352 Entscneidg. der Schuldbetreibungs und Konkunkammer. N° 59

des Art. 192 ZGB, das Sondergut den Regeln der vertraglichen Gütertrennung
unterstellen würde. Dafür aber, dass Art. 192 das Sondergut nicht nur
den Regeln der vertraglichen Gütertrennung sondern auch denjenigen hat
unterwerfen wollen, die ausnahmsweise für die auf Gesetz oder Urteil
beruhende Gütertrennung gelten, liefert das ZGB keinen Anhaltspunkt.

3. Behält somit im vorliegenden Falledas ZwangsVollstreekungsverhot des
Art. 173 seine Kraft, so erweist sich auch die Einrede der Verwirkung des
Beschwerderechtes wegen Verspätung als unbegründet, indem jenes Verbot
im öffentlichen Interesse erlassen worden ist ; seine Verletzung kann
daher-zu jeder Zeit, und sogar von Amteswegen, gerügt werden (AS 40 III
S. 8 ; JAEGER, Anmerkung 4 zu Art. 47). si

Demnach wird erkannt :

l. Der Rekurs w'rd abgewiesen.::

Entscheidungen der Zivilkammern. N° 60. 353

Entscheidungen der Zirilkammern. Arras des sections civilos.

M

60. Urteil der Zivilabteilung vom 15. Juni 1916 i. S. Ehroam & C",
Kläger, gegen Kankursmasse Helbling, Beklagte.

Das Ergebnis einer ; Abtretung im Sinne des Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG
ist dem betreffenden Gläubiger nicht im Kanakations-, sondern im
Verteilungsverkahren, als Abzahlung auf den nach dem Kollokationsplan
und der allgemeinen Verteilungsliste sich ergebenden Ausfall anzurechnen.

A. Der am 6. Oktober 1913 in Konkurs erklärte Joh. Helbling-Ammann in
Schmerikon hatte am 13. September 1913 der Leihund Sparkasse Sehmerikon,
der er einen grössern Betrag schuldete, eine Bareinzahlung von 10,000
Fr. gemacht. An der zweiten Gläubigerversammlung vom 3. Januar 1914
verlangten die heutigen Kläger, denen gegen den Gemeinschuldner eine
Pfandausfallforderung von 65,088 Fr. 85 Cts. zustand, die Einleitung
und Durchführung von Anfechtungsprozessen gegen verschiedene Personen,
u. a. gegen die genannte Leihund Sparkasse. N achdem das Konkursamt als
Konkursverwaltung beantragt hatte, Vsson einem Teil dieser Antechtungen,
insbesondere von derjenigen gegen die Leihkasse, Umgang zu nehmen,
beschloss die Gläubigerversammlnng mit Mehrheit, die Anfechtung den
einzelnen Gläubigern, die die Abtretung der Anfechtungsansprüche verlangen
Würden, zu überlassen. Am 12. Januar stellten die Kläger das Gesuch um
Abtretung der Anfechtungsansprüehe. Die Erledigung

354 Entscheidungen

dieses GeSuchs verzögerte sich, weil über einen vom Schuldner
vorgeschlagenen Nachlassvertrag verhandelt wurde. Nachdem im April
der Nachlassvertrag verworfen worden war, ernenerteu die Kläger das
Gesuch um Abtretung der Anfechtungsansprüche. Am 23. Mai, nachdem sie
nochmals reklamiert hatten, erhielten sie die Abtretungsurkunde, auf
welcher ihnen zur gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtungsansprüche
eine mit dem I. Juli ablaufende Frist angesetzt wurde. Gleichzeitig
mit: ihnen hatten noch andere Personen, worunter P. MüllerSchnbiger,
der Solidarbürge des Gemeinschuldners bei der Leihund Sparkasse
Schmerikon, zugleich Kassier dieser Bank, die Abtretung. verlangt
und erhalten. Mit diesem P. Müller-Schubiger hatten die Kläger am
12. Ja-nuar folgende Vereinbarung getroffen : I. Die Firma Ehrsam &
Cie tritt alle Rechte aus der Anfechtung des Konto Korrent-Verkehrs
der Spar-und Leihkasse Schmerikon im Konkurse des J . Helbling Ammann
an Herrn Gerichtspräsident Müller ab, gegen ' die Bezahlung einer
Summe von 3000 Fr., welche Summe von der seitens der Firma Ehrsam &
Cie im Konkurse des .] . Helbling Ammann angemeldeten For derung nicht
in Abzug zu bringen ist. H. Die Firma Ehrsam & Cie verpflichtet sich,
auf Verlangen des Herrn Gerichtspräsidenten Müller, die An iechtungsklage
gegenüber der Sparund Leihkasse Schmerikon durchzuführen_unter der
Bedingung, dass Herr Gerichtspräsident Müller die sämtlichen daraus
entstehenden Anwaltskosten, Prozesskosten und Pro -) zessentschädigung
übernimmt. Der auf die Forderung der Firma Ehrsam & Cie entfallende
Prozess Gewinn kommt Herrn Gerichtspräsident Müller zu. III. An dem
aus der Durchführung von Anfechtungs Prozessen gegenüber Helbling, Wenk,
Frau Kuster und Frau Kriech auf'die Forderung der Firma Ehrsam &.Cie
nach Abzug aller Prozessund Anwaltskosten entfal lende Prozessgewinn
partizipiert Herr Gerichtspräsi--

der Zivilkammern. ...'-** 130. ' 353

dent Müller mit einem Betrag von 3000 Fr. neben der für die Firma
Ehrsam & Cie in V. Klasse zu kollozie renden Forderung prozentual. Der
Entscheid über die Durchführung dieser Prozesse, Abschluss von
Vergleichen etc. steht ausschliesslich der Firma Ehrsam & Cje zu.
IV. Die Vergleichssumme ist bis spätestens zum 18. Januar 1914 zu
bezahlen. Der Betrag von 3000 Fr. war sodann am 19. Januar den Klägern
von Müller bezahlt werden. _ In der Folge wurden die verschiedenen
Anfechtungsansprüche, mit Ausnahme desjenigen gegen die Leihkasse. teils
gerichtlich, teils aussergerichtlich geltend gemacht und durch Vergleich
in dem Sinne erledigt, dass die Anfechtungsbeklagten insgesamt 13,400
Fr. bezahlten. wovon die Kläger 10,400 Fr. und P. Müller-Schubiger 3,000
Fr. erhielten. Hievon wurde dem Konkursamt Kenntnis gegeben, desgleichen
von dem Verzicht der Kläger auf Prosequierung des Anspruchs gegen die
Leihund Sparkasse Schmerikon. . Nachdem das Kenkursamt im Anschluss
an emen von ihm gegen die Kläger angestrengten Straiprozess inegen
angeblicher Unterschlagung eines Prozessgewmns im Sinne des Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457

SchKG von der am 12. Januar ZWIschen den Klägern und Müller getroffenen
Vereinbarung Kenntnis erhalten hatte, änderte es den Kollokationsplan,
in welchem die Kläger mit ihrer Pfandausfalliorderung von 65,088 Fr. 85
Cts. als Gläubiger V. Klasse anerkannt worden waren, in dem Sinne ab,
dass den Klagern die von den Anfechtungsbeklagten an sie bezahlten
Beträge von zusammen 10,400 Fr., sowie ausserdem die ihnen von Müller
am 19. Januar bezahlten 3000 Fr._aul ihre Konkursforderung angerechnet
wurden, so dass diese, zuzüglich 864 Fr. 95 Cts. Kosten , nur noch mit
52,493 Fr. 80 Cts. anerkannt blieb. Gleichzeltlg setzte das Konkursamt
den Klägern unter Berufung auf Art. 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...446
SchKG eine 10 tägige Klagfrist
zur gerichtlichen Anfechtung des abgeänderten Kollekationsplanes an.

356 Entscheidungen

B. Innerhalb der erwähnten Frist erfolgte die Einreichung der vorliegenden
Klage, mit dem Rechtsbegehren : Ist nicht gerichtlich zu erkennen : Der
im Kon kurse Johann Helbling Ammann aufgelegte Nachtrags kollokationsplan
sei in dem Sinne abzuändern, dass die Kläger mit einem Betrage von 55,493
Fr. 80 Cts., statt nur mit 52,493 Fr. 80 Cts. kolloziert werden ?

Die Klage wurde damit begründet, dass die den Klägern von
P. Müller-Schubiger bezahlten 3000 Fr. kein Abtretungsergebnis im Sinne
des Art. 260 seien.

Die Konkursverwaltung beantragte Abweisung der Klage, weil es sich
bei jenen 3000 Fr. in der Tat um ein Abtretungsergebnis im angegebenen
Sinne handle.

C. Durch Urteil vom 3. April 1916 hat das Kantonsgericht St. Gallen in
Bestätigung eines am 3. Februar 1918 vom Bezirksgericht See gefällten
Urteils die Klage abgewiesen, mit der Begründung, dass der Betrag von 3000
Fr., der den Klägern von P. Müller-Schubiger bezahltworden sei, sich in
der Tat als das Ergebnis der, wenn auch nur indirekten Geltendmachung des
Anfechtungsanspruchs gegen die Leihund Sparkasse Schmerikon darstelle,
also den Klägern auf ihre Konkursforderung anzurechnen sei. '

D. Gegen dieses Urteil haben die Kläger rechtzeitig und in richtiger
Form die Berufung an das Bundesgericht ergriil'en, mit dem Antrag auf
Gutheissung der Klage.

Das Bundesgericht zieht i n E r W a g u n g :

1. sowohl die Parteien als die kantonalen Instanzen sind davon
ausgegangen, dass die Frage, ob die Kläger verpflichtet seien, sich
die von P. Müller-Schubiger erhaltenen 3000 Fr. auf ihre Forderung
anrechnen zu lassen, im Kollokationsplan und nötigenfalls in einem
Kollokationsprozess zu entscheiden sei.

Diese Auffassung ist unrichtig. Selbst wenn angenommen würde, dass eine
nach Inkrafttreten des Kolloka--der Zivilkammem. N° 60. ' ,_ 357

tionsplanes eingetretene Reduktion oder Tilgung einer kollozierten
Forderung, sofern diese Reduktion oder Tilgung auf einer Tatsache beruht,
.die sich ausserhalb des Konkursverfahrens ereignet hat, in Form eines
Nachtrages zum Kollokationsplan zu berücksichtigen sei (vgl. einerseits
BGE 30 I N° 74 = Sep. Ausg. 7 N° 38 und 31 I N° 133 = Sep.-Ausg. 8 N°
75, andrerseits JEGER, Note 2 Abs. 2 zu Art. 249), so trifft dies doch
jedenfalls dann nicht zu, wenn als Ergebnis des K o n k u r s v e rf a h
r e n 5, insbesondere dank einer Abtretung im Sinne des Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG,
dem betreffenden Gläubiger etwas zukommt. Der Abtretungsgläubiger hat ein
unentziehbares Recht darauf, mit seiner ganzen Konkursforderung kolloziert
zu bleiben, also vorab, wie jeder andere Konkursgläubiger, die dieser
ganzen Konkursforderung entsprechende Dividende zu beziehen und erst für
den aus der allgemeinen Verteilungsliste für ihn resultierenden A u sf
al 1 sich auf das Ergebnis einer im Sinne des Art. 260 vorgenommenen
Abtretung anweisen zu lassen. In dieser Möglichkeit, durch eine
solche Abtretung seine Stellung gegenüber den übrigen Konkursgläubigern
erheblich zu verbessern, liegt das Gegenstück zu dem von ihm übernommenen
Prozessrisiko. Es kommt nun aber für den Abtretungsgläubiger nicht auf
dasselbe heraus, ob ihm das Ergebnis der Abtretung auf den sich nach
Massgabe des Kollokationsplans und der allgemeinen Verteilungsliste
ergebenden Ausfall, oder aber auf seine Konkursforderung als solche
angerechnet wird. Im erstern Fall hat er die Möglichkeit, für seine
Konkursforderung voll befriedigt zu werden, schon dann, wenn das Ergebnis
der Abtretung die Höhe des Ausfalls erreicht ; im zweiten Falle aber
hat er diese Möglichkeit nur unter der Voraussetzung, dass das Ergebnis
der Abtretung den vollen Betrag seiner Konkursforderung erreiche. Im
vorliegenden Falle erreichte nun zwar der dem betreffenden Gläubiger
(nämlich den Klägern und Berufungsklägern) vom Konkursamt angerechnete
angebliche Prozessgewinn (13,400

:)58 Entscheidungen

Fr.) weder den Betrag der Konkursforderung (65,088 Fr. 85 cts.), noch
denjenigen des nach Massgabe des Kollokationsplans und der allgemeinen
Verteilungsliste entstehenden Ausfalls (bei 35% Dividende 42,307
Fr. 75 Cie.), und es war daher, wie immer vorgegangen wurde, eine volle
Befriedigung der Kläger ausgeschlossen. Dies hindert jedoch nicht, dass
es für sie einen wesentlichen Unterschied ausmachte, ob der ihnen vom
Konkursamtangerechnete Prozessgewinn (13,400 Fr.) von dem Gesamtbetrag
ihrer in V. Klasse kollozierten Forderung (65,088 Fr. 85 (Its), oder
aber erst von dem sich auf dieser Forderung ergebenden Ausfall (42,307
Fr. 75 Cts.) in Abzug gebracht wurde; denn im erstem Fall erhielten sie
ausser den 13,400 Fr. nur noch die Dividende von 51,688 Fr. 85 (Its. =
18,091 Fr. 10 Cts., also insgesamt 31,491 Fr. 10 Cts., Während sie im
zweiten Fall zunächst 35% von 65,088 Fr. 85 Cts. = 22,781 Fr. 10 Cts. und
dann ausserdem noch jene 13,400 Fr., also insgesamt 36,181 Fr. 10 Cts.,
d. i. 4690 Fr. m e hr erhielten.

Hat demnach der Abtretungsgläubiger ein Recht darauf und ein Interesse
daran, vor allem die seiner ganzen Konkursiorderung entsprechende
Dividende zu beziehen und erst für den sich hiebei ergebenden Ausfall
auf das Resultat der Abtretung angewiesen zu werden, so folgt
daraus, dass die Abtretung , selbst wenn sie zu einem Prozessgewinn
oder sonstwie (infolge Vergleichs} zu einem positiven Ergebnis
geführt hat, keinen Rechtsgrund zur Abänderung oder Ergänzung des
Kollokationsplans bildet. Abzuändern, bezw. zu ergänzen ist vielmehr von
der nachträglichen Kollokation der Prozesskostenforderung abgesehen -nur
die Verteilungsliste, indem darin dem Abtretungsgläubiger, ausser der ihm
sonst zukommenden Konkursdividende, noch jenes Ergebnis der Abtretung
gut-zuschreiben ist, soweit er infolgedessen im Ganzen nicht mehr als
den Betrag seiner kollozierten Konkursforderung erhält. Wird entgegen
diesen Grundsätzen der Kollokationsplan als solcher abgeändert,der
Zivilkammem. N° 60. , 359

indem darin das Ergebnis der Abtretung von der

Konkursforderung des Abtretungsgläubige rs abgezogen wird, so kann der
Letztere diese Verfügung auf dem Beschwerdewege anfechten, und zwar ganz
unabhängig von der Frage, ob wirklich ein Prozessgewinn oder sonstiges
Abtretungsergebnis vorhanden und wie hoch dieses eventuell zu bemessen
sei. Schon die Tatsache, dass mit Rücksicht auf das wirkliche oder
angebliche Abtretungsresultat eine Abänderung des Kollokationsplanes,
statt eine Ergänzung der Verteilungsliste vorgenommen wird, gibt dem
dadurch betroffenen Gläubiger das Recht zur Beschwerde. Er ist berechtigt,
zu verlangen, dass auf dem formell richtigen Wege vorgegangen werde, und
braucht sich auf eine Anfechtung des in gesetzwidriger Weise abgeänderten
Kollokationsplanes vor den Gerichten nicht einzulassen.

2. Im vorliegenden Falle ist nun allerdings die-Beschwerdeführung
innerhalb der 10tägigen Beschwerdefrist unterblieben, und es erscheint
auch als ausgeschlossen, dass die ungerechtfertigt-e Abänderung des
Kollokationsplanes von Amtes wegen, sei es von den Aufsichtsbehörden,
sei es vom Konkursamte selber rückgängig gemacht werden könnte. Es fragt
sich daher, ob dasselbe Resultat auf dem, allerdings umständlicheren
Wege des Kollokationsprozesses doch noch erreicht werden könne. Diese
Frage ist zu bejahen. Wäre auch schon der bloss formelle Verstoss, der in
der Abänderung des Kollokationsplanes liegt, anfechtbar gewesen, und ist
auch diese Anfechtung unterlassen werden, so liegt doch zugleich eine m
a t e r i e Il ungerechtfertigte Abänderung des Kollokationsplanes vor,
die als solche vor den Gerichten muss angefochten werden können, zumal
nachdem den Klägern'hiezu vom Konkursamte selber eine IOtägige Frist
im Sinne des Art. 250 angesetzt worden ist und die Kläger infolgedessen
tatsächlich auf Streichung des Abzuges von 3000 Fr. geklagt haben. Dieser
Abzug ist also zu streichen, und zwar nach den vorstehen-

360 si Entscheidungen

den Ausführungen ganz unabhänzig davon, ob die 3000 Fr. sich als
Abtretungs ergebnis im Sinne des Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
SchKG darstellen oder
nicht. Diese letztere Frage wäre gegebenenfalls im Beschwerdeverfahren,
anlässlich der

nun vorzunehmenden Ergänzung der Verteilungsliste zu entscheiden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung wird begründet erklärt, das Urteil des Kantonsgeriehts
St. Gallen vom 3. April 1916 aufgehoben und die Klage gutgeheissen.

61. Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Juni 1916 i. S. Kreuzer,
Kläger, gegen Maurer, Beklagten.

Rechtliche Natur der Hinterlegung einer streitigen Summe zu Gunsten
eines bestimmten eventuell Berechtigten. Paulianische Anfechtbarkeit
einer solchen, gegenüber einem insolventen Schuldner durch eine Strafklage
erzwungenen Hinterlegung .

A. Der Beklagte war am 1. September 1911 in den Dienst des
Kinematographenunternehmers Sauter getreten ; zunächst sollte er als
Portier für das Theater in Arben, später als Geschäftsleiter noch
zu errichtender Filialen tätig sein. Er hatte als Beteiligung 4000
Fr. einzulegen, und zwar unter folgenden Bedingungen :

3. Die Einlage wird dem Hrn. Maurer, so lange er in seiner Stellung
verbleibt mit 412% jährlich verzinst und gilt als Garantie zunächstdas
Inventar des Geschäftes in Arbon, später das Etablissement, welches
durch Hrn. Maurer geführt wird.

4. Sauter hat das Recht, die Einlage zu Geschäfts zwecken zu verwenden,
verpflichtet sich aber ausdrück-der Zivilkammern. N° 61. 361

lieh dieselbe nach Ablauf dieses Vertrages auf ihre erste Höhe zu
bringen und dem Hrn. Maurer incl. Zinsen

- zurückzuerstatten.

Nachdem der Beklagte an verschiedenen Orten im Dienste des Sauter
tätig gewesen war, kam er im Jahre 1913 als Leiter einer Filiale nach
Bern. Da jedoch Sauter, der von allen Seiten betrieben war und über
keinen Kredit mehr verfügte, den Mietzins nicht aufzubringen vermochte,
wurde das Theater polizeilich geschlossen. Obwohl Sauter dem Beklagten
die Weisung erteilte, trotzdem in Bern zu bleiben, reiste der Beklagte
nach Luzern. Deswegen kündigte ihm Sauter am 16. Februar den Vertrag,
indem er bemerkte : Ihre Kaution bleibt solange in meinem Besitz,
bis die Sache ausgetragen ist. Am 17. Februar liess der Beklagte den
Sauter amtlich auffordern, die 4000 Fr. nebst Zins herauszugeben und
dazu 1000 Fr. Schadenersatz zu bezahlen, ansonst er strafrechtlich
vorgehen werde. Als Sauter dieser Aufforderung nicht nachkam, reichte
der Beklagte Anfangs März in der Tat Strafklage gegen ihn ein, und zwar
wegen Betrugs . In seinem Verhör erklärte sauter :si Ich habe ihm
(d. h. dem Strafkläger) diese Summe (d.h. die 4000Fr.) zur Disposition
gestellt. Ich kann diese Summe sofort

beim Stadtammann als streitig deponieren und werde den

Ausweis noch heute abgeben. Darauf liess er, zwar nicht mehr am
gleichen Tage, wohl aber am 11. März, folgende Bescheinigung des
Gerichtspräsidenten d. d. 11. März zu den Strafakten legen: }Herr
Fürsprech B. hat heute hierorts namens L. Sauter... zuhanden Hrn. Maurer,
Luzern, den Betrag von 4000 Fr. als streitig deponiert. Hierauf wurde
am 4. April die Strafuntersuchung eingestellt.

,Inzwischen hatte der Beklagte am 29. März einen Arrest auf die 4000
Fr. ausgewirkt und am 31. März Betreibung angehoben. Am 19. April reichte
er ferner die Arrestprosequierungsklage auf Zahlung von 5200 Fr. ( =
4000 Fr. Kaution + 1200 Fr. Schadenersatz) ein. Bevor über

AS 42 m 1916 35
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 42 III 353
Datum : 14. Juni 1916
Publiziert : 31. Dezember 1916
Quelle : Bundesgericht
Status : 42 III 353
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 352 Entscneidg. der Schuldbetreibungs und Konkunkammer. N° 59 des Art. 192 ZGB,


Gesetzesregister
SchKG: 250 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...446
260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.457
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kollokationsplan • konkursforderung • beklagter • konkursamt • sparkasse • frage • frist • bundesgericht • richtigkeit • sondergut • konkursdividende • schuldner • kenntnis • weiler • schadenersatz • innerhalb • konkursverwaltung • bedingung • entscheid • unternehmung
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