51. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Juli 191? i. S. Kirchgemeinde
Eggenwil-Widen und Kirchgemeinderat Widen, Kläger und Berufungskläger,
gegen Erben Wirth, Beklagte und Berufungsbeklagte.
V e r s p r e c h e n des Mitgliedes eines Kirchgemeinderates, der aus
den Gemeinderäten zweier Einwohnergemeinden besteht, dahin lautend, dass
es hinsichtlich einer in Aussicht genommenen Anlage von Pfrundkapital
bei einer Bank gegenüber dem einen jener Einwohnergemeinderäte jedes
Risiko übernehme. Klage der K i r c h g e m e i n d e und dieses
EinwohnergemeinderatesauIFeststellung der Pflicht zur Vergütung
des im Konkurs der Bank hinsichtlich des angelegten Kapitals sich
ergebenden Ausfalles. Berechnung des S t r e i t w e r t e s. Frage
des Feststellungsinteresses. Mangelnde KlagIegitimation des genannten
Einwohnergemeinderates, Well ihm die juristische Persönlichkeit,
Par-teiund Prozessfähigkeit abgeht. Sind aus dem streitigen Versprechen
Rechte der Kirchgemeinde begründet werden, namentlich nach Art. 112
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
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1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
? Liegt hinsichtlich seines Wortlautes eine kantonale T a t b e s t a
n d s -
' f e s t s t e l l u n g vor ? Selbständige Feststellung durch das
Bundesgericht nal-h Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
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1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
l. Die aargauischc Kirchgemeinde Eggenwil-Widen erstreckt sich
territorial auf das Gebiet der zwei politischen Gemeinden Eggenwil und
Widen. Ihr Pirundgut wird nach der kantonalen Gesetzgebung durch den
Kirchgemeinderat verwaltet, der aus den Gerneinderäten jener politischen
Gemeinden besteht. Das 53,000 Fr. betragende Pfrundkapital war früher
bei der Kantonalbank in Aarau angelegt. Im Juli 1911 beschloss dann die
Kirchgemeindeversammlung, es _abzuheben und anderswo zu einem höhern Zins
auszuleihen. In einer Sitzung des Kirchgemeindcratcs vom 11. Februar 1912
wurde über die Neuanlage verhandelt. Anwesend waren als Gemeinderäte von
Eggenwil dcr Gemeindeammann Hartmann und der Vizearnmann Wirth, (gegen den
die vorliegende Klage eingeleitet wurde und an dessen Stelle nach seinem
Ohiigationenreeht. N° (zi. 399
während des Prozesses erfolgten Tode seine Erben als Beklagte in
den Prozess eingetreten sind). Vom Gemeinderat von Widen waren
erschienen der Ammann Sami, der Vizeammann Stutz, Gemeinderat Gloor
und Gemeinde-schreiber Meier. Ammann Hartmann von Eggenwil erstattete
in der Sache Bericht und teilte mit, dass sich zwei Geldinstitute,
die Freiämterbank in Wohlen und die. Sparund Leihkasse Bremgarten,
urn das Geld beworben hätten, jene für einen Betrag von 30,000 Fr.,
diese für einen solchen von 20,000 bis 25,000 Fr. Laut dem Protokoll
über die Sitzung bemerkte hierauf Ammann Sami von 'Widen : Er wolle
die Sicherheit der Anlage bei diesen beiden Kassen nicht bezweifeln,
aber die von der aargauischen (Kantonal ) Bank gewährte. Sicherheit
sei nicht geboten. Daran anschliessend besagt das Protokoll wörtlich
: Vizeammann Joh. Wirth in Eggenwil gibt nun zu Protokoll, dass er
gegenüber dem Gemeinderats VViden je d e s R i s i k 0 übernehmeEs wird
nun einstimmig beschlossen, das fragliche Kapital auf der Freiämterbank in
Wohlen und der Spar-und Leihkasse Bremgarten anzuleihen. Endlich erklärt
das Protokoll in Hinsicht auf dieses Traktanclurn noch, dass Vizeammann
Wirth zur Vornahme der Neuanlage bevollmächtigt wm den sei.
Am 14. Februar 1912 hat Wirth 20,000 Fr. bei der Freiämterbank und 33,000
Fr. bei der Sparund Leihkasse Bremgarten angelegt. Ueber die letztere
ist ungefähr ein Jahr später der Konkurs eröffnet worden.
In der Folge haben die Kirchgemeinde Eggenwil-Widen und der Gemeinderat
von Widen gegen Wirth Klage erhoben auf gerichtliche Feststellung,
dass der Beklagte der Kirchgemeinde EggenWil-Widen denjenigen Betrag
ihrer Kapitalanlage von 33,000 Fr. bei der Sparund Leihkasse Bremgarten
samt Zins zu vergüten habe, der ihr bei dieser Kasse verloren gehe. Für
die Haftbarkeit des Beklagten berufen sich die Kläger auf seine in der
Sitzung vom 11. Februar 1912 abgegebene Erklärung, die
860 Öhligaticnenreeht. N° 51 .
ein gültiges Garantie-versprechen darstelle. Eventuell machen sie geltend,
Wirth habe eigenmächtig 8000 Fr. mehr, als beschlossen, bei der Sparund
Leihkasse angelegt und müsse daher wenigstens insoweit für den Schaden
aufkommen.
Der Beklagte hat zunächst eingewendet, die Klage sei verfrüht, da sich
die Grösse des Verlustes im Konkurse noch nicht voraussehen lasse. Ferner
sei der Gemeinderat Widen nicht parteiund prozessfähig. Die fragliche
Erklärung sei ungenau protokolliert werden, namentlich habe Wirth
nie die Uebernahme jeglichen Risikos zuss gesagt. sie enthalte kein
rechtsverbindliches Garantieversprechen. Da sie zudem nur gegenüber
dem Gemeinderat abgegeben werden sei, fehle der Kirchgemeinde die
Aktivlegitirnation. Die Mehranlage von 8000 Fr. endlich sei von der
Kirchgemeinde nachher genehmigt werden.
Die Vorinstanz hat durch Urteil vom 16. Februar 1917 die Klage der
Kirchgemeinde Eggenwil Widen mangels eines gültigen Garantieversprechens
abgewiesen und ist auf die Klage des Gemeinderates Widen wegen fehlender
Parteiund Prozessiähigkeit nicht eingetreten. Demgegenüber erneuern
beide Klagparteien ihre Rechtsanträge vor Bundesgericht.
2. DieBerufung istzulässig,besondersauch in Ansehung des Streitwertes,
Nach den Akten ist anzunehmen, dass die Kirchgemeinde Eggenwil-Widen im
Konkurse der Sparund Leihkasse Bremgarten an ihrer Forderung von 33,000
Fr. einen 4000 Fr. übersteigenden Verlust erleiden wird. Daraus ergibt
sich auch die Anwendbarkeit des mündlichen Berufungsverfahrens.
3. Mit der Vorinstanz muss die Auffassung des Beklagten abgelehnt werden,
die Klage sei verfrüht, weil sich jener Verlust im'Konkurse seiner Grösse
nach nicht bestimmt voraussehen lasse. Dies hindert die geschädigte
Gläubigerin nicht, im Sinne ihres Rechtsbegehrens K l a g e a u f F e s t
s t e l l u n g der grundsätzlichen Schadener-uungationenrecht. N° 51 361
satzpnicht des Beklagten zu erheben Im besondern ist daseiforderlichc
Feststellungsinte resse voihanden. Wegen der derzeitigen Unmöglichkeit,
den Verlustbetrag ziiiennässig anzugeben, sieht sich die Gläubi-gerin
zur Anhebung einer Leistungsklage ausser Stande. Da aber anderseits
,der Beklagte seine Ersatzpilicht bestreitet, hat sie ein rechtliches
Interesse daran, über deren Bestand durch richterliches Urteil Gewissheit
zu erlangen, um sich für'ihr allkälliges Forderungsrecht die Möglichkeit
baldiger Vollstreckung zu sichern.
4. Zu bestätigen ist das angefochtene Urteil zunächst inseweit,alses
auf die Klagede s Gemeinderate s W i d e 11 nicht eintritt. Die
Vorinstanz erklärt, dieser sei keine juristische Person. Hiebei
handelt es sich um die Auslegung und Anwendung kantonalen öffentlichen
Rechtes. Denn dieses bestimmt ob und inwiefern Behörden das Recht der
Persönlichkeit zukoman ob sie als solche Rechtssubjekte-, Träger eigener
Rechte und Pflichten, Öffentlicher oder privater Natur, sein können,
oder ob sie als blesse Organe von Rechtssubjekten des öffentlichen
Rechtes der öffentlichen Korporationen, wie der Kantone, der Gemeinden
usw. -gelten müssen (vergl. EB 41 U S. 600). Die Kompetenz des kantonalen
Gesetzgebers wird hier auch nicht, wie die Kläger behaupten, durch das ZGB
eingeschränkt. ist aber davon auszugehen, dass dem Gemeinderate von Widen
die Rechtspersönlichkeit sowohl im Gebiete des ss öffentlichen als des
privaten Rechtes fehle, so kann er die behauptete Schadenersatzierderung
nicht zu eigenem Rechte, als Gläubiger, besitzen und sie insofern auch
nicht als Prozesspartei geltend machen. Im Prozess handelnd auftreten
könnte der Gemeinderat VViden vielmehr nur für die Gemeinde Widen als
deren Organ, zur Wahrung ihrer Rechte. Rechte dieser Gemeinde stehen
aber hier nicht in Frage, denn das Pirundgut ' gehört nicht ihr und
daher kann auch nicht ihr die streitige Schadenersatzierdcrung wegen
schlechter Verwal-
362 (Zä)ligati0nenreclit. N" Iî .
tung dieses Gutes zustehen, was denn auch nicht behauptet wird. Gläubiger
der geltend gemachten Forderung kann vielmehr nur die Kirchgemeinde
Eggenwil Widen, die andere Klagpartei im vorliegenden Prozesse sein,
als Besitzerin des Pirundgutes, und das Organ dieser Ge-meinde,
das unter den gesetzlichen Voraussetzungen für sie alllällig auch
in Zivilstreitigkeiten zu handeln hat, ist der Kirchgeineinderat
Eggenwil-Widen, nicht der Gemeinderat Widen. Daran ändert der Umstand
nichts, dass. die Mitglieder des letztem zusammen mit den Gemeinderäten
von Eggenwil den Kirchgemeinderat Eggenwil-Widen bilden. Dieser ist
eben eine selbständige Behörde für sich, und er allein, nicht auch
jene politischen Gemeindebehörden, hat den Charakter eines Organes der
genannten Kirchgemeinde und ist als solches für sie zu handeln berufen.
5. Beim angefochtenen Entscheide muss es aber auch insoweit verbleiben,
als die Vorinstanz die Kl a g e der Kirchgemeinde Eggenwil-Widen als
sachlich unbegründet abweist
Für die Beurteilung der Frage, wie die vom Beklagten am ll. Februar
1912. abgegebene Erklärung t a t s ä c hl i c h gelautet hat, ist
als ausschlaggebend zu betrachten die Wiedergabe der Erklärung im P
ro to ko ]] des Kirchgemeinderates, vor dem sie abgegeben wurde. Auf
dieser tatsächlichen Grundlage beruht denn auch wohl der Entscheid
{der Vorinstanz, 'was namentlich aus ihrer Erwägung zu schliessen ist
: laut Klage und Zeugenaussagen sei die Haftung des Beklagten nur für
den Fall versprochen worden, dass der Gemeinderat Wirklich zu schaden
komme oder schadenersatzpflichtig erklärt werde. Die Klage-schritt
beruft sich nämlich in erster Linie ebenfalls auf das Protokoll als
Beweismittel und gibt den Inhalt der abgegebenen Erklärung so an, wie
sie im Protokoll verurkundet ist ; und dem entsprechend haben auch zwei
der abgehörten Zeugen, Sami und Gloor, über den Inhalt der streitigen
Erklärung ausgesagt,Obngationenrecht. N° 51. zar-3
(wogegen freilich nach den Aussagen zweier anderer Hartmann und Meier
die Erklärung allgemeiner, als verurkundet wurde, gelautet hätte, nämlich
nicht speziell an den Gemeinderat Widen gerichtet gewesen Wäre). Hiernach
würde sich also das Bundesgericht vor einer tatsächlichen Feststellung
der Vorinstanz über den Inhalt der fraglichen Erklärung sehen und an der
Verbindlichkeit dieser, bundesrechtlich nicht anfechtbaren Feststellung
Verrnöchte auch der Umstand nichts zu ändern. dass die erste Instanz den
Tatbestand anders fcststellt, indem sie annimmt, die Erklärung sei in
allgemeiner Weise, ohne besondere Bezugnahme auf den Gemeinderat Widen,
abgegeben und unrichtig, zu eng, protokolliert. werden. Wäre aber
davon auszugehen, dass der obergerichtliche Entscheid einer genügenden
Feststellung in vorliegender Beziehung ermangelte, so mij sste das Bunde
sgericht eine solche nach Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
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1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
es gestatten, und dies könnte dann nur im Sinne der protokollarischen
Verurkundung der streitig-en Erklärung geschehen Denn das Beweisergebnis,
namentlich das der Zeugenabhörung, spricht nur zum Teil gegen. zum Teil
aber für die vorgenommene Verurkundung, und deren Richtigkeit kann schon
deshalb nicht als erschüttert gelten, abgesehen von der den öffentlichen
Urkunden zukommenden erhöhten Beweiskraft (Art. 9
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 9 - 1 Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist. |
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1 | Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist. |
2 | Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden. |
ln r e c h t l ic h e r Beziehung fragt es sich, ob die Erklärung des
Beklagten, die nach dem Protokoll dahin lautet, dass er gegenüber dem
Gemeinderat Widen jedes Risiko übernehme , ein Recht der Kirchgemeinde
Eggenwil-Widen begründet habe, vom Beklagten Ersatz des Konkursausfalles
ihrer Forderung zu verlangen. Nach dem klaren Wortlaut der Erklärung
ist nun aber das in ihr enthaltene Versprechen nur gegenüber dem
GemeinderatVViden, nichtgegenüberderKiroh ' gemeinde Eggenwil Widen
abgegeben worden. Um diese als unmittelbare oder mittelbar-H Adressatin
des Versprechens ansehen zu können, müssten besondere,
364 Obligationenrecht. N° 51.
aus den Umständen des Falles sich ergebende Gründe vorliegen. In
dieser Hinsicht lässt sich freilich sagen, dass ein Risiko , wenn man
den Ausdruck im Sinne der Möglichkeit eines Verlustes des anzulegenden
Pfrundkapitales aufiasst, nur für die Kirchgemeinde als Eigen-tümerin des
Kapitales bestand und dass deshalb auch ein Versprechen zur Ueber-nehme
eines solchen Risikos in dem Sinne habe gemeint sein müssen, dass das
Versprechen der Kirchgemeinde zu gute komme. Dabei liessc sich die
Schwierigkeit, dass die Kirchgemeinde nicht selbst als Adressatin
des Versprechens erscheint, dadurch heben, worauf namentlich vor
Bundesgericht hingewiesen wurde , dass man das Versprechen als ein
dem Gemeinderat Widen zu Gunsten der Kirchgemeinde Eggenwil-Widen
abgegebenesansieht, also annimmt, der Beklagte habe im Sinne von
Art. 112
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 112 - 1 Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
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1 | Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an den Dritten geleistet werde. |
2 | Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung entspricht. |
3 | In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen. |
die Kirchgemeinde an ihrem Pirundgut keinen Verlust erleide. (und daher
dürfe der Gemeinderat Widen der zu beschliessenden Kapitalanlage ruhig
zustimmen). Allein eine solche Auslegung, die weit über den Wortlaut des
'Erklärten hinausgeht, vermöchte-sich doch nur zu rechtfertigen, wenn
nach der ganzenSachlage der Wille des Beklagten, sich in dieser Weise,
namentlich in so ausgedehntem Masse und ohne Entgelt, zu verpflichten,
ausser jedem Zweifel stände. Statt dessen gestattet aber die streitige
Erklärung eine andere Auslegung, die dem Wortlaut angemessener ist,
den Verhältnissen des Falles eher besser Rücksicht trägt und keine
so Weit reichende Haltbarkeit dechrsprechenden in sich schliesst.
Bern Beklagten war es nämlich darum zu tun, dass der Beschluss, das
Geld bei der Sparund Lcihkasse Brentgarten anzulegen, zu Stande komme,
und er sah nun, dass sich im Schosse der beschliessenden Behörde,
des Kirchgemeinderates Eggenwil "Widen, zwei verschiedene Stirn-mungen
geltend machten, indem nämlich die Gemeinde-
Ai!Obligationenrecht. N° 5 l . ... ...
rate von Eggenwil zu dieser Beschlussfassung bereits gewillt waren,
während die Gemeinderäte von Widen noch Bedenken trugen. Um diese
Bedenken zu zerstreuen und auch die Widener Mitglieder der Behörde zu der
gewünschten Beschlussfassung zu bestimmen, hat ihnen der Beklagte erklärt,
dass er gegenüber dem Gemeinderate Widen' jedes Risiko übernehme . Der
Gemeinderat Widen ist nach dem oben Gesagten blosses Organ der Gemeinde
Widen und ohne vermögensrechtliche Persönlichkeit, und daher konnte ein
für ihn zu übernehmendes Risiko nicht bestehen ; die Erklärung hätte, wenn
man sie so aufiasst, praktisch keine Bedeutung und würde rechtlich keine
wirkliche Haftung des Beklagten haben begründen können. Anders dagegen,
wenn man annimmt, der Beklagte habe unter dem Ausdruck Gemeinderat Widen
die bei der Beschlussfassung beteiligten Gern e i n d c r ä t e von Widen
verstanden. Diese konnten durch ihre Zustimmung zu der vorgeschlagenen
Neuanlage einem Risiko sich ansetzen, nämlich insofern ihre Zustimmung
eine Haftung Wegen fahrlässigen Verletzung ihrer amtlichen Verpflichtung,
die Vermögensinteressen der Kirchgemeinde sorgfällig zu wahren, zu
begründen vermochte. Der Befürchtung möglicher Weise pflichtwidrig zu
handeln und anfällig dadurch haftbar zu werden, sind offenbar auch
ihre Bedenken gegen den vorgeschlagenen Beschluss entsprungen. Ob
solche Befürchtungen nach der Sachlage gerechtfertigt waren, ist hier
nicht zu untersuchen. Es genügt, festzustellen, dass das Versprechen,
das der Beklagte zurZerstreuung dieser Bedenken, nach der vorliegenden
Auslegung seiner Worte abgegeben hätte, sich nicht an die Kirchgemeinde
Eggenwil Widen gerichtet und für sie keine Rechte begründet hat. Auch
die rechtliche Bedeutung eines solchen Versprechens und die Frage,
wie es auf Grund des kantonalen Verwaltungsrechtes zu beurteilen sei,
bedarf keiner Prüfung.
6. (Abweisung des Eventualbegehrens der Kläger).
366 Erfindungsschutz. N° 52.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt :
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau vom 16. Februar 1917 bestätigt,
IV. ERFINDUNGSSCHUTZBREVETS D' INVENTION
52. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Juni 1917
i. S. Dr. Sarason'u.;v. Wintsch, Kläger u. Berufungskläger, gegen Georges
Meyer & 01°, Beklagte u. Berufungsbeklagte.
: r t. 7 u n d 5 3 B Z 0 : Inwiefern kann sich der einzelne Streitgcnosse
im Berufungsverfahren durch einen besondern Anwalt vertreten
lassen? Art. 2Zifs. 4 P G: Gehört die S t r o h in d u s t ri c , im
besondern die Strohbleichef-ci, zur T e x t i l i 11 du s t ri e im Sinne
dieser Bestimmung ? Erzeugnisoder Verfahrenserfindung?Begriif der rein
mechanischen Verfahren und der Veredlungsverfahren im Sinne. genannter
Bestimmung-. Gehören zu letztern : 1. nur Verfahren an (ler F a s e r
selbst '? 2. Verfahren zur S t a bilisierung eines als Bleichmittel
dienenden Sauerstot'fträgers '? -- Veredlungsverfahren und Patente
betreffend F a r b s t o ife. Die Rechte. aus Art. 2 Zifl. 4 sind
nicht durch Patentnichtigiceitsklage geltend zu machen, sondern durch
Berufung auf die U n w i r k s a 111 k 0 i t des betreffenden Patentes
im Verhältnis zum Berechtigten.
l. Der Kläger Dr. Sarason hat an:. 2.November1909 das schweizerische
P a t e n t N r. 5 0 O 7 2 erwirkt mit dem H a u p t a n s-p r n c h :
Verfahren zur Stabilisierung von leicht zersetzbaren Sauerstcflträgern,
da--Erflndungsschutz. N°'52; 367
durch gekennzeichnet, dass man denselben ein pyrophosphorsaurcs
Salz zusetzt , und mit dem U n t e r a n s p r u c h : Verfahren
gemäss Patentanspruch, bei welchem als pyrophosphorsaures Salz
Natriumpyrophosphat zur Verwendung gelangt. Die P a t c n t b e
' s c h r e i b u n g lautet : Bekanntlich unterliegen leicht
zersetzbane Sanerstoflträger, wie beispiesweise Super oxyde
(z. B. Wasserstofi'superoxyd und Natriumsuper oxyd), Perborate und
Perkarbonate, nicht nur bei ihrer Aufbewahrung, sondern auch bei
ihrem Gebrauch in Lösungen, sehr leicht einer unerwünscht vorzeitigen
Zersetzung, und zwar durch relativ geringe Steigerung der Temperatur,
sowie durch katalytische Substanzen, wie sie fast allen Dingen in mehr
oder minder grosser Menge anhalten. Dadurch aber wird die Oekonomie
der Wirkung des in ihnen enthaltenen Sauerstofles geschä digt. Nach
vorliegender Erfindung werden leicht zer- setzbare Sauerstoffträger,
mögen sie nun trocken oder in Lösung, allein oder in Mischung mit andern
Sub stanzen sein, gegenüber den schädlichen Einflüssen der Wärme und
katalytischer Substanzen erheblich sta bilisiert, und zwar durch einen
Zusatz von pyrephos phorsauren Salzen, insbesondere von pyrophcsphor
saurem Natron. Beispielsweise mischt man 80 Teile Natriumperborat mit
20 Teilen Natriumpyrophcsphat oder man löst in der handelsüblichen 3
%igen Wasser stoffsuperoxydlösung 0,6 % Natriumpyrephosphat auf.
In der Folge hat Dr. Sarason durch Vertrag alle seine Rechte aus dem
Patent, soweit dieses sich auf die Verwendung von Pyrephosphat zur
Herstellung vonBleichbädern bezieht, an H. Fischer in Dottikon abgetreten,
und dieser wiederum hat seine Rechte aus dem genannten Vertrage an den
heutigen Kläger Viktor Wintsch übertragen. Wintsch seinerseits hat am
6. April 1910 mit der beklagten Firma, der Strohwarenmanufaktur Georges
Meyer & Cfe in Wohlen, einen Vertrag von fünfjähriger Dauer abgeschlossen,
wonach er sie in das Saras'cn'sche