36 Erbrecht. N° 4.

Dafür, dass diese Zahlung aus dem Erlös des Kassenscheins N° 94,422
erfolgt ist, spricht alle Wahrscheinlichkeit. Alsdann muss aus der
Tatsache, dass der Beklagte über diesen Kassenschein, zur Bezahlung seiner
Schulden verfügen konnte, also den Gegenwert: der Frau Herzig nicht
abgeliefert hat, geschlossen werden, dass eine Schenkung hinsichtlich
dieses Werttitels Wirklich stattgefunden hat. Angesichts alles dessen,
was gegen ,die Schenkung zeugt, darf aber aus dieser Tatsache nicht
gefolgert werden, dass auch die andern Kassenscheine ins Eigentum des
Beklagten bezw. seiner Angehörigen übergegangen seien. In Bezug auf diese
Titel muss vielmehr der den Klägern obliegende Beweis zur Widerlegung
der aus dem Besitze des Beklagten fliessenden Eigentumsvermutung as
erbracht betrachtet werden. Die Klage wäre daher nur bezüglich des
Kassenscheins N° 94,422 abzuweisen, dagegen bezüglich der übrigen
Werttitel gutzuheissen. Da aber auf Grund der Akten nicht feststeht, ob
die Kläger zur Klage legitimiert seien, ist die Sache gemäss Art. 64 und
82 Abs. 2 OG zur Beweiserhebung über diesen Punkt und neuen Beurteilung
an das kantonale Gericht zurückzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht -erkannt:

Das Urteil des Kantonsgen'chts des Kantons St. Gallen vom 3. November 1914
wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Motive zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.Sachenrecht. N° 5. 37

III. SACHENRECHTDRO ITS RÉELS

5. Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Januar 1915 i. S. Konkursmasse
Zschokke & Cie, Beklagte, gegen Comptoir d'Escompte de Mulhouse, Klägerin.

1. Leb ensversieherungspolicen sind keine Wertpapie r e im Sinne des
Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
ZGB. 2. Verhältnis von Art. 884 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
zu Art. 900
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 900 - 1 Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
1    Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
2    Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
3    Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
ZGB. 3. Die
von einem Nichtberechtigten getroffene Verfügung über den Gegenstand
eines andern k o n v al e s z i e r t, wenn der Verfiigende nachträglich
den Gegenstand erwirbt.

A. Am 10. März 1908 schloss Eugen Petzold in Zürich mit der Zürcher
Agentur der Germania , Lebensversicherungsaktiengesellschaft in
Stettin, einen Versicherungsvertrag ab, wonach die Versicherin
sich verpflichtete, dem Versicherungsnehmer am 10. März 1928, oder,
falls dieser früher sterben sollte, nach seinem Tode seiner Ehefrau
Katharina Petzold geb. Samherger 100,000 Fr. zu bezahlen. Aus der über
diesen Vertrag ausgestellten Police N° 604,281 ist § ? hervorzuheben,
der eingangs bestimmt, dass zur Bezahlung der Versicherungssumme
der Versicherungssehein oder der bei seiner Verpfändung ausgestellte
Hinterlegungsschein beizubringen sei und der in seinem letzten Absatz
folgender-messen lautet : Die Gesellschaft darf die Zahlungen an
den Ueberbringer des Versicherungsoder des Hinterlegungsscheines
leisten, wenn nicht im Versicherungsschein eine be stimmte Person als
empfangsberechtigt benannt worden ist. Von Bedeutung ist ferner § 9,
der folgenden Wortlaut hat : Ist ein Versieherungs-oder Hinterlegungs
schein verloren gegangen oder vernichtet werden, so kann eine neue
Urkunde nur dann ausgestellt oder ein

38 Sachenrecht. N° 5.

Anspruch aus dem Versicherungsvertrage erhoben wer den, nachdem der
Versicherungsnehmer oder sein Rechts nachfolger eine Erklärung gemäss
den Vorschriften des Art. 105 schweiz. Oblig. Rechts abgegeben hat, und
nachdem die Direktion der Germania auf Kosten des Versicherungsnehmers
die angeblich verlorene Urkunde zweimal innerhalb 4 Wochen mit einer
Präklusiv rfrist von 4 Wochen in dem. verbreite-isten Blatte des
Kantons, wo der Versicherungsnehmer oder sein Rechts nachfolger wohnt,
hat ausrufen lassen. . . Im April 1908 verpfändete Eugen Petzold
seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag der Firma Zschokke & Cie in
Zürich unter Uebergabe der Police und Anzeige der Verpfändung an die
Versichernngsgesellschaft. Am 28. /29. Juni 1912 gab die Firma Zschokke &
Cie die Police als Deckung für einen ihr eingeräumten Kontokorrentkredit

der Klägerin zu Faustpfand. Die Police wurde der Kia-'

gerin sofort übergeben; dagegen erstattete die Firma Zschokke &
Ci" die Anzeige an die Versicherungsgesellschaft erst im November
1912. Am 11. Dezember 1912 trat der versicherte Eugen Petzold die
Rechte aus dem Versicherungsvertrag unter Aufhebung der Klausel zu
Gunsten seiner Ehefrau an die Firma Zschokke & Cie in Zürich ab, wovon
die Versicherungsgesellschaft am 10. Januar 1913 Notiz nahm. In dem am
11. Februar 1913 über die Firma Zschokke & Cie eröffneten Konkurs meldete
die Klägerin eine Forderung von 20,000 Fr. nebst 6% Zins seit 26. Dezember
1912 und 140 Fr. 85 Cts. Wechselspesen an, wofür sie ein Faustpfandrecht
an der auf Eugen Petzold lautenden Lebensversicherungspolice N°
604,281 im Rückkaufswert von 8275 Fr. 90 Cts. beanspruchte. Nachdem
die Forderung von der Konkursverwaltung anerkannt, das Faustpfandrecht
dagegen bestritten worden war, leitete die Klägerin am 2. Mai 1913 die
vorliegende Klage gegen die Beklagte ein, mit dem Begehren, es sei das
von der Klägerin im Konkurse Zschokke & Cie für eine Forderung von 20,000
Fr. nebstSachenrecht. N ° 5. 39

Zinsen und Spesen geltend gemachte Faustpfandrecht
an der Lebensversicherungspolice N° 604,281, Germania,
Lebensversicherungsaktiengesellschaft in Stettin, im Rückkaufswert von
8275 Fr. 90 cts., lautend auf das

,Ableben des Eugen ,Petzold, als rechtlich begründet zu

erklären . In der Hauptverhandlung vor erster Instanz machte die Klägerin
zur vorzugsweisen Befriedigung im Konkurse neben dem Faustpkandreeht
eventuell ein Betentionsrecht an der Police geltend. Die Beklagte hat auf
Abweisung der Klage geschlossen. Sie bestritt in erster Linie sowohl das
Faustpfandals auch das Betentionsrecht. Sodann machte sie geltend,die
Pfandbestellung sei jedenfalls gemäss Art. 287 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 287 - 1 Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508
1    Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508
1  Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war;
2  Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als durch Barschaft oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel;
3  Zahlung einer nicht verfallenen Schuld.
2    Die Anfechtung ist indessen ausgeschlossen, wenn der Begünstigte beweist, dass er die Überschuldung des Schuldners nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen müssen.510
3    Die Anfechtung ist insbesondere ausgeschlossen, wenn Effekten, Bucheffekten oder andere an einem repräsentativen Markt gehandelte Finanzinstrumente als Sicherheit bestellt wurden und der Schuldner sich bereits früher:
1  verpflichtet hat, die Sicherheit bei Änderungen im Wert der Sicherheit oder im Betrag der gesicherten Verbindlichkeit aufzustocken; oder
2  das Recht einräumen liess, eine Sicherheit durch eine Sicherheit gleichen Werts zu ersetzen.511
und 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513
SchKG
anfechtbar. Werde als Zeitpunkt der Begründung des Pfandrechts die im
November 1912 erfolgte Benachrichtigung der Vel-Sieherungsgeseilschaft
angenommen, so falle diese. Handlung innerhalb der sechs monatlichen
Frist des Art. 28
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 28 - 1 Die Kantone geben dem Bundesrat die Betreibungs- und Konkurskreise, die Organisation der Betreibungs- und der Konkursämter sowie die Behörden an, die sie in Ausführung dieses Gesetzes bezeichnet haben.
1    Die Kantone geben dem Bundesrat die Betreibungs- und Konkurskreise, die Organisation der Betreibungs- und der Konkursämter sowie die Behörden an, die sie in Ausführung dieses Gesetzes bezeichnet haben.
2    Der Bundesrat sorgt für angemessene Bekanntmachung dieser Angaben.
? Ziff. 1 SchKG. Damals sei die Firma Zschokke &
Cie bereits überschuldet gewesen, da der drei Monate später über sie
eröffnete Konkurs 1,049,171 Fr. 85 Cts. Passiven gegenüber bloss
123,240 Fr. 65 cts. Aktiven ergeben habe; diese Ueberschuldung sei
der Klägerin auch bekannt gewesen. Werde angenommen, die Bestellung
des Faustpfandreehts der Klägerin an der Police habe schon im Juni
1912 stattgefunden, so treffe Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513
SchKG zu. Die Gemeinschuldnerin
habe schon seit der ersten Hälfte 1912 mit Petzold in horrendem Masse
'echselreitereien getrieben und ihre Wechsel auf dem Platze Zürich
durch Agenten vertreiben lassen. Aus einem Briefe der Gemeinschuldnerin
vom 19. Juni 1912 an den Wechselagenten Meier in Wiedikon gehe hervor,
dass die Klägerin von diesen Vorgängen Kenntnis gehabt habe. Für alle
diese Behauptungen hat die Beklagte einzeln Beweis angeboten. '

B. Durch Urteil vom 10. Juni 1914 hat das Obergericlit des Kantons Zürich
erkannt :

1. Das von der Klägerin im Konkurse Zschokke & Cie

40 Sachenrecht. N° 5.

geltend gemachte Retentionsrecht an der Lebensversi cherungspolice
N° 604,281 auf die Germania Lebens versichernngs Aktiengesellschaft
Stettin, lautend auf das Ableben des Eugen Petzold, für eine Forderung
von 20,000 Fr. nebst 6% Zins seit 26. Dezember 1912 und 140 Fr. 85
Cts. Wechselspesen wird als begründet erklärt.

Das von der Klägerin beanspruchte Faustpfandrecht hat das Obergericht
in den Erwägungen seines Urteils verworfen.

C. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen, mit dem Antrage, die Klage sei auch hinsichtlich des
Retentionsrechtes abzu-

weisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Entscheidung der Frage, ob der Klägerin an der auf Eugen Petzold
lautenden Lebensversicherungspolice N° 604,281 ein Retentionsrecht
zustehe, hängt davon ab, ob die Police zu der Zeit, als die Klägerin
an ihr ein Retentionsrecht erworben haben will (im Jahre 1912) ein
Wertpapier im Sinne des Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
ZGB gewesen sei. Diese Frage ist im
Gegensatz sur Vorinstanz zu verneinen. Dabei ist in Uebereinstimmung
mit der bisherigen Rechtssprechung des Bundesgerichts davon auszugehen,
dass als Wertpapiere nursolche Urkunden in Betracht kommen, die das-in
ihnen verurkundete Recht verkörpern und daher als eigentliche Träger
dieses Rechtes erscheinen und dass Namenpapiere mit der Klausel, der
Schuldner könne rechtsgiltig an den Inhaber der Urkunde zahlen, nicht als
'Wert-sondern als Legitimationspapiere anzusehen sind, bei denen lediglich
der Schuldner der Prüfung der Legitimation des Inhabers enthoben ist,
d. h. ohne Legitimationsprüfung zahlen k a n n aber nicht Zahlen muss
(vergl.z. B. AS 25 11 S. 330, 27 II S. 195 f und 35 II S. 620 f). Ob
die streitige Lehensversicherungs-s

Sachenrecht. N' 5. 41

police als Trägerin des in ihr verbrieften Rechts zu gelten habe,
bestimmt sich nun zunächst nach dem Recht, das zur Zeit der Ausstellung
der Police gegolten hat, also, da die Police im Jahre 1908 errichtet
worden ist, nach züreherischem Privatrecht, dessen § 549 bestimmt,
dass der Versicherer sowohl berechtigt als verpflichtet ist, die
Versicherungssumme an diejenige Person zu bezahlen, die sich als r e c h
t m ä s s i g e n Inhaber der Police ausweist. Gestützt hierauf hat die
zürcherische Rechtssprechung, da für die Berechtigung nicht das Eigentum
oder der Besitz an der Police, sondern die R e c h t m ä ssi g k e i t
des Besitzes ausschlaggebend sei, die Lebensversicherungspolice nicht als
Wertsondern bloss als Legitimationspapier behandelt (vgl. Blätter für
Zürch. Rechtssprechung Bd. 2 N° 63 und 124). Allerdings ist § 549 des
zürcherischen privatrechtlichen Gesetzbuches nicht als eine Bestimmung
zwingenden Rechts aufzufassen, sondern er stellt in erster Linie auf die
Parteivereinbarung ab. Die Klägerin behauptet denn auch, dass der Police
durch § 7 letzten Absatz der allgemeinen Bedingungen von den bei Abschluss
des Versicherungsvertrages Beteiligten der Charakter eines Wertpapiers
gegeben worden sei. Wie jedoch bereits ausgeführt worden ist, stempelt
diese Klausel das Namenpapier noch nicht zum Wertpapier. Ihre rechtliche
Bedeutung erschöpft sich darin, dass der (gutgläubige) Schuldner die
Vorzeigung des Papiers als zur Erfüllung berechtigenden Ausweis ansehen
darf; auch mit dieser Inhaberklausel bleibt die Police eine einfache
Beweisurkunde. Für die durch Vertrag begründete Wertpapiernatur der
Police kann sich die Klägerin aber auch nicht darauf berufen, dass nach
dem genannten § 7 nur gegen Rückgabe der Police Zahlung gefordert werden
kann. Eine Bestimmung, wonach die ohne Vorweisung der Police geleistete
Zahlung die Versicherungsgesellschaft nicht befreien würde, ist in der
Police nicht enthalten. Abgesehen hiervon spricht gegen die Auffassung
der Klägerin § 9 der allgemeinen42 Sachenrecht. N° 5.

Bedingungen, der bei Verlust oder Vernichtung der Police nicht die für
die Wertpapiere platzgreifende gerichtliche Kraftloserklärung vorsieht
(vergl. Art. 791 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 791 - Die Gesellschafter sind mit der Anzahl und dem Nennwert ihrer Stammanteile ins Handelsregister einzutragen.
. und 849 ff. OR), sondern sich milder einfachen
Entkräft u n g gemäss Art. 90
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 90 - 1 Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
1    Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlung fordern, dass der Gläubiger die Entkräftung des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.
2    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Kraftloserklärung von Wertpapieren.
OR (Art. 105 aOR) begnügt. Das alles scheint
die Vorinstanz denn auch nicht in Frage zu stellen. Sie macht Vielmehr
geltend, dass nach den zwingenden Bestimmungen des am 1. Januar 1910 in
Kraft getretenen eidg. Versicherungsvertragsgesetzes eine Police, wie die
vorliegende, als Wertpapier zu gelten habe. Für diese Auffassung beruft
sie sich in erster Linie auf Art. 12
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 12
VVG. Allein diese Bestimmung findet
nach Art.lO2 VVG auf die streitiga vor dem 1. Januar 1910 errichtete
Police gar nicht Anwendung ; es braucht daher nicht geprüft zu werden,
ob wirklich, wie die Vorinstanz annimmt, aus Art. 12
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 12
etwas für den
Vertpapiercharakter der Police geschlossen werden könne. Die Vorinstanz
kann sich aber auch nicht auf Art. 73
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 73 - 1 Der Anspruch aus einem Summenversicherungsvertrag kann weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten oder verpfändet werden. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an das Versicherungsunternehmen.117
1    Der Anspruch aus einem Summenversicherungsvertrag kann weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten oder verpfändet werden. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an das Versicherungsunternehmen.117
2    Bestimmt die Police, dass das Versicherungsunternehmen an den Inhaber leisten darf, so ist das gutgläubige Versicherungsunternehmen befugt, jeden Inhaber als anspruchsberechtigt zu betrachten.
VVG stützen, obschon sich diese
Bestimmung zweifellos auch auf schon vor dem, Inkrafth'etendesssésetzes
zustande gekommene Versicherungsverträge bezieht und zwingenden Rechts
ist. Die Vorinstanz erblickt in Art. 73
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 73 - 1 Der Anspruch aus einem Summenversicherungsvertrag kann weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten oder verpfändet werden. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an das Versicherungsunternehmen.117
1    Der Anspruch aus einem Summenversicherungsvertrag kann weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten oder verpfändet werden. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an das Versicherungsunternehmen.117
2    Bestimmt die Police, dass das Versicherungsunternehmen an den Inhaber leisten darf, so ist das gutgläubige Versicherungsunternehmen befugt, jeden Inhaber als anspruchsberechtigt zu betrachten.
VVG deshalb einen Beweis für die
Vertpapiernatnr der Police, weil damach, was allerdings zutrifit, zur
Uebertragung oder Verpfändung des Versicherungsanspruches die Übergabe
der Police selbst notwendig ist. Die Uebergabe der Police allein genügt
indessen zur Uebertragung des Versicherungsanspruches noch nicht. Dazu
ist, selbst wenn die Police nicht bloss die alternative, sondern die
r e i n e Inhaberklausel enthalten würde, nach Art. 73
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 73 - 1 Der Anspruch aus einem Summenversicherungsvertrag kann weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten oder verpfändet werden. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an das Versicherungsunternehmen.117
1    Der Anspruch aus einem Summenversicherungsvertrag kann weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten oder verpfändet werden. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an das Versicherungsunternehmen.117
2    Bestimmt die Police, dass das Versicherungsunternehmen an den Inhaber leisten darf, so ist das gutgläubige Versicherungsunternehmen befugt, jeden Inhaber als anspruchsberechtigt zu betrachten.
VVG weiter
erforderlich, dass die Abtretung in schriftlicher Form erfolge und der
Versichernngsgesellschaft davon schriftliche Anzeige gemacht werde,
was deutlich gegen die Vertpapiernatur der Police zeugt. Abgesehen
von diesen Erwägungen ist aber entscheidend, dass die Natur des in der
Lebensversicherungspolice verurkundeten Rechts mit dem Wertpapiercharakter
überhaupt nicht vereinbar ist. Die Wert- Sachenrecht. N ° 5. 43

papiere sind Träger des in ihnen verbriekten Rechts, weil sie ihrer
wirtschaftlichen Bedeutung nach für den Verkehr und die Zirkulation
bestimmt sind. Dies ist bei der Lebensversicherungspolice regelmässig
nicht der Fall. Schon der Zweck der Lebensversicherung der gewöhnlich
auf die Familienfürsorge geht, widerstrebt der leichten Begebbarkeit
der Police. Auch hängt die Verpflichtung des Versicherers zur Zahlung
der Versicherungssumme voreinem der Zeit nach unbestimmten Ereignis ab
(Tod des Versicherungsnehmers) ; sie ist zudem durch eine Reihe von
ausserhalb der Police liegenden, auf der Person des Versicherungsnehmers
und dessen Verhalten beruhenden Umständen bedingt, wie Prämienzahlung (es
sei dern, dass ausnahmsweise eine Kapitalprämie vereinbart worden wäre),
Anzeige von Gefahrserhöhung u. s. W. Dazu kommt, dass bei Behandlung
der Lebensversicherungspolice als Wertpapiere die Versicherung auf
fremdes Leber insofern begünstigt würde, als der Erwerber der Police eine
Forderung übertragen bekommt, deren Fälligkeit den Tod des Versicherten
voraussetzt. In Art. 74
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 74 - 1 Die Versicherung auf fremdes Leben ist ungültig, wenn nicht derjenige, auf dessen Tod die Versicherung gestellt ist, vor Abschluss des Vertrages schriftlich seine Zustimmung erteilt hat. Ist die Versicherung auf den Tod einer handlungsunfähigen Person gestellt, so ist die schriftliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
1    Die Versicherung auf fremdes Leben ist ungültig, wenn nicht derjenige, auf dessen Tod die Versicherung gestellt ist, vor Abschluss des Vertrages schriftlich seine Zustimmung erteilt hat. Ist die Versicherung auf den Tod einer handlungsunfähigen Person gestellt, so ist die schriftliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich.
2    Der Versicherungsanspruch kann dagegen ohne Zustimmung des Dritten abgetreten werden.
3    Der Vertrag kann verfügen, dass die Bestimmungen der Artikel 6 und 28 dieses Gesetzes auch dann zur Anwendung kommen, wenn derjenige, auf dessen Tod die Versicherung gestellt ist, die Anzeigepflicht verletzt oder die Gefahrserhöhung herbeigeführt hat.
VVG sieht zwar das Gesetz die Versicherung auf
fremdes Leben selber ausdrücklich vor; ebenso lässt es in Art. 73 die
Abtretung und Verpfändung des Anspruches aus dem Versicherungsvertrag
zu. Voraussetzung der Versicherung auf fremdes Leben ist aber, dass
derjenige, auf dessen Tod die Versicherung gestellt ist, vor Abschluss
des Vertrages seine Zustimmung erteilt hat, während zur Uebertragung und
Verpfändung gemäss Art. 73 Uebergabe der Police, schriftliche Verurkundung
und Anzeige an den Versicherer erforderlich ist. Diese Einschränkungen,
welche die Versicherung auf fremdes Leben und die sie begünstigende
leichte Begebbarkeit des Versicherungsanspruches erschweren sollen,
würden aber bei Behandlung der Lebensversicherungspolice als Wertpapier
teils umgangen teils überhaupt beseitigt werden. Mit Berufung darauf,
dass die Natur des in der Urkunde verbrieften Rechts es ausschliesse,
dass die Lebensversicherungspolice

' 44 Sachenrecht. N° 5.

zum Träger des Versicherungsanspruches gemacht werde, ist denn auch
der Wertpapiercharakter des Versicherungsscheins in der Literatur
fast durchwegs verneint worden (vergl. ROELLI, Zeitschrift für
Schweiz. Recht NF Bd. 18 S. 594 und Kommentar zu Art. 11
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 11 - 1 Das Versicherungsunternehmen stellt dem Versicherungsnehmer eine Police aus, welche die Rechte und Pflichten der Parteien festhält.
1    Das Versicherungsunternehmen stellt dem Versicherungsnehmer eine Police aus, welche die Rechte und Pflichten der Parteien festhält.
2    Es muss dem Versicherungsnehmer auf Verlangen eine Kopie der im Antrag enthaltenen oder anderweitig abgegebenen Erklärungen des Antragstellers, auf deren Grundlage die Versicherung abgeschlossen wurde, ausstellen.
VVG;
EHRENBERG, Versicherungsrecht Bd. 1 S. 472 f ; LEWIS, Lehrbuch des
Versicherungsrechtes S. 171 und JAKOBI, Die Wertpapiere im bürgerlichen
Recht S. 311). An dieser Auffassung ändert die Berufung der Klägerin
auf WLELAND (Komm. zu Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1    Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
2    Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren.
3    Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
ZGB Anm. 6) nichts, der ausführt, dass,
sofern die Versicherungsgesellschait mit beireiender Wirkung an den
Inhaber bezahlen dürfe, die Versicherungspolice als Wertpapier zu gelten
habe (vergl. auch CURTI, Komm. zu Art; 895 ZGB Anm. 2). Diese Ansicht
beruht auf Art. 1682 des Entwurfs-s zum neuen Obligationenrecht, wonach
allerdings unter Wertpapier eine jede Urkunde zu verstehen wäre, mit
der ein Recht, auf das sie lautet, derart verknüpft erscheint, dass ohne
die Urkunde das Recht weder geltend gemacht, noch auf andere übertragen
werden kann. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis des Bundesgerichts sollten
darnach auch die Namenpapiere mit der Legitimationskiausel als Wertpapiere
zugelassen werden (vergl. BOTSCHAF'I' zum OR S. 46). Die Bestimmung des
Art. 1682 des Entwurfes ist jedoch in der Folge nicht Gesetz geworden,
so dass schon aus diesem Grunde die von Wieland vertretene Auffassung
dahinfällt. Abgesehen hiervon ist zn bemerken, dass jedenfalls in Bezug
auf die Lehensversicherungspolice kein Anlass vorhanden ist, die vom
Bundesgericht geschaffene Definition des Wertpapierbegrifies anders und
weiter zu fassen. Ist aber die streitige Lebensversicherungspolice nicht
als Wertpapier zu betrachten, so ist die Frage, ob die Klägerin daran ein
Retentionsrecht erworben habe, im Gegensatz zur Vorinstanz zu verneinen.

2. Es fragt sich daher weiter, ob der Klägerin an der Police ein
Faustpfandrecht zustehe. Die Beklagte macht in erster Linie geltend,
das das Faustpfandrecht abwei-Sachenrecht. N° 5. 45

sende Urteil der Vorinstanz sei in dieser Beziehung in Rechtskraft
erwachsen, da die Klägerin dagegen nicht rekurriert habe. Diese Auffassung
hält nicht Stand. Die Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger
durch den angefochtenen Entscheid benachteiligt werde, was dann der
Fall ist, wenn das Gericht nicht gemäss seinem Antrag erkannt hat. Im
vorliegenden Fall verlangt nun die Klägerin mit ihrem Rechtsbegehren,
es sei der ihr von der Konkursverwaltung im Konkurse Zschokke & Csi'si'
bestrittene Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus der Police im Sinne
des Art. 219 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.392
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946400 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959401 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952402 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982403.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934406.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.408
SchKG gutzuheissen, sei es dass das Bestehen eines
Faustpfandoder eines Retentionsrechtes an der Police angenommen werde.
Das s t r e i t i n t e r e s s e der Klägerin bestand somit darin, aus
dem Ergebnisse der Verwertung der Police vorweg befriedigt zu werden ; die
Beanspruchung eines Faustpfandrechtes oder eines Retentionsrechtes, das
gemäss Art.-3? Abs. 2 in Verbindung mit Art. 219 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.392
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946400 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959401 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952402 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982403.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934406.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.408
SchKG das gleiche
Recht auf vorzugsweise Befriedigung im Konkurs wie das Piandrecht gewährt,
war nur eine verschiedene B e g r ü n d u n g jenes Interesses. Vor der
"orinstanz ist nun die Klägerin mit ihrem Begehren völlig durchgedrungen;
ein Interesse an der Berufung war für sie darum nicht mehr gegeben. Eine
allfällige Berufung {Hauptoder Anschlussberufnng) ihrerseits Wäre auch,
mangels eines Streitgegenstandes, unstatthaft gewesen. Unter diesen
Umständen kann aber aus der Tatsache, dass die Klägerin das Rechtsmittel
der Berufung nicht ergriffen hat, nicht geschlossen werden, der
vorinstanzliche Entscheid sei hinsichtlich der Frage des Faustpfandrechts
rechtskräftig geworden und dah er nicht mehr zu überprüfen. Ist somit zu
untersuchen, ob die Klägerin an der streitigen Police bezw. an dem darin
Verurkundeten Versicherungsanspruch ein Faustpfandrecht erworben habe,
so ist zunächst mit der Vorinstanz die Einrede der Beklagten abzuweisen,
wonach weder aus dem Pfandvertrag noch aus der Anzeige an die Versiche-

46 Sachenrecht. N° 5.

rungsgesellschaft hervorgehe, dass die Verpfändung zur Sicherung
der Forderung erfolgt sei, für welche die Klägerin das Pfandrecht
in Anspruch nehme. Was den Faustpfandvertrag anlangt, so ist darin
ausdrücklich erklärt, dass die Verpfändung der Police als Deckung
für einen der Gemeinschuldnerin von der Klägerin eingeräumten
Kontokorrentkredit dienen sollte, Während nicht bestritten ist, dass
die im Konkurse der Gemeinschuldnerin angemeldete Forderung von 20,000
Fr. aus dem Geschäftsverkehr zwischen der Klägerin und der Kridarin
entstanden ist. Dass aber die Forderung, für welche die Klägerin
das Faustpfandrecht beansprucht, aus der Anzeige der Verpfändung an
die Versicherungsgesellschaft nicht ersichtlich ist, ist irrelevant,
da diese Anzeige lediglich den Zweck verfolgt, zu verhüten, dass die
Gesellschaft in Unkenntnis der Verpfändung an den bisherigen Berechttigten
zahle. Zweifelhafter ist dagegen die Frage, ob nicht deshalb das von der
Klägerin geltend gemachte Pfandrecht nicht zustande gekommen sei, weil
es der Gemeinschuldnerin an der Legitimation zur Bestellung desselben
gefehlt habe. In dieser Hinsicht steht fest, dass die Gemeinschuldnerin
seiner Zeit die Rechte aus der Versicherungspolice von Eugen Petzold
zunächst nicht zu Eigentum, sondern pfandweise übertragen erhalten
hat. Sie war daher im Juni 1912 nicht berechtigt, die Ansprüche aus
dem Versicherungsvertrag des Petzold weiter zu verpfänden, es sei denn,
Petzold hätte sie dazu ermächtigt, was nicht zutrifit. Die Klägerin wendet
nun ein, das Fehlen einer solchen Ermächtigung sei deshalb nicht von
Belang, weil sie, die Klägerin, nach den Regeln des gutgiäubigen Erwerbs
an Sachen doch in ihrem Pfandrecht zu schützen sei und weil überdies
der in der fehlenden Legitimation der Gemeinschuldnerin bestehende
Mangel in der Folge dadurch gehoben werden sei, dass Petzold die Police
der Kridarin am 11. Dezember 1912 zu Eigentum abgetreten habe. Zur
Unterstützung der ersten Einwendung macht die Klägerin insbesondere
geltend, dassSachenrecht. N° 5. 47

gemäss Art. 899 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 899 - 1 Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
1    Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
2    Das Pfandrecht an ihnen steht, wo es nicht anders geordnet ist, unter den Bestimmungen über das Faustpfand.
ZGB das Pfandrecht an Forderungen, wo es nicht
anders geordnet sei, unter den Bestimmungen über das Faustpiandrecht
siehe. Daher finde auch für die Uebertragung eines Pfandi echtes an
Forderungen die Bestimmung des Art. 884 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.
ZGB Anwendung, wonach,
soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitz zustehen, der gutgläubige
Empfänger der Pfandsache das Pfandrecht auch dann erhält, wenn der
Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen. Demgegenüber
ist jedoch zu bemerken, dass beim Pfandrecht an Forderungen der Besitz
als Grundlage der bona fides fehlt. Daraus, dass in Art. 900
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 900 - 1 Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
1    Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
2    Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
3    Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
ZGB vom
gutgläubigen Erwerb nicht die Rede ist, kann daher nicht auf eine Lücke
im Gesetz geschlossen werden, die durch Heranziehung des Art. 884 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 884 - 1 Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
1    Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird.
2    Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu verfügen.
3    Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die ausschliessliche Gewalt über die Sache behält.

gestützt auf Art. 899 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 899 - 1 Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
1    Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
2    Das Pfandrecht an ihnen steht, wo es nicht anders geordnet ist, unter den Bestimmungen über das Faustpfand.
ZGB auszufüllen wäre. Art. 900
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 900 - 1 Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
1    Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
2    Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
3    Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
ZGB, dem
für die Ordnung des Pfandrechts an Forderungen die gleiche Bedeutung
zukommt, wie dem Art. 844
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 844 - 1 Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung.
1    Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung.
2    Die Einreden des Schuldners stehen beim Schuldbrief auch dem Eigentümer der Pfandsache zu.
ZGB für die Regelung des Mobiliarpfandrechts,
ordnet vielmehr gerade das a n d e r 5, was für die Errichtung des
Pfandrechts an Forderungen anders gelten soll, als für die Bestellung des
Fahrnispfandes. Wenn Art. 900
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 900 - 1 Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
1    Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
2    Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
3    Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftlichen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertragung vorgesehen ist.
ZGB den guten Glauben des Pfandgläubigers
nicht schützt, so muss daher angenommen werden, dass beim Pfandrecht
an Forderungen der gutgläubige Erwerb von einem zur Verfügung über die
Forderung nicht befugten Verpfänder ausgeschlossen sein soll 'vergl. in
diesem Sinne auch VVIELAND, Komm. zu Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
2    Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
ZGB Anm. 7 ; für das deutsche
Recht KOBER, Komm. zu § 1274 BGB Anm. 3). Dagegen ist für die Frage,
ob die Klägerin, trotz mangelnder Befugnis der Gemeinschuldnerin zur
Verpfändung des Versicherungsanspruehs, daran ein Pfandrecht erworben
habe, in der Tat entscheidend, dass die Kridarin nach der Verpfändung
zu Gunsten der Klägerin am 11. Dezember 1912 von Eugen Petzold die
Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu Eigentum abgetreten erhalten
hat. Nachdem die Gemeinschuldnerin solchermassen nachträglich selbst,
Gläubigerin des Versi-

48 Sachenrecht. N° 5.

cherungsanspruches geworden ist, kannqdie Beklagte die von der
Gemeinschuldnerin früher bewirkte Verpfändung dieses Anspruches an die
Klägerin nicht mehr damit anfechten, dass die Gemeinschuldnerin damals zur
Verpfändung nicht legitimiert gewesen sei. Zu Unrecht führt die Vorinstanz
für ihre gegenteilige Auffassung aus, dass obwohl das römische Recht mit
der Zeit dazu gekommen sei, eine von einem Dritten im eigenen Namen über
die Sache eines andern getroffene Verfügung konvaleszieren zu lassen,
wenn der Verfügende die betreffende Sache später erwarb, im vorliegenden
Falle eine solche Konvaleszenz doch nicht angenommen werden dürfe, weil
das schweizerische Recht sie nicht kenne und sie sich nicht von selbst
verstehe. Der Grundsatz der Konvaleszenz einer Verfügung seitens eines
Nichtberechtigten, der nachträglich berechtigt geworden ist, muss vielmehr
auch ohne ausdrückliche Vorschrift im Gesetz schon gestützt auf Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB
angenommen werden. Die Klägerin hat durch Verpfändung vom 28. s,!29. Juni
1912 ursprünglich allerdings ein Pfandrecht an der Police nicht erworben,
weil die Gemeinschuldnerin zur Weiterverpfandung nicht befugt war ;
Petzold hätte daher ohne weiteres das Recht gehabt, von der Klägerin die
Rückgabe der Police zu verlangen. Allein wenn die Gemeinschuldnerin,
trotzdem die Police auf sie übergegangen ist, wegen der ursprünglich
mangelnden Legitimation das von ihr der Klägerin bestellte Pfandrechi
bestreitet, so handelt sie nicht nach Treu und Glauben und muss darum,
ebenso wie ihre Masse, das zu Gunsten der Klägerin formgiltig bestellte
Pfandrecht anerkennen. Diese Auffassung war denn auch im gemeinen Recht,
wenigstens bezüglich der Sachen, allgemein anerkannt. Hier stand dem
Dritten, zu dessen Gunsten der Nichtberechtigte verfügt hatte, gegen
den dinglichen Anspruch des Verfügenden, welcher später Eigentümer der
Sache geworden war, sowie gegen den Anspruch des Berechtigten, welcher
den Verfügenden beerbt hatte, die exceptio rei venditue ei iradifae zu
(vergl.Sachenrecht. N ° 5. 49

z. B. DERNBURG, Pandekten } 2 § 216). Auf dem gleichen Boden steht
auch die französische J urisprudenz. Obschon Art. 1599 Cc ausdrücklich
bestimmt : la vente de la chose d'autrui est nulle , hat die Praxis
dennoch immer nur eine relative Nichtigkeit eines solchen Kaufs
angenommen und die .Nullität des Geschäftes konvaleszieren lassen,
wenn der Verkäufer nachträglich Eigentümer der verkauften Sache wurde
(vergl. RIVIERE, Pandectes francaises N° 727 unter dem Stichwort vente
). Die näm lichen, auf den Anforderungen von Treu und Glauben im Verkehr,
sowie der Billigkeit beruhenden Gründe, die zur Annahme der Konvaleszenz
hinsichtlich der Verfügung über Sachen geführt haben, sprechen aber auch
für die Zulassung der Konvaleszenz von Verfügungen über andere Gegenstände
als Sachen, wie Rechte, Forderungen u. s. w. In diesem Sinne sieht das
deutsche Recht in § 185 BGB die Konvaleszenz allgemein für jede Verfügung
des Nichtherechtigten über einen G e g e n s t a n d vor. Obgleich nach
der Auffassung des deutschen Gesetzgebers das Konvaleszenzprinzip nach
strenger Rechtslogik eigentlich zu verneinen wäre, so hat er doch dafür
gehalten, dass die Anerkennung dieses Grundsatzes den Anforderungen
der Rechtsordnung allein Genüge leiste (vergl. Motive zum Entwurf
des BGB Bd. II S. 139). Die Zulassung der Konvaleszenz ist denn auch
insbesondere im Grundbuchverkehr unentbehrlich. Es ist aber auch sonst
nicht einzusehen, warum die von einem Nichtberechtigten vorgenommene
Verfügung über das Recht eines andern nicht sollte konvaleszieren können,
wenn nachträglich der Verfügende das betreffende Recht erwirbt. An sich
enthält eine solche Verfügung keinen Mangel ; ein Mangel besteht nur
insoweit, als der Verfügende in die Rechtssphäre eines andern eingreift,
als durch das Rechtsgeschäft über fremde Rechte verfügt wird. Mit dem
Augenblick, wo das Recht des andern zum Recht des Ver-fügenden wird,
fällt aber dieser Mangel weg, so dass kein Grund mehr besteht, der an
sich mängelfreien Verfügung die AS . n 1915 4

50 Sachenrecht N° 5.

Rechtskraft zu versagen. Im Gegensatz zur Vorinstanz ist. daher die Frage,
ob die Klägerin an der streitigen Police ein Faustpiandrecht erworben
habe, grundsätzlich zu bejahen.

3. ; Es fragt sich daher nur noch, ob, wie die Beklagte behauptet,
die Verpfändung der Police gestützt auf Art. 287
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 287 - 1 Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508
1    Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508
1  Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war;
2  Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als durch Barschaft oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel;
3  Zahlung einer nicht verfallenen Schuld.
2    Die Anfechtung ist indessen ausgeschlossen, wenn der Begünstigte beweist, dass er die Überschuldung des Schuldners nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen müssen.510
3    Die Anfechtung ist insbesondere ausgeschlossen, wenn Effekten, Bucheffekten oder andere an einem repräsentativen Markt gehandelte Finanzinstrumente als Sicherheit bestellt wurden und der Schuldner sich bereits früher:
1  verpflichtet hat, die Sicherheit bei Änderungen im Wert der Sicherheit oder im Betrag der gesicherten Verbindlichkeit aufzustocken; oder
2  das Recht einräumen liess, eine Sicherheit durch eine Sicherheit gleichen Werts zu ersetzen.511
Ziiî. 1 eventuell
Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513
SchKG anfechtbar sei. Die Vorinstanz hat dies mit der
Begründung verneint-, dass wenn auch die Pfandbestellung erst im
Dezember ' 1912 erfolgt sei, die Kridarin sich dazu doch schon im Juni
1912 verpflichtet habe, Art. 287 Ziff. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 287 - 1 Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508
1    Die folgenden Rechtshandlungen sind anfechtbar, wenn der Schuldner sie innerhalb des letzten Jahres vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat und im Zeitpunkt der Vornahme bereits überschuldet war:508
1  Bestellung von Sicherheiten für bereits bestehende Verbindlichkeiten, zu deren Sicherstellung der Schuldner nicht schon früher verpflichtet war;
2  Tilgung einer Geldschuld auf andere Weise als durch Barschaft oder durch anderweitige übliche Zahlungsmittel;
3  Zahlung einer nicht verfallenen Schuld.
2    Die Anfechtung ist indessen ausgeschlossen, wenn der Begünstigte beweist, dass er die Überschuldung des Schuldners nicht gekannt hat und auch nicht hätte kennen müssen.510
3    Die Anfechtung ist insbesondere ausgeschlossen, wenn Effekten, Bucheffekten oder andere an einem repräsentativen Markt gehandelte Finanzinstrumente als Sicherheit bestellt wurden und der Schuldner sich bereits früher:
1  verpflichtet hat, die Sicherheit bei Änderungen im Wert der Sicherheit oder im Betrag der gesicherten Verbindlichkeit aufzustocken; oder
2  das Recht einräumen liess, eine Sicherheit durch eine Sicherheit gleichen Werts zu ersetzen.511
SchKG somit nicht zutreile ;
dass aber auch Art. 288
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 288 - 1 Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
1    Anfechtbar sind endlich alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem andern Teile erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen.
2    Bei der Anfechtung einer Handlung zugunsten einer nahestehenden Person des Schuldners trägt diese die Beweislast dafür, dass sie die Benachteiligungsabsicht nicht erkennen konnte. Als nahestehende Personen gelten auch Gesellschaften eines Konzerns.513
SchKG nicht anwendbar sei, weil die Klägerin
noch im 7. Dezember 1912 der Gemeinschuldnerin ein Pfand zurückgegeben
habe, ohne dazu verpflichtet gewesen zu sein und ohne anderweitige
genügende Deckung gehabt zu haben, was dafür spreche, dass sie in
die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin damals keinerlei Zweifel
gesetzt habe, also auch nicht habe erkennen können, dass die Kridarin
sie begünstigen bezw. andere benachteiligen wollte. Dieses Pfand bestand
ebenfalls in einer Lebensversicherungspolicevon 70,000 Fr. auf das Leben
des Eugen Petzold. Ein Verzicht auf eine Sicherheit läge aber nur dann
in der Rückgabe dieser Police, wenn sie der Klägerin rechtsgültig zu
Pfand gegebenworden wäre.. Das steht indessen nicht fest. Die Tatsache,
dass gewissermassen Zug um Zug gegen Rückgabe der Police von 70,000
Fr. am 7. Dezember die Verpfändung der heute streitigen Police durch
die Zession des Versicherungsanspruches von Petzold an Zschokke & Cje
rechtsgültig gemacht wurde am ll. Dezember, lässt es zum mindesten sehr
fraglich erscheinen, ob wirklich die Klägerin durch Aushändigung der
Police von 70,000 Fr. auf eine Sicherheit verzichtet habe. Angesichts der
vielen relevanten Momente, welche die Beklagte zum Beweis verstellt hat,
kann aber auch sonst nicht ohne weiteres angenommen werden, die Klägerin
sei anlässlich der Bestellung derSachenrecht. N° 5. 51

Lebensversicherungspolice auf die Germania harmlos gewesen. So behauptet
die Beklagte, die Gemeinsehuldnerin habe schon in der ersten Hälfte des
Jahres 1912 in horrendem Masse Wechselreiterei getrieben, ihre Akzepte
durch Wechselagenten vertreiben lassen, was alles der Klägerin genau
bekannt gewesen sei u. s. w. Treffen diese Behauptungen zu (was auf Grund
der Akten heute noch nicht beurteilt werden kann), so erscheint es zum
mindesten zweifelhaft, ob die Klägerin bei Abschluss des angefochtenen
Rechtsgeschäftes die Vermögenslage der Gemeinschuldnerin nicht gekannt
habe, d. h. normalerweise nicht habe voraussehen können oder müssen, dass
nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge das mit der Klägerin abgeschlossene
.Bechtsgeschäft die Begünstigung eines Gläubigers auf Kosten der andern
zur Folge haben werde (vergl. AS 40 III S. 207 und die dort genannten
Entscheide). Unter diesen Umständen ist der angefochtene Entscheid gemäss
Art. 64 OG aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Beurteilung
über den von der Beklagten geltend gemachten Anfechtungsanspruch an das
kantonale Gericht zurückzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 10. Juni 1914 wird
aufgehoben und die Sache im Sinne der Motive zu neuer Verhandlung und
Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 41 II 37
Date : 16. Januar 1915
Published : 31. Dezember 1915
Source : Bundesgericht
Status : 41 II 37
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 36 Erbrecht. N° 4. Dafür, dass diese Zahlung aus dem Erlös des Kassenscheins N°


Legislation register
OG: 64  82
OR: 90  791
SchKG: 28  219  287  288
VVG: 11  12  73  74
ZGB: 2  3  844  884  895  899  900
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
defendant • lower instance • document of title • property law • insurance contract • question • hamlet • right of retention • federal court • policy-holder • property • number • death • insurance on the life of a third party • orderer • legitimation • insurer • pledge • obligee • coverage
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