aufhebung des Boykottes;

2. zur Bezahlung von monatlich 2108 Fr. ab April 1916 bis zur Aufhebung
des Boykortes als Schadenersatz.

Das Bundesgericht hat das erste Klagebegehren gutgeheissen und inbezug
auf das zweite die Sache zu neuer Entscheidung (Feststellung der Höhe
des Schadens) an die kantonalen Instanzen zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

1. Nach der in zahlreichen Entscheidungen niedergelegten Rechtsprechung
des Bundesgerichts, von der abzuweichen kein Grund vorliegt, stellt der
Boykott sich als statthaftes gewerbliches Kampfmittel dar, sofern er zur
Wahrung berechtigter Interessen und nicht zu einem der Rechtsordnung
oder den guten Sitten widersprechenden Zwecke verhängt und nicht mit
rechtswidrigen Mitteln

AS 44 n _ 1918 32

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durchgeführt wird. Als rechtswidrig in Ansehung der verwendeten Mittel
ist eine Sperre dabei insbesondere auch dann zu betrachten, wenn die
Art ihrer Durchführung geeignet ist, die wirtschaftliche Existenz des
Betrofienen, seine wirtschaftliche Persönlichkeit zu vernichten.

Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass hier von derVerwendung
von Mitteln durch den beklagtenVerband, die an sich, nach ihrer Art
unerlaubt waren, oder von einer Vernichtung der Existenz des Klägers
Hess in dem erwähnten Sinne nicht die Rede sein kann. Abgesehen davon,
dass ihm durch die verhängte Sperre nur der Verkehr mit einem Teile der
Schweizerischen Kundschaft, den Grossisten unterbunden wird, Während
der Absatz an die Mi-Grossisten und Konsumverbände dadurch unberührt
bleibt, ist nicht behauptet jedenfalls nicht genügend belegt, dass er
sein Hauptgeschäft oder gar sein ausschliessliches Geschäft mit der
SchWeiz mache, sodass ihm durch die Verschliessung des schweizerischen
Marktes ein fruchtbringender Geschäftsbetrieb überhaupt si unmöglich
gemacht würde. . Hätte der Kläger durch die Sperre lediglich gezwungen

werden sollen, die vom' beklagten Verbande für den geschäftlichen
Verkehr seiner Mitglieder mit den Importhäusern aufgestellten Bedingungen
anzuerkennen, so müsste dieselbe auch dem Zwecke nach als erlaubt gelten.
Das Verlangen, dass der Importeur die Agentur-Provision auf allen im
Bezirke abgeschlossenen Geschäften, gleichviel ob durch Vermittlung des
Agenten oder ohne sie, direkt zustandegekommen, ja selbst dann zu zahlen
habe, wenn der Agent den Abschluss überhaupt nicht hätte herbeiführen
können, weil der betreffende Käufer den Verkehr mit Vermittlern
grundsätzlich ablehnt, mag

weit gehen. Etwas Unerlaubtes oder Unsittliches liegt

darin nicht, zumal es in vielen Fällen nur so möglich ist, dem Versuche
der Umgehung der Provisionsverpflichtung durch den Auftraggeber wirksam
entgegenzutreten. Will der Kläger sich diesen vom Agentenverbande aufge-

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stellten Bedingungen für die Honorierung der Vermittlertätigkeit der
Agenten nicht unterziehen, so kann dem Verbande nicht verwehrt werden,
seine Mitglieder zum Abbruch der geschäftlichen Beziehungen mit dem
Kläger aufzufordern. Denn es steht den Agenten selbstverständlich frei,
die Bedingungen festzusetzen, unter denen sie tätig werden wollen.

Anders ist die Rechtslage, wenn der Zweck der Sperre dahin ging,
den Kläger zur Zahlung der Provisionsforderung zu nötigen, die
der Agent Vogelbach für die im Jahre 1914 direkt mit dem Verbande
schweiz. Konsumvereine in Basel geschlossenen Geschäfte an ihn gestellt
hatte. Nach der Korrespondenz zwischen Vogelbach und dem Kläger vom Jahre
1906, die das vertragliche Verhältnis unter ihnen regelte, stand dem
Vogelbach ein solcher Anspruch nicht zu (folgen Ausführungen hierüber).
Triiit dies zu, so konnten aber daran auch die späteren Konventionen
des beklagten Verbandes mit den Grossisten und der Verbandsmitglieder
unter sich nichts ändern.

*Da es sich dabei um Vereinbarungen zwischen Dritten

handelte, bei denen der Kläger nicht beteiligt war, vermochten sie das
Verhältnis zwischen ihm und Vogelbach selbst dann nicht zu berühren, wenn
er sie gekannt haben sollte, was nach den Akten keineswegs feststeht. War
Vogelbach der Meinung, dass mit Rücksicht darauf seine vertraglichen
Beziehungen zum Kläger auf eine andere Grundlage gestellt werden müssten,
m. a. W. dass er zu den vereinbarten Bedingungen dessen Vertretung nicht
beibehalten könne, so musste er dies dem Kläger mitteilen. Solange
eine solche Mitteilung nicht erfolgt war, durfte letzterer annehmen,
dass das bestehende Vertragsverhältnis nach wie vor aufrecht bleibe,
d. b. durch die Konventionen nicht beeinflusst werde.

Bestand die von Vogelbach behauptete Provisicnskorderung rechtlich nicht,
so durfte aber auch ihre Erfüllung nicht auf dem Wege des Boykottes
gegen den Kläger erzwungen werden. Auch wenn man nicht soweit gehen will

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den Boykott als Mittel zur Durchsetzung aus einem bestehenden konkreten
Rechtsverhältnis hergeleiteter Anssprüche überhaupt anszuschliessen,"
weil es nicht angehe, Streitigkeiten, für deren Entscheidung das geltende
Recht den Parteien den Prozessweg zur Verfügung stellt, statt dessen
durch Eigenmacht zum Austrag zu bringen, muss jedenfalls die Anwendung
dieses Mittels da als unzulässig _ betrachtet werden, wo der Anspruch,
um den es sich han-

delt, objektiv, d. h. nach den das betreffende Rechtsverhältnis
beherrschenden staatlichen Normen nicht begründet ist und demnach
die Boykottierung darauf hinausläuft, dem Bedrohten die Einräumung von
Vorteilen abzunötigen, die zuzugestehen er auf Grund jener Normen auf dem
Wege? des ordentlichen Rechtsgangs nicht verhalten werden ,könnte. Ein
Boykott, der hie-zu verhängt wird, ist rechtswidrig, weil er einen Erfolg
anstrebt, dem die Rechtsordnung die Anerkennung versagt.

Geht man hievon aus, so muss aber auch die Zulässigkeit der hier im
Streite liegenden Sperre verneint werden. Denn was der Verbandsvorstand in
der deren Verhängung vorangehenden Korrespondenz vom Kläger verlangte und
weshalb er ihm die Massregelung androhte, war nicht sowohl die Anerkennung
der -Konventionen mit den Grossisten und der Verbandsmitglieder unter
sich über den Verkehr mit den lmporthäusern als solcher, denn die
Zahlung der Forderung des Vogelbach, bezw. die Weigerung des Klägers,
auf sie einzugehen. Könnte darüber nach den betreffenden Schreiben noch
ein Zweifel bestehen, so müsste er durch das den Boykott anordnende
Zirkular selbst gehoben werden, worin dieser ausschliesslich mit der N
ichtbegleichung jener angeblich ge schuldeten rückständigen Provisionen
begründet wurde. Richtig ist nur soviel, dass der Verbandsvorstand
offenbar annahm, die beiden Fragen, ob der Kläger die Provision an
Vogelbach zu zahlen und ob er die Konventionen anzuerkennen

habe,. seien indentisch. Dass dies nicht zutrifft, ist aber

bereits ausgeführt worden und hätte bei einiger Prü-

Ohligationenreeht. N° 87. 483

fung auch dem Verbande nicht entgehen können. Auch kann derselbe sich zu
seiner Befreiung nicht etwa darauf berufen, dass wenn vom Kläger eine
Entscheidung nur über die zweite dieser Fragen verlangt worden wäre,
das Ergebnis kein anderes gewesen wäre, weil sich aus der Korrespondenz
ergebe, dass der Kläger von einer Provisionspflicht für direkte Geschäfte
,nicht bloss für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft nichts
habe wissen wollen. Die Massregel des Boykottes ist eine so scharfe,
einschneidende, dass der davon Betroffene aus ihrer Androhnng klar muss
erkennen können, welches die Forderungen sind, die an ihn gestellt
werden. Ein Boykott, der aus einem bestimmten Grunde bezw. zu einem
bestimten Zwecke verhängt worden ist, die sich als unzulässig erweisen,
kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass er wenn nicht aus diesem,
so doch aus anderen Gründen statthaft gewesen wäre. Im übrigen steht
auch keineswegs fest, dass der Kläger, wenn er unter Ausschaltung des
konkreten Streites mit Vogelbach lediglich vor die Wahl gestellt worden
wäre, sich den Konventionen für die Zukunft zu unterziehen oder die
Boykottierung zu ge-

wärtigen, sich dazu ablehnend verhalten hätte. Obschon ' das Schreiben
seines Anwaltes vom 6. April 1916 keine ausdrückliche Anerkennung der
Konventionen enthält, so lässt es doch eher vermuten, dass dieselbe vom
Kläger nicht verweigert worden wäre, wenn man nur sie allein verlangt
hätte. Auf alle Fälle war es, nachdem durch diese Zuschrift der Streit auf
den richtigen Boden gestellt und die zwei in Betracht kommenden Fragen
auseinandergehalten worden waren, Pflicht des Verbandes, die Sache
von diesem Standpunkte aus zu behandeln und vorerst den Kläger noch
zu einer bestimmten Erklärung auch zum zweiten Punkte der allgemeinen
Anerkennung der Konventionen für die Zukunft zu veranlassen. Indem es
dies unterliess und statt dessen einfach den einmal ausgesprochenen
Boykott aufrecht erhielt, handelte er nicht nur rechtswidrig, sondern
auch schuldhaft, fahr-

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lässig. Selbst wenn er der Ansicht sein mochte, die Forderung Vogelbachs
bestehe zu Recht, so hätte er sich doch bei objektiver Erwägung sagen
müssen, dass diese Frage zum mindesten sehr zweifelhaft sei. Zu einer
solchen objektiven Untersuchung war er aber verpflichtet, bevor er zu
der Waffe des Boykottes grifi. Lich er ohne sie oder trotzdem er die
objektive Unbegründetheit desAnspruches kannte, dem Vogelbach seine
Hilfe, statt ihn auf den Weg der Anrufung des Richters zu verweisen,
so muss er auch ' die Folgen auf sich nehmen.

2. Enthält die Verhängung des Boykottes demnach eine unerlaubte
Schädigung des Klägers und Störung seiner Interessen, so ist dieser
aber berechtigt, die Einstellung des störenden Verhaltens, d. h. die
Aufhebung des Be ykottes zu verlangen, gleichviel, ob man als Norm,
nach der sich die Folgender unerlaubten Handlungsweise beurteilen, den
Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
ZGB in Verbindung mit Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
OR oder Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. bezw. speziell
48 OR betrachtet, und muss deshalb das dahingehende erste Klagebegehren
gutgeheissen werden. Dagegen kann über die Gegenstand _ des zweiten
Klagebegehrens bildende Schadenersatzforderung heute nicht abgesproehen
werden, da sich die Vorinstanz über die Höhe des dem Kläger erwachsenen
Schadens nicht ausgesprochen hat und auch sonst in den Akten hinreichende
Anhaltspunkte für dessen Bemessung fehlen. Es ist deshalb in diesem
Punkte die Sache zu neuer Beurteilung an die kantonalen Instanzen
zurückzuweisen ......

Obligationenrecht. N° 88. 485

88. Urteil der :. Zivilabteilung vom 15. November 1918 i. S. Treu gegen
Kunkler.

K auf. Absichtliche Täuschun g. Mitteilungspflicht des Verkäufers beim
Kauf nach Muster ohne Besichtigung der Ware.

Am 11. November 1915 verkaufte der Beklagte der Klägerin einen Wagen
Tessiner Kastanien. Die ,Klägerin zahlte am gleichen Tag den Fakturabetrag
und verkaufte den Wagen an Leo Brager in Zürich, der 1hn. seinerseits
einer Firma Seegmüller & C? in Singen zusandte. Diese berichtete ihm am
16. November, die Kastanien seien teilweise faul und schwitzen. Brager
liess die Ware darauf nach Mannheim überfällt-en und dort von einem
gerichtlichen Sachverständigen untersuchen. Dieser stellte fest,
die Kastanien seien feucht und derart 'verdorben, dass sie nur noch
als Viehfutter verwendet werden können. Gestützt auf diesen Befund
verurteilte das Handelsgericht Zusieh die Klägerin an Brager 2897
Fr. 90 Cts. nebst Zins zu 5% seit 14. Januar 1916 als Schadenersatz
zu zahlen. Dieses Urteil wurde, da die Klägerin ihre Berufung an das
Bundesgericht verspätet einreichte, rechtskräftig.

Im heutigen Prozess verlangt die Klägerin vom Be. klagten Ersatz der
aus dem erwähnten handelsgerichtlichen Prozess ihr erwachsenen Auslagen
im Betrage von ,3471 Fr. 60 Cts., weil er sie durch Verschweigung des
Umstandes, dass die Kastanien feucht gewesen, also durch absichtliche
Täuschung, zum Vertragsabschluss bewegen habe. Der Beklagte hat unter
Bestreitung jeder Täuschungsabsicht, und weil die Klägerin den Prozess

gegen Brager nicht sorgfältig genug geführt habe, Al)-

weisung der Klage beantr.agt Die erste Instanz ordnete ein
Beweis-verfahren an, wobei sich aus der persönlichen Befragung des
Beklagten und
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 44 II 478
Datum : 01. Januar 1918
Publiziert : 31. Dezember 1919
Quelle : Bundesgericht
Status : 44 II 478
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : f478 Obligationenrecht. N° 87. V. OBLIGATIONENRECHT DROIT DES OBLIGATIONS 87.


Gesetzesregister
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
ZGB: 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
2    Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
boykott • weiler • beklagter • grossist • zahl • vermittler • bedingung • norm • frage • verhalten • bundesgericht • schaden • verhältnis zwischen • unternehmung • vertrag • schadenersatz • erwachsener • richtigkeit • vorinstanz • handelsgericht
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