zes _ Sachenrecht. N32.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung Wird abgewiesen und das Urteil des Obergeriehts des Kantons
Solothurn vom 21. März 1916

bestätigt.,

III. SACHENRECHT

DROITS RÉELS

32. Urteil der II. Zirilabteilung vom 25. Mai 1916 i. S. Studer, Kläger,
gegen Busch, Beklagten.

Art. 90 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 90 - 1 Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
1    Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
2    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
OR und Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
ZGB: Begrifi des Wertpapiers;
Gläubigerrecht an in Wertpapieren verurkundaten Forderungen. Art. 1 Abs. 1
ScthZ GB : Unzuständigkeit des Bundesgerichts zur Auslegung eines vor
dem 1. Januar 1912 unter Erben abgeschlossenen erbreehtlichen Vertrages.

A. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger als Erbe seiner
am 26. Februar-1915 ohne Hinterlassung von Nachkommen verstorbenen
Ehefrau Berta StuderBusch, der Tochter des Beklagten, der Beklagte
sei: 1. verpflichtet, in die Erbund Teilungsmasse der Verstorbenen
folgende weder im Original noch in Abschrift bei den Akten befindlichen
Obligationen einzuwerfen: Obligation der Basler Handelsbank N° 4221 von
1000 Fr. à 4% mit Coupon seit 15. Juli 1913 und ff., Ohligation Serie E,
N° 41 236 der Handwerkerbank Basel von 2000 Fr. à LUV/4% mit Coupon per
10. Mai 1913 und ff., Obligation Serie J, N° 2774 der Hypothekenbank
Basel von 2000 Fr. à 4%0/0 mit Coupon per 1. August 1913 und fi". und
Obligation N° 504 des Allgemeinen Konsumvereins Basel von 2000 Fr. à 4%%
mit Coupon per 1. Sep--Sachenrecht . N° 32. 20?

tember 1913 und ff. ; 2. für den Fall, dass die herausverlangten Coupons
von den Titeln abgetrennt und vom Beklagten bezogen worden sein sollten,
seien sie in bar zu ersetzen ; 3. sei der Beklagte gehalten, in die Erb-ss
und Teilungsmasse seiner Tochter einzuwerken einen Zwòlftei des laut
Inventar vom 17. Mai 1905 vorhanden gewesenen Vermögens der am 5. Mai
1905 verstorbenen Katharina Busch Fröhlin in einem lnventarwert von
21,420 Fr. 45 Cts. und hierüber gemäss genanntem Inventar abzutei-len
. Zu Begehren 1 und 2 machte der Kläger geltend, die genannten Titel
lauteten auf den Namen seiner Ehefrau und seien aus den Ersparnissen
angeschafft worden, die die Verstorbene vor ihrer Heirat aus ihrem
Verdienst als Angestellte in verschiedenen Geschäften gemacht habe.
Der Beklagte habe die Titel nur in Aufbewahrung und Verwaltung gehabt und
sie ihr bei ihrer Verehelichung im Jahre 1913 trotz ihrer Reklamationen
nicht herausgegeben. Eventuell liege eine Schenkung des Beklagten an
seine Tochter vor, die dadurch vollzogen worden sei, dass die Titel auf
den Namen der Tochter gestellt worden seien. Zu Rechtsbegehren 3 liess
der Kläger ausführen, am 17. Mai 1905 sei die Mutter seiner Ehefrau,
Frau Katharina Busch-Fröhlin, gestorben, deren Nachlass bis heute
noch nicht ,unter ihren Erben, den Ehemann und seinen vier Kindern,
geteilt werden sei. Laut Inventar über das Gemeinschaftsvermögen der
Ehegatten Busch-Fröhlin habe dieses netto 21,420 Fr. 45 Cts. betragen,
woran die verstorbene Berta Studer-Busch mit 1/12 beteiligt sei. In der
Replik verstellte der Kläger zum Beweise, dass der Beklagte bei der
Inventaraufnahme Vermögen seiner Ehefrau im Betrag von 11,013 Fr. 43
Cts. verheimlicht habe, wodurch sich der Erbanspruch der Tochter Berta
um 917 Fr. 80 Cts. auf 2702 Fr. 83 Cts. erhöhe. Schliesslich hat der
Kläger bei der mündlichen Verhandlung vor der ersten Instanz erklärt,
dass er das Begehren 3 nur eventuell für den Fall geltend mache, dass
die Anträge 1 und 2 abgewiesen werden sollten.

208 Sachenrecht. N° 32.

Der Beklagte hat auf .Abweisung der Klage geschlossen., Er stellte nicht
in Abrede, dass die im Streite liegenden Titel auf den Namen seiner
Tochter lauten. Dagegen.

bestritt er, dass sie jemals in ihrem Besitze gewesen seien und zu ihrer
Erbmasse gehören. Die Verstorbene habe

sie auch nie von ihm herausverlangt, da sie gewusst habe, dass sie
nicht aus ihrem Gelde, sondern aus Ersparnissen des Beklagten erworben
worden seien. Dafür macht der Beklagte geltend, dass er im Jahre 1905
von einem ihm und seiner Ehefrau gemeinschaftlich gehörenden Sparheft
4000 Fr. abgehohen und seinem Sohn Karl mit dem Auftrag übergeben habe,
4 Obligationen von je 1000 Fr. auf die Basler Handelsbank Zu kaufen;
diese Obligationen seien auf die Namen seiner vier Kinder gestellt
worden, diejenige N° 4221 auf den Namen seiner Tochter Berta. Im Jahre
1907 habe der Beklagte weiterhin eine drei Jahre vorher ans seinem
und seiner Ehefrau Vermögen angeschafite, auf den'lnhaber lautende
Obligation der Handwerker-dank Basel in eine Namenobligation auf den
Namen seiner Tochter Berta umwandeln lassen und zwar ohne hierfür einen
Gegen wert von der Tochter zu erhalten. Im Jahre 1899 habe er 8000 Fr. in
VierInhaberobligationen der Hypothekenhank Basel angelegt und sie dann im
Jahre 1903 in Namenobligationen auf den Namen seiner vier Kinder umwandeln
lassen; dazu gehöre die dritte vom Kläger herausverlangte Obligation N°
2774, die, ebenso wie die beiden vorhergehenden, stets in seinem Besitz
gewesen seien und von der er immer persönlich die Zinsen bezogen habe. In
Bezug auf die Obligation N° 504 des Allgemeinen Konsumvereins Basel von
2000 Fr. macht der Beklagte geltend, er habe am 3. Oktober 1911 seiner
Tochter ein auf seinen Namen lautendes Büchlein der Depositenkasse des
AKV von 2668 Fr. übergeben, damit sie in seinem Auftrag daraus 2000
Fr. in einer auf ihren Namen lautenden Obligation anlege, was durch die
Anschaffung der Obligation N° 504 geschehen sei. Die Obligation habe
die Tochter als seine Vertreterin inSachenrecht. N° 32. 209

Empfang genommen und ihm übergeben; er habe sie seither allein in seinem
Besitze behalten und auch die Zinsen davon immer persönlich in Empfang
genommen. Die blosse Tatsache, dass die 4 herausverlangten Obligationen
auf den Namen der Ehefrau des Klägers gestellt worden seien, genüge
zur Annahme einer vollzogenen Schenkung nicht. Allerdings habe seine
Tochter auch Ersparnisse gemacht ; sie habe sie aber zum Teil Wieder
verbraucht, zum Teil auf eigene, in ihrem Besitze gebliebene Sparbüchlein
angelegt. In Bezug auf das Klagebegehren 3 bestritt der Beklagte seine
Passivlegitimation, sofern dieses Begehren als Teilungsklage aufgefasst
werde; lasse man es aber als Erbschaftsklage auf, so sei die Klage
verjährt; jedenfalls sei dieses Begehren materiell nicht begründet.

B. Durch Urteil vom 21. März 1916 hat das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt die Klage in Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheides
abgewiesen.

C. Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen, mit dem Antrag, es seien die Begehren 1 und 2 der Klage
gutzuheissen ; eventuell sei die Klage jedenfalls im Betrag von 2702
Fr. 83 Cts. zuzusprechen.

D. In der heutigen Verhandlung hat der Kläger diese Anträge wiederholt
; der Beklagte hat auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Urteils geschlossen.

Das Bundesgericht zieht i n E r W a g u n g :

1. Das Rechtsbegehren 1 der Klage stellt sich seiner Fassung und
Begründung nach als eine Feststellungsklage dar, mit der der Kläger
verlangt, der Beklagte habe anzuerkennen, dass die Forderungen, die in
den auf den Namen seiner verstorbenen Tochter lautenden Namenobligationen
verurkundet seien, einen Bestandteil ihres Nachlasses bilden. Wird dieses
Begehren gutgeheissen, so

210 Sachenrecht. N° 32.

hat der Beklagte nach der Klagedarstellung, welche die Obligationen als
gewöhnliche Namenpapiere bezeichnet, diese Urkunden ohne weiteres in den
Nachlass der Verstorbenen einzuwerfen, d. h. den Erben herauszugeben.
In diesem Sinn hat die erste Instanz den Prozess lediglich als einen
Streit über die Gläubigerschaft an den Obligationenforderungen von
zusammen 7000 Fr. beurteilt und dabei die Frage des Eigentums an den
Papieren nicht aufgeworfen Die zweite Instanz ging dagegen davon aus,
dass Bankobligationen der Art, wie sie der Kläger herausverlange , als
Wertpapiere aufzufassen seien; aus diesem Vertpapiercharakter folge,
dass der Erwerb der Forderung nur durch den Erwerb des Papiers selbst
vermittelt werden könne, was nicht nur für Inhaberpapiere, sondern auch
für Namenpapiere gelte. Da der Kläger nicht bewiesen habe, dass seine
Ehefrau je Eigentümerin der Namenobligationen gewesen sei, sei die Klage
daher abzuweisen.

2. Demgegenüber ist, was Zunächst den Begriff des Wertpapiers
anbelangt, zu bemerken, dass des Bundesgericht auf Grund von
Art. 105 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 105 - 1 Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.
1    Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.
2    Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach den Grundsätzen über Konventionalstrafe zu beurteilen.
3    Von Verzugszinsen dürfen keine Verzugszinse berechnet werden.
des alten OR als Wertpapiere nur die Inhaber _und '
Ordrepapiere bezeichnet, den Namenpapieren dagegen diesen Charakter
auch für den Fall abgesprochen hat, wo es sich um sog. qualifizierte
Legitimationspapiere handelte (vergl. AS 10 S. 281, 23 I S. 173, 787,
25 HS. 329 und 35 II S. 621). An dieser Auffassung, welche als die ge
stützt auf das alte OR herrschende bezeichnet werden kann (vergl. HAFNER,
Rechtsgutachten über die appenzellausserrhodischen Zeddel, BINDSCHEDLER,
Die amortisierbaren Wertpapiere nach OR, RAI-[N, Ueber Inhaberpapiere
nach schweiz. Recht), hat das Bundesgericht konsequent festgehalten
und immer die Amortisation von Namenpapieren (wie Bankobligationen,
Depositen scheine, Sparkassenbücher) abgelehnt, auch wenn der Schuldner
in der Urkunde erklärt hatte, nur gegen Rückgabe des Papiers Zahlung zu
leisten. In der Folge nahm der Entwurf zum

-.·... s.:Sachenrecht..N° 32. T an

neuen OR gegen diese Praxis, die hauptsächlich in Bezug auf die
Amortisationsmögliehkeit der Namenpapiere als zu eng empfunden worden
war, in der Weise Stellung, dass als Wertpapiere in Art. 1682 jede
Urkunde bezeichnet wurde, mit der ein Recht, auf das sie lautet, derart
verknüpft erscheint, dass ohne die Urkunde das Recht weder geltend
gemacht, noch auf andere übertragen werden kann. Damit war bestimmt,
dass auch Namenpapieie als Wertpapiere behandelt werden sollten, sofern
die Zahlung nur gegen Rückgabe des Papiers zu erfolgen hatte. Trotzdem
diese Bestimmung des Entwurfes nicht Gesetz geworden ist, sondern nur
in dem dem früheren Alt. 105 a OR entsprechenden Art. 90 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 90 - 1 Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
1    Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
2    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
rev. OR
nicht mehr von Wechseln, Ordreund Inhaberpapieren die Rede ist, ist
doch von verschiedenen Seiten angenommen worden, dass sich die frühere
Auffassung des Bundesgerichts über den Begriff des Wertpapieres unter
dem neuen Recht nicht mehr aufrecht erhalten lasse (vergl. Osnn, Komm.
zu Art. 90
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 90 - 1 Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
1    Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
2    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
OR 4 e, WIELAND, Komm. zu Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
ZGB 6). Ob diese Ansicht,
der sich offenbar auch die Vorinstanz hat anschliessen wollen, zutrei'fe,
braucht indessen im vorliegenden Fall aus einem doppelten Grund nicht
entschieden zu werden (vergl. übrigens AS 41 II S. 44). Einmal ist
nicht bewiesen, dass das Forderungsrecht aus den im Streite liegenden
Obligationen nur mit der Urkunde geltend gemacht werden könne und die
Obligationen deshalb im Sinne der Vorinstanz als Wertpapiere aufzufassen
seien. Die Obligationen liegen weder im Original noch in Abschriften
bei den Akten ; die Vorinstanz stellt über den In h alt der Urkunden
nichts fest, sondern führt lediglich aus, dass Bankobligationen der Art,
wie sie der Kläger herausverlangt , nicht blosse Schuldscheine, sondern
Wertpapiere seien, Die Parteien selbst haben dagegen die Obligationen
im Prozess als gewöhnliche Namenpapiere behandelt, die also, da sie eine
Erklärung des Schuldners, nur gegen Herausgabe der Urkunde zu bezahlen,
nicht enthalten, zum vorneherein

212 Sachenrecht. N° 32.

nicht als Wertpapiere aufzufassen sind. Sodann fällt in Betracht, dass
selbst wenn angenommen werden wollte, dass die Obligationen Wertpapiere
im Sinne der Vorinstanz Wären, die Klage doch nicht schon deshalb
abgewiesen werden könnte, weil, wie das Appellationsgericht ausführt,
die Ehefrau des Klägers nie Eigentümerin der Papiere geworden sei. Sind
die Obligationen wirklich Wertpapiere, so sind sie deshalb doch noch
keine Inhaberpapiere, sondern bleiben weiter Namenoder qualifizierte
Legitimationspapiere. Allerdings hat der Schuldner einer in einem
qualifizierten Legitimationspapiere verurkundeten. Forderung nur gegen
Vorweisung und Rückgabe der Urkunde zu leisten ; daraus folgt aber nicht,
wie die Vorinstanz anzunehmen scheint, dass diese Urkunde als selbständige
Sache angesehen werden kann, die im Rechtsverkehr ihr eigenes, nicht
mit der Forderung verbundenes Schicksal haben könnte. Eigentümer des
Papiers ist nicht derjenige, der die auf einen fremden Namen lautende
Urkunde in Händen hat, sondern einzig der w a h r e Gläubiger der in der
Urkunde verkörperten Forderung, so dass in Bezug auf die Uebertragung
solcher Namermapiere, trotz ihres Wertpapiercharakters, nicht die
sachenrechtlichen Normen über den Rechtserwerb, sondern die Regeln über
die Uebertragung von Fe r der u n g e n zur Anwendung zu kommen haben.

3. Fragt es sich demnach, wer der Gläubiger der in den vier
herausverlangten Obligationen verurkundeten Forderungen sei, ob die
verstorbene Ehefrau des Klägers oder der Beklagte, so ist zunächst
unbestritten, dass die Obligationen auf den Mädchennamen der Frau Berta
Studer-Busch lauten, also formell zweifellos eine Forderung der Ehefrau
des Klägers den betreffenden Obligationschuldnern gegenüber verurkunden,
sowie, dass es der Beklagte gewesen ist, der das Geld den Banken einzahlte
und die Obligationen auf den Namen seiner Tochter errichten liess. Wie
die Vorjnstanzen zutreffend angenommen haben, genügt aber die Tatsache
allein, dass der Be-Sachenrecht. N° 32. I 213

klagte Obligationen auf den Namen seiner Tochter stellen liess, nicht,
um den Streit über das Gläubigerrecht an diesen Forderungen zu Gunsten
der Tochter bezw. ihres klagenden Ehemannes zu entscheiden. Vielmehr
ist dazu der Nachweis eines R e c h t s g r u n d e s erforderlich,
aus welchem der Beklagte für seine Tochter ein Forderungsrecht begründet
hat. Als solche cause macht der Kläger geltend, seine Ehefrau habe ihre
ersparten Gelder dem Beklagten abgegeben und dieser habe in ihrem Namen,
und als ihr Stellvertreter die Gelder einbezahlt, die Obligationen
auf ihren Namen. stellen lassen und in ihrem Auftrag verwahrt ;
demgegenüber behauptet der Beklagte, er habe die Gelder zur Anschaffung
der Obligationen aus sein ern eigenen Vermögen einbezahlt. Welche der
beiden Parteien für ihre Behauptung beweispflichtig ist, kann hiebei
dahin gestellt bleiben, da jedenfalls der Beklagte den Nachweis geleistet
hat, dass die Darleihen, die er den Banken gegeben und für die er die
Obligationen erhalten hat, aus seinem eigenen Vermögen stammen. Wie
namentlich aus den vom Beklagten beigebrachten Bescheinigungen der
Schuldner der vier im Streite liegenden Titel hervorgeht, stammen die
Obligationen NO 41,236 der Handwerkerbank Basel, sowie NO 2774 der
Hypothekenbank Basel aus zwei Inhaberdbligationen, deren Eigentümer der
Beklagte war, während die Obligationen NO 4221 der Basler Handelsbank
sowie N° 504 des allgemeinen Konsumvereins Basel aus zwei auf den
Namen des Beklagten lautenden Sparheften angeschafft wurden. Dass
dabei ein Forderungsrecht nur für den Beklagten und nicht für seine
Tochter begründet werden sollte, ergibt sich aber auch daraus, dass
alle Einzahlungen an die 0bligationenschuldner, mit Ausnahme derjenigen
für die Obligation N° 504, vom Beklagten selbst oder von einem seiner
Söhne vorgenommen wurden Und dass die Obligationen immer in seinem
Besitze geblieben sind. Einzig die Obligation N° 504 des Allgemeinen
Konsumvereins Basel ist von der Tochter des Be-

214 ' Sachenrecht. N° 32.

klagten mit dessen Vollmacht angeschafft werden ; entscheidend ist
aber auch hier, dass, abgesehen von der Herkunft des dazu verwendeten
Geldes. aus dem Vermögen des Beklagten, die Obligation, trotzdem sie auf
den Namen der Tochter lautet, von ihr dem Beklagten als dem Auftraggeber
übergeben und vom Beklagten stets in seinem Besitz behalten wurde.

Muss somit im Gegensatz zur Klagedarstellung angenommen werden, dass
bei Anschaffung der drei ersten Obligationen der Beklagte nicht als
Stellvertreter seiner Tochter gehandelt, sondern ein eigenes Geschäft
besorgt hat, und dass die Tochter die Obligation N° 504 nicht für sich
selbst, sondern im Auftrag und für Rechnung des Beklagten erworben hat,
so könnte es sich nur noch fragen, ob der Beklagte dadurch, dass er die
Titel auf den Namen seiner Tochter ausstellen liess, seiner Tochter
nicht eine S c h e n k u n g habe machen wollen. In dieser Beziehung
fehlt indessen dem Bundesgericht gemäss Art. 56
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
OG die Kompetenz zur
Ueberprüfung des diese Frage verneinenden angefochtenen Entscheides, weil
nach Art. 1 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
Scth ZGB die rechtlichen Wirkungen von Tatsachen, die
vor dem Inkrafttreten des ZGB eingetreten sind, auch nachher gemäss den
Bestimmungen desjenigen Rechtes zu beurteilen sind, das zur Zeit ihres
Eintrittes gegolten hat, im vorliegenden Falle aber die ausschliesslich
in Betracht kommenden Tatsachen der Errichtung der Obligationen auf den
Namen der Berta Studer-Busch alle der Zeit vor 1912 angehören (1903,
1905, 1907 und 1911), we die Schenkung gemäss Art. 10 aOR dem k a n t
o n al e n Recht unterstand.

4. Ebenso ist das Bundesgericht auch zur Ueberprüfung des von der
Vorinstanz über das 3. Klagebegehren getroffenen Entscheides nicht
zuständig. streitig ist hier zwischen den Parteien eine Frage des
Erbganges am Nachlass der im Jahre 1905 verstorbenen Ehefrau des
Beklagten, Katharina Busch-Fröhlin. Der Kläger behauptet, seiner Ehefrau
habe an diesem Nachlass einSachenrecht. N° 32. 215

Erbanspruch von 2702 Fr. 83 Cts. zugestanden und es befinde sich der
Nachlass in Händen des Beklagten, der daher das auf seine Tochter
entfallende Erbbetrefi'nis in ihren Nachlass einzuwerfen habe. Der
Beklagte bestreitet nicht, dass seiner Tochter ein Erbanspruch am
Nachlass ihrer Mutter zugestanden habe und dass er im Besitze der'
ganzen unverteilten Erbschaft sei. Dagegen macht er geltend, dass
seiner Tochter bezw. ihrem klagenden Ehemann deshalb kein Anspruch auf
Teilung und Herausgabe des Erbanspruehes zustehe, weil nach dem Tode der
Katharina Busch-Fröhlin im Jahre 1905 zwischen ihm und seinen Kindern
(inbegriffen die Tochter Berta) eine Erbauseinandersetzung stattgefunden
habe, wonach der Nachlass der Verstorbenen dem Beklagten überlassen werden
und erst nach. dessen Tod zur Verteilung gelangen sollte. Bei der Frage,
ob die Ehefrau des Klägers durch diese im Jahre 1905 zu Stande gekommene
Erbauseinandersetzung auf ihren Anspruch auf Teilung des Nachlasses ihrer
Mutter verzichtet habe, handelt es sich aber um die Auslegung eines vor
dem 1. Januar 1912 unter Erben abgeschlossenen erbrechtlichen Vertrages,
der gemäss Art. 1 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
Scth ZGB ausschliesslich vom kantonalen Recht
beherrscht wird.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird, soweit darauf eingetreten werden kann, abgewiesen und
das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel Stadt vom 21. März
1916 bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 42 II 206
Datum : 21. März 1916
Publiziert : 31. Dezember 1916
Quelle : Bundesgericht
Status : 42 II 206
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : zes _ Sachenrecht. N32. Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Die Berufung Wird


Gesetzesregister
OG: 56
OR: 90 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 90 - 1 Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
1    Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
2    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
105
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 105 - 1 Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.
1    Ein Schuldner, der mit der Zahlung von Zinsen oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzuge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinse zu bezahlen.
2    Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach den Grundsätzen über Konventionalstrafe zu beurteilen.
3    Von Verzugszinsen dürfen keine Verzugszinse berechnet werden.
ZGB: 1 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • wertpapier • bundesgericht • sachenrecht • erbe • namenpapier • geld • vorinstanz • frage • coupon • inhaberpapier • schuldner • inventar • rechtsbegehren • weiler • mutter • basel-stadt • ehegatte • bescheinigung • stelle
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