17. Entscheid vom 8. März 1916 i. S. Luzerner Kantonalbank.
Hotelierschutzverordnung. Abweisung eines Gesuches um Stundung von
Hypothekarzinsen, die zwar nicht aus den Einkünften, wohl aber aus dem
Vermögen beglichen werden könnten. Einheitlichkeit des Entscheides über
Bewilligung oder Nichtbewilligung der Stundung für die Hy-pothekarzin
s en. Daher Aufhebung der angefochtenen Stundung auch zu Gunsten der
nicht rekurrierenden Zinsgiàubiger.
A. Die Rekursbeklagten, Erben :Vidmer in Menton, sind Eigentümer des
Hotels Riviera Palace in Menton, sowie des Hotels Sonnenberg in der
Gemeinde Kriens bei Luzern. Nach ihrer von der Vorinstanz als richtig
angenommenen Darstellung betragen die Aktiven in Menton 1,521,500
Fr. (nämlich Grundstück und Gebäude 1,350,000 Fr., Mobiliar, Vorräte
u. s. w. 171,500 Fr.), die Aktiven im Kanton Luzern 541,600 Fr. (nämlich
Grundstück und Gebäude 420,000 Fr., Mobiliar, Vorräte u. s. w. 100,000
Fr., vinkulierte Wertschriften 21,600 Fr.), die Passiven in Menton
693,376 Fr. 37 Cts. (nämlich fahrende Schulden 393,376 Fr. 37 Cts.,
Hypothekarschulden 300.000 Fr.), die Passiven im Kanton Luzern 355,151
Fr. 41 Cts. (nämlich Hypothekarschulden 279,395 Fr. 71 Cts., laufende
Schulden 75,755 Fr. 70 Cts.), der Aktivenüberschuss in Menton somit
828,123 Fr. 63 Cts., derjenige im Kanton Luzern 186,448 Fr. 59 Cts.,
das . Gesamtreinvermögen also etwas über eine Million.
Nachdem der Betrieb der beiden Gasthöfe im Jahre 1914 ein unbefriedigendes
Resultat ergeben hatte, wurde er anfangs 1915 eingestellt und bis heute
nicht Wieder aufgenommen. Weil sie infolgedessen ihrer regelmässigen
Einkünfte vollständig beraubt seien, stellten die Erben Widmer am
10. Dezember 1915 bei der Justizkommission des Kantons Luzern, als der
kantonalen N achlassbehörde im Sinne des Art. 17 der bundesrätlichen
Verordnung
und Konkurskammer. N° 17. : 71
vom 2. November 1915 betreffend Schutz der Hotelindu-
strie gegen Folgen des Krieges, das Gesuch um .Stundung für die
verfallenen und fällig werdenden Kapitalmnsen, sowie für die gekündeten
und allfällig weiter kündbaren Kapitalien, im Rahmen des Gesetzes
(gemeint ist: lm Sinne der angeführten bundesrätlichen Verordnung).
Nach den diesem Gesuch beigefügten Angaben betrugen die gekündeten
Hypothekar Kapitalien (6 Posten) damals zusammen 32,000 Fr., die
ausstehenden Hypothekarzin sen zirka 14,000 Fr., die jährlich fällig
werdenden Zinsen zirka 13,000 Fr. Laut Nachtrag vom 31. Dezember 1915
wären bis zu diesem Tage an gekündeten Kapitalien noch zwei Posten
von zusammen 16,000 Fr. hinzugekommen; durch Erklärung des Vertreters
der Impetranten in der mündlichen Verhandlung vor der kantonalen
Nachlassbehörde ist jedoch das Stundungsgesuch in Bezug auf diese letztem
Postenzurückgezogen worden, weil die betreffenden Kapitalien ,erst im
Jahre 1917 fällig werden und daher nicht zu denjenigen Kapitalien gehören,
die nach Art. 4 der Verordnung gestundet werden können.
Die Stundung wurde ausdrücklich nur für die auf der Liegenschaft
Sonnenberg lastenden Hypothek-arschulden, bezw. für diejenigen Schulden
verlangt, fur welche auf der Sonnenbergliegenschaft lastende Gülten
faustpfändlich hinterlegt sind.
Abschlagszahlungen erklärten die Gesuchsteller durchaus nicht leisten
zu können. ss
Von den zur Vernehmlassung eingeladenen 18 bekannten Gläubigern gaben
11 Erklärungen ab, und zwar ungefähr die Hälfte in mehr oder weniger
zustimmendem, die andere Hälfte in mehr oder weniger ablehnendem
Sinne. Unter den letztern befand sich die Rekurrentin, die nach den Akten
fällige Zinsforderungen, dagegen keine källlgen Kapitalforderungen gegen
die Rekursbeklagten hat. Sie erklärte, ihre Zustimmung nur für den Fall
der Maverpfändung des Hoteimobiliars zu ihren Gunsten in Aussi
72 Entscheidungen der Schuldbetreibungs--
sicht stellen zu können, eine Bedingung, auf Welche die Rekursbeklagten
jedoch nicht eingingen, und gegenüber welcher auch ein grösserer
Kurrentgläubiger Einspraehe erhob.
B. Durch Entscheid vom 17. Januar 1916-hat die Justizkommission des
Obergerichts des Kantons Luzern erkannt :
I. Den Erben des J . A. Widmer Wird Stundung gewährt:
1. Gegenüber der Luzerner Kantonalbank, Luzern:
a) bei Gült 3785 Fr. 71 Cts., angeg. 1. Januar 1844: für Zins Fr. 17035
fällig 1. Januar 1915 bis 1.Jan.1917; 170 35 1.Jannar1916 bis
LJan. 1918; 170 35 1.Januar1917 bis 1.Jan.1919.
b) bei Gülten im Gesamtbetrage von 10,000 Fr., angegeben 1.-5. September
1855: _
für Zins Fr. 450 fällig 1.-5. Sept. 1915 bis 1.-5.Sept. 1917; 450
1.-5. Sept. 1916 bis 1.-5.Sept.1918; 450 1.-5. Sept. 1917 bis
1.-5. Sept. 1919.
c) bei Gült 2000 Fr., angegeben den 1. August 1867: für Zins Fr. 90
fällig 1. August 1915 bis 1. August 1917; 90 1. August 1916 bis
1. August 1918; 90 1. August 1917 bis 1. August 1919.
d) beim Anleihen von 56,000 Fr., Obligation N° 96,535 vom 12. August
1911 : für Zins Fr. 2660 fällig 12. August1915 bis 12. Aug. 1917 ;
2660 12.August1916 bis 12.Aug. 1918;
2660 12.'August1917 bis 12.Aug. 1919. '
8) beim Anleihen von 27,000 Fr., Obligation N° 88,316 vom 19. September
1905: für Zins Fr. 1282 50 fällig 19.Sept. 1915b.19.Sept. 1917;
1282 50 19. Sept. 1916b. 19.Sept. 1918; 1282 50
19. Sept. 1917b. 19. Sept. 1919. , f) beim Anleihen von 9000
Fr.. Obligation N° 98,261 vom 26. Juni 1912 : für Zins Fr. 427 50 fällig
26. Juni 1916 bis 26. Juni 1918; 427 50 26.Juni 1917 bis 26. Juni
1919; 427 50 26.Juni1918bis26.Juni1920.und Konkurskammer. N° 17. 73
(Der Weitere Inhalt des Disp. 1 ist aus der dem Bundesgericht eingereihten
Urteilsausfertigung nicht ersichtlich.)
II. Die Schuldnerinnen haben die gestundeten Kapitalzinse zu 5 % zu
verzinsen und diesen Verzugszins je nach Verfluss eines Jahres seit dem
Eintritt der Fälligkeit des Vertragszinses zu bezahlen.
III. Ferner haben die Gesuchstellerinnen während der Stundung die
gestundeten Kapitalrückzahlungsraten zu 5 % zu verzinsen und den Zins
jeweilen nach Verfluss eines jeden Jahres seit dem Eintritt der Fälligkeit
der verzinsbaren Kapitalrate zu entrichten.
Dieser Entscheid beruht in der Hauptsache auf der Erwägung, dass den
Petenten infolge desvölligen Versiegens der Hoteleinnahmen zweifelsohne
die volle Befriedigung der Grundpfandgläubiger verunmöglicht sei,
während die in normalen Zeiten gute Rentabilität des Unternehmens,
sowie die günstige Bilanz, begründete Aussicht auf volle Zahlung
der gestundeten Beträge nach dem Kriege gewähre. Die Frage, ob nicht
eine volle Zahlung der Gläubiger aus dem Lib rige n Vermögen möglich
Wäre, müsse angesichts des als tatsächlich nachgewiesenen Mangels an
verfügbarem Barvermögen verneint werden. Dem Begehren der Rekurrentin
um Mitverpfändung des Hotelmobiliars sei d eshalb nicht zu entsprechen,
weil dadurch der Grundsatz der Gleichbe--
handlung aller Hypothekargläubiger und auch die In-
teressen der Kurrentgläubiger verletzt Würden. Ein Sachwalter brauche,
da der Betrieb des in Betracht kommenden Hotels eingestellt sei,
nicht ernannt'zu werden. Mangels Eingang an flüssigen Zahlungsmitteln
sei endlich auch von der Auferlegung von Ahschlagszahlungen und
Sicherheitsleistungen Umgang zu nehmen.
C. Gegen diesen Entscheid richtet sich der vorliegende, rechtzeitig und
in richtiger Form ergriffene Rekurs, mit dem Rechtsbegehren:
Das Bundesgericht wolle in Aufhebung des angefochtenen Entscheides das
Gesuch der Oppon'enten: Erben
74 Entscheidungen der Schuldhetreihungs-
i10.1gi:.Widmer, um Stundung, abweisen, unter KostenDer Rekurs wird in
der Hau ' " ptsache damit be rundet, dass den Rekursheklagten bei gutem
Willen die Full-ringung eines Betrages von ca. 13,000 Fr. per Jahr,
dessen es fur die Bezahlung der Hypothekarzinsen bedürfe, geWISS trotz
des Krieges möglich sei.
Die Schuldbetreihungsund Konkurska-mmer zieht i n E r w ä g u n g :
1. Nach seinem unzwcideutigen Wortlaut bezog sich das Stundungsgesuch
der Erben Widmer, dem durch den angefochtenen Entscheid Folge gegeben
worden ist nicht nur auf die verfallenen und fällig werdenden Kapitalzu
n se n , sondernauch auf die gekündeten und allfallig weiter kündbaren
K apitalien, im Rahmen des Gesetzes. Nichtsdestoweniger spricht sich der
angefochtene Entscheid, wenigstens in der dem Bundesgericht eingereichten
Ausfertigung, direkt nur über das Gesuch um Stundung der Zinsen aus,
während er das Gesuch um Stundung der gekündeten und anfällig weiter
kündbaren K a p i t ali e n _formeil weder gutheisst, noch abweist. Aus
dem Dispositiv N° 3, wonach die gestundeten Kapitalrückzahlungen zu 5 %
zu verzinsen und der Zins Jeweilen nach Verfluss eines Jahres seit dem
Eintritt der _Falbgkeit der verzinsbaren Kapitalrate zu entrichten
ist, lässt sich allerdings d'er Schluss ziehen, dass es die Meinung
der Vorinstanz war, auch Kapitalrückzahlungsraten zu stunden, und dass
dies vielleicht durch einen in der vorliegenden Urteilsausfertigung
weggelassenen Teil des Dispositivs I zum Ausdruck gebracht worden ist
Indessen genügt für das Bundesgericht die Feststellung. dass Jedenfalls
der Rekurs der Luzerner Kantonalbank, sieh nur auf die nach der
vorliegenden Urteilsausfertigung gestundeten Kapitalzinsen bezieht. Zwar
lautet der Rekurs a n t r a g als solcher schlechthin auf Abweisung
des Gesuchs der Opponenten , das sich, wie bereitsund Konkurskammer. N°
17. , 75
konstatiert, auf die gekündeten und allfällig weiter kündbaren K a p it &
li e n bezog. Allein die Rekurrentin hat in ihrer ganzen Rekursbegründung
stets nur betont, dass die Rekursbeklagten offenbar in der Lage seien,
die zur Zinszahlung nötigen ea. 13,000 Fr. per Jahr aufzubringen, dagegen
mit keinem Worte behauptet, dieselbe Möglichkeit bestehe auch in Bezug
auf die fälligen und noch fällig werdenden Kapitali en. Die Rekurrentin
hatte denn auch offenbar kein Interesse daran, gegen die Stundung der
Kapitalrückzahlungen Einsprache zu erheben, da sie nach den Akten nicht
zu den Inhabern fälliger K a pitalforderungen gehört. Auf eine Prüfung
der Frage, ob und eventuell welche Kapitalien mit Recht oder mit Unrecht
gestundet worden seien, ist daher nicht einzutreten, denn es ist nirgends
vorgeschrieben, dass der Entscheid über das Stundungsgesuch hinsichtlich
der Kapit alien, bei denen es sich um einmalige, oftunvorhergesehenerweise
gekündete, grössereBeträge handelt, durchaus im gleichen Sinne ausfallen
müsse, wie der Entscheid über die, mehr oder weniger gleichmässig auf
das ganze Jahr verteilten, verhältnismässig leichter aufzubringenden Z
in s betreflnisse.
2. Was nun die Kapital zi n s en betrifft, so fragt es sich nicht
nur, ob die der Rekurrentin geschuldeten Zinsen mit Recht oder zu
Unrecht gestundet worden seien, sondern es ist die ganze Zinsstundung
einer Ueberprüiung zu unterziehen. Dies sowohl mit Rücksicht auf
Art. 2 Abs. 2 der Verordnung, als auch wegen der Analogie zwischen
der Hotelierschulden-Stundung einerseits und der gesetzlichen
Nachlass-Stundung des Art. 295
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 295 - 1 Das Nachlassgericht ernennt einen oder mehrere Sachwalter. |
|
1 | Das Nachlassgericht ernennt einen oder mehrere Sachwalter. |
2 | Dem Sachwalter stehen insbesondere folgende Aufgaben zu: |
a | er entwirft den Nachlassvertrag, sofern dies erforderlich ist; |
b | er überwacht die Handlungen des Schuldners; |
c | er erfüllt die in den Artikeln 298-302 und 304 bezeichneten Aufgaben; |
d | er erstattet auf Anordnung des Nachlassgerichts Zwischenberichte und orientiert die Gläubiger über den Verlauf der Stundung. |
3 | Das Nachlassgericht kann dem Sachwalter weitere Aufgaben zuweisen. |
4 | Auf die Geschäftsführung des Sachwalters sind die Artikel 8, 8a, 10, 11, 14, 17-19, 34 und 35 sinngemäss anwendbar.528 |
Betreibungsstundung des Art. 12 der Kriegsnovelle vom 28. September
1914 andererseits. Bei der Hotelierschulden-Stundung, ebenso wie bei
der allgemeinen Betreibungsstundung und schon bei der gesetzlichen
Nachlass-Stundung, übrigens auch beim Rechtsstillstand gemäss Art. 57 bis
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 295 - 1 Das Nachlassgericht ernennt einen oder mehrere Sachwalter. |
|
1 | Das Nachlassgericht ernennt einen oder mehrere Sachwalter. |
2 | Dem Sachwalter stehen insbesondere folgende Aufgaben zu: |
a | er entwirft den Nachlassvertrag, sofern dies erforderlich ist; |
b | er überwacht die Handlungen des Schuldners; |
c | er erfüllt die in den Artikeln 298-302 und 304 bezeichneten Aufgaben; |
d | er erstattet auf Anordnung des Nachlassgerichts Zwischenberichte und orientiert die Gläubiger über den Verlauf der Stundung. |
3 | Das Nachlassgericht kann dem Sachwalter weitere Aufgaben zuweisen. |
4 | Auf die Geschäftsführung des Sachwalters sind die Artikel 8, 8a, 10, 11, 14, 17-19, 34 und 35 sinngemäss anwendbar.528 |
62 SchKG handelt es sich um eine Massnahme, die dazu bestimmt ist, dem .
76 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-
Schuldner nicht nur, wie Art. 123
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 123 - 1 Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagzahlungen an das Betreibungsamt, so kann der Betreibungsbeamte nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung um höchstens zwölf Monate hinausschieben.244 |
|
1 | Macht der Schuldner glaubhaft, dass er die Schuld ratenweise tilgen kann, und verpflichtet er sich zu regelmässigen und angemessenen Abschlagzahlungen an das Betreibungsamt, so kann der Betreibungsbeamte nach Erhalt der ersten Rate die Verwertung um höchstens zwölf Monate hinausschieben.244 |
2 | Bei Betreibungen für Forderungen der ersten Klasse (Art. 219 Abs. 4) kann die Verwertung um höchstens sechs Monate aufgeschoben werden.245 |
3 | Der Betreibungsbeamte setzt die Höhe und die Verfalltermine der Abschlagszahlungen fest; er hat dabei die Verhältnisse des Schuldners wie des Gläubigers zu berücksichtigen. |
4 | Der Aufschub verlängert sich um die Dauer eines allfälligen Rechtsstillstandes. In diesem Fall werden nach Ablauf des Rechtsstillstandes die Raten und ihre Fälligkeit neu festgesetzt.246 |
5 | Der Betreibungsbeamte ändert seine Verfügung von Amtes wegen oder auf Begehren des Gläubigers oder des Schuldners, soweit die Umstände es erfordern. Der Aufschub fällt ohne weiteres dahin, wenn eine Abschlagzahlung nicht rechtzeitig geleistet wird.247 |
Fristbestimmungen der Art. 88, 116, 122, 133, 154, 159 und 166, die
nachträgliche Bezahlung einer einzelnen fälligen und bereits in Betreibung
gesetzten Schuld zu erleichtern, sondern es wird damit eine vorübergehende
Erleichterung der All gem einlage des Schuldners bezweckt, und die
Stundung hat sich daher, wenn überhaupt eine solche bewilligt wird, auf
alle einer bestimmten Kategorie angehörenden Schulden des Gesuchstellers
zu beziehen, da einerseits nur dann eine gewisse Gewähr dafür besteht,
dass das von den Gläubigem zu dringende Opfer dem Schuldner auch etwas
n ütze , andrerseits eine ungleiche Behandlung der einzelnen Gläubiger
der nämlichen Kategorie vermieden wird. Von diesem Gesichtspunkte aus
ist denn auch in Art. 2 Abs. 2 der Hotelierschutz-Verordnung bestimmt
worden, dass die Nachlassbehörde das Eintreten auf das Stundungsgesuch
ablehnen könne, wenn es sich nicht auf sämtliche Forderungen beziehe,
für die das Grundpfand haftet und für die nach Art. 1 die Stundung
ausgesprochen werden kann. Und von demselben Gesichtspunkte aus haben
im vorliegenden Falle einerseits die Erben Widmer die Stundung für
alle verfallenen und fällig werdenden Kapitalzinsen verlangt und hat
andrerseits die Rekurrentin bestritten, nicht nur dass die Rekursbeklagten
ausser stande seien, die i-h r , der R e k u r r e n ti n geschuldeten
Zinsbeträge zu bezahlen, sondern überhaupt, dass ihnen die Entrichtung
der sämtlichen geschuldeten Kapitalzinsen im Betrage von ca. 13,000
Fr. per Jahr unmöglich sei. Demgemäss hat mit Recht schon die kantonale
Instanz die Frage, ob den Rekursbeklagten die Zinszahlung möglich sei, in
Bezug auf jenen ganzen Zinsbetrag von ca. 13,000 Fr. per Jahr und nicht
nur in Bezug auf die den opponierenden Gläubigern geschuldeten Beträge
geprüft. Aus demselben Grunde hat aber nunmehr auch {die Schuldbetreibungs
und Konkurskammer des Bundesgerichts die Frage hinsichtlich der ganzen
und Konkmkammer. N° 17. : 77 _
ca. 13,000 Fr. und nicht nur hinsichtlich des allein der Rekurrentin
geschuldetenZinsbetreffnisses zu entscheiden. ' Und falls sie zu dem
Ergebnis gelangt, dass die Zahlung von Zinsen im Gesamtbetrage von
ca. 13,000 Fr. per Jahr den Rekursbeklagten zugemutet werden könne, so
muss dies zur Abweisung des Stundungsgesuchs im Verhältnis zu s ä m t
11 c h e n Zinsgläubigern, nicht nur im Verhältnis zur Rekurrentin führen.
Dies widerspricht auch nicht etwa dem Grundsatz der Verhandlungsmaxime,
soweit dieser Grundsatz auf das gegenwärtige Verfahren überhaupt
anwendbar ist. so gut in gewöhnlichen, gesetzlichen Nachlassverfahren
die Nichtopposition einzelner Gläubiger gegenüber dem Entwurf eines
Nachlassvertrages in der Regel nicht im' Sinne eines selbständigen
prozentualen Schulderlasses auch für den Fall der Nichtannahme
oder Nichtbestätigung des Nachlassvertrages auszulegen, sondern
darin . im Zweifel nur die Erklärung zu erblicken ist, dass man dem
Nachlassvertrag unter der Bedingung seines Zustaridekommens, bezw. unter
derBedingnng seiner Verbindlichkeit für alle übrigen Gläubiger derselben
Kategorie zustimme, ebensogut ist die Zustimmung zu einem, im Sinne
der vorliegenden Verordnung gestellten Stundungsgesuch im Zweifel nur
dahin zu interpretieren, dass man mit der Stundung einverstanden sei,
8 o te r n s i e a u c h fù r
alle übrigen Gläubiger derselben Ka-
tegorie ausgesprochen werde. A fortiori . ist dann aber auch die
Nichtergreiknng des Rekurses seitens einzelner Gläubiger im Zweifel nicht
in einem s ol c h e n sinne zu interpretieren, dass selbst im Falle
der Gutheissung eines von a 'n d e r e r Seite gegen die einheitliche
Stundungsverfügung ergriflenen Rekurses diese Stundungsverfügung dennoch
gegenüber den Nichtrekurrierenden in Kraft bleiben und dadurch eine
ungleiche Rechtsstellung der Gläubiger einer und derselben Kategorie
bewirkt werden könnte. Vielmehr
78 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-
eines Verzichts auf selbständige Anfechtung der gewährten Stundung,
die aber unter allen Umständen, entsprechend dem in der Verordnung
aufgestellten Prinzip der Gleichbehandlung sämtlicher Grundpfandgläubiger,
nur entweder ganz o der gar nicht in Geltung zu bleiben habe.
3. Materiell erweist sich der Rekurs ohne weiteres als begründet. Die
erste und oberste Voraussetzung sosisi wohl der allgemeinen
Betreibungsstundung, wie sie in Art. 12 der Kriegsnovelle vom
28. September 1914 vorgesehen ist, als auch der durch die vorliegende
Verordnung speziell zu Gunsten der Hoteleigentürner eingeführten
Stundung der Hypthekarzinse und der fälligen Kapitalien besteht in der
durch den Krieg verursachten Unmöglichkeit, die in Betracht kommenden
Schulden zu bezahlen. Deshalb wird in Art. 1 Ziff. 1 der vorliegenden
Verordnung, ebenso wie in Art. 12 der Kriegsnovelle, vor allem verlangt,
dass der Schuldner zur Zahlung der betreffenden Schulden, bezw. zur
vollständigen Befriedigung seiner Gläubiger a u s s e r s t a n d e
sei. Der um Stundung nachsuchende Schuldner hat daher in erster Linie
das Vorhandensein dieser Voraussetzung zu beweisen oder doch, wie sich
die Verordnung ausdrückt, glaubhaft zu machen . Mit diesem Beweis,
bezw. dieser Glaubhaftmachung haben es die Nachlas'sbehörden -schon
mit Rücksicht auf die exzeptionelle Natur der durch die Verordnung
zu Gunsten einer einzelnen Klasse von Gewerbetreibenden eingeführten
Stundung grundsätzlich streng zu nehmen.
Einen Beweis in der angegebenen Richtung, oder auch nur den Versu ch ,
die Unmöglichkeit der betreffenden Zahlungen glaubhaft zu machen, haben
nun die Rekursbeklagten, wenigstens was die Kapital zinsen betrifft,
nicht angetreten. Festgestellt ist allerdings, dass während des Jahres
1915 sowohl das Hotel Sonnenberg in der Gemeinde Kriens, als auch das
Hotel Rivieraund Konkurskammer. N° 17. 79
hat die Nichtergreifung des Rekurses nur die Bedeutung Palace in Menton
geschlossen waren, und dass sie voraussichtlich auch während der Frühjahr
und Sommersaison 1916 geschlossen bleiben werden. Es kann deshalb als
glaubhaft bezeichnet werden, dass es den Rekursbeklagten nicht möglich
ist, die in Betracht kommenden Hypothekarzinsen aus den Einkünften d er
von ihnen betriebenen Gasthöfe zu bestreiten. Allein damit ist nicht
bewiesen oder auch nur glaubhaft gemacht, dass ihnen die Bezahlung
jener Zinsen selbstunter Heranziehung aller ihnen zur Verfügung s te
h en den Mittel, insbesondere unter Inangriffnahme des V e r In 6 g e
n s , nicht oder nur mit ganz unverhältnismässig hohen Opfern (vergl.
JAEGER, Note 5 a Abs. 4 zu Art. I der Verordnung) möglich sei. Auf Grund
der von den Rekursbeklagten selber als sehr günstig geschilderten V e r
m 6 g e n s lage ist vielmehr anzunehmen, dass sowohl durch Verpfändung
bestimmter, bis jetzt pfandfreier, oder Weiterverpfändung bisher nur
in ganz beschränktem Masse belasteter Aktiven (einerseits Weinvorräte,
Mobiliar, Silberzeug und Wäsche ; andrerseits Liegenschaft in Menton,
Schatzung 1,350,000 Fr., Belastung nur 300,000 Fr.), als auch schon kraft
des mit jenen günstigen Vermögensverhältnissen offenbar verbundenen
P e r s o n al kredits, ein Betrag von 13,000 Fr. per Jahr sehr wohl
aufgebracht werden könnte. Die Rekursbeklagten haben keine Tatsachen
angeführt, die darauf hindeuten würden, dass i h n e n , die nach ihren
eigenen Angaben ein Remvermögen von mindestens einer Million besitzen,
.das im Ausland befindliche Vermögen ist, wenigstens bei einem im Ausland
wohnenden Schuldner, mitzuberücksichtigen, die Beschaffung solcher,
verhältnismässig geringer Barmittel, Wie die hier in Betracht kommenden,
nicht auch während des Krieges möglich sein sollte. Insbeson-_ dere
haben sie sich nicht darüber ausgewiesen, dass von
A8 42 m ms 6
80 'Entscheidungen der Schuldbetreihungs-
ihnen in dieser Richtung irgendwelche ernsthafte
Kreditbeschafiungsversuche unternommen werden, jedoch fruchtlos geblieben
seien. ·
4. Ist somit das Stundungsgesuch der Rekursbeklagten, soweit es
die Hypothekarzinsen betrifft, ah-si zuweisen, so braucht auf den
Ev'entualantrag der Rekurrentin, womit diese für den Fall der Bewilligung
der Stundung die Bestellung einer Sicherheit im Sinne des Art. 3 der
Verordnung verlangt, nicht eingetreten zu werden. si
Dass der vorliegende Entscheid, durch welchen das Stundungsgesuch der
Rekursheklagten hinsichtlich der Hypothekarzinsen abgewiesen wird,
sich sowohl auf die Zinsen derjenigen Kapitalien bezieht, für welche die
in Betracht kommende Hotelliegensehait s el b er als Grundpfand haftet,
als auch auf diejenigen, für welche die betrefien den Grundpfandtitel
faustpfändlich hinterlegt sind, erscheint angesichts des klaren Wortlauts
des Art. 1 der Verordnung, der die direkte und die indirekte Verpfändung
von Hotelliegenschaften einander gleichstellt, als selbstverständlich.
Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:
Die Dispositive N° I und 2 des Entseheides der Justizkommission des
Obergerichts des Kantons Luzern vom 17. Januar 1916 werden aufgehoben und
das Stundungsgesuch der Erben Widmer, soweit es sich auf die Hypothekar
zi n s e n bezieht, abgewiesen. . und Konkurskammer. N° 18. 81
18. Entscheid vom 13. um 1916 i. s. neuer.
Art. 98 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 98 - 1 Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.215 |
|
1 | Geld, Banknoten, Inhaberpapiere, Wechsel und andere indossable Papiere, Edelmetalle und andere Kostbarkeiten werden vom Betreibungsamt verwahrt.215 |
2 | Andere bewegliche Sachen können einstweilen in den Händen des Schuldners oder eines dritten Besitzers gelassen werden gegen die Verpflichtung, dieselben jederzeit zur Verfügung zu halten. |
3 | Auch diese Sachen sind indessen in amtliche Verwahrung zu nehmen oder einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben, wenn der Betreibungsbeamte es für angemessen erachtet oder der Gläubiger glaubhaft macht, dass dies zur Sicherung seiner durch die Pfändung begründeten Rechte geboten ist.216 |
4 | Die Besitznahme durch das Betreibungsamt ist auch dann zulässig, wenn ein Dritter Pfandrecht an der Sache hat. Gelangt dieselbe nicht zur Verwertung, so wird sie dem Pfandgläubiger zurückgegeben. |
gestellten, aber wieder zurückgezogenen Begehrens um amtliche
Verwahrung. Unzulässigkeit der Anwendung des Chikaneverbots gegenüber
einem solchen Begehren, Einwand des Schuldners, dass der Gläubiger durch
vertragliche Abrede Vergleich auf die Befugniss, die amtliche Verwahrung
zu verlangen, verzichtet habe.
A. In den von Fr. Pfeiffer in Basel gegen Wilhelm Ziegler ebenda
angehobenen Betreibungen N° 82,441 und 92,616, Gruppe 2763 verlangte
der Vertreter des Gläubigers, Gerichtsamtmann Pfenniger in Basel am
26. Januar 1916 die amtliche Verwahrung der gepfändeten Gegenstände,
zog das Begehren dann aber durch Brief vom 31. Januar 1916 an das
Betreibungsamt ohne Vorbehalt wieder zurück. Schon am 5. Februar 1916
stellte er es indessen von neuem, indem er in dem Schreiben, womit er dem
Schuldner davon Kenntnis gab, zur Erklärung bemerkte, dass die Frau des
Gläubigers (dieser selbst steht zur Zeit im Felde) unter den besonderen
Umständen des Falls nicht mehr länger zuwarten wolle . Infolgedessen
zeigte das Betreihungsamt gleichen Tags dem Schuldner an, dass die
Pfändungsobjekte am 15. Februar 1916 bei ihm abgeholt würden.
Ziegler verlangte auf dem Besehwerdewege die Aufhebung dieser Verfüguug
mit der Begründung : auf das erste Verwahrungsbegehren vom 26. Januar
habe er sich am 31. Januar zum Vertreter des Gläubigers begeben, um ihn
zu dessen Rückzug zu bewegen. Pfenniger habe darein eingewilligt unter
der Bedingung, dass zuvor die Kosten des der Pfändung vorangegangenen
Forderungeprozesses mit 71 Fr. 10 (Its, begliehen würden. Der
Be-schwerdeführer habe diese Bedingung erfüllt, indem er am 31. Januar
60 Fr. und am 1. Februar den Rest bezahlt habe, worauf die versprochene
Rücknahme des Begehrens erfolgt sei. Aus dem Schreiben Pfennigers vom
5. Februar