254 Sachenrecht N ° 4 3.

eine-. Verfügung über die Titelrechte zu Gunsten eines Dritten im
Zeitpunkte der Grundpfandverwertung nicht . vorliegt. Der Schutz, welchen
das Gesetz den im Range nachfolgenden Pfandtiteln gewährt, beschränkt'sich
darauf, dass durch das Mittel der-Verpfändung ihnen-der Grundstückserlös
nicht in einem grösseren Umfange entzogen werden darf, als es bei
Begehung des Titels Zu Eigentum möglich gewesen wäre, d 11. dass das
Faustpfandrecht an den Titelzinsen als g r u n (1 p f a n d v e r s i
c h e r t e n *. Forderungen sich keinesfalls auf mehr als drei 'zur
Zeit der Konkurseröffnung oder des Pfandverwertungsbegehrens verfallene
Jahreszinse und den laufenden Zins erstrecken kann (Art.. 818 ZGB).
Eine unzulässige Benachteiligung der laufenden Gläubiger aber kann darin
deshalb "nicht erblickt werden, Weil i h n e n irgend welcher Anspruch
darauf, dass der schuldner das Grundstück nicht über ein gewisses Mass
hinaus belaste, überhaupt nicht zusteht.

Es hat demnach das Konkursamt die Schweiz. Bundesbahnen mit Recht nicht
nur für den erst nach der Faustpfaudbestellung fälliggewordenen Jahreszins
pro 19./ 24. März 1916, sondern auch für die noch nicht bezahlte Restanz
von 250 Fr. des schon vorher verfallenen Jahres-zinses per M.] 24. März
1915 in der oben Pakt A angegebenen Weise auf den Grundstückserlös
kolleziert.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Die Berufung wird gutgeheissen und es werden deinnach in Aufhebung des
Urteils des Obergerichts des Kantons Luzern II.. Zivilkammer vom 10. April
1918 die Klagen der A.-G. Luzerner Brauhaus vormals H; Endemann und,
des J. W. Füllemann abgewiesen.

Obligationenrecht. N° 44. 255

IV. OBLIGATIONENRECHT

ssDROIT DES OBLIGATIONS

44. Urteil der II. Zivilsbteilung vom 22. Mai 1918 i. S. Scheidegger
Grosseubaeher gegen Weihe}.

Art. 602
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 602 - 1 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
1    Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
2    Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam.
3    Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.
ZGB und 169 OR. Zuteilung einer Erbschaftsforderung an einen
Dritten, dem der Miterbe, welchem sie sonst in der Erbteilung zugekommen
wäre, von seinem Erbtei] eine bestimmte Summe eingetreten hat. Anspruch
des Schuldners der Forderung, dagegen eine ihm zustehende Gegenforderung
an den betreffenden Miterben zu verrechnen. Voraussetzungen Verbürgung
der Schuld aus einem Kontokorrentkreditvertrage bis zu einem zifiernmässig
begrenzten Teile des jeweiligen Saldos nebst zinsen etc. Einzahlung eines
der verbürgten Kapitalsumme entsprechenden Betrages in den Kontokorrent
durch den Hauptschuldner während. des Kontokorrentverhältnisses. Einfluss
auf die Haftung des Burgen.

A. Ernst Scheidegger m Interlaken, später in Thun schuldete der Frau
Eggimann Heiniger' m Affoltern 1. E. laut Zinsschrift 11,088 Fr. Im
März 1913 starb Frau Eggimann-Heiniger. Erben waren u. a. zu je 1/m
die Ehefrau des Ernst Scheidegger, Frieda geb. Grossen _ hacher, deren
Schwester Martha Weibel Grossenbacher, Ehefrau des heutigen Klägers
Eduard Weihe] und der Bruder beider Fritz Grossenbacher Walter : ihr
Betrekknis machte nach Berichtigung der Nachlassschulden gemäss Erbteilung
je 2657 Fr. 50 Cts. aus. Am 2. Oktober 1913 trat Fritz Grossenbacher
Walter von seinem Erbteile eine Summe von 2500 Fr. an den Kläger ab. Im
Erbteilungsvertrage vom 30. Dezember 1913 3. Juli 1915 Wssurde der Kläger
für den Erbteil seiner Ehefrau und für. den ihm von seinem Schwager
Fritz GrossenbacherWalter abgetretenen 'Betrag von 2500 Fr. , Zusammen

AS 44 n _ 1918 18

256 Ohiigationenreoht. N° 44.

also für 5157 Fr. 50 Cts. auf die Forderung angewiesen, welche Ernst
,Scheidegger dem Nachlasse schuldete. Zur Begleichung dieser Summe
aufgefordert, anerkannte Scheidegger für die den Erbteil der Frau Weibel
bildenden 2657 Fr. 50 Cts. nebst Zinsen die Schuldpflicht, verweigerte
aber die Zahlung der anderen 2500 Fr., indem er dagegen eine ihm an
Grossenbache'r Walter zustehende Forderung von 2761 Fr. zu verrechnen
erklärte. Die fragliche Gegenkorderung setzt sich aus vier Posten
zusammen : 1448 Fr. 80 Cts. soll Grossenbacher Walter im Jahre 1911 der
Kollektivgesellschaft Scheidegger & Bieri aus Dienstvertrag schuldig
geworden sein, welches Guthaben bei der im November 1912 erfolgten
Liquidation der Gesellschaft dem Teilhaber Ernst Seheidegger zugewiesen
worden sei, 466 Fr. 60 Cts. und 250 Fr. werden als nicht bezahlter
Pacht bezw. Mietzins aus einem Pachtvertrage zwischen Scheidegger und
GrossenbacherWalter, der Ende Oktober 1911, bezw. einem Mietvertrage,
der Ende April 1912 sein Ende erreicht habe. und weitere 600 Fr. gestützt
auf das nämliche Pachtverhältnis beansprucht, weil bei Auflösung der Pacht
Heu und Emd in diesem Betrage gefehlt habe. sämtliche Ansprüche sind in
einem von Scheidegger gegen GrossenHeller-Walter angestrengten Prozesse
durch rechtskräftig gewordenes Kontumazialurteil des Amtsgerichts Bern vom
11. Januar 1915 nebst Verzugszinsen von den angegebenen Fälligkeitsdatelf
1. März 1911, 1. November 1911 und 1. Mai 1912 geschützt worden.

Mit der vorliegenden Klage verlangt nunmehr der Kläger Weibel von
der Beklagten Frieda ScheideggerGrossenbacher, die infolge Während des
Verfahrens erfolgten Todes des Ernst Scheidegger als dessen einzng Erbin
in den Prozess eingetreten ist,

1. unverkürzte Zahlung der ihm in der Erbteilung über den Nachlass
Eggimann-Heiniger gestützt auf die Ali ' tretung des Grossenbacher Walter
zugewiesenen 2500 Fr.Obligationenrecht. N° 44. 257

nebst Zinsen, indem er die Zulässigkeit der begehrten Verrechnung
bestreitet;

2. einen weiteren Betrag von 1669 Fr. 15 (Its. nebst Zinsen zu 5 %
seit 24. März und 1 Fr. 60 Cts. Betreibungskosten, als Anteil des
Ernst Scheidegger an einer von ihm gemeinsam mit dem Kläger für
Grossenbacher-Walter eingegangenen Bürgschaft. ss

Durch Krediteròffnungsund Kontokorrentvertrag vom 27. Dezember 1907
hatte nämlich die Schweiz. Volksbank Bern dem Grossenbacher Walter
einen Kredit in Kontokorrent von 28,000 Fr. eröfinet. Der Kläger
Weibel und Scheidegger waren den Verbindlichkeiten des Hauptschuldners
solidarisch mit ihm als Bürger]. beigetreten und hatten sich als solche
verpflichtet, für den vom Kreditnehmer der Bank jeweilen schuldig
werdenden Kontokorrent-Saldo bis zum Kreditbetrage von 28,000 Fr. nebst
allen ausstehenden Zinsen, inklusive kapitalisiert-e Zinsen, Zinseszinsen,
Provisionen und Folgen zu haften . Der Kontokorrentabschluss auf 30. Juni
1909 ergab einen Saldo zu Lasten des Grossenbacher Walter von 30,964
Fr. 45 Cts. Daran entrichtete letzterer an] 2. September 1909 selbst
28,000 Fr., sodass unter Hinzurechnung der Zinsen und Provisionen für
diese Rechnungspen'ode per 31. Dezember 1909 noch ein Saldo von 3301
Fr. 50 (Its. verblieb, welchen Betrag zuzüglich seither erwachsenen
Zinsen, Provisionen und Kosten mit zusammen 3338 Fr. 35 Cts. der Kläger
Weibel auf Aufforderung der Bank am 18. Januar 1910 an sie bezahlte und
nunmehr von der Beklagten als Erbin des Mitbürgen zur Hälfte ersetzt
verlangt.

Die Beklagte beantragt Abweisung auch dieses zweiten Klagebegehrens, indem
sie unter Berufung auf das Urteil der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts
i. S. Wertmüller gegen Sparund Kreditkasse Burgdorf vom 3. April 1914 s
(AS 40 II S. 249 if.) geltend macht : da es sich um einen Kredit. in
Kontokorrent gehandelt habe, hätten die Zinsen

258 Obligationenrecht. N° 44.

mit der jewejlen auf die vertraglich vorgesehenen Rechnungstermine,
31. Dezember und 30. Juni vorgenommenen Saldoziehung ihre Bedeutung als
selbständige Ansprüche verloren und seien durch Novation zum Bestandteil
der Kapitalforderung geworden. Nachdem der Hauptschuldner am 2. September
1909 die verbürgte Kapitalsumme von 28. 000 Fr. bezahlt, hätten die
Burgen daher der Bank nur noch für uie Zinsen und Provisionen ab 1. Juli
1909 bis dahin gehattet, welche zusammen 240 Fr. ausmachten und woran die
Beklagte die Hälfte mit 120 Fr. zu tragen bereit sei. Ein weitergehender
Anspruch habe der Volksbank gegenüber den Bürgen nicht zugestanden Wenn
der Kläger ihr mehr bezahlt habe, so möge er das zuviel Geleistete aus
ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen. Der Beklagte sei dafür
nicht haftbar.

B. Durch Urteil vom 28. Februar 1918 hat der Appellationshof des Kantons
Bern I. Zivilkammer die beiden Klagebegehren gutgeheissen.

C. Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten
mit dem Begehren auf Abweisung

der Klage.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Nach Art. 602 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 602 - 1 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
1    Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
2    Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam.
3    Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.
ZGB besteht unter den Miterben bis zur Erbteilung
eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft. Das
Verhältnis zwischen ihnen ist also abweichend vom gemeinen und manchen
früheren kantonalen Rechten nicht dasjenige des Miteigentums, sondern
des Gesamteigentums, woraus folgt, dass sie über die Erbschaftsrechte
mit Einschluss der Forderungen nur gemeinsam verfügen können (Art., 602
Abs. 2). Damit ist aber bereits auch ausgesprochen, dass die Schuldner
zum Nachlass gehörenden" Forderungen gegen diese nicht Forderungen, welche
sie an einen Miterben besitzen, verrechnen können, we il die For-derungen
des Erblassers durch den Erbanfall nicht auf Obligationenrecht. N° 44. 259

die einzelnen Erben nach Bruchteilen übergeben, sondern bis zur
Erbteilung der Erbengesamtheit als solcher zustehen. Die Rechtslage ist
in dieser Beziehung die nämliche wie bei der Kollektivgesellschaft,
wo aus den gleichen Erwägungen die Verrechnung von Schulden an die
,Gesellschaft mit Forderungen an einen (einzelnen Gesellschafter vom
Gesetze ausdrücklich als unzulässig erklärt ist (Art. 571
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 571 - 1 Der Konkurs der Gesellschaft hat den Konkurs der einzelnen Gesellschafter nicht zur Folge.
1    Der Konkurs der Gesellschaft hat den Konkurs der einzelnen Gesellschafter nicht zur Folge.
2    Ebenso wenig bewirkt der Konkurs eines Gesellschafters den Konkurs der Gesellschaft.
3    Die Rechte der Gesellschaftsgläubiger im Konkurse des einzelnen Gesellschafters richten sich nach den Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes vom 11. April 1889289.
OR). Es kann
deshalb auch im vorliegenden Falle keine Rede davon sein, dass der
Beklagten bezw. ihrem Ehemanne, in dessen Rechtsstellung sie eingetreten
ist, schon mit dem Tode der Frau Eggimann.'leiniger, d. h. durch den
Erbanfall das Recht erwachsen ei, die Schuld an die letztere bis zu
der dem Erbteil des Fritz Grossenbacher Walter entsprechenden Quote mit
den Forderungen an diesen zu verrechnen. Dagegen hat die Vorinstanz zu
Unrecht erklärt, dass eine solche Verrechnungsmöglichkeit auch durch
die Erbteilung nicht begründet worden sei, weil in ihr der Teilbetrag
von 2500 Fr. der Forderung auf den Ehemann der Beklagten nicht dem
Grossenbacher Walter, sondern dem Kläger zugewiesen, Grossenbacher
Walter also dafür überhaupt nie Gläubiger geworden sei. Verträge, durch
welche ein Miterbe von einem ihm angefallenen Erbanteile eine bestimmte
Summe an einen Dritten abtritt, haben kiine erbrechtliche, sondern nur
obligatorische Wirkung. Der Abtretungsempfänger tritt dadurch nicht in
die Erbenstellung des Abtretenden ein, sondern erwirbt lediglich

' einen Anspruch gegen die Miterben als Gesamteigentümer

darauf, dass ,von dem, was in der Erbteilung auf den Abtretenden entfällt,
ein entsprechender Betrag ihm zugehalten Werde. So ist denn auch hier
der Teilungsvertrag abgefasst worden, indem darin zunächst der Erbteil
des Grossenbacher Walter auf 2657 Fr. 50 (Its. festgesetzt, davon 157
Fr. 50 Cis. in bar dem Grossenbacher-Walter selbst, die übrigen 2500
Fr. dagegen aut Grund der Äbtretungvom 2. Oktober 1913 dem Kläger
zugeschieden wurden und letzterer für diesen ihm von

260 Obligationenrecht. N° 44.

Grossenbaeher-Walter abgetretenen Betrag auf einen gleich hohen Teil
der Forderung des Nachlasses an den Ehemann der Beklagten angewiesen
wurde. Die Gläubigerschaft des Klägers für diesen Teil der Forderung
stützt sich demnach nicht auf einen in seiner Person bestehenden
erhrechtlichen Titel, sondern auf das Erbrecht des Grossenbacher Walter
in Verbindung mit der vom Genannten ausgestellten Abtretung : mit anderen
Worten er ist durch die Erbteilung nicht unmittelbar. sondern nur als
Rechtsnachfolger und Zessionar des Gre sse nbacher-Wa lte r Gläubiger
der F0 rde rung geworden . 'l'rifit das zu, so ist aber die Beklagte
nach Art. 169
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 169 - 1 Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt.
1    Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt.
2    Ist eine Gegenforderung des Schuldners in diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewesen, so kann er sie dennoch zur Verrechnung bringen, wenn sie nicht später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.
OR befugt, ihm gegenüber mit ihren ForderungsanSprüchen
an den Zedenten Grossenbaeher W'alter zu verrechnen, sofern dieselben
schon im Zeitpunkt, wo die Abtretung ihr bezw. ihrem Ehemanne bekannt
wurde, bestanden und entweder schon vor jener oder doch vor der l
Iauptiorderung fällig geworden sind. Da diese Voraussetzungen nach dem
Urteile des Amtsgerichts Bern vom 11. Januar 1915 zutrefi'en, indem darin
die fraglichen Gegeniorderungen als auf den 1. März 1911, 1. November
1911 und 1. Mai 1912 fällig geworden erklärt worden sind, muss daher die
erhobene Verrechnungseinrede geschützt und in Gutheissung der Berufung
das erste Klagehegeliren abgewiesen werden. Wann der VerrechnungsWille
erklärt wurde, ob schon dem chenten Grossenbaeher oder erst dem Kläger
als Zessionar gegenüber, ist dabei unerheblich. Für die Zulässigkeit
der Verrechnung genügt es, dass die Gegenforderung als solche bereits
im Zeitpunkte der Anzeige der Abtretung dem Rechtsgrunde nach vorhanden
und nicht später als die nbgetreten'e verfallen ist. Der Zeitpunkt
der Abgabe der Verrechnungserklärung ist nur für das Verhältnis des
Zedenten zum Zessionar, d. h. für die Haftung jenes gegenüber diesem von
Belang (vergl. hiezu und zu der entsprechenden schon unter dem alten OR
geltendenObiigatienenreektjxü li. 251 hundesgeriehtlichen Praxis BECKER
Kommentar zu Art. 169 Ziff. 5 und 6). _

2. Dagegen wird die zweite Klageiorderung von 1669 Fr. 15 Cts. von der
Beklagten zu Unrecht bestritten. Wie die Beklagte selbst zugibt, handelte
es sich bei der verhiirgteu Haupt schuld nicht um ein gewöhnliches
Darlehen, sondern um eine Forderung aus einem Kontokorront-verhältnis Da
nichts dafür vorliegt und auch nicht behauptet werden ist, dass dieses
Verhältnis auf den 30. Juni 1909, auf welchen Rechnungsabschluss
die Beklagte abstellt, aufgehoben werden wäre -die eingezogenen
Rechnungsauszüge ergeben im Gegenteil, dass es auch nach diesem
Zeitpunkt noch durch kontokorrentgemässe Saldoziehungen fortgesetzt
worden ist, kann mithin die Zahlung des Hauptschuidners Grossenhncher
vom 2. September 1909 nicht, wie die Beklagte es will, einfach auf
die verbürgte Summe angerechnet und diese daher als geiilgt erklärt
werden, sodass die Bin-gen nur noch für die Zinsen und Provisionen vom
letzten vorangegangenen Rechnungsabschlusse bis zum 2. September 1909
gchaftet hätten. Denn das Wesen des lientokorrentvertragos besteht
ja gerade darin, dass die einzelnen Leistungen beider Parteien keine
selbständigen Ansprüche begründen. sondern als bloss-c, Rechnungsposten
behandelt werden und nur der aus der Gegenüberstellung am Ende einer
Reehnungsperiode sich ergebende Saida als Forderung geltend gemacht werden
darf. Leiste! eine Partei eine Zahlung in den Kontokerrent, so darf diese
daher nicht auf eine bestimmte Gegenleistung der anderen bezogen werden,
sondern hat lediglich zur Wirkung, dass sich der Salde auf Schluss der
Rechnungsperiods: entsprechend zu ihren Gunsten verändert. Von einer
Befreiung der Bürgen, welche sich nur für einen limitierten Kredithetrag
verpflichtet haben, könnte daher nur insoweit die Rede sein, als der
bei Abschluss der Rechnung und Aufhebung des Kontokorrenlverhältnisses

2 62 Obligationenrecht. N° 45.

sich ergebende Saldo, für den sie belangt.werden, jene Summe
überstiege. Dies war aber hier nicht der Fall-, indem der Saldo auf
Ende Dezember 1909 hezw. 18. Januar 1910, für welchen der Kläger der
Volksbank aufkam, nur 3338 Fr. 15 Cts. betrug, während die Bürgschaft
auf den jeweils geschuldeten Kontokorrent-Saldo bis zum Kreditbetrage von
28,000 Fr. zuzüglich ausss stehenden Zinsen und Provisionen ging. Dem von
der ' Beklagten angeführten Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. April
1914 i. S.VVerthmùller lag ein anderer Tatbestand Geltendmachung
des Saldos aus einem durch Konkurs des Hauptschuldners aufgehobenen
Kontokorrentverhältniss und Zahlung eines der verbürgten Summe
entsprechenden Betrages des Saldos aus der Masse Izu Grunde. Es trifft
daher auf den vorliegenden Fall nicht Z'ÎÎÎ so dass die Frage, ob es
nicht auch von dem damals gegebenen Tatbestande ausgegangen anfechtbar
ersclreine, WH zu werden braucht.

Demnach erkennt das. Bundesgericht :

Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass in teilweiser Abänderung
des Urteils des Appellationshofs des Kantons Bern I. Zivilkammer vom
28. Februar 1918 das Klagebegehren 1 abgewiesen wird.

45. Urteil der !. Zivilabteilung vom 1. Juni 1918 i, S. Rudel, Bòsch &
Gio gegen Schweizer. Bankverein A..-G.

.... Auftrag zur Einkassierung von Wechselakzepten. Annahme

der Zahlung von Seite eines Dritten. Pflicht zur Berichtcrstattung an
den Auftraggeber?

A. Die Firma Hodel, Bösch & C, die in Luzern ein Bankgeschäft betreibt,
stand in Geschäftsverbindnng mit einem gewissen .] . Fleischmann in
Luzern, der gewerbsmässig Generalabonnements der Schweiz. Bundesbahnen
gegen Ratenzahlungen an kleine Geschäftsleute abgab.Obligationenrecht. N°
45. 253

Für die einzelnen Raten liess Fleischmann sich Akzepte ausstellen,
die er bei Hodel, Bösch & Cie diskontieren liess. Diese wiederum gaben
diejenigen Wechsel, deren Akzeptanten in Zürich wohnhaft waren, dem
Schweiz. Bankverein zum Inkasso. Vom Monat November 1912 an kam es nun
vor, dass Fleischmann, welcher inzwischen seinen Wohnsitz nach Zürich
verlegt hatte, vor dem Verfall solcher Wechsel am Schalter des Bankvereins
erschien und hat, man möchte die Wechsel den Bezogenen nicht vorweisen,
er werde für Zahlung besorgt sein. Der Kassier entsprach jeweilen
diesem Ansuchen und nahm von Fleischmann die Zahlungen entgegen, ohne
Hodel, Bòsch & (1ie davon Mitteilung zu machen, dass nicht der Bezogene,
sondern Fleischmann selbst den Wechsel eingelöst habe. Am 17. Juli 1913
verschwand dann Fleischmann von Zürich, worauf es sich herausstellte,
dass ein grosser Teil der damals im Besitz von Hodel, Bösch & Cie
bcfindlichen Wechsel gefälschte Akzepte trug.

Mit der vorliegenden Klage verlangt nun diese Firma ' vom Bankverein den
Ersatz des Schadens, der ihr infolge der Nichteinlösung der gefälschten
Wechsel entstanden sei, im Betrage von 11,750 Fr., mit der Begründung,
die Beklagte habe ihre Pflichten als Inkassomandatarin verletzt. . .

_ B. Durch Urteil vom 24. August 1917 hat das. Handelsgericht des Kantons
Zürich die Klage in vollem Umfange abgewiesen.

C ..Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit dem Antrag auf Aufhebung und auf Gutheissung der Klage,
eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung
eines Beweisverfahrens über die Höhe des erlittenen Schadens.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. (Prozessuale Frage.) 2. Es ist davon auszugehen, dass ein Auftrag zur
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 44 II 255
Date : 01. Januar 1918
Published : 31. Dezember 1919
Source : Bundesgericht
Status : 44 II 255
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 254 Sachenrecht N ° 4 3. eine-. Verfügung über die Titelrechte zu Gunsten eines


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