174 Prozessrecht. N° 19.

konnte der Streitwert vor zweiter kantonaler Instanz nicht mehr betragen
als 3000 Fr. plus Zinsen, abzüglich anfällig durch Stofer geleisteter
Zahlungen, und da weder das Urteil noch die Akten über solche Zahlungen
Auskunft geben, muss der massgebende Streitwert somit erst noch bestimmt
werden. Dies hat von Amteswegen zu geschehen, und darum geht der
Widerspruch des Berufungsklägers gegen eine Berücksichtigung der von den
Berufungsbeklagten erst in der Berufungsinstanz aufgestellten Behauptung
über die Zahlung Stofers, als eines gemäss Art. 80 GG unzulässigen
novum, fehl. Es handelt sich eben bei der Behauptung, dass eine solche
Zahlung erfolgt sei, nicht bloss um eine Ergänzung des der richtet lichen
Beurteilung unterstellten Tatbestandes (vgl. Wsziss, Berufung, S. 156
f.), sondern gleichzeitig um ein Element, das für die Feststellung einer
Prozessvoraussetzung für die hundesgerichtliche Instanz wesentlich in
Betracht fallt. Selbst wenn die Berufungsbeklagten geschwiegen hätten,
würde das Bundesgericht sich mit der Frage, wie es sich mit den von der
ersten Instanz vorbehaltenen allfälligen Zahlungen Stofers verhalte, noch
zu befassen gehabt haben, indem erst durch eine Feststellung hierüber
der nach Art. 59 OG für die Berufung erforderliche Streitwert überhaupt
bestimmt werden kann.

2. Bei dieser von Amteswegen vorzunehmenan Feststellung ist nach Analogie
des Art. 53 OG zu verfahren. Nun ergibt sich, dass Stofer, als er kurz
nach seinem Prozessahstand von der Verwaltung des Kon-kurses Zimmerli auf
Zahlung der vollen Klagesumme betrieben wurde, eine Quittung verlegte,
gestützt auf welche das Rechtsöffnungsgesuch des Konkursamtes abgewiesen
wurde, und der Berufungskläger führt selber an, jene Quittung sei
vermutlich identisch mit der von den Bernfungsbeklagten produzierten
Kopie. Es ist denn auch nicht ersichtlich, welche andere Quittung,
als eine solche, die sich auf die in Betreibung gesetzte Forderung,
d. h. eben auf die von Zimmerli gegenüber den Beklagten

Prozessrecht. N° 20. 175

Obrist und Stofer eingeklagte Forderung bezog, zur Abweisung des
Rechtsötlnnngsgesuches geführt haben könnte. Darnach muss aber angenommen
werden, Stofer habe schon vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils an
die eingeklagte Forderung eine Zahlung, und zwar im Betrag von 1500
Fr. nebst Zinsen geleistet gehabt, und auf Grund dieser Zahlung blieben
dann vor der letzten kantonalen Instanz nicht mehr 2000 Fr. im Streit.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

20. Urteil der staatsrechtlichen Abteilung vom 18. Februar 1915
i. S. Schänmann, Kläger, gegen Kanton Bern, Beklagten.

Art. 48 , Ziîî. 4 und 52 OG. Beschränkung der im letzteren vorgesehenen
Prorogationsgerichtsbarkeit des Bundesgerichts auf zivilrechtliche
Streitigkeiten. Verneinung der zivilrechtlichen Natur der Klage eines
entlassenen bernischen Beamten (Landjägers) auf Zahlung der Besoldung,
wenn dieselbe ausschliesslich darauf gestützt wird, dass das tatsächlich
aufgelöste Dienstverhältniss zwischen ihm und dem Staat rechtlich
fortbestehe, weil die Behörde, die die Entlassung verfügt hat, dazu nach
kantonalem Recht nicht kompetent gewesen sei.

A. Ernst Sehönmann von Niederbipp stand vom 15. April 1900 bis
30. November 1913 als Landjäger im Dienste des Kantons Bern. Am
28. November 1913 wurde er wegen Verletzung seiner Dienstpflichten
mittelst einer Verfügung der kantonalen Polizeidirektion seines Dienstes
entsetzt. Nachdem er durch seinen Vertreter, Fürsprech Jahn in Bern,
am 6. März 1914 der Regierung des Kantons Bern mitgeteilt hatte, dass er
die Gesetzmässigkeit und die Verbindlichkeit der Entlassungsverfiigung
der Poli-

176 Prozessrecht. N° 20.

zeidirektion bestreite, weil er nach Art. 16 der Kantonsverfassung
nur durch 'geri'éhtliches Urteil seines Amtes entsetzt werden könne
und dass er auf dem Prozesswege beim Bundesgerichte die Aufhebung der
Amtsentsetzung, eventuell Entschädigung verlangen werde, erhob er am
25. Juni 1914 beim Regierungsrate eine Beschwerde über die kantonale
Polizeidirektion und verlangte die Aufhebung der Entlassungsverfügung
vom 28. November 1913. Zur Begründung stützte er sich auf die erwähnte
Bestimmung der Kantonsverfassung, wonach kein Beamter oder Angestellter
von seinem Amte anders als durch ein richterliches Urteil entsetzt oder
entfernt werden kann, indem er behauptete, diese Bestimmung gelte auch für
ihn und die von der Polizeidirektion ausgegangene Entlassungsverfügung
sei dab er verfassungswidrig. Der Regierungsrat beschloss am 14. Juli
1914, auf die Beschwerde im Wesentlichen aus nachstehenden Erwägungen
nicht einzutreten.

a) Die angefochtene Verfügung der Polizeidirektion stütze sich auf §
4 Abs. 3 des grossrätlichen Ausführungsdekretes vom 4. Oktober 1906 zum
Gesetz betreffend das bernische Polizeikorps vom 6. Mai 1906, wonach die
Polizeidirektion über die Aufnahme, über die Beförderungen und die E n
t l a s 's u n g e n aus dem kantonalen Polizeikorps entscheide. Diese
Bestimmung habe den Art. 7 des Gesetzes betreffend das bernische
Polizeikorps zur Grundlage, wo dem Grossen Rate die Vollmacht übertragen
worden sei, auf dem Wege des Dekretes allgemeine Bestimmungen aufzustellen
über die Organisation und den ordentlichen Bestand des Polizeikorps, über
Art, Zahl, Wahl, Qualifikation, Besoldungsverhältnisse der Beamten und
der Mannschaft desselben und dergleichen. Die Polizeidirektion habe somit
die Entlassung innerhalb ihrer Kompetenz gestützt auf verfassungsmässig
zustande gekommene gesetzliche Erlasse getroffen. Ob diese Erlasse vor
den Grundsätzen der Staatsverfassung Bestand hätten, entziehe sich dem
Entscheide des Regierungsrates, indem letzterer Behörde die Vollziehung
und Handhabung der

Prozessrecht. N° 20. 17 ?

Gesetze und Dekrete vorbehaltlos durch die Verfassung zur Pflicht
gemacht sei und ihr die Kompetenz fehle, Gesetzgebungsakte auf ihre
Uebereinstimmung mit der Verfassung zu prüfen. Uebrigens liege eine
Verfassungswidrigkeit nicht vor, da Art. 16 KV auf Polizeifunktionäre,
deren Anste ung nicht auf einem Wahlakt des Regierungsrates beruhe und
deren Entlassungsmöglichkeit durch besondere Spezialerlasse statuiert
sei,v keine Anwendung finde.

b) Eine Beschwerde gegen die Entlassungsverfiigung der Polizeidirektion
gebe es nicht, da der Entscheid über die Entlassung eines Landjägers
aus dem kantonalen Polizeikorps in die endgültige Kompetenz der
Polizeidirektion falle.

c} Gäbe es aber ein Beschwerdereeht, so wäre es an eine Frist von 14 Tagen
gebunden gewesen, sodass die erst nach Ablauf eines halben Jahres nach
der Eröffnung der Verfügung erhobene Beschwerde unter allen Umständen
als verspätet zu betrachten wäre.

B. Am 26. November 1914 leitete Schönmann sodann beim Bundesgerichte
eine Klage gegen den Kanton Bern ein mit den Bechtsbegehren :

a) Der Kanton Bern habe ihm seine Besoldung und die sonstigen Leistungen
als Landjäger des bernischen Polizeikorps nach Massgabe der jeweilen
bestehenden Besoldungsund andern Vorschriften in monatlichen Raten seit
28. November 1913 nebst Verzugszins zu 5% fortzuentrichten, so lange
der Kläger seinerseits dem Staate Bern die ihm nach den Vorschriften für
das bernische Polizeikorps obliegenden Leistungen zur Verfügung stelle.

b) Der Kanton Bern sei zum Ersatz der Kosten zu verurteilen, die dem
Kläger durch den Rechtsstreit verursacht werden.

Zur Begründung wird geltend gemacht, dass die Entlassungsverfügung der
Polizeidirektion, weil verfassungswidrig, rechtsunwirksam geblieben sei;
der Kläger betrachte sich daher nach wie vor als Staatsangestellten und

AS 41 ll 1915 li

178 Prozessrecht N° 20.

verlange die Leistung der ihm _zukommenden Besoldung, indem er
dem staatesejne Dienste zur Verfügung stelle. Die Bestimmung des
grossrätlichen Ausführungsdekretes zum Gesetze betreffend das bernische
Polizeikorps (§ 4 , Abs. 3), auf welche die Kompetenz der kantonalen
Polizei-

direktion zur Dienstentlassung gestützt werde, stehe im Widerspruch zu
dem Satze der Kantonsverfassung (Art.16 Abs. 1) wonach kein Beamter oder
Angestellter von seinem Amte anders als durch ein richterliches Urteil
entsetzt oder entfernt werden dürfe. Nach Art. 111 Abs. 2 KV dürften
keine Gesetze, Dekrete, Verordnungen und Beschlüsse erlassen werden, die
mit der Verfassung in Widerspruch ständen. Kraft Art. 6 des bernischen
Gesetzes über Abberufung der Beamten vom 20. Februar 1851 stehe die
Abberufung öffentlicher Beamter oder Angestellter, zu denen der Kläger
gehöre, ausschliesslich dem Appellationsund Kassationshofe zu. Es liege
daher auch eine Verletzung des verfassungsmässigen Grundsatzes der
Gevvaltentrennung vor.

Den Wert der eingeklagten Leistungen, die er in Ari . 25 der Klagesehrift
spezifiziert, taxiert der Kläger auf mehr als 3000 Fr. jährlich, weshalb
er den kapitalisierten Streitwert auf mehr als 60,000 Fr. bezifi'ern zu
können glaubt.

z Die Frage, ob die Entlassung sachlich gerechtfertigt gewesen sei,
ist nach seiner Auffassung in diesem Prozesse nicht zu beurteilen,
da einzig die Rechtsverbindlichkeit der Entlassungsverfügung in Frage
stehe. Eventuell bestreitet er jetzt schon, dass triftige Gründe für
seine Entsetzung vorgelegen hätten. Dem Staate bleibe es vorbehalten,
diese Frage auf dem durch Verfassung und Gesetz vorgeschriebenen Wege
der Amtsentsetzung oder Abberufung entscheiden zu lassen.

C. Die Regierung des Kantons Bern bestreitet den zivilrechtlichen
Charakter der Klage und die Zuständigkeitdes Bundesgerichtes nicht und
beantragt die Abweisnng der klägerischen Rechtsbegehren. Sie nimmt davon

Prozessrecht. N° 20. 179

Akt, dass der Kläger die materielle Begründetheit der Entlassung nicht
in den Prozess zieht und sucht im Uebrigen darzutun, dass die Bestimmung
des Art. 16 der KV auf die Mitglieder des militärisch organisierten
kantonalen Polizeikorps keine Anwendung finde. Dabei verweist sie
insbesondere darauf, dass Art. 16 der KV in Abs. 3 die nähere Ausführung
der in Abs. 1 und 2 aufgestellten Grundsätze der Gesetzgebung übertragen
habe und dass das am 20. Februar 1851 in Ausführung der gleiehlautenden
Bestimmung des § 18 der alten Verfassung (von 1846) erlassene Gesetz über
Abberufung der Beamten (Art. 16) von Anfang an diejenigen Angestellten
des Staates, über deren Dienstentlassung besondere Gesetze, Reglemente
oder Dienstverträge etwas Abweichendes bestimmen, von der Garantie des
richterlichen Abberufungsverfahrens ausgenommen habe.

Eventuell machte die Regierung der Klageforderung gegenüber die Einrede
geltend, dass die Dienstentlassung auch materiell begründet gewesen sei.

Das Bundesgericht zieht i n E r W a g u n g :

1. Trotzdem der Beklagte die Zuständigkeit des Bundesgerichtes zur
Beurteilung der vorliegenden Klage anerkannt hat, ist von Amteswegen zu
prüfen, ob diese wirklich begründet sei. Auch wenn aus der Anerkennung
des Beklagten auf einen gemeinschaftlichen Prorogationswillen der
Parteien zu schliessen Wäre, so könnte doch beim Mangel eines andern
Zuständigkeitsgrundes die Kompetenzbestimmung des Art. 52 OG nur unter
der Voraussetzung für zutreffend angesehen werden, dass die Klage eine
zivilrechtliche Streitigkeit beschlagen würde ; denn die in Art. 52
leg. cit. vorgesehene Prorogationsgerichtsbarkeit des Bundesgerichtes
erstreckt sich nur auf die Beurteilung von zivilrechtlichen Streitigkeiten
(vgl. z. B. AS 34 II S. 835 f. Erw. 1).

180 Prozessrecht. N° 20.

2. Nun wird die Zuständigkeit vom Kläger auf die Bestimmung des Art. 48
Ziff. 4 OG gestützt und nur dieser Kompetenzgrund kann in Wirklichkeit
für die Beurteilung der vorliegenden Klage auch in Frage kommen. Von
den hier aufgestellten Zuständigkeitserfordernissen ist nur dasjenige
der z i v i l r e c h t l i c h e n Natur der streitigkeit in Zweifel
zu ziehen. Es ist daher zu untersuchen, ob man es hier mit einer solchen
Streitigkeit zu tun habe.

Für die Beantwortung dieser Frage ist massgehend d e r Inhalt des zu
beurteilenden Rechtsverh à] c n i s s e s (vgl. AS 29 II S. 426). Gehört
das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis dem öfientlichen
Rechte an, so liegt eine zivilrechtliche Streitigkeit auch dann
nicht vor, wenn das Klagehegehren seiner Formulierung ,nach in einen
zivilrechtlichen Anspruch gekleidet ist. Nun geht das Klagebegehren im
vorliegenden Falle formell auf Bezahlung einer staatlichen Besoldung und
der eingeklagte Anspruch wird darauf gegründet, dass der Kläger immer
noch Staatsangestellter des Kantons Bern sei. Es steht aber fest, dass der
Kläger durch hehördliche Verfügung aus dem Staatsdienste entlassen worden
ist und der beklagte Kanton bestreitet, dass das tatsächlich nicht mehr
bestehende Dienstverhältnis zum Staate nach dieser Entlassung rechtlich
fortgedauert habe. Die Anruiung des Bundesgerichtes hat also nichts
anderes zum Zwecke als die Feststellung, dass das Dienstverhältnis
des Klägers noch zu Recht bestehe. Die Klage ist auf Erfüllung,
nicht etwa auf Schadenersatz gerichtet und der Kläger will nicht
etwa festgestellt wissen, dass er ohne zureichende Gründe entlassen
worden sei, sondern er macht geltend, dass die behördliche Entlassung
rechtsanwirksam sei. Den Streitgegenstand bildet danach d a s Bestehen
des Dienstverhältnisses des Klägers zum Kenton Bern undderimKlagebegehren
formulierte Besoldungsanspruch ist nichts als die selbstverständliche
Folge des vom Ge--

Prozessreeht. N° 20. 181

richte festzustellenden rechtlichen Fortbestandes des
Dienstverhältnisses. Diese Feststellung ist danach nicht etwa eine blosse
Vorfrage, die der Beurteilung des Besoldungsanspruches vorausgehend
zu beantworten wäre, sondern sie bildet die H a u p t f r a g e , von
der das Schicksal der Klage ahhän gt. Die Frage nach dem Rechtsbestande
eines staatlichen Dienstverhältnisses ist aber nicht zivilrechtlicher,
sondern staatsbezw. verwaltungsrechtlicher Natur. Das staatliche
Anstellungsverhältnis ist kein privatrechtlicher Dienstvertrag,
sondern es untersteht kraft Bundesrechtes (OR Art. 362) dem 6 f f e
n t 1 i c h e n Rechte des Bundes oder der KantOne, je nachdem ein
Bundesoder ein kantonaler Beamter oder Angestellter in Frage kommt,
wie denn auch das Bundesgericht den öfientlieh rechtlichen Charakter
des Beamtenverhältnisses wiederholt anerkannt hat (vgl. AS 9 S. 212; 12
S. 708; 13 s. 347 und 534; HAFNER, Komm. N° ] zu Art. 349 aOR). Auch im
Kanton Bern wird dieses Verhältnis nicht ii der PIivatrechts-, sondern
in der Verfassung und in der öffentlichund verwaltungsrechtlichen
Gesetzgebung geordnet. Das Anstellungsverhältnis der Mitglieder des
kantonalen Polizeikorps speziell findet sich in dem Gesetz über die
Organisation des bernischen Polizeikorps vom-6. Mai 1906 und in dem
Ausführungsdekrete, das der Grosse Rat am 4. Oktober gleichen Jahres zu
diesem Gesetze erlassen hat, geregelt; beide kantonalen Erlasse haben
durchaus öffentlich rechtlichen Charakter.

Sowohl die Anstellung als auch die Entlassung eines staatlichen
Beamten oder Angestellen stellen sich nach bernischem Rechte nicht als
zivilrechtliche Rechtsgeschäfte, sondern als einseitige Verwaltungsakte
dar, ähnlich wie es das Bundesgericht für das neuenburgische (AS 12 S. 709
f.) und das waadtländische Recht (AS 13 S. 534) hinsichtlich einzelner
kantonaler Beamter festgestellt hatte. Die Frage, wer zur Anstellung
und zur Entlassung von Staatsbeamten und -Angestellten befugt sei

182 Prozessrec'nt. N° 20.

und welches Verfahren dabei einzuschlagen sei, beurteilt sich keineswegs
nach privatrechtlicher, sondern ausschliesslich nach ökkentlichreehtlichen
Normen.

Das dem Bundesgerichte zur Entscheidung vorgelegte Rechtsverhältnis
ist danach ausschliesslich öffentlichrechtlicher Natur. Das ergibt
sich auch daraus, dass nach der eigenen Auffassung des Klägers das
Schicksal der Klage steht und fällt mit der Beurteilung der einzigen
Frage, ob die kantonale Polizeidirektion nach Gesetz und Verfassung zur
Entlassung zuständig gewesen sei. Diese den Streit einzig entscheidende
Kompetenzirage kann selbstverständlich nur auf Grund des bernischen
Verfassungsund Verwaltungsrechtes beantwortet werden. Sie gehört daher
nicht in den Rahmen der Zivilgerichtsbarkeit und kann um so weniger
zum Gegenstand eines Zivilprozesses gemacht werden, a l s si e v o
n d e n z u s t ä ndiger bernisehen Behörden bereits endgültig und
rechtskräftig entschieden w o r d e n ist. Wie der Regierungsrat in
seinem Beschwerdeentscheide vom 14. Juli 1914 festgestellt hat, war
die Polizeidirektion zur Entscheidung über die Entlassung des Klägers
abschliessend zuständig, und ist die Entlassungsverfügung demnach von
derdazu nach bernischem Staatsund Verwaltungsrecht endgültig kompetenten
Behörde ausgegangen ; sie stellt daher einen Verwaltungsakt dar, der
mit seiner Ausfällung in Rechtskraft erwuchs und damit die nämliche
Autorität erlangte, wie das Urteil einer Zivilgerichtsbehörde, die eine
Zivilstreitigkeit in letzter Instanz entscheidet. Wollte der Kläger
die Beanspruchung der Entlassungskompetenz durch die Polizeidirektion
als verfassungswidrig anfechten, so stand ihm, da eine Beschwerde an die
kantonale Rekursbehörde (die Regierung) ausgeschlossen war, derjenige Weg
offen, den die Bundesverfassung in Art. 113 den Bürgern bei Verletzung
verfassungsmässiger Rechte zur Verfügung stellt. Der staatsrechtliche
Rekurs ans Bundesgericht wäre in der

Prozessrecht. N° 20. 183

Tat das einzige Mittel gewesen, um die Frage der Verfassungsmässigkeit
der Entlassungsverfügung zur richterlichen Beurteilung zu bringen. Nachdem
der Kläger innerhalb der gesetzlichen Frist diesen Weg nicht beschritten
hat, ist der streitige Verwaltungsakt unanfechtbar geworden und der
Versuch, dessen Veriassungswidrigkeit nachträglich auf dem Umwege einer
auf Bezahlung der Besoldung gerichteten Zivilklage geltend zu machen,
erscheint danach als ausgeschlossen.

Als Zivilgerichtsbehörde ist das Bundesgericht in einem Falle, in dem,
wie hier, die behauptete Verfassungs-sidrigkeit eines rechtskräftigen
Verwaltungsaktes den e i n z i g e n Entscheidungsgrund bildet,
zur Beurteilung nicht zuständig. Das den Streitgegenstand bildende
Rechtsverhältnis gehört dem öffentlichen Rechte an und berührt das
Privatrecht in keiner Weise. Anders könnte die Zuständigkeit nur beurteilt
werden, wenn der Besoldungsanspruch aus einem unbestrittenermassen zu
Recht bestehenden staatlichen Dienstverhältnisse geltend gemacht würde,
oder wenn eine Schadenersatzforderung wegen materiell ungerechtfertigter
Entlassung in Frage stände, wobei d ie Verfassungsmässigkeit des
Entlassungeaktes keine Rolle spielte. In einem solchen Falle wäre zu
erwägen, ob an der frühem Praxis des Bundesgerichtes, wonach trotz
der Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Charakters des staatlichen
Dienstverhältnisses die Besoldungsansprüche der Beamten und Angestellten
für zivilrechtliche angesehen wurden, festzuhalten sei. Da aber im
vorliegenden Falle der B e s t a n d des Dienstverhältnisses selbst den
Streitgegenstand bildet, wogegen der Besoldungsanspruch nur als eine
unbestreibare Folge des bestrittenen Bestehens des Dienstverhältnisses
in Frage kommt, so kann jene Praxis keine Anwendung finden.

3. Nach dem Gesagten kann auf die Klage wegen Unzuständigkeit nicht
eingetreten werden, und darum ist auch auf die vom Beklagten blos e v
e n t u e l l erho-

184 Prozessrecht. N° 21 .

bene Einrede der Begründetheit der Entlassung nicht einzutreten, obschon
diese Einrede vielleicht als eine zivilrechtliche Streitfrage hätte
betrachtet werden können.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Auf die Klage wird wegen Unzuständigkeit nicht eingetreten.

21. Arrét ae ia zre section civile du s Mars 1915

dans la cause Stattelmann, Lilla. et Seinet contre Wille et Demut.

Procès intenté par des avocats en paiement de notes d'honoraires.
Délimitation de la sphère d'application du droit federal et du droit
cante-nal.

Lorsque plusieurs procès distincts ont été jugés par l'instance cantonale,
le recours au Tribunal federal peut valablement etre fait par le dépòt
d'un acte de recours unique.

A. Stattelmann, Lilla et Seinet ont eu recours aux services de MMes
Vuille et Dunant à l'occasion d'operations immobilières kaltes par eux
au Bouveret et de nombreux litiges qui s'y sont rattachés. Notamment MM
siVujlle et Dunant les ont représentés dans un procès qui leur a été
intente par le Comptoir d'Escompte de Genève et qui s'est termine par
un àrrèt du Tribunal fédéral du 13 juillet 1911.

Le 14 juillet 1910 Stattelmann, Lilla. et Seinet ont passé avec leurs
avoeats une convention aux termes de laquelle :

Art. 1. Le compte du honoraires de la Société du Bouveret est
définitivement liquidé ,

Art. 2 Les honoraires concernant l' affaire Lachenal sont réduits
de moitié;

Art. 3. Les honoraires dus a MM" Vuille et Dunant, pour toute la période
de leur activité qui a précédé la liqui--Prozessrecht. N° 21. , 185

dation de la Société du Bouveret et la formation de la. Société, avec
M. Seinet, sont arrètés d'un commun accord à 4000 fr. ; il est entendu
que cette somme sera repartiesientre MM. Stattelmann, Lilla et Seinet
ainsi qu'il suit _:

1500 francs à la charge de M. Stattelmann,

1500 francs à la charge de M..lela,

1000 francs à la charge de M. Seinet.

Art. 4. Les honoraires del'affaire Lugon sont réduits à 450 fr. ; cette
somme sera portée au déhit du compte général ouvert à MM. Stattelmann,
Lilla et Seinet.

Art. 5. Par la prèsente transaction tous honor-aires autres que ceux du
procès contre le Comptoir d'Escompte et les co cautions, actuellement
encore pendant deVant la Cour d'appel et ceux du procès relatif à
la serVitude de passage de l'Hötel du Bouveret sont définitivement
liquidés.Un compte généraleera ouvert à MM. Stattelmann, Lilla el. Seinet
où figureront tous les articles non liquidés par la présente transaction;
ce compte sera réglé par tiers lorsque les affaires seront définitivement
termi_ nées.

B. Une fois ter mine le procès avec le Comp toir d'Escompte, MMes
Vuille et Dunant ont fait taxer par les magistrats compéten-ts leurs
houoraires pour ee procès ; ils ont été taxes, pour chacun des trois
clients séparément, à. 1500 francs pour la première instance et à 1000
fr. pour l'instance d'appel. MM Vuille et Dunant ont ensuite dressé
leur compte général et ont réclamé à chacun destrois clients le tiers
du solde qu'il présentait. N'ayant pu ob ' tenir un règlement amiable,
ils ont ouvert trois actions sé parées à Stattelmann, Lilla et Seinet en
concluant conti-e chacun d'eux au paiement de 4532 fr. 13. La jonction
des trois causes a été ordonnée et le Tribunal de première instance a
admis les conclusions des demandeurs à concurrence de 3691 fr 37 à payer
par chacun des défendeurs. Sur appel de ces derniers la Cour a par arrét
du 11 dé-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 41 II 175
Datum : 18. Februar 1915
Publiziert : 31. Dezember 1915
Quelle : Bundesgericht
Status : 41 II 175
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 174 Prozessrecht. N° 19. konnte der Streitwert vor zweiter kantonaler Instanz nicht


Gesetzesregister
OG: 48  52  53  59
SR 813.0: 80
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bundesgericht • frage • verfassung • beklagter • regierungsrat • kv • streitwert • charakter • kantonsverfassung • stelle • entscheid • streitgegenstand • weiler • öffentlich-rechtliches dienstverhältnis • innerhalb • wille • zivilprozess • rechtsbegehren • zahl • sicherstellung
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