Par ces motifs, le Tribunal federal p r 0 n o n c e :
Le recours est admis dans ce sens que le jugement attaqué est annulé et
la cause renvoyée à l'instance cantonale pour compléter le dossier et
statuer à nouveau sur la base des considérants du present arrét.
86. Urteil der II. Zivila'nteilung vom 20. Dezember 1916 i. S. Brand,
Beklagter, gegen Her-tig, Klägerin.
Vaterschaftsklage. Einrede des unzüchtigen Lebenswandels (Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
begründet erklärt.
A. Die Klägerin Bertha Hertig war Kellnerin im Gasthof Zum Löwen in
Rüderswil und machte daselbst die Bekanntschaft des Beklagten. ,Dieser
trat zu ihr in ein näheres Verhältnis, und es kam zwischen den Parteien
wiederholt zum Geschlechtsverkehr. Die Klägerin behauptet ausserdem,
der" Beklagte habe ihr die Ehe versprochen, was jedoch der Beklagte
bestreitet. Am 27. April 1914 brach der Beklagte das Verhältnis ab,
nachdem sich der in Erwägung 2 Absatz 2 hienach geschilderte Vorfall
ereignet hatte. Am 15. Oktober 1914 gebar Bertha Hertig ein uneheliches
Kind (die Mitklägerin Johanna Hertig).
B. Gegenüber der vorliegenden Vaterschaftsklage hat der Beklagte unter
Anerkennung der Tatsache, dass er in der kritischen Zeit (19. Dezember
1913 18.April 1914) mit der Klägerin geschlechtlich verkehrt habe,
die in Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
C. Durch Urteil vom 19. September 1916 hat der Appellationshof des
Kantons Bern die Klage gutgeheissen.Familienrecht. N° 86. 543
D. Gegen dieses Urteil, dessen Begründung, soweit nötig, aus den
nachfolgenden Erwägungen ersichtlich ist, hat der Beklagte rechtzeitig
und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht ergriffen,
mit dem Antrag auf Ahweisung der Klage.
Das Bundesgericht zieht i n E r W a g u n g :
1. Da der Beklagte zugestandenermassen in der kritischen Zeit
(19. Dezember 1913 18. April 1914) mit der Klägerin geschlechtlich
verkehrt hat, so ist die gesetzliche Vermutung dem Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
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1 | Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar. |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern. |
3 | Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest. |
ZGB begründet.
Eine Entkräftung dieser Vermutung im Sinne des Art. 314 Ab 3. 2 ist dem
Beklagten nicht gelungen; denn die einzige in dieser Hinsicht bewiesene
Tatsache, nämlich das Vorkommnis vom 26. April 1914, fällt in eine Zeit,
in welcher die Klägerin bereits schwanger war.
2. Dagegen fragt es sich, ob nicht die vom Beklagten weiterhin erhobene
Einrede des u n z ü c h t i g e n L e b e n s w a n d e l s gutgeheissen
werden müsse. Diese Einrede ist von der Vorinstanz mit der Begründung
abgewiesen worden, dass es sich bei dem in Rede stehenden nächtlichen
Besuche des Karl Hertig um ein vereinzeltes Vorkomman handle, das keinen
unzüchtigen Lebenswan d el darstellen könne. Allein, wie in mehreren
früheren Fällen, so fragt es sich auch hier, ob nicht aus dem ein zelnen
Vorkommnis und dessen Begleitumständen auf solche Lebens g e W 0 h n h
e i t e n der Klägerin geschlossen werden müsse, die im Allgemeinen als
Merkmale eines unzlichtigen Lebenswandels gelten.
Nun ist festgestellt, dass die Klägerin, welche mit dem Beklagten ein
in den Gesellschaftskreisen der Parteien
' allgemein bekanntes Liebesverhältnis unterhielt, ihm
wiederholt den Geschlechtsxrerkehr gestattet hatte, bereits schwanger und
angeblich sogar mit dem Beklagten verlobt war, in der Nacht vom 26. auf
den 27. April 1914, nach Schluss der Wirtschaft, mit dem 25 jährigen
544 Familienrecht. N° 86.
Karl H., der sie in ihrem Schlafzimmer erwartet hatte, daselbst eine
Zeitlang allein blieb (ein Schulmädchen, welches mit der Klägerin
das Zimmer teilte, war im festen Schlaf), dass dann, als der Beklagte
Einlass begehrte, die Tür verschlossen war, dass die Klägerin, als sie
dem Beklagten nach geraumer Zeit (wohl etwa eine Viertelstunde später)
öffnete, halb entkleidet war, dass H. bevor der Beklagte eingelassen
wurde, vor das vordere Bett ging und dort niederkauerte , dass, während
H. mit Wissen der Klägerin im Zimmer versteckt war, die Klägerin mit
dem Beklagten in ihr Bett ging und ihm den Beischlaf gestattete, und
dass endlich H. das Zimmer erst' verliess, als er annahm, der Beklagte
und die Klägerin seien eingeschlafen.
Die Vorinstanz hat aus diesen Tatsachen lediglich den Schluss gezogen,
dass der geschilderte Vorfall der Mutma ssung Raum gebe, es möchte
der in Rede stehende Besuch des Hertig bei der Klägerin vielleicht
doch nicht so ganz harmlos verlaufen sein , Während der positive
Nachweis der Tatsache, dass H. in der Nacht vom 26. /27. April 1914
oder vorher oder nachher mit der Klägerin geschlechtlich verkehrt habe,
trotz allem nicht erbracht sei. Es kann nun dahingestellt bleiben, ob
das Bundesgericht an diese Würdigung des Beweisergebnisses gebunden sei;
denn schon die festgestellten Tatsachen genügen, um daraus einen Schluss
auf die sittliche Qualifikation der Klägerin zu ziehen. Selbst wenn
es nämlich in jener Nacht zum Geschlechtsverkehr zwischen der Klägerin
und H. tatsächlich nicht gekommen sein sollte, so könnte dies doch nur
dem Umstande zuzuschreiben sein, dass die Beiden durch den Beklagten
gestört wurden; denn es ist nicht erklärlich, zu weich anderm Zwecke H.
die Klägerin um ein Uhr nachts in ihrem Schlafzimmer erwartet, und zu
welch anderm Zwecke die Klägerin sich in seiner Gegenwart mindestens halb
entkleidet haben und bei verschlossener Tür über eine Viertelstunde lang
mit ihm im Schlafzimmer geblieben sein Familienrecht. N° 86. 545
sollte. Die Erklärung der Klägerin, es habe sich um die Besprechung einer
die Übernahme der Wirtschaft betreffenden Angelegeheit gehandelt, ist mit
Rücksicht darauf, dass H. als Sohn der Wirtsleute und die Klägerin als
Kellnerin in der betreffenden Wirtschaft reichlich Gelegenheit hatten,
tagsüber miteinander zu sprechen, gänzlich unglaubhaft.
Zu der feststehenden Tatsache, dass die Klägerin den Karl H. unter den
geschilderten, äusserst verdächtigen Umständen in ihrem Schlafzimmer
empfangen hat, während sie bereits wiederholt dem Beklagten den
Geschlechtsverkehr gestattet und angeblich von ihm ein Eheversprechen
erhalten hatte, kommt nun aber weiter hinzu, dass die Klägerin in
Gegenwart des H., der sich mit ihrem Einverständnis hinter einem Bett
versteckt hatte und dort niedergekauert war, mit ihrem angeblichen
Bräutigam geschlechtlich verkehrte. Ist auch anzunehmen, dass die
Klägerin dabei aus Verlegenheit handelte, so zeugt ihr Verhalten doch
von einem derartigen Mangel an Schamgefühl, dass die Überzeugung sich
aufdrängt, dieyKlägerin werde es auch sonst in sittlichen Dingen sehr
leicht genommen haben, und sie werde sich insbesondere auch in der
unmittelbar vorangegangenen kritischen Zeit, die erst am 18. April ihr
Ende erreicht hatte, nicht gescheut haben, gleichzeitig mit mehreren
Männern intime Beziehungen zu unterhalten. Gerade das ist es aber,
was in Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Die Klage muss deshalb auf Grund der angeführten Gesetzesbestimmung ohne
weiteres abgewiesen werden.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Die Berufung wird gutgeheissen,
das Urteil des Appel-
lationshofes des Kantons Bern vom 19. September 1916 aufgehoben und die
Klage abgewiesen.