380 onligutionmrccht. N° 49.

49. Urteil der I. Zivilahteilung vom 28. Juni 1918 i. S. Gebr. Gondrand
AAR-. gegen A..-G. Albert Bass &. ci.

F r a ch t v e r t r a g in Form eines werkvertragähnlichen
Forfaitvertrages. Keine Anderung durch Untervertrag, den der Frachtführer
mit einer Reederei abschliesst. Nichterfüllung. Unmöglichkeit ? Abweisung
der Frachtlohnforderung zur Zeit wegen mangelnder Fälligkeit.

A. Die Beklagte, A. G. Albert Buss & Cm in Baselhatte die Lieferung
einer Tramremise für den türkischen. Staat übernommen und beauftragte die
Klägerin, Gebr. Gondraud A.-G. in Basel, mit dem Transport der fertigen
Eisenkonstruktionsteile von Basel nach Haider-Pascha bei Konstantinopel,
gegen einen Frachtlohn von 3 Fr. ?5 (Its. pro 100 Kg., nebst Vergütung
der Versiehemngs ; Zoll-, stempelund anderer Spesen, sowie der Kosten
für die Quailieîerung in Haider-Pascha. Als billigsten Weg wählten
die Parteien denjenigen über Hamburg {Eisenbahn Basel-Hamburg. Schill"
Hamburg-GibraltarKonstantinopel). Die Ware rollto in 3 Sendungen ab, von
denen die letzte Basel am 4. Juli 1914 verliess. Diese wurde in Hamburg
in den deutschen Dämpfer Seriphos verladen. Am 31. Juli 1914 stellte
die Klägerin über die I'; Sendungen Rechnung im Betrage von 1865 Fr.,
plus 2553 Fr. 59 Cis-, plus 2490 Fr. ... CLS... zusammen 6908 Fr. 60
Cis. Die Beklagte antwortete am 11. August, sie werde die Klägerin
erkennen, sobald sie Empfangsanzeige über das Material besitze ; die
ersten zwei Sendungen sollen eingetroll'en sein, während sie über die
dritte Sendung noch nichts Bestimmt-es habe erfahren können. Die Klägerin
hat jedoch um eine grössere 'l'eilZählung, weil sie die Beträge bereits
habe auslegen müssen. Hierauf zahlte die Beklagte 4000 Fr. Die Klägerin
bemerkte, der dritte Transport sei richtig verschifi't werden und das
unter den damaligen Umständen orkiiiriiche Ausbleiben des Orient-Knriers
sollte keinenObligationenrecht. N° 49. 231-

Grund bilden, ihr das Restguthahen weiter vorzuenthalten. Die
Beklagte erwiderte, die dritte Sendung sei nach ihren Erkundigungen am
Bestinunnng'sorte noch" nicht eingetroffen und sie mache die Klägerin für
entstehenden Schaden verantwortlich. In der Folge stellte sich heraus,
dass der Dampfer Seriphos in den ersten .-ugusttagen 1914 zwischen
Sizilien und Griechenland t'uhr und dann, um der englischen Flotte zu
entgehen. in den Piräus flüchtete. Verhandlungen über eine 'Uniladnng
der Ware in ein anderes Schiff führten zu keinem Ergebnis. . .

B. Mil. der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin den Restbetrag ihrer
Rechnung vom 31. Juli 1914. nämlich Zahlung von 2908 Fr. 60 Cis. nebst 5
% Zins seit 31. :]uli 1914 ab 6908 Fr. 60 Cis. und seit 14. August 1914
ad dem Klagehetrag. _

Die Beklagte hat die Klage im Betrage von 415 Fr. 50 Cts. (klägerisehe
Restfordernng für die beiden ersten Sendungen) anerkannt, im übrigen
aber deren Ahweisung beantragt-

C. Die kantonalen lnslnnzon haben die Klage zur Zeit abgewiesen.. :

D. Gegen das Urteil des Appellationsgerichts Baselsiadt vom 19. März
1908 hat die Klägerin die Berufung an clasBu ndesgericbt erklärt. mit dem
Antrag auf Aufhebung und auf (}utlieissung der Klage in vollem Umfange.

,Das Bundesgericht sieh! in Erwägung :

2. Den kantonalen Instanzen ist dann heizustimmen, dass das
Rechtsverhältnis zwischen den Parteien sich nach schweizerischem Recht
beurteilt; denn beide. Parteien haben ihren Sitz in der Schweiz und haben
sich dem schweizerischen Recht unterworfen, der Vertrag wurde auch in der
Schweiz abgeschlossen und war, wenigstens zum Teil, daselbst zu erfüllen.

3. Inhaltlich umfasste der Vertrag nicht nur die

282Obligationenrecht. No49.

Versendung von Gütern, sondern deren Transport bis zum Bestimmungsort,
und zwar auf eigene Rechnung der Klägerin als Frachtführerin, nicht
auf Rechnung der Versenderin, gegen eine zum voraus bestimmte, fixe
Vergütung. Es liegt also ein werkvertragähnlicher For-faitvertragiv'or.
Entgegen der Auffassung der Klägerin Wurde dieser durch den
Seefraehtvertrag, welchen sie mit der Deutschen Levante-Link in Hamburg
abschloss. nicht abgeändert. Sie hatte der Beklagten gegenüber die
Ausführung des Transportes schlechthin übernommen ; wenn sie nun
ihrerseits mit dem Seetransport einen Dritten betreute, so wurde ihr
Rechtsverhältan zu der Beklagten durch diesen Unter-vertrag nicht
berührt :

die Beklagte trat in kein. Vertragsverhältnis zu der'

Reederei. Der Umstand, dass die Klägerin ihr das Konnossement
übermittelte, lässt keinen gegenteiligen Schluss zu ; er erklärt sich
ungezwungen daraus, da ss die Beklagte das Komiossement in Händen haben
musste, um die Ware am Bestimmungsorte in Empfang zu nehmen. Und auch
aus der vorgedruckten Fussnote auf ihrer Faktur' vom 20. Mai 1914,
lautend : Unsere Haltbarkeit geht nicht weiter als diejenige der
'l'ransportgesellschaften, welcher Wir uns bedienen kann die Klägerin
nichts zu ihren. Gunsten herleiten, weil ja diese Bestimmung nur ihre
Haftung für allfällige Verluste im Auge hat. Danach kommt auf die
Auslegung der Bestimmungen des Konnossements nichts an. womit der von
der Klägerin eingenomniene Hauptstandpunkt entfällt.

4. Dass aber der Vertrag, wie er nach dem Gesagten zwischen den
Parteien bestand, von der Klägerin nicht erfüllt worden ist und diese
deshalb nicht ihrerseits die Beklagte auf Erfüllung helangen kann,
lässt sich nicht bestreiten. Der Transport ist nicht zu Ende geführt,
das Gut am Bestimmungsort nicht abgeliefert worden. Folge davon ist,
dass die Gegenforderung noch nicht fällig und die Klage mit Recht von
den kantonalen Instanzen zur Zeit abgewiesen we rden ist. Die Klägerin
hat freilich nochliis11111)ahntrnnsportrecht. N° 50. 283

den Standpunkt eingenommen, die weitere Vertragserfüllung sei der
Blockade wegen unmöglich. Allein dieser Einwand scheitert schon an
der tatsächlichen Feststellung der kantonalen Instanzen, dass das
Gut, im Schiffe Seriphos verstaut, heute noch im Piräus liege.
Diese Feststellung ist aktengemäss und daher für das Bundesgericht
"verbindlich. Selbst wenn aber eine objektive Unmöglichkeit im Sinne. von
Art. 119
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 119 - 1 Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
1    Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
2    Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
3    Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
OR angenommen werden könnte, wäre eine Gntheissung der Klage
ausgeschlossen Denn der Schuldner, welcher infolge Unmöglichwerdens
seiner Leistung frei Wird, verliert nach Art. 119 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 119 - 1 Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
1    Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
2    Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
3    Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
OR die noch
nicht erfüllte Gegenlorderung, es Wäre denn, dass nach Gesetzesvorschrift
oder nach dem Inhalt des Vertrages die Gefahr vor der Erfüllung auf den
Gläubiger überginge. Keiner dieser Fälle läge aber hier vor. _

Demnach erkennt das Bundesgericht. '

Die Berufung wird abgewiesen und das U1 teil des Appellationsgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 19. .März 1918 bestätigt.

V. EISE NBAHN TRANSPORTBECHT

TRANSPORT P.XR CHEMIN DE FER

.'50. Urteil der 1. nennan vom as. Juni 1918 1'. S. Schweizerische
Bandes-bahnen gegen Buell.

,l: r a c'h t v e r t r a g. Schadenersatzforderung wegen Verlustes eines
Gepäckstückes. Unterbrechung der Verjährung durch die Ladung zum amtlichen
Sühneversuch (Art. 135
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen:
1  durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2  durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
OR). Haftung bei internationalem Transport und
Entstehung des Schadens auf der ausländischen Bahn, Be-urteilung der
Bim-eda der höheren Gewalt nach französischem Recht.

A; Der Kläger Buell beabsichtigte, am 1. August 1914 von Biel nach Laim
(Frankreich) zu reisen. Er
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 44 II 280
Datum : 27. Juni 1918
Publiziert : 31. Dezember 1919
Quelle : Bundesgericht
Status : 44 II 280
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 380 onligutionmrccht. N° 49. 49. Urteil der I. Zivilahteilung vom 28. Juni 1918


Gesetzesregister
OR: 119 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 119 - 1 Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
1    Soweit durch Umstände, die der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.
2    Bei zweiseitigen Verträgen haftet der hienach freigewordene Schuldner für die bereits empfangene Gegenleistung aus ungerechtfertigter Bereicherung und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung.
3    Ausgenommen sind die Fälle, in denen die Gefahr nach Gesetzesvorschrift oder nach dem Inhalt des Vertrages vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.
135
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen:
1  durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2  durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bestimmungsort • bundesgericht • erfüllung der obligation • konnossement • schiff • weiler • schweizerisches recht • schaden • lieferung • basel-stadt • form und inhalt • berechnung • eisenbahn • kommunikation • umfang • ausmass der baute • englisch • uhr • schuldner
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