552 ss Familienrecht. N° 88.

tung dieser Vermutung gemäss Art. 314 Abs. 2 ZGB erhobene Einrede der
mehreren Beischläfer hat die Vorinstanz abgewiesen, weil nur bewiesen sei,
dass die Klägerin zusammen mit den Kindern B. im gleichen Zimmer wie der
Ehemann B. geschlafen habe und nicht angenommen werden könne, dass es bei
diesem Übernachten zwischen ihr und B. zum Geschlechtsverkehr gekommen
sei. Ob diese Auffassung zutrefie und ob die Vorinstanz damit nicht die
Anforderungen an den Beweis der excepiio plurium überspannt habe, kann
dahingestellt bleiben, da die Klage jedenfalls auch gestützt auf Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.

ZGB wegen unzüchtigen Lebenswandels der Klägerin abgewiesen werden
muss. Wie das Bundesgericht schon wiederholt erkannt hat (vgl. AS 39 II
S. 687), genügt zur Annahme eines solchen Lebenswandels jedes Benehmen
der Kindesmutter, aus dem mit Wahrscheinlichkeit geschlossen werden kann,
dass sie gleichzeitig mit mehreren Männern geschlechtliche Beziehungen
unterhielt, sodass die Vaterschaft des einzelnen Konstaprators mit
Sicherheit nicht mehr festgestellt werden kann. Ein Hauptfall solchen
Verhaltens der Kindsmuttec stellt nun aber gerade die Gestattng des
Beischlafes gegen Geld dar, da die dadurch bekundete Auffassung des
Geschlechtslebens es ohne weiteres wahrscheinlich macht, dass die
Kindsmutter auch bei anderen Gelegenheiten schon andern Männern den
Umgang gestattet hat bezw. wiederum gestatten wird, womit jede sichere
Feststellung der Vaterschaft ausgeschlossen ist. Zu Unrecht liat die
Vorinstanz das Vorliegen eines unzlichtigen Lebenswandels mit Hinweis
darauf verneint, dass es sich bei dem der Klägerin zur Last gelegten
Verhalten um eine bloss einmalige Verfehlung gehandelt habe. Auch die
nur einmalige Annahme eines pretium stupri kann genügend für die ganze
Anschauungsweise der betreffenden Frauensperson in Geschlechtssachen
sprechen, insbesondere, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, noch mit
Feilschen über die Höhe des Preises verbunden ist. Dass,Familienrecht. TO
59. ' 533

wie die Klägerin behauptet, der Beklagte das ihr gegebene Geld als für
ihr Nachtessen bestimmt erklärte, vermag an der Natur der angenommenen
Leistung natürlich nichts mehr zu ändern, da der Beklagte das Geld nur
als Entgelt für die Gewährung des Geschlechtsaktes gegeben hat und auch
die Klägerin selbst sich ihr Nachtessen sonst kaum vom Beklagten hätte
bezahlen lassen. Mit diesem dirnenhai'ten Geldannehmen stimmt denn auch
das übrige Verhalten der Klägerin unmittelbar vor und nach der Beiwohnung
durch den Beklagten in allen Stücken überein.

Demnach hat das Bundesgericht e r k an n t :

Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons
St. Gallen vom 3. Oktober 1916 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

89. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Dezember 1916 i. S. Gely,
Beklagter, gegen Pluck, Klägeriunen.

Verhältnis der Prozessiähigkeit zur Handlungsfähigkeit Unfähigkeit eines
Minderjährigen oder Bevormundeten zur selbständigen Verteidigung gegenüber
einer Vaterschaftsklage.

A. Die Erstklägerin hat am 17. Januar 1916 in Schaffhausen (ihrem
Wohnorte) ein uneheliches Kind geboren, als dessen Vater sie den
Beklagten bezeichnet. Dieser ist am 5. Dezember 1898 geboren. Inhaber der
elterlichen Gewalt über ihn war bis zum Eintritt seiner Volljährigkeit
seine in Genf wohnhaite Mutter.

B. Am 5. April 1916 fällte das Kantonsgericht Schaffhausen auf Grund
eines Verfahrens, an welchem teilzunehmen die Mutter des Beklagten von
Amteswegen keine Gelegenheit erhalten hatte, über die vorliegende,

554 Familienrecht. N° 89.

schon vor der Niederkunft der Klägerin eingeleitete Vaterschaftsklage
mit der Rechtsfrage :

1. Ist der Beklagte als Vater des von der Bertha Fluck zu gebärenden
Kindes anzuerkennen und zu verpflichMen, an dieses bis zum zurückgelegten
18. Altersjahr' ein jährliches Unterhaltsgeld von 300 Fr. zu entrichten,
in monatlichen Raten vorauszahlbar ?

2. Ist der Beklagte gehalten, an die Kindsmutter als Ersatz der
Entbindungskosten, sowie für den Unterhalt während mindestens vier Wochen
vor und nach der Geburt den Betrag von 200 Fr, zu bezahlen '?

folgendes Urteil:

1. Der Beklagte ist als Vater des von der Bertha Fluck. am 17. Januar
1916 geborenen Kindes anerkannt.

2. Er ist gehalten, der Kindsmutter als Ersatz der Entbindungskosten,
sowie für. den Unterhalt während je vier Wochen vor und nach der
Geburt 200 Fr. zu bezahlen und dem Kinde bis zum zurückgelegten 18
Altersjahr ein jährliche-s Unterhaltsgeld von 300 Fr. zu entrichten,
in vierteljährlichen Raten vorauszahlbar.

C. Gegen dieses Urteil appellierte der, nunmehr durch seine Mutter
vertretene Beklagte mit der Begründung, dass die Schafihauser Gerichte
in dieser Sache nicht kompetent seien, und dass das Urteil auch wegen
Nichtbeteiligung der Mutter des Beklagten am Verfahren vor der ersten
Instanz nichtig sei.

Durch Urteil vom 17. Oktober 1916 bestätigte das. Obergericht des Kantons
Schaffhausen das kantonsgerichtliche Urteil.

Das obergerichtliche Urteil beruht, was die Gerichtsstandsfrage
betrifft, auf der Erwägung, dass Art. 312
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1  wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2  wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben.
Abs. ] ZGB, erste Hälfte,
auch auf eine vor der Niederkunft eingeleitete Klage anwendbar sei,
und, was die Prozessfähigkeit des Beklagten betrifft, auf der Erwägung,
dass es sich bei der Verteidigung gegenüber einer Vaterschaftsklage um
die Ausübung eines Persönlichkeitsrechtes im Sinne des Art. 19 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 19 - 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
1    Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
2    Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.15
3    Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.

ZGB handle, undFamilienrecht. N° 89. T 555-

dass daher § 116 schaffh. ZPO, wonach Minderjährige mit Bezug auf
Vaterschaftsklagen ohne Verbeiständung; durch den gesetzlichen Vertreter
berechtigt sind, hier Anwendung finde.

. D. Gegen dieses Urteil hat der durch seine Mutter vertretene Beklagte
rechtzeitig und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen, mit dem Antrag :

Es sei das obergerichtliche Urteil in soweit abzu ändern, als dasselbe
die Prozessund Handlungsfähig keit des Beklagten bejaht und gegen
denselben das Kontumatialverfahren von der ersten Instanz durch geführt
und vom Obergericht geschützt werden ist.

Das Bundesgericht zieht i n E r w ä g u n g :

1. Mit Recht ist die Vorinstanz, gleichwie dasBundesgericht in
einem frühern Falle (AS 39 II N° 79), davon ausgegangen, dass die
Prozessfähigkeit ebenso einen Teil der Handlungsfähigkeit bildet, wie
die Parteitähigkeit einen Teil der Rechtsfähigkeit, und dass daher die
Kantone einerseits alle nach Bundesrecht handlungsfähigen Personen als
prozessfähig anzuerkennen haben, andrerseits aber solchen Personen, die
von Bundesrechtswegen nicht handlungsfähig sind, auch die Prozessfähigkeit
nicht zuerkennen können. Wäre dem nicht so, und könnten also die Kantone
über die Prozessfähigkeit uneingeschränkt legiferieren, insbesondere
z. B. einer nach Bundesrecht haudlungsfähigen Person die Prozessfähigkeit
absprechen oder einer nach Bundesrecht handlungsunfähigen Person die
selbständige Prozessführung gestatten, so würden unlösbare Konflikte
entstehen; denn einerseits wäre kein Vormund vorhanden, der im Namen
jener handlungsfähigen, aber nicht als prozessfähig anerkannten Person vor
Gericht auftreten könnte, und andrerseits würde der dem Handlungsunfähigen
gemäss Bundesrecht beigegebene Vertreter diesen nicht

556 Familienrecht. N° 89.

daran hindern können, ohne seine, des Vertreters Zustimmung
Verpflichtungen einzugehen; d. h. es Würde der bundesrechtlich vorgesehene
schutz in Beziehung auf Prozesse illusorisch. In der Tat verweisen
denn auch die meisten kantonalen Gesetzgebungen bei der Bestimmung der
Prozessfähigkeit auf den bundesrechtlichen Begriff der Handlungsfähigkeit,
während seinerseits der Bundesgesetzgeber aniässlieh der Regelung der
Handlungsfähigkeit bestimmter Personen keinen Anstand genommen hat,
zugleich auch Vorschriften über ihre Prozessfähigkeit aufzustellen
(z. B. in Art. 559
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 559 - 1 Jeder Gesellschafter hat das Recht, aus der Gesellschaftskasse Gewinn, Zinse und Honorar des abgelaufenen Geschäftsjahres zu entnehmen.
1    Jeder Gesellschafter hat das Recht, aus der Gesellschaftskasse Gewinn, Zinse und Honorar des abgelaufenen Geschäftsjahres zu entnehmen.
2    Zinse und Honorare dürfen, soweit dies der Vertrag vorsieht, schon während des Geschäftsjahres, Gewinne dagegen erst nach der Genehmigung des Geschäftsberichts bezogen werden.287
3    Gewinne, Zinse und Honorare, die ein Gesellschafter nicht bezieht, werden nach der Genehmigung des Geschäftsberichts seinem Kapitalanteil zugeschrieben, sofern kein anderer Gesellschafter dagegen Einwendungen erhebt.288
OR, 168 Abs. 1 und 421 Ziff. 8 ZGB). Die Frage der
Handlungsfähigkeit ist auch nicht etwa nur eine Präjudizialkrage zu
derjenigen der Prozessfähigkeit, so dass das Bundesgericht sie in einem
Falle wie dem vorliegenden nicht überprüfen könnte (vgl. Erw. 2 des
angeführten bundesgerichtlichen Urteils); sondern, ebenso Wie nach dem
Gesagten die Prozessfähigkeit nur ein Teil der Handlungsfähigkeit ist,
so ist auch die Frage, ob und inwieweit eine bestimmte Person prozesskähig
sei, nur ein Teil der Frage, ob und inwieweit sie handlungsfähig sei.

2. Nach Art. 407
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 407 - Die urteilsfähige betroffene Person kann, auch wenn ihr die Handlungsfähigkeit entzogen worden ist, im Rahmen des Personenrechts durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten begründen und höchstpersönliche Rechte ausüben.
ZGB vertritt der Vormund den Bevormundeten in allen
rechtlichen Angelegenheiten (wobei es, was hier nicht in Betracht kommt,
u. U. noch der Mitwirkung vormundschaftlicher Behörden bedarf), und nach
Art. 280 hat der unter elterlicher Gewalt stehende Unmündige -um einen
solchen handelte es sich im vorliegenden Falle grundsätzlich die gleiche
beschränkte Handlungsfähigkeit wie eine bevormundete Person . Immerhin
kann sich nach Art. 410 Abs. 1, wie übrigens schon nach Art. 19 Abs. 1,
der urteilsfähige Bevormundete oder Unmündige diese Qualifikation traf
ebenfalls unbestrittenermassen auf den Beklagten zu mit Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters auch durch eige n e Handlungen verpflichten. Die
von ihm o h n e Zustimmung seines Vertreters vorgenomme-Familienrecht. N°
89. : 557

nen eigenen Handlungen sind dagegen, unter Vorbehalt der
gesetzlichenAusnahmen, für ihn unverbindlich.

Die Ausnahmen von der erwähnten Regel, dass der 'Unmi'mdige oder
Entmündigte sich ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht
verpflichten kann, also nach dem in Erw. .1 Gesagten insbesondere
auch nicht prozessfähig ist, sind soweit die Fähigkeit, sich durch
Willenserklärungen oder Entgegennahme von solchen zu verpflichten
(im Gegensatz zur Deliktsfähigkeit), in Frage steht in Art. 19 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 19 - 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
1    Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
2    Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.15
3    Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
,
410 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 410 - 1 Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
1    Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
2    Der Beistand oder die Beiständin erläutert der betroffenen Person die Rechnung und gibt ihr auf Verlangen eine Kopie.
, 412
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 412 - 1 Der Beistand oder die Beiständin darf in Vertretung der betroffenen Person keine Bürgschaften eingehen, keine Stiftungen errichten und keine Schenkungen vornehmen, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.
1    Der Beistand oder die Beiständin darf in Vertretung der betroffenen Person keine Bürgschaften eingehen, keine Stiftungen errichten und keine Schenkungen vornehmen, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.
2    Vermögenswerte, die für die betroffene Person oder für ihre Familie einen besonderen Wert haben, werden wenn immer möglich nicht veräussert.
und 414
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 414 - Der Beistand oder die Beiständin informiert die Erwachsenenschutzbehörde unverzüglich über Umstände, die eine Änderung der Massnahme erfordern oder eine Aufhebung der Beistandschaft ermöglichen.
ZGB geregelt. Darnach vermögen urteilefähige
Unmündige oder Entmündigte selbständig : erstens : Vorteile zu erlangen,
die unentgeltlich sind ; zweitens : Rechte auszuüben, die ihnen um
ihrer Persönlichkeit willen zustehen ; dritten s : Verpflichtungen
einzugehen oder Rechte aufzugeben, sobald der Vormund ausdrücklich oder
stillschweigend zum voraus seine Zustimmung gegeben hat oder nachträglich
das Geschäft genehmigt ; vie r t en s : Geschäfte vorzunehmen, die zum
regelmässigen Betriebe eines mit ausdrücklicher oder stillschweigender
Bewilligung der .Vormundschaftsbehörde selbständig betriebenen Berufes
oder Gewerbes gehören ; fünftens : frei zu verwalten, was ihnen zur
freien Verwendung zugewiesen wird oder was sie mit Einwilligung des
Vormundes durch eigene Arbeit erwerben .

Die Vorinstanz hat nun, auf Grund von § 116 Ziff. 1 der kantonalen
Zivilprozessordnung und unter Berufung auf Art. 19 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 19 - 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
1    Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
2    Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.15
3    Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
ZGB, die Führung
eines Vaterschaftsprozesses unter die zweite der vorstehenden Ausnahmen
subsumiert, indem sie darin die Ausübung eines höchstpersönlichen Rechtes
erblickt. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob diese subsumtion dann
richtig sei, wenn es sich um den Entscheid der Kindsmutter über die
Erhebung oder Nichterhebung der ihr (im Gegensatz zum Kinde) zustehenden
Klage auf die in Art. 317 spezifi-

558 si Familienrecht. N° 89.

zierten Vermögensleistungen handelt; denn jedenfalls erscheint auf Seiten
des Beklagten die Führung einesVaterschaftprozesses (im Sinne von Art. 317
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.

und 319
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 319 - 1 Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
1    Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
2    Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.
ZGB) nicht als die Ausübung eines Persönlichkeitsrechtes. In
dieser Beziehung trefien alle diejenigen Erwägungen zu, auf Grund
deren in BGE 39 II N° 89 die Anwendbarkeit der Art. 61
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 319 - 1 Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
1    Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
2    Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.
und 71 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 319 - 1 Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
1    Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
2    Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.

OG auf den gewöhnlichen Vaterschaftsprozess verneint worden ist, und
auf die deshalb hier verwiesen werden kann Selbst wenn übrigens darauf
abgestellt werden wollte, dass im gewöhn-lichen Vaterschaftsprozesse
oft auch auf Seiten des Beklagten ideelle Interessen im Spiele sind,
so überwiegen doch die materiellen Interessen in der Regel derart,
dass die der Ausnahmebestimmung des Art. 19 Abs. 2 i
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 19 - 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
1    Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
2    Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.15
3    Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
. 1. ZGB zu Grunde
liegende ratio hier zweifellos nicht zutrifl't ;. denn es kann nicht der
Wille des Gesetzgebers gewesen sein, den in der Bevormundung liegenden
Schutz gerade da versagen zu lassen, wo es sich um die Übernahme oder
Auferlegung beträchtlicher Alimentaticnsleistungen auf die Dauer von 18
Jahren handelt. Die Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 i
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 19 - 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
1    Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
2    Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.15
3    Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
. f. ZGB ist somit
zu Unrecht auf den vorliegenden Fall angewendet worden. Dass endlich
auch die vier übrigen Ausnahmebestimmungen (Art. 19 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 19 - 1 Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
1    Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.14
2    Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.15
3    Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
, erster Teil,
410 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 410 - 1 Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
1    Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
2    Der Beistand oder die Beiständin erläutert der betroffenen Person die Rechnung und gibt ihr auf Verlangen eine Kopie.
,412 unck 414 ZGB) auf die Führung eines Vaterschaftsprozesses
nicht zutrefien, bedarf keiner Ausführung. Ob aber 11. U. die Führung a
n d erer Prozesse z. B. die Anhebung einer blossen Besitzschutzklage,
wenn Gefahr im Verzug ist, oder das Auftreten vor einem gewerblichen
Schiedsgericht oder vor dem Einzelrichter in Bagatellsachen, zumal bei
Landesahwesenheit des Vormundes oder wenn der Vormund überhaupt auswärts
wohnt, unter dieeine oder andere jener Ausnahmebestimmungen, insbesondere
unter Art. 410 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 410 - 1 Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
1    Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
2    Der Beistand oder die Beiständin erläutert der betroffenen Person die Rechnung und gibt ihr auf Verlangen eine Kopie.
, 412
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 412 - 1 Der Beistand oder die Beiständin darf in Vertretung der betroffenen Person keine Bürgschaften eingehen, keine Stiftungen errichten und keine Schenkungen vornehmen, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.
1    Der Beistand oder die Beiständin darf in Vertretung der betroffenen Person keine Bürgschaften eingehen, keine Stiftungen errichten und keine Schenkungen vornehmen, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.
2    Vermögenswerte, die für die betroffene Person oder für ihre Familie einen besonderen Wert haben, werden wenn immer möglich nicht veräussert.
oder 414 ZGB, subsumiert werden könne, braucht
anlässlich des vorliegenden Falls nicht entschieden zu 'werden. Hier
genügt vielmehr die Feststellung, dass jedenfalls zur Verteidigung gegen -

Familienrecht. N ° 89. 559

über einer Vaterschaftsklage (im Sinne der Art. 317 und 319) die
Mitwirkung des Vormunds oder Inhabers der elterlichen Gewalt unumgänglich
ist.

Da dieser Grundsatz durch das angefochtene Urteil, wie übrigens schon
durch § 116 der schaffh. ZPO, auf welchem es fusst, verkennt worden ist,
muss das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an den
kantonalen Richter zurückgewiesen werden. Dabei wird es zwar infolge der
inzwischen eingetretenen Volljährig,keit des Beklagten keiner Mitwirkung
des bisherigen Inhabers der elterlichen Gewalt mehr bedürfen; wohl aber
ist dem Beklagten Gelegenheit zu geben, von neuem zur Klage Stellung zu
nehmen, wobei die von ihm im früheren Prozesse abgegebenen Erklärungen,
wie auch die allfällige Unterlassung solcher Erklärungen, für ihn im
neuen Prozesse nicht mehr verbindlich sein werden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung wird in dem Sinne gutgeheissen, dass das Urteil des
Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 30. September 1916 aufgehoben
und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an den
kantonalen Richter zurückgewiesen wird.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 42 II 553
Date : 03. Oktober 1916
Published : 31. Dezember 1916
Source : Bundesgericht
Status : 42 II 553
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 552 ss Familienrecht. N° 88. tung dieser Vermutung gemäss Art. 314 Abs. 2 ZGB erhobene


Legislation register
OG: 61  71
OR: 559
ZGB: 19  312  315  317  319  407  410  412  414
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
defendant • federal court • guardian • mother • action to determine paternity • lower instance • question • parental authority • cantonal legal court • father • money • legal representation • behavior • authorization • sexual intercourse • intention • first instance • correctness • company • decision
... Show all