38 Obligationenrecht. N° 9.

preuve ayant été fournie que les demandeurs ont subi un dommage matériel
appréciable par suite de l'obligation dans laque'lle ils se sont trouvés
à de nombreuses ' reprises de laver à nouveau le linge maculé par la
suie provenant de l'immeuble de la déienderesse.

le Tribunal fédéral pronunce:

Le recours est écarté et l'arret cantone} est confirmé.

III. OBLIGATIONENRECHTDROIT DES OBLIGATIONS

9. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Januar 1918 i. S. Broatbeok
gegen Bosanmund.

Art. 674
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 674 - 1 Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit:
1    Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit:
1  dem Gewinnvortrag;
2  den freiwilligen Gewinnreserven;
3  der gesetzlichen Gewinnreserve;
4  der gesetzlichen Kapitalreserve.
2    Anstelle der Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve oder der gesetzlichen Kapitalreserve dürfen verbleibende Verluste auch teilweise oder ganz auf die neue Jahresrechnung vorgetragen werden.
OR, Haftung der Verwaltungso r g a n e: der einzelne
Aktionär kann auch den sekundären Schaden, aber nur zu Gunsten der
GeSellschaft, einklagenRecht auf den letztenigGeschäftsgewinn der zu einer
Aktiengesellschaft umgewandelten stillen GeseIISChaft? Dividendengarantie
? ·

A. In Liestal bestand bis zum Jahre 1896 eine Kollektivgesellschaft
mit dem Vater der Kläger und Widerbeklagten Albert Brodtbeck und
dem Ehemann der Beklagten und Widerklägerin, Ambrosius Rosenmund,
als Gesellschaftern. Nach dem Tode des Ehemannes der Beklagten trat
diese an seine stelle in die Gesellschaft ein. In der Folge übernahm
der Vater der Kläger das Geschäft, immerhin liess die Beklagte ihren
Geschäftsanteil stehen. Als dann auch der Vater der Kläger starb, trat
an seine Stelle die Mutter der Kläger. Im Jahre 1909 starb auch sie.
Nunmehr wurde gestützt auf eine aproximative Bilanz und einen zwischen
den Klägern und ihren Schwestern,

Obligationenrecht. N° 9. 39

als Erben der Witwe Brodtbeck einerseits und der Beklagten anderseits
am 25. Februar 1910 abgeschlossenen Vertrag die Firma Brodtbeck in eine
Aktiengesellschaft umgewandelt. Der Konstituierungstag dieser Gesellschaft
fällt auf den 28. Februar 1910.

Als Ersatz für ihr auf 136,723 Fr. 40 Cts. hezifiertes Geschäftsguthaben
wurden der Beklagten bei der Gründung, nach einem Abstrich von 10,000
Fr. 120 Priorität-saktien zu nomine] Fr. 1000 überlassen, und es wurde
ihr Rückzahlung der restierenden 6723 Fr. 40 Cts. in zehn Jahresraten
versprochen, Uebel-dies bestimmt der Gründungsvertrag, dass die beiden
Kläger ihr für die Dauer von zehn Jahren eine durchschnittliche Dividende
von 4 % garantieren.

Die Erben Brodtbeck ihrerseits übernahmen bei der Gründung laut
Konstituierungsbeschluss 130 gewöhnliche Aktien, Wobei 70 Aktien an
Stelle des auf 30,000 Fr. gewerteten fond de commerce und des auf
40,000 Fr. bezîfferten Geschäftsguthabens treten sollten. Hinsichtlich
der restierenden 60 Aktien stellt der Konstituierungsbeschluss eine
Einzahlung von 20 % fest und bestimmt, dass die verbleibenden 80 %
bis 1. Juli 1910 in bar einzuzahlen seien.

In der konstituierenden Generalversahnmung wurden die Kläger zu Direktoren
und Verwaltungsräten ernannt.

Die nach der Gründung aufgenommene definitive Bilanz wies per 31. Dezember
1909 einen Reingewinn der alten Firma von 28,754 Fr. 03 Cts. auf. Diesen
Betrag haben die Kläger zur teilweisen Deckung ihrer Verpflichtung auf
Einzahlung der restlichen 80 % an die 60 nicht voll liberierten Aktien
verwendet.

In der Folge kam es zwischen den Parteien zu Unterhandlungen
betr. die Sanierung des Unternehmens, dem es angeblich an den nötigen
Betriebsmitteln fehlte und am 10. Dezember 1912 wurde ein Vertrag
abgeschlossen, der unter anderem die Parteien zu grösseren Bareinzahlungen
und zur Streichung eines erheblichen Teiles

40 Obligatienenrecht. N° 9.

ihrer Aktien verpflichtete. Die Beklagte hat sich geweigert diesen
Vertrag zu erfüllen.

Hierüber kam es zum Rechtsstreit, in welchem die Kläger die Feststellung
der Gültigkeit des erwähnten Vertrages verlangten, wohingegen die Beklagte
die Abweisung der Klage beantragte und widerklagsweise folgende Begehren
stellte :

1. Die Widerheklagten seien gehalten, an die Tuch kabrik
Brodtbeck-Rosenmund AEG. unter solidarisch-er Haftbarkeit den Betrag
von 28,753 Fr. 03 Cts., nebst Zins zu 5 % seit 1. Januar 1910 zu
bezahlen. Eventuell seien die Widerheklagten gehalten, jeder einen
Betrag von 8868 Fr. 50 (Its, event]. einen nach richterlichem Ermessen
zu bestinunendenBetrag nebst Zins zu bezahlen.

2. Die Widerbeklagten seien gehalten, an die Wider klägerin zu bezahlen,
jeder einen Betrag von 4800 Fr. nebst Zins zu 5 % ab 2400 Fr. seit
1. Juni 1912 und ab 2400 Fr. seit 1. Juni 1913.

B. 'Die Vorinstanzen haben die Hauptklage abgewiesen, ohne dass die Kläger
diesbezüglich die Berufung an das Bundesgericht ergriffen hätten. Was die
Widerklage anbelangt, so ist die erste Instanz anfänglich nicht auf sie
eingetreten. Das Obergericht wies dann aber die Sache zur materiellen
Behandlung an sie zurück, worauf sie das zweite Widerklagebegehren
guthiess und das erste Begehren ahwies. Die Vorinstanz hat dieses Urteil
dahin abgeändert, dass es die Widerklage in vollem Umfange schätzte.

C. Hiegegen ergriffen die Kläger und Widerbeldagten die Berufung an das
Bundesgericht, mit dem Antrag, die Widerklage gänzlich abzuweisen.

Die Beklagte und Widerklägerin hat auf Bestätigung des vorinstanzlichen
Urteils angetragen.

Das Bundesgerichivzieht in Erwägung:

1. lrn-Straits liegt nurmehr die Widerklage. Ihr erstes Begehren stützt
sich auf die Behauptung, dieWiderheklag--Obligatienenrecht. N° 9. · _ 41'

ten haben ihre Pflichten als Gründer und Verwaltungsr'äte

der neuen Aktiengesellschaft nicht erfüllt, indem sie den

Reingewinn der alten Firma per 31. Dezember IM zur Kompensation mit
ihrer Aktien-schuld gebracht haben,

trotzdem dieser Reingewinn gar nicht ihnen, sondern der

Aktiengesellschait gehört habe. Die Widerheklagten seien

durch die Ueberlassung der 40 volliberierten Apportaküen

für ihre sämtlichen Guthaben an die frühere Firma ent schädigt werden,
speziell sei damit auch ihr Anspruch an

den Reingewinn des Jahres 1909 unter-gegangen Das

zweite Widerklagebegehren hat die Widerklägerin damit begründet, dass
die Widerbeldagten. laut Gründungsvertrag ihr eine jährliche Dividende
von durchschnittlich

4 % garantiert, ihr aber trotzdem für die Jahre 1911 und

1912 nichts ausbezahlt haben.

2. Zum ersten Widerklagehegehren ist zunächst zu sagen, dass eine Haftung
der Widerheklagten als G r ü n d e r der Aktiengeselischaft deswegen
ausgeschlossen ist, weil zur Zeit als die angebliche Pflichtverletzung
begangen wurde, die Gründung der Aktiengesellschaft bereits beendet
war. Zu untersuchen ist daher nur, ob die Wider beklagten in ihrer
Eigenschaft als V e r w a l t n n g s r ä t e im Sinne des Art. 674
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 674 - 1 Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit:
1    Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit:
1  dem Gewinnvortrag;
2  den freiwilligen Gewinnreserven;
3  der gesetzlichen Gewinnreserve;
4  der gesetzlichen Kapitalreserve.
2    Anstelle der Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve oder der gesetzlichen Kapitalreserve dürfen verbleibende Verluste auch teilweise oder ganz auf die neue Jahresrechnung vorgetragen werden.
OR
zur Rechenschaft gezogen werden können. . ,

3. Die Widerheklagten haben das in erster Linie deswegen verneint,
weil der Widerklägerin die A k tiv l e g i ti m a t i o n für eine
derartige Klage abgehe. Auch wenn ein Schaden entstanden sein sollte,
so könnte er vorerst nur durch die Aktiengesellschaft geltend gemacht
werden. Im ferneren habe der einzelne Aktionär nur ein Recht, den ihm
selber entstandenen Schaden einzuklagen, während es sich im vorliegenden
um einen direkt nur der Gesellschaft erwachsenen Schaden handle. Endlich
könneeine derartige Klage nur auf Zahlung der Ersatzsumme an den klagenden
Aktionär nicht aber auf Leistung an die--

' Gesellschaft gehen.

Die Vorinstanz hat diese Einrede der Widerheklagten

42 si Obligationenrecht. N° 9.

zurückgewiesen und, im wesentlichen gestützt auf eine Abhandlung
A. WLELANDS, Z. f . schw. R. 23 u.f. S. 260 ff., der Widerklägerin die
Aktivlegitimation zugestanden, indem sie sich auf den Standpunkt stellte,
der einzelne Aktionär könne gestützt auf Art. 674 nicht nur den ihm
direkt, sondern auch den in erster Linie der Gesellschaft erwachsenen
Schaden geltend machen, nur dürfe er hinsichtlich des letzteren nicht
Zahlung an sich, sondern nur an die Aktiengesellschaft verlangen.

Die streitige Enge ist kontrovers, und zwar sowohl hinsichtlich dessen,
was für einen Schaden der einzelne Aktionär nach Art. 674 selber einklagen
kann, als auch hinsichtlich dessen, ob er Leistung an sich oder an die
Gesellschaft verlangen muss.

Zwar scheinen nach dem Wortlaut des Art. 674 dem Aktionär schlechthin
alle Ersatzansprüche zugestanden zu werden, allein diese wörtliche
Interpretation würde die Gefahr schwerer Unzukömmh'chkeiten in sich
tragen. Wenn nämlich dem einzelnen Aktionär die Schadenersatzklage
schlechthin zuerkannt wird, ergeben sich hieraus sowohl Konflikte
mit den Rechten der AktienGesellschaft, als auch mit denen seiner
Mitaktionäre und der Gesellschaftsgläuhiger, indem es der einzelne
Aktionär dann in der Hand hätte, Verniögensbestandteile, die eigentlich
m das Gesellschaftsvermögen, oder die ihm doch nicht allein gehören,
für sich zu gewinnen. Um diese Unzukömmlichkeiten zu vermeiden, wurden
in der Doktrin eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Diese ,Vorschläge
gehen zunächst alle von einer Differenzierung des Schadens aus, indem
zwischen einem primären, das heisst einem dem Aktionär direkt erwachsenen,
und einem sekundären dem Aktionär nur indirekt, durch Schädigung der
Gesellschaft, erwachsenen Schaden unterschieden wird.

Eine erste Meinung nimmt an, dass der Aktionär überhaupt nur den primären
Schaden geltend machen könne, Während die Geltendmachung des sekundären

Obligationenrecht. N° 9. 43

Schadens der Gesellschaft vorbehalten bleibe. So BACH-

MANN, Sonderrechte des Aktionärs , S. 148 if. Dieser Lösung stehen
aber eine Reihe erheblicher Bedenken entgegen. Einmal lässt sie sich
mit dem Wortlaut des Art. 674 nur schwer in Einklang bringen. Sodann
stellt sich der Art. 675 zu ihr in Gegensatz; denn wenn in Art. 674
nur an den primären Schaden gedacht werden wäre, hätte man in Art. 675
die für diesen Fall doch wohl selbstverständliche Bestimmung, dass
ein Generalversammlungsbeschluss den Rechten des einzelnen Aktionärs
keinen Eintrag tun könne, nicht mehr aufnehmen müssen. Endlich wäre der
Aktionär, nach dieser Auffassung, soweit wenigstens nicht ein aus Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.

ZGB anfechtbarer Beschluss vorläge, dem Ermessen der, hinsichtlich der
Verfolgung derartiger Ansprüche einzig kompetenten, Generalversammlung
ausgeliefert Das könnte gerade im konkreten Falle für die Widerklägerin
sehr unliebsame Folgen haben, weil sie mit ihren Aktienstimmen nie gegen
die Stimmenzahl der die Verwaltung unterstützenden Aktiengruppe Brodtloeck
aufkommen könnte. Dementsprechend hat denn auch das Bundesgericht diese
Lösung der Kontroverse abgelehnt. (AS 24 s. 692 ff., E. 4 il; 23 S. 171
f. E. 3.)

Die herrschende Meinung hat angenommen, der einzelne Aktionär könne
nicht nur den primären, sondern auch den sekundären Schaden einklagen,
den letztem aber nur, soweit nicht die Gesellschaft selber klagend nach
Art. 671 auftrete. Klagt die Gesellschaft selber, so geht nach dieser
Ansicht der Anspruch des Aktionärs unter, verzichtet sie dagegen auf
die Prozessführung, so steht seiner Klage nichts im Wege. (ROSSEL,
Kommentar, S. 730, BÉGUELIN, Journal des tribunaux 1901 S. 54,
WECHTER, Z. f. schw. R. 11. F. 7 S. 396, WELTI, Organisation der
Aktiengesellschaft, S. 104, BACHMANN (der auf seine frühere Ansicht
zurückgekommen ist), Komm. Art. 674 Nr. 3, Art. 675 Nr.,ö.) Auch diese
herrschende Meinung erweckt aber in ihrer praktischen Durchführung Beden-

44 Obligationenrecht. N° 9.

ken. Vor allem gilt das für die Berechnung des Anspruches des
einzelnen Aktionärs. Er kann natürlich nicht den ganzen Schaden ersetzt
verlangen, weil er sich sonst auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger
bereichern könnte. Danach muss für jeden einzelklagenden Aktionär eine
Anspruchsquote berechnet werden. Die Berechnung dieser Quote ist aber
äusserst schwierig. Man kann nicht einfach auf die Aktienquote abstellen,
weil damit wiederum die Gläubigerinteressen verletzt Würden. Diese
verlangen, dass vor jeder Auszahlung an einen Aktionär festgestellt

wird, ob das Grundkapital gedeckt bleibt. Zu dieser '

Feststellung aber müsste man alle Gläubiger und alle ihre Guthaben an die
Gesellschaft kennen, eine Voraussetzung, die bei bestehender Gesellschaft
kaum erfüllt werden kann. Zu diesen Schwierigkeiten kommt hinzu, dass
durch die Auszahlung von Kapitalien, die eigentlich in das Vermögen der
Gesellschaft gehören, ein erster Grundsatz des Aktienrechtes, dass Während
des Bestehens der Gesellschaft der einzelne Aktionär auf solche K a p
i t a l auszahlungen wenigstens grundsätzlich kein Recht hat, verletzt
würde. (LEHMANN, Handelsrecht, S. 375 H. Art. 629 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 629 - 1 Die Gesellschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Aktiengesellschaft zu gründen, darin die Statuten festlegen und die Organe bestellen.
1    Die Gesellschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Aktiengesellschaft zu gründen, darin die Statuten festlegen und die Organe bestellen.
2    In diesem Errichtungsakt zeichnen die Gründer die Aktien und stellen fest, dass:
1  sämtliche Aktien gültig gezeichnet sind;
2  die versprochenen Einlagen dem gesamten Ausgabebetrag entsprechen;
3  die gesetzlichen und statutarischen Anforderungen an die geleisteten Einlagen im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Errichtungsakts erfüllt sind;
4  keine anderen Sacheinlagen, Verrechnungstatbestände oder besonderen Vorteile bestehen als die in den Belegen genannten.325
3    Wird das Aktienkapital in ausländischer Währung festgelegt oder werden Einlagen in einer anderen Währung geleistet als derjenigen des Aktienkapitals, so sind die angewandten Umrechnungskurse in der öffentlichen Urkunde anzugeben.326
. Art. 670
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 670
OR.)

Mit Rücksicht auf die erwähnten Mängel, die der herrschenden Meinung
anhaften, ist schliesslich in der Doktrin noch ein dritter Vorschlag laut
geworden. Danach soll der einzelne Aktionär zwar den primären sowohl als
auch den sekundären Schaden geltend machen können, im Falle sekundären
Schadens aber, soll er nicht Leistung an sich selber, sondern nur
Leistung an die Gesellschaft verlangen dürfen. Diese Ansicht hat vor allem
WIELAND in der von der Vorinstanz zitierten Abhandlung vertreten.. Seine
theoretischeBegründung geht dahin, dass im Falle sekundären Schadens ein
Solidarverhältnis zwischen der Gesellschaft, deren Gläubiger-n und dem
einzelnen Aktionär bestehe. Aus diesem sonder-verhältnis ergehe sich,
weil die Forderung des einzelnen Solidargläubigers unteilbar sei, ein
Anspruch jedes einzelnen Gläubi-Obligationenreckt. N° 9. 45

gers auf Erfüllung der gesamten Forderung. Diese Gesamterfüllung dürfe er
aber nur zu Gunsten der Gesamtgläubigerschaft, bezw. was damit identisch
sei, zu Gunsten der Gesellschaft verlangen.

Das Bundesgericht, das, abgesehen von der Ablehnung der ersterwähnten
Auffassung Bachmanns, zu der streiti gen Frage noch nie Stellung
genommen hat (in den bisher erledigten Klagen aus Art. 674 waren
gerade die hier in Betracht kommenden Punkte nicht bestritten)
schliesst sich im Resultat der Auffassung Wielands an. Ob dessen
Konstruktion zwar in ihren Einzelheiten'riehtig ist, spez. ,ob Wirklich
ein Solidarverhältnis vorliegt, mag hier dahingestellt bleiben. Auf alle
Fälle entspricht seine Lösung im Ergebnis der praktischen Anforderungen
am besten, indem sie alle jene, zu den beiden anderen Lösungsversuchen
angeführten Unzukömmlichkeiten vermeidet. Das muss hier mit Rücksicht
darauf entscheidend sein, dass die zu allgemeine Fassung des Art. 674
weder die eine noch die andere Lösung ausschliesst. Zudem ist nur so
der bereits erwähnte allgemeine Grundsatz des Aktienrechtes, dass der
einzelne Aktionär Während des Bestandes der Gesellschaft grundsätzlich
keine Kapitalleistungen fordern kann, zu wahren.

Dieses Ergebnis auf den vorliegenden Fall angewendet, führt zur Bejahung
der Aktivlegitimation der Wider,klägerin. Denn übrigens ist nicht
zweifelhaft, dass es sich um sekundären Schaden handelt. Demnach hat
die Widerklägerin mit Recht nicht auf Leistung an sie, sondern an die
Aktiengesellschaft geklagt.

4. In materieller Hinsicht hängt das Schicksal der Widerklage in erster
Linie davon ab, ob die Widerbeklagten zur Verrechnung des Reingewinnes des
Jahres 1909 mit ihrer Aktienschuld berechtigt waren, mit anderen Worten,
ob dieser Reingewinn ihnen persönlich oder aber der Aktiengesellschaft
gehörte.

Die Widerklägerin hat das letztere behauptet, indem sie geltend machte,
die Widerbeklagten haben mit der Ueber-

46 Obligationenrecht. N° 9.

nahme der 40 Apportsaktien auf alle ihre Geschäftsguthaben verzichtet. Nun
steht allerdings fest, dass die Widerbeklagten bei diesem Anlass
für ihre Geschäftsguthaben quittiert haben. Das geht sowohl aus dem
Konstituierungsbeschluss als auch aus, den statuten der Aktiengesellschaft
und der Korrespondenz der Parteien, welche diese der Gründung vorgängig
gewechselt haben, hervor. Zu prüfen bleibt aber immerhin, ob unter
diese Gesellschaftsguthaben auch der bereits erworbene, aber noch
nicht bezogene Geschäftsgewinn der alten Firma zu rechnen ist. Die
Widerbeklagten' haben das bestritten.

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es bei Einzelfirmen'oft vorkommt,
dass in der Buchhaltung Geschäftsguthaben und Reingewinn nicht auseinander
gehalten werden, und wie sich _aus dern bei den Akten liegenden Bericht
der Treuhandgesellschaft ergibt, war dies gerade auch bei der Firma
Brodtbeck der Fall, wenigstens wurde auf dem Konto der Witwe Brodtbeck
per 31. Dezember 1909 auch der Reingewinn gebucht. Danach schliesst
der Umstand, dass die Widerbeklagten in den erwähnten Aktenstücken den
Ausdruck Geschäftsguthaben gebrauchten, die Annahme der Widerklägerin,
man habe darunter auch den bereits ervsmrhenen Reingewinn verstanden,
nicht aus.

Im übrigen ist hier nicht so seln der Inhalt des buchhaltungstechnisehen
Begriffes des Geschäftsguthabens, als viel mehr der Inhalt, deh die
Parteien nach den Umständen deskonkreten Falles diesem Begriffe gegeben
haben, massgebend. Diese Umstände nun aber sprechen in der Tat dafür, dass
der Verzicht auf die G e s c h ä f t s g u t h a b e n den allgemeinen
Verzicht auf a l l e Guthaben der Erben Brodtbeck überhaupt in sich
geschlossen hat. Die Widerklägerin hat sich mil; Recht darauf berufen,
dass weder in der der Gründung vorangehenden Korrespondenz der Parteien,
noch in der Statuten und im Konstituierungsbeschluss ein derartiges
Gewinnguthaben der Erben Brodtbecks vorbehalten werden ist. Vielmehr
wirdObligationenrecht. N° '.). 47

überall da, wo von den Guthaben der Erben Brodbeck die Rede ist, wie
im Konstituierungsbeschluss, den Gesellschaftsstatuten und den beiden
Briefen'der Viderbeklagten an die Widerklägerin vom 21. Januar und
22. Februar 1910, immer mn das eine Guthaben im Betrage von 40, 000
Fr erwähnt.

Dieser Umstand ist um so bedeutungsvollei, als es der Widerklägerin
mit Rücksicht auf die Hast, mit welcher die Gründung betrieben wurde,
nicht möglich gewesen sein kann, sich auf anderem Wege vom Bestehen
eines derartigen Gewinnanspruches Kenntnis zu verschafienDie
Widerbeklagten haben ihr nicht einaml Zeit gelassen bis zur
Aufstellung einer definitiven Bilanz, sondern haben ihr die Folgen
jeder weiteren Verschiebung der Geschäftsumwandlung in den schwärzesten
Farben geschildert. Dementsprechend waren sie auch verpflichtet, der
Viderklägerin, die sich auf ihre Angaben in der approximativen Bilanz
verlassen musste, reinen Wein einzuschenken und ihr alle Ansprüche
ausdrücklich zu nennen, die sie gegenüber dem neuen Unternehmen geltend
machen wollten.

Zudem musste die Widerklägerin aus dem ganzen Gcbahren der Widerbeklagten
ersehen, dass die neue Firma kein überflüssiges Betriebskapital haben
werde. Um so unwahrscheinlicher ist es, dass sie auf die Einwerfung
einer Gewinnsumme verzichtet haben soll, deren Höhe sie noch nicht kannte.

In Betracht kommt ferner die Aussage des Zeugen Dr. Veit, der als
Vertrauensmann der Widerklägerin, an der Gründung teilgenommen hat, und
der den Eindruck hatte, die in die definitive Bilanz aufzunhemende Gut -

habensumme der Erben Brod'tbeck werde gegenüber der

betr. Ziffer der approximativen Bilanz höchstens um 2-3000
Fr. differieren.

Endlich ist noch darauf zu verweisen, dass die Widerbeklagten das
Ungehörige ihres Vorgehnes offenbar selber eingesehen haben, sonst hätten
sie, als man über die

48 Obligationenrcchî, N° 9.

sanierung der Aktiengesellschaft unterhandelte, in dem der
Treuhandgesellschaft vorgelegten neuen Statutenentwurk nicht ein
Geschäftsguthaben von 68,000 Fr. aufgeführt, und ferner hätten sie sich
sonst wohl nicht so sehr gegen die Durchführung einer Bücherexpertise
gewehrt

Alle diese Indizien sprechen dafür, dass die Widerklägerin in der Tat
annehmen konnte und musste, mit der Ueberlassung der 40 Apportaktien
seien sämtliche Ansprüche der Erben Brodtbeck erledigt. Demgemäss
,durften die Widerbeklagten den Reingewinn des Jahres 1909 nicht für sich
beanspruchen. Wenn sie ihn trotzdem mit ihrer Aktienschuld verrechneten,
so haben sie damit ihre Pflichten als Verwaltungsorgane der Gesellschaft
verletzt.

Was die Höhe des streitigen Jahresgewinues anbelangt, so hat die
Widerklägerin zunächst die von der Widerbeklagten genannte Summe als zu
hoch bezeichnet. Heute ist sie nicht mehr bestritten.

5. Der Art. 674 verlangt aber zur Begründung der 'Schadenersatzforderung
des Aktionärs nicht nur den Nachweis eines durch Pflichtverletzung
der Verwaltungsorgane entstandenen Schadens, sondern darüber hinaus
den Beweis, dass diese Pflichtverletzung eine ahsichtliche war
. Die Widerklägerin hat auch diese Voraussetzung ihres Anspruches
dargetan. so wie die Verhältnisse festgestellt worden sind, wussten
die Vlderbeklagten ganz genau, dass sie kein Anrecht auf den Gewinn
der Firma Brodtbeck zu erheben hatten, und dass sie daher die von der
Widerklägerin angefochtene Verrechnung nicht vornehmen durften. Darum
haben sie die Verrechnung so lange verheimlicht. Weder die Bilanzen
noch Berichte des Verwaltungsrates sagen irgend etwas darüber, und sie
wäre wohl überhaupt nicht zur Kenntnis der Widerklägerin gekommen, wenn
nicht die Treuhandgesellschaft anlässlich der Sanierungsverhandlung sie
entdeckt hätte." Danach haben die Widerheklagten in vollem Bewusstsein
der Unzulässigkeit ihres VorgehensObligationcnrecht. N° 9. . 49

die Verrechnung vorgenommen, um sich auf Kosten der Aktiengesellschaft zu
bereichern. Hierin liegt zweifelsohne eine absichtliche Pflichtverletzung
im Sinne des Art. 674.

6. --

7. Ihr zweites Widerklagebegehren hat die Widerklägerin, auf, Art. 4
des Gründungsvertrages gestützt, welcher folgendermassen lautet :

Carl Brodtheck und Albert Brodtbeck-Hofstetter garantieren der
Frau Rosenmund zu gleichen Teilen auf die Dauer von 10 Jahren eine
durchschnittliche 4 %ige Dividende ihrer Prioritätsaktien, ausgenommen
für den Fall, dass die Gesellschaft infolge vKonkurses während dieser
Zeit aufgelöst werden sollte. Im Todesfall des Albert Brodtbeck und des
Carl Brodtbeck erlischt seine Verpflichtung. Jährlich sind mindestens
4 % an Frau Rosenmund durch die Bürgen auszuweisen.

Auch dieWiderbeklagtenhaben diesen Artikel angerufen und erklärt, sie
hätten nur eine Durchschnittsdividende garantiert, und es könne erst
nach Ablauf der 10 Jahre festgestellt werden, ob nicht durchschnittlich
eine 4 %ige Dividende bezahlt worden sei. Erst dann könne daher
dier Widerklägerin aus der Garantieldausel gegen sie vorgehen.
Diese Ansicht ist unrichtig. Der Schlusssatz des zitierten Artikels
des Gründungsvertrages sagt klar, dass a ll j ä h r li c h eine 4 %ige
Dividende auszurichten sei. Dies ist unbestrittenermassen für die Jahre
1911 und 1912 (in welchen gar keine Dividende ausgeschüttet wurde),
nicht geschehen. Dementsprechend sind die Widerbeldagten anzuhalten,
der Widerklägerin die entsprechende, mit dem zweiten Widerklagehegehren
geltend gemachte Summe auszuzahlen, und es ist auch in diesem Punkte
das vorinstanzliche Urteil zu bestätigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Basel-Landschaft bestätigt. AS 44 n _ 1918 4
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 44 II 38
Datum : 18. Januar 1918
Publiziert : 31. Dezember 1919
Quelle : Bundesgericht
Status : 44 II 38
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 38 Obligationenrecht. N° 9. preuve ayant été fournie que les demandeurs ont subi


Gesetzesregister
OR: 629 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 629 - 1 Die Gesellschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Aktiengesellschaft zu gründen, darin die Statuten festlegen und die Organe bestellen.
1    Die Gesellschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Aktiengesellschaft zu gründen, darin die Statuten festlegen und die Organe bestellen.
2    In diesem Errichtungsakt zeichnen die Gründer die Aktien und stellen fest, dass:
1  sämtliche Aktien gültig gezeichnet sind;
2  die versprochenen Einlagen dem gesamten Ausgabebetrag entsprechen;
3  die gesetzlichen und statutarischen Anforderungen an die geleisteten Einlagen im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Errichtungsakts erfüllt sind;
4  keine anderen Sacheinlagen, Verrechnungstatbestände oder besonderen Vorteile bestehen als die in den Belegen genannten.325
3    Wird das Aktienkapital in ausländischer Währung festgelegt oder werden Einlagen in einer anderen Währung geleistet als derjenigen des Aktienkapitals, so sind die angewandten Umrechnungskurse in der öffentlichen Urkunde anzugeben.326
670 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 670
674
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 674 - 1 Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit:
1    Verluste müssen in folgender Reihenfolge verrechnet werden mit:
1  dem Gewinnvortrag;
2  den freiwilligen Gewinnreserven;
3  der gesetzlichen Gewinnreserve;
4  der gesetzlichen Kapitalreserve.
2    Anstelle der Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve oder der gesetzlichen Kapitalreserve dürfen verbleibende Verluste auch teilweise oder ganz auf die neue Jahresrechnung vorgetragen werden.
ZGB: 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schaden • aktiengesellschaft • beklagter • erbe • weiler • vorinstanz • bundesgericht • widerklage • erwachsener • vater • treuhandgesellschaft • zins • stelle • dauer • unternehmung • bewilligung oder genehmigung • witwe • kenntnis • ermessen • wiese
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