Bis Familienrecht. N° 76.

dans l'inconduite à l'époque de 1a conception. Le dossier prouve seulement
qu'elle a été vue queiquefois ie soir en compagnie du fils d'un voisin
et que dame Matthey avait écrit, de l'höpital, à dame Droz une lettre
pour iui recommander de surveiller sa fille afin qu'elle ne fasse pas
ia nigaude au café avec les jeunes gens. Les kémoins entendus n'ont du
reste rien relevé de défavorable contre ia demanderesse, ensorte que les
accnsations de Droz n'ontsi'd'autre portée que celle de simples allégués.
Par ces motifs,

le Tribunal fédéral p r o n o 11 c e :

Le recours est admis ; en conséquenee ie jugement rendu entre parties
par le Tribunal cantonal de Neu chàtel le 8 octobre 1917 annulé et le
dossier renvoyé à I'instance cantonale pour etre complete en application
de l'art. 64 OJF dans le sens des considérants.

._. . .-p . .-. n si Erbrecht. N° 77. 569

II. ERBRECHT

DROIT DES SUCCESSION S

77. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. November 1917 i. S. Fritz
Wiedmer-Ae'bersold und Konsorten, Beklagte und Berufungskläger, gegen
Gottlieb Aeheraold und Konsaflen, Kläger und Berufungsbeklagter.

N e b e n i n t e r v e n t i o n eines mit in Anspruch Genommenen,
der den Anspruch anerkannt hat. A r t. 6 2 () 2 I Z GB. Streit über
ungeteilte Zuweisung an mehrere Miterben eines rund 100 Jucharten
haltenden landwirtschaftlichen Gewerbes, das aus verschiedenen, der
Verseibständigung fähigen kleinern Gewerhen besteht. E i n h e i t für
den landwirtschaftiichen Betrieb: auch bei r ä u m l i c h getrennten
Bestandteilen möglich ; keine räumliche M a x i m a 1 g r e n z e
dafür. Ein Miterhe kann nicht verlangen, dass für ihn zur Arrondirung
seines Besitzes von dem einem andern zuzuweisenden Gewerbe einzelne
Grundstücke abgetrennt werden. Hat ein Erbe, bei dem die Voraussetzungen
des Art. 620 zutreffen, ein Recht auf nngcteilte Zuweisung '? Ist eine
solche Zuweisung a n m e h r e r e E r b e n zulässig ? Einwendung,
dass diese das zugewiesene Gut n a c h h e r u n t e r s i c h t e i l e
11 werden. Bedeutung des Umstandes, dass ein Erbe bisher beim Betriebe
des Gewerbes m i t g e holfenhatunddasseinsoieherl)ereitsein Heimw e s
e 11 besitzt.

1. Am 16. März 1915 starb in [bach am Buchhalterhex-g (in der Nähe von
Thun) der Landwirt Christian Aebersold. Als Erben hinterliess er drei
Söhne, Christian, Gottlieb und Johann Aebersold, eine Tochter, Lisette,
Ehefrau des Landwirtes Fritz Wiedmer in Ey am Buchholterberg, einen
Enkel, Fritz Aehersold, an Stelle seiner vorverstorbenen Mutter, Rosa,
gewesene Ehefrau des Fritz Aehersoid Aebersold, und zwei Enkelinnen, Rosa

AS 43 n _ 1917 38

579 Erbrecht. N° 77.

und Frida Aebersold, an Stelle ihrer Verstorbenen Mutter Marie
Aebersold, gewesene Ehefrau des Ernst Aether-seidAebersold. Der Nachlass
besteht zum grössten Teil in landwirtschaftlichen Liegenschaften am
Südabhang des Buchholterberg im Grundsteuerschatzungswerte von zusammen
84,220Fr. Diese Liegenschaften bilden, abgesehen von zerstreut liegenden
Valdparzellen, vier in sich abgeschlossene Komplexe, deren jeder
die nötigen Gebauhchkeiten zur BevvirtsChaftung, nämlich Wohnhaus,
Stellungen und Scheuerwerk enthält und so für sich ein Heimwesen
bildet. Zwei dieser Heimwesen, Ibach , haltend 19,6 Jucharten, und "
Hämeli , haltend deren 12, smd benachbart. Das dritte, Teufienbach
, von 18,5. Jucharten, auf gleicher Höhe des Bergabhanges liegend,
ist von jenen beiden ungefähr eine Viertelstunde in osthcher Richtung
entfernt. Das vierte endlich, die Eyweid, mit 25,23 Jucharten, liegt
eine Viertelstunde unterhalb Teuffenbach im Talgrund und ist von
Ibach und Hämeli eine halbe Stunde entfernt. Der Vater Aebersold
hatte diese vier Heimwesen nach und nach erworben und mit Hilfe seiner
Kinder bewirtschaftet. Der älteste Sohn, Christian, schied später aus der
Familiengemeinschaft aus und erwarb sieh eine eigenes Heimwesen im Bach zu
Fahrni. Im Jahre 1910 überhess der Vater dem Sohne Johann das Heimwesen
Ibach mit Hämeli und dem Sohne Gottlieb das HeimWesen Teuf'fenbach
zu Pacht und bezog das Wohnhaus im Hämeli . Die Eyweid wurde von den
beiden Bächtern geheuet und gemeinsam mit ihrem Bruder Christian als
Wiese benutzt. _ .. Im vorliegenden Prozess haben nun die drei Bruder
Christian, Gottlieb und Johann Aebersold gegenuber Fritz Wiedmer als
Ehemann ihrer Schwester Lisette und gegenüber ihren Nichten Rosa und
Frida Aebersold unter Berufung auf Art. 620 ZGB die Begehren gestellt :
1... es sei gerichtlich zu erkennen, dass das zur Erbschaft gehorende
landwirtschaftliche Gewerbe samt allen GrundstuckenErbrecht. X° 77. 7:71

driErbschaft in der Erbteilung den Klägern ungeteilt zuzuweisen sei
; 2. eventuell seien die den Klägern aus der Erbschaft anfallenden
Grundstücke gerichtlich zu bestimmen.

Die Beklagten haben auf Abweisung dieser Begehren. angetragen. Ihrem
Antrage hat sich auch der Miterbe und Neffe der Kläger Fritz Aebersold,
vertreten durch seinen Vater, als Nehenintervenient, angeschlossen,
nachdem er sich seinerzeit, durch Erklärung vom 31. Oktober 1916.
damit einverstanden erklärt hatte, dass sämtliche Grundstücke und das
landwirtschaitliche Inventar der Erbschaft den (spätern) Klägern zu einem
noch zu bestimmenden Uebernahmspreise zugewiesen werden. Die Beklagten
machen geltend : Der Art. 620 ZGB treile auf das in Frage stehende
landwirtsehaftliche Gewerbe nicht zu : Einmal bilde es keine Einheit
für den wirtschaftlichen Betrieb, sondern es bestehe aus mehrern Höfen,
die wirtschaftlich selbständig seien oder doch selbständig gemacht werden
können. Sodann seien eine Mehrheit zur Uebernahme des Gutes beiähigter
und bereiter Erben da, namentlich auch solche, die noch kein eigenes
Haus besassen und an der Zuteilung der in der Erbsmasse befindlichen
Liegen-schaften ein hohes Interesse hätten zur Vervollständigung und
zum Ausbau der ihnen gehörenden Komplexe. Anderseits sei es unzulässig,
Wenn sich eine Gruppe von Erben 'znsammentue, um den Art. 620 zur
Verkürzung der Miterben anwenden zu lassen, aus Liebhaberei oder, wie
hier, zu Spekulationszwecken. Auch die Beklagten oder ihre Ehefrauen
oder Mütter seien auf dem Heimwesen des Erblassers aufgewachsen und
ebensogut, wie die Kläger, zum Betriebe landwirtschaftlicher Gewerbe
befähigt. Die ganze Familie habe dem Vater in patriarchalischer Weise
bei der Bewirtschaftung des gesamten Liegenschaftenkomplexes mitgeholfen.

Die beiden kantonalen Instanzen, das Amtsgericht von Thun durch Urteil
vom 27. April 1917, der bernische Appellationshof durch solches vom 27.J
uni d. J., haben auf

572 ' Erbrecht. N° 77.

Grund vorgenommener Augenscheine, der Appellationshof ferner nach
Einholung einer Expertise, das Hauptbegehren der Kläger zugesprochen. Dem
gegenüber verlangen die Beklagten und der Nebenintervient Fritz
Aebersold vor Bundesgericht neuerdings Abweisung der Klage und eventuell
Aktenergänzung durch Anordnung einer neuer Expertise.

2. Die Frage ob der Beklagte Fritz Aebersold trotz seiner
Anerkennungserklärung vom 31. Oktober 1916 zur Teilnahme am Prozesse als
N e b e ni n t e r v e nie n t berechtigt sei, kann unerörtert bleiben,
da deren Beantwortung die Entscheidung des Falles nicht beeinflusst.

3. Was die B e k la g t e n anlangt, so ist vor allem die re chtli che
Stellung {zu präzisreren, die sie gegenüber dem Anspruche der Kläger auf
ungeteilt-e Zuweisung des ganzen in der väterlichen Erbsmasse befindlichen
Liegenschaftsbesitzes einnehmen. Wenn in der Klagebeantwortung bemerkt
wird : es sei eine Mehrheit zur Uebernahme von landwirtschaftlichen
Gewerben befähigter und bereitet Erben vorhanden, und, an anderer
Stelle, die Beklagten seien ebenso gut wie die Kläger zum Betriebe
landwirtschaftlicher Gewerbe befähigt, so könnte dies den Schluss
nahe legen, dass die Beklagten gleich den Klägern einen Anspruch auf
_ungeteilte Zuweisung des

' väterlichen Liegenschaftsbesitzes geltend machen, sei es im Sinne
der Anerkennung, sei es in dem des Ausschlusses der konkurrierenden
Ansprüche der Kläger. Allein diesen Standpunkt haben die Beklagten
inhaltlich keineswegs

bestimmt und klar zum Ausdruck gebracht und auch

formell nicht genügend, da dies durch Erhebung einer

Widerklage hätte geschehen müssen. Namentlich aber

weisen ihre sonstigen Ausführungen darauf hin, dass sie es in Wirklichkeit
auf eine R e a lt e i l u n g des gesamten väterlichen Gewerbes abgesehen
haben, wobei allerdings für sie der in einer solchen Liquidation liegende
Vorteil, dass keiner der Erben durch die Wertherechnung des Grundbesitzes
gegenüber dem andern besser gestellt wird,573

Erbrecht. N° 77.

nicht der einzige Beweggrund gewesen ist, sondenîfda. neben auch die
Möglichkeit, den e i g e n e n B e s it Z, durch die Erwerbung von
Erbschaftsliegenschaften zu arrondieren. Dass sie letzteres bezwecken,
haben die Beklagten ausdrücklich erklärt und in diesem Sinne lassen
sich denn auch ohne Zwang jene Bemerkungen auflassen, die für die
Geltendmachung eines Anspruches auf ungeteilte Zuweisung des Ganzen zu
sprechen scheinen. Die Absicht, einen solchen Anspruch ernstlich zu
erheben, lässt sich zudem bei ihnen auch deshalb nicht voraussetzen,
weil sie sich sagen mussten, dass sie als Töchter des Erblassers oder
Nachkommen solcher in Hinsicht auf Art. 621 Abs. 3 ZGB mit ihrem Anspruch
gegenüber den konkurrierenden Klägern als Söhnen, soweit wenigstens
diese zum Selbstbetrieb gewillt sind, doch nicht aufkommen könnten
(vergl. EB 42 II S. 432).

4. Zu entscheiden ist hiernach, ob und in wieweit die Kläger, und nur
sie, die ungeteilte Zu weisung des v ä terlichen Liegenschaftsb e si t
z e s für sich beanspruchen können.

Hiebei muss in tatsächlicher Beziehung, was die Grösse, Gestaltung und
sonstige Beschaffenheit

. des fraglichen Grundbesitzes und dessen Eignung für den '
landwirtschaftlichen Betrieb anlangt-, von der Würdigung

ausgegangen werden, zu der die Vorinstanzen auf Grund der von ihnen
vorgenommenen Augenscheine und des Sachverständigengutachtens gekommen
sind. Diese Würdigung lässt sich bundesrechtlich in keinem Punkte
beanstanden und berücksichtigt alle rechtlich in Betracht zu ziehenden
Verhältnisse des Falles. Es liegt daher auch kein Grund vor, dem even
tuellen Berufungsa n t r a g e uh) Einholung einer neuen Expertise zu
entsprechen. Demgemäss muss folgen des als für das Bundesgericht ie S
tge s tellt gelten:

Die ungefähr 100 Jucharten haltenden Liegenschaften der Erbmasse lassen
sich trotz ihrer räumlichen Trennung

.37-i Erbrecht. N 77.

... einzelne Bestandteile einheitlich, in Form eines einzi en Betriebes,
bewirtschaften. Anderseits gestattet jedes Hier Vier zum Gesamtbesitz
gehörenden Heimwesen ( Ibach 'Hàmeh , Teuikenbach und Eyweid ) eine
selbstän: dige Bewirtschaftung für sich, wie denn auch diese Heimwesen
vor ihrer Erwerbung durch den Erblasser selbstän-dige Betriebsobjekte
gebildet haben und zwei davon Ibach und Teukkenbach , auch nachher
noch iii gewissem Umfange, nämlich insofern die Kläger Johann
und Gottlieb Aebersold je eines dieser als Pächter des Eisblassers
bewirtschafteten. Zur nunmehrigen völligen erselbstandigung der vier
Heimwesen gehörte freilich noch eine Renovation einzelner Einrichtungen
die. seit der Vereinigung der Wirtschaft nicht mehr voll ausgenutzt
und daher auch nicht mehr genügend unterhalten worden sind. Die
Zusammenfassung aller vier zu einem einheitlichen Betriebe ist aber
wirtschaftlich erfolgreicher als deren getrennte Bewirtschaftung,
namentlich weil diese tleimwesen für sich allein zu geringen Umfances
sind weil die Eyweid bei einheitlichem Betrieb denddrei übiigen sehr
geeignetes Grasund Weideland zur Beschaffung von Pferdefutter bietet und
weil die Betriebs-Einheit Ersparnisse und rationeller-e Verwendung der
Znflkriifte ermäcln-ht. was für die Bearbeitung des Vielfach absehüssi
edu Landes von Wichtigkeit ist. ss ' ' si g

o. Auf dieser tatsächlichen Grundlage stellt sich in r'v (r h t I i r h e
r Hinsicht zuerst die Frage, ob mit den lxhigern und den Vorinstanzen die
Anwendbarkeit des Art. 620 ZGB vorab insownt zu bejahen sei als dieser
Airtilcel den Anspruch auf die ungeteilte Zuweisung von dem Erfordernis
der E i n h e i t d e s G e we r b e slf ü r Een landwirtscha itlichen
Be trieb abhangig macht. ' Der Annahme einer solchen Einheit steht
nicht ent-

gegen, dass sich der gesamte Besitz aus räu mlich getrennten Be Sia
ndteilen zusammensetzt (vergl. E rl ii u t e r n n ge n Zum Vorentwurf
des ZGB,Erbrecht. N° 77.

II. Aufl. S. 360. ESCI-{ER, Kommentar zum Erbrecht. Art. 620 Note 3
a). Landwirtschaktliche Gewerbe, die aus getrennt liegenden Parzellen oder
Teil-Komplexen bestehen, kommen sehr häufig vor, wofür sich beispielsweise
auf den stakkelbetrieb in den Alpen verweisen lässt. In Ansehung des
durch Art. 620 verfolgten gesetzgeberischen Zweckes der Bewahrung des
bäuerlichen Grundbesitzes vor wirtschaftlich und sozial schädlicher
Zersplitterung unterscheiden sich aber solche Gewerbe nicht von denen mit
abgerundeten Hofbesitz. Auch die verhäl'tnismässig b e d e u t e n d e
G r ö s s e des Gesamtbesitzes schliesst die Anwendbarkeit des Art. 620
nicht aus. Dieser will freilich nur einer zu grossen Zerstückelung des
landwirtschaitlichen Bodens entgegentreten, nicht etwa grundsätzlich
dem Grossbetrieb vor dem Kleinbetrieb denVorzug geben. Aber sein
Geltungsgebiet ist durch keinen Ma ximalmasstab gegen oben abgegrenzt, in
der Meinung, dass er auf landwirtschaftliche Gewerbe von einem bestimmten
Flächeinhalte an überhaupt nicht mehr zuträfe und dass hier immer eine
Realteilung durch parzellenweise Zuteilung oder Veräusserung vorzunehmen
wäre, so wie die Beklagten sie erstreh'en. Dass sodann das dem Erbgang
unterstellte landwirtschaftliche Gewerbe aus verschiedenen Heimwesen
sich zusammensetzt, von denen jedes als selbständige Betriebseinheit
sich darstellt, könnte nur dazu führen, den ganzen Gewerb in die
verschiedenen Untereinheiten zu zerlegen und diese als selbständige
Gewerbe Zu behandeln und gesondert einzelnen Erben zuzuteilen. Eine solche
Z e r le g u n g eines grossen Gewerbes in k l e i nere selbständige
Be triebseinheiten würde mit dem Begriffe der ungeteilten Zuweisung,
der nur die Zerstückelung einheitlicher Betriebe verhindern will, nicht
im Widerspruch stehen (vergl. in diesem Sinne E rl ä n t e r u n g e n
11. Aufl. p. 360 unten). Allein eine Zerlegung des ganzen Besitztumes
in einzelne selbständige Betriebseinheiten kommt gar nicht in Frage,
da die Beklagten nicht die. nngeteilte Zuweisung einer solchen

576 Erbrecht. N° 77.

Untereinheit verlangen, sondern einfach die A b t r e n nung einzelner
Grundstücke zurArrond 1 e r u n g der den Beklagten bereits gehörenden
Heimwesen begehren. Eine solche Teilung ist aber mit Art. 620 nicht
vereinbar. Sofern die übrigen Voraussetzungen der Art. 620 und 621
zutreffen, haben die Kläger einen Anspruch auf ungeteilte Zuweisung
sei es des ganzen, die verschiedenen Heimwesen umfassenden Gewerbes,
sei es einzelner der selbständigen Betriebseinheiten. Da die Beklagten
eine ungeteilte Zuweisung für sich nicht verlangen, bleibt es für sie
gleichgültig, ob ihre Miterben, welche die ungeteilte Zuweisung begehren,
diese in der Form des die einzelnen Heimwesen in sich sohliessenden
ungeteilt-en väterlichen Liegenschaftsbesitzes oder in Form der einzelnen
Heimwesen als selbständiger Betriebsobjekte erlangen. ·

Nach alledem muss also die Klage, und zwar in ihrem Hauptbegehren,
jedenfalls insofern für begründet gelten, als sie als Gegenstand der
Zuteilung an die Kläger das landwirtschaftliche Gewerbe des Erblassers
samt allen Grundstücken der Erbschaft angesehen wissen will.

6. Es fragt sich noch ob die Kläger i ii r e r P e r s 0 n n a c h
ein gesetzliches Recht auf Zuweisung des dem Art. 620 unterstehenden
Liegenschaftsbesitzes haben. Hiebei ist davon auszugehen dass, wenn ein
Erbe nach Art. 620 Einsprache erhebt gegen die von einer andern anbegehrte
Zuweisung, die darüber entscheidende Behörde nicht etwa die freie Wahl
hat, ob sie auf Zuweisung, Veräusserung oder Teilung erkennen wolle
(vgl. auch Escnnn, aaO, Art. 621 Note 1, und GUGGENHEIM, Das bäuerliche
Erbrecht des ZGB, Bd. XXV der Zürcher Beiträge zur Rechtswissenschaft,
S. 121). Zur gegenteiligen Auffassung könnte freilich der Art. 621,
für sich allein betrachtet, Anlass geben. Sie verträgt sich aber nicht
mit dem Art. 620, auf den in erster Linie abzustellen ist, da er das
Recht auf Zuweisung in seinen Grundlagen regelt, während der Art. 621,
hierauf gestützt, sich darüber aus-

;. ,__ ...-..Y-sisp

_ q p ss-si-zzsi-sisi.Erbrecht. N° 77. .).:

spricht, wie bei Bestreitung des beanspruchten Rechtes vorzugehen und
welche sachlichen E i n z e l vorschriften alsdann anzuwenden seien,
namentlich in den Fällen, wo mehrere Erben das Recht auf Zuweisung
gegenseitig beanspruchen und sich bestreiten. Der Art. 620 erklärt nun
aber, dass das landwirtschaftliche Gewerbe dem Ansprecher zugewiesen
werden s o l l , wenn die darin aufgestellten Voraussetzungen
Bereitwilligkeit zur Uebernahmc und Eignung des Ansprechers und
Qualifikation des Gewerbes als wirtschaftliche Betriebse'nheit
-vorliegen. Soweit diese Voraussetzungen vorhan en sind und kein
konkurrierender Miterbe aus in seiner Person liegenden Gründen sich in
einer Vorzugsstellung befindet, die eine Mitberechtigung ausschliesst
(etwa weil er Sohn und nicht Tochter des Erblassers ist, das Gewerbe
selbstbetrieben will usw.), hat also der Ansprecher ein festes Recht
auf Zuweisung, dem zuwider die urteilende Behörde nicht auf Veräusserung
oder Teilung erkennen darf. Letzteres ist vielmehr, sobald ein Recht auf
Zuteilung besteht, nur noch im Sinne des einschränkenden Vorbehaltes
möglich, den der Art. 620 selbst für seine Anwendung aufsteht und
wonach das in der Erbschaft befindliche landwirtschaftliche Gewerbe
Gegenstand ungeteilter Zuweisung nur sein si soll, s o wei t es für
den landwirtschaftlichen Betrieb eine Einheit bildet .

Prüft man nun auf Grund dessen und unter Berücksichtigung des Umstandes,
dass die Beklagten nicht selbst

s ungeteilte Zuweisung beanspruchen, ihre in dieser Bezie-

hung erhobenen Einwendungen, so erweisen sie sich durchweg als
unstichhaltig. Wenn sie sich zunächst darauf berufen, dass sie im Ian
(iwi! tschaftlichen Gewerbe des Erblas'sers mitgearbeitet und zu dessen
Gedeihen mitgeholfen hätten, so vermag ' dieser Umstand den Ansprüchen
der Kläger aus Art. 620 auf ungeteiltc Zuweisung keinen Eintrag zu tun ;
er könnte anfällig nur im Sinne einer Berücksichtigung der persönlichen
Verhältnisse der Erben nach Art. 621 dann

378 Erbrecht. N° 77.

in Betracht fallen, wenn es sich darum handeln würde, über einen eigenen
Anspruch der Beklagten auf ungeteilte Zuweisung zu entscheiden. Mit
Unrecht sodann behaupten die Beklagten, eine uugeteilte Z u w e i s u n
g d e s G e werbes an mehrere Erben sei unzulässig. Der Art. 620 spricht
freilich nur von e in e m und nicht von mehreren Erben. Allein es liegt
gar nichts dafür vor, diesem einfachsten Falle nicht auch die aus einer
Summation sich ergebenden Fälle gleichzustellen, wo verschiedene Erben
als Bewerber um die Zuweisung auftreten (vergl. ESCEHR, aaO, Note 3,
b, ua). Der gesetzgeberische Zweck einer Erhaltung des Gewerbes als
Betriebseinheit vermittelst der Zuteilung behält ja auch hier seine
volle Geltung, nur dass sich noch die weitere Möglichkeit

bietet, die gesamte Betriebseinheit unter Umständen in

verschie dene selbständige Untereinheiten zu zerlegen und solche gesondert
zuzuweisenUehrigens redet der Art. 621, indem er den Grundgedanken des
Art. 620 näher ausführt, in seinen Absätzen 2 und 3 von einer Mehrzahl
die Zuteilung begehrender Erben. Unerhehlich ist im weitern, dass einer
der Kläger, der ältere Sohn des Erblassers, bereits ein eigenes Heimwe
sen besitzt. Diese Tatsache genügt nicht, um anzunehmen, es sei dem
Kläger Christian Aehersold garnicht um die anhegehrte Einweisung in das
väterliche Gewerbe zu ungeteiitem Besitz zu tun, sondern die Einweisung
sei für die Kläger nur das Mittel, um die Liegenschaften na ch he r unte
I' si c h t e i le n zu können, sei es durch Trennung in die einzelnen
Heimwesen, Sei es durch parzellenweise Zerstückelung und allfällige
Veräusserung (des Landes. Die hlosse Möglichkeit, dass die Kläger einmal
die Teilung heschliessen und ausführen könnten, bildet keinen Grund,
ihrem derzeitigen Begehren, ihnen denväterlichen Liegenschaftsbesitz
gemeinsam zuzuweisen, zu widersprechen. Mit der Zuweisung übernimmt der
Erbe keineswegs die Verpflichtung, die wirtschaftliche Betriehseinheit,
so wie sie beider Uebernahme bestand, in Zukunft unverändertErbrecht. N°
78. BIZ} aufrecht zu erhalten. Wohl aber bleiben den Beklagten . ihre
allfälligen Rechte gewahrt, die ihnen gemäss Art. _619 ZGB daraus
erwachsen, dass die Kläger später zu einer Teilung schreiten sollten; dies
namentlich,falls sich alsdann her-ausstellen würde, dass das nunmehrige
Begehren auf gemeinsame Zuweisung wirklich nur der Absicht entsprungen
ist, den Art. 620 vorzuschützen, um durch eine für die Kläger günstige
Schätzung der Liegenschaften lm Verhältnis zu den. Miterben einen
gesetzlich nicht gerechtfertigten Vorteil zu erlangen. ·

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die. Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des
Kantons Bern, vom 27. Juni 1911 besttätigt. si -

78.Urteîider n. Zîvilabteîlung vom 21. November 1917 i. S. Oehrli und
Mitbeteiligto, gegen Graf Qemu.

Einfluss der richterlichen Ungültigerklärung einer von mehreren
in einem Testament enthaltenen Verfügungen auf die Wirksamkeit der
übrigen. -Anfechtung der auf Grund eines von mehreren Testamenten
vorgenommenen Erd-teilung, weil die Zustimmung in der irrigen
Voraussetzung '. folgt sei, dass das andere, dem Aniechtenden günstigere
vom Richter ganz und. nicht nur in einem Punkte aufgehoben werden
sei. Anwendbarkeit von Art. 24
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
. Ziff. 4 OR.

A. Die kinderlosen Eheleute Christian und Marianne Oehrli-Rohrbach in
Interlaken errichteten am 29. November 1917 eine 'Eheverkommnis sowie
je eine letzte Willensverordnung, wodurch sie über ihr Vermögen ohne
Rücksicht auf die Herkunft so verfügten, dass :

' 1. der überlebendeEhegatte Eigentümer des ganzen Ver-

mögens werden, 2. nach dem Tode des zWeiten Ehegatten die gesamte
Verlassenschaft je zur Hälfte an die Verwandten des Mannes und der Frau
fallen sollte. In den-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 43 II 569
Datum : 08. Oktober 1917
Publiziert : 31. Dezember 1918
Quelle : Bundesgericht
Status : 43 II 569
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Bis Familienrecht. N° 76. dans l'inconduite à l'époque de 1a conception. Le dossier


Gesetzesregister
OR: 24
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
ZGB: 620  621
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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