zung des Liegenschaftsbesitzes eines auswärtswohnenden Steuerpflichtigen
erforderliche Kontrolle der GesamtVermögensverhältnisse desselben für
den Liegenschaftskanton besonders schwierig, in sehr vielen Fällen sogar
unmöglich sein sollte, da ja auch diesem Kanton hiezu sein eigenes
steuerrechtliches Feststellungsverfahren zu Gebote steht, wobei ihm
namentlich die Ermittlung der Taxation des betreffenden steuerpflichtigen
an seinem auswärtigen Wohnorte entscheidende oder doch wesentliche
Anhaltspunkte bieten wird.
Auf dem Boden der neuen bundesgerichtlichen Praxis sodann ist der
Hinweis des Regierungsrates darauf, dass vorliegend nicht hypothekarisch
versicherte, sondern rein persönliche Schulden in Frage standen,
unbehelflich, da der Schuldenabzug zur Bestimmung des steuerpflichtigen
Reinvermögens naturgemäss all e Schulden umfassen muss.
3. Erweist sich demnach der angefochtene Entscheid des Urner
Regierungsrates zwar als grundsätzlich unhaltbar, so kann immerhin
das Begehren des Rekurrenten um Abzug der namhaft gemachten Schulden
vom Schatzungswerte seiner Liegenschaft ,in Flüelen nicht geschützt
werden. Vielmehr wendet der Regierungsrat eventuell zutreffend ein,
dass der Rekurrent in Flüelen nur auf den Abzug der dem Verhältnis des
Wertes seiner dortigen Liegenschaft zum YVerte seines Gesamtvermö-gens
entsprechenden Q u o t e jener Schulden Anspruch habe, mit diesem
Anspruche aber im heutigen Verfahren deswegen nicht gehört werden
könne, weil er es an den zur Ermittlung der fraglichen Schuldenquote
erforderlichen Angaben und Nachweisen habe fehlen lassen. In der
Tat kann der Steuerpflichtige den ihm bundesrec'htlich zustehenden
proportionalen Schuldenabzug nur beanspruchen, wenn er den Steuerbehörden
nach Vorschrift des kantonalen Taxationsverfahrens die Angaben und
Beweismittel unterbreitet, deren sie zur sachlichen Prüfung des Anspruchs
bedürfen. Das hat aber der Re--
Verbot der Dappelbesteuerung. N° 61. 425
kurrent vorliegend mit Bezug auf die massgebende Quote der angerufenen
Schulden nicht getan und muss deshalb mit seinem Rekurse für das laufende
steuer-jahrabgewiesen werden. Dagegen bleibt es ihm unbenommen,
' seine Unterlassung im nächsten Steuerjahre gutzumachen
und dieBeachtung der gegenwärtigen Doppelbesteuerungspraxis des
Bundesgerichts seitens der Urner Steuerbehörden nötigenfalls im Wege
eines neuen staatsrechtlichen Rekurses durchzusetzen.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:
Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen,
61. Urteil vom 11. November 1915 i. S. Dampfschifigesellschaft des
Vierwaldstättersees gegen Uri, Schwyz, O'bund Nidwalden einerseits,
und Luzern anderseits.
Bedeutung einer Aenderung der Doppelbesteuerungspraxis des si
Bundesgerichts für die R e c ht sk r af t vorher ergangener
Urteile. -Besteuerung einer D amp fs chiffg es ell s chaft mit
Stationsanlagen in mehreren Kantonen. Grundsätze für die quotenmässige
Verteilung des Steuerrechts unter diese
Kantone.
A. Die Dampfschifigesellschaft des Vierwaldstättersees, eine
Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern, die für ihren Betrieb auf dem
Gebiete der fünf Seeuferkantone Luzern, Schwyz, Uri, Obund Nidwalden
insgesamt 45 Dampfschiiîstationen mit Landungsbrücken und teilweise auch
noch weiteren Stationseinrichtungen benutzt, ist vom Bundesgericht durch
Urteil vom 28. September 1898 (AS 24 I N° 83 S. 444 ff.) als mit Bezug
auf ihr Mobiliarvermögen und ihren Erwerb allgemein der Steuerhoheit
bloss des Kantons Luzern mit Ausschluss der
424 Staatsreeht.
vier Urkantone unterstehend erklärt worden, nachdem entsprechend
schon durch Urteil vom 11. Juni 1886 (AS 12 N° 31 S. 246 ff.) ein
Steueranspruch des Kantons Schwyz an ihrem Gewerbefonds abgewiesen worden
war. Hieran haben sich die beteiligten Kantone dann bis zum Jahre 1914
gehalten. In diesem Jahre aber traten auch die vier Urkantone unter
Hinweis auf die neue Doppelhesteuerungspraxis des Bundesgerichts wieder
als Steueransprecher auf und eröffneten der Dampfschiifgesellschait mit
Zuschrift der Finanzdirektion Uri vom 4. Mai 1914, dass sie gemeinsam
die Gesellschaft mit 3,800,000 Fr. V ermögen und 200,000 Fr. Einkommen
taxiert und sich folgende Quoten dieser Beträge die gemäss späterer
Erläuterung den verhältnismässigen Hoheitsanteilen der Uferkantone am
Seegebiet entsprechen zugeteilt hätten:
I. Vermögen.
Uri. . . . . . 17,88 % = 680,000 Fr.
Schwyz . . . . 14,88 % = 565,000v
Obwalden. . . . 2,17 % = 83,000
Nidwalden . . . 27,55 % · 1,112,000 ll. Einkommen.
Un' . . . . . 17,88 % =' 35,800 Fr.
Obwalden. . . . 2,17 % = 4,400
(Die Kantone Schwyz und Nidwalden kennen die Einkommensoder
Erwerbsbesteuerung nicht.)
B. Gegenüber dieser Mitteilung hat die Dampfschitîgesellschaft rechtzeitig
den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht ergriffen und folgende
Anträge gestellt:
1. Die in der Mitteilung angegebenen Taxationsentscheide der Kantone
Uri, SchWyz, Obund Nidwalden seien aufzuheben und es sei zu erkennen,
dass die genannten Kantone nicht berechtigt seien, die Rekurrentin für
Erwerb und bewegliches Vermögen zu besteuern.
2. Eventuell wolle das Bundesgericht feststellen, in welchem Verhältnis
die genannten vier Kantone und der Kanton Luzern berechtigt seien,
die Rekurrentin für Er-Verbot der Doppelbesteuerung. N° 61. 425
werb zu besteuern, wobei als steuerpflichtiger Erwerb nur zu gelten habe
der Ueberschuss des Ertrages des Dampfbootbetriebes über alle Unkosten
der Verwaltung und des Betriebes, die Reparaturen und Abschreibungen und
_ die Verzinsung der fremden und eigenen Gelder der Ge--
sellschaft zu 5 % hinaus.
In der Begründung wird zunächst unter Hinweis auf die beiden Urteile des
Bundesgerichts aus den Jahren 1886 und 1898 die Einrede der'abgeurteilten
Sache erhoben und anschliessend wesentlich vorgebracht:
Irgendwelche Aenderung der tatsächlichen Verhältnisse sei seit
jenen Urteilen nicht eingetreten. Die Beziehungen der Rekurrentin
zu den Urkantonen seien heute wie früher einfach die, dass sie mit
ihren Dampfschiifen den See befahre und an den Landungsbrücken die
Passagiere .und Güter einund auslade. Neben den Landungsbrücken, die
bei den grösseren Stationen eine Ueberdaehung, eine Wartehalle-und
einen Raum für die ankommenden und abgehenden Güter hätten, bestehe
in Luzern und Fliielen je eine Billetausgahe. Für die Bedienung der
Landungestellen seien 1 bis 4 Brückenwarte vorhanden, welche die Stege
an die Schifie heranzuschieben und zurückzuziehen und die Brücken
instand zu halten hätten. Das Einund Ausladen der Güter geschehe
durch die Schifismannschaft. Wenn nun auch die bundesgerichtliche
Doppelbesteuerungspraxis seither, nach den Urteilen vom 29. März 1905
in Sachen Elektrizitätswerk Kubel gegen AppenzellA. Rh. und St. Gallen
(AS 31 I S. 56 si.) und vom 12. April 1911 in Sachen Motor-A.-G. gegen
Zürich eventuell Aargau (AS 37 I S. 249 ff.), insofern geändert habe,
als ein besonderes Steuerdomizil nicht mehr nur bei selbständigen
Zweiggeschäften, sondern überall da angenommen werde, wo das betreffende
Geschäft ständige körperliche Anlagen oder Einrichtungen besitze, mittelst
deren sich daselbst ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil
seines technischen oder kommerziellen Betriebes vollziehe, so trafen
doch diese Voraussetzungen auf den geschilderten -
;;;; Staatsrecht.
Geschäftsbetrieb der Rekurrentin nicht zu. Die Landungebrücken seien im
Grunde genommen weder Teile des kauf-
männischen noch des technischen Betriebes der Dampf '
schiffahrt; sie erfüllten bloss die Aufgabe, Personen und Güter von den
öffentlichen Strassen auf die Dampfsehiife zu bringen, und stellten
somit einfach die Anpassung der öffentlichen Verkehrswege an den
Dampfschifisverkehr dar, die richtigerweise den Kantonen und Gemeinden
obläge, während der eigentliche technische und kaufmännische Betrieb
der Dampfschiffahrt erst beginne, wenn das Publikum oder die Güter
verladen seien. Früher hätten die Schiffe bekanntlich nicht an den Ufern
angelegt, sondern die Reisenden und Güter seien durch besondere Schifie
(Stationsschiiie) an die im offenen See haltenden Schiffe herangebracht
oder von dort abgeholt worden, was beweise, dass die Landnngsbrücken,
die tatsächlich vielfach nicht den Schiffahrtsgesellschaften, sondern
den Ufergemeinden gehörten, nicht Bestandteile des Schifffahrtsbetriehes
seien. Eine für diesen ebenso notwendige Sache sei die Wasserstrasse
selbst. Wenn aber auch ohne See keine Dampfschiife und keine Einnahmen,
so sei deswegen der See doch nicht Bestandteil des Betriebes. Den vier
Urkantcnen entständen aus dem Schifiahitsverkehr der Rekurrentin keine
Lasten, sondern nur Vorteile, und ihre Steueransprüche entbehrten demnach
der innern Begründung. ,
Eventuell gàben die Landungsbrücken für das Mass der Besteuerung keinen
Anhaltspunkt. Es werde schwierig sein, hiefür einen richtigen Massstab
zu finden. Jedenfalls könne der auf jeden Kanton entfallende Teil
des Vierwaldstättersees nicht massgebend sein; denn die Seefläche sei
nicht eine ständige körperliche Anlage oder Einrichtung im Sinne der
bundesgerichtlichen Praxis, und die Länge der auf dem see befahrenen
Strecke sei auch nicht abhängig von der Grösse der zum einzelnen
Kanton gehörendenFläche. Eventuell werde vielmehr die Verteilung des
Bestenerungsrechts nach dem auf die sämtlichen
si'erbot der Doppelbesteuerung. N° 61. 427
Stationen jedes Kantons entfallenden Gesamtverkehr beantragt. Die
gesamte Personenkrequenz (einund aussteigende Personen) habe nach dem
Geschäftsbericht der Rehurrentin im Jahre 1913 betragen auf denstationen
der Kantone : Luzern 55,35 %, Nidwalden 16,69 %, Uri 13,57 %, Schwyz
11,71 % und Obwalden 2,68 %. Immerhin liessen sich auch andere Arten
der Verteilung denken, und es sei eventuell Sache einer auf Kosten
der beteiligten Kantone durchzuführenden Expertise, den logisch und
wirtschaftlich richtigsten Verteilungsmodus zu finden.
Die Taxation des Einkommens der Rekurrentin auf 200,000 Fr. durch
die Urkantone entspreche auch an sich der bundesgerichtlichen Praxis
nicht. Steuerrechtliches Einkommen oder steuerpflichtig-er Erwerb sei,
wie der Kanton Luzern gemäss § 18 seines Steuergcsetzes vom 30. November
1892 anerkenne, nur der Ueberschnss des Ertrages über die Unkosten und
die Abschreibungen und landesübliche Verzinsung der im Unternehmen
investierten Kapitalien, und zwar sei die letztere auch dann zu
berücksichtigen, wenn der Unternehmer mit eigenem Kapital arbeite;
denn dessen Zinsertrag werde von der Vermögenssteuer betroffen. Die
Rekurrentin habe in ihrem Unternehmen 3,704,992 Fr. 33 Cts. eigene
Kapitalien investiert, deren landesübliche Verzinsung zu '5 % rund
185,000 Fr. erfordere; die Gesamteinnahmen aus dem Betrieb aber betrügen
laut Gewinn-und Verlustrechnung pro 31. Dezember 1913 nur 167,132 Fr. 33
Cts., deckten also nicht einmal die Kapitalzinsen. Es könne deshalb von
einer Erwerbsbestenerung der Rekurrentin in den Urkantonen zurzeit auch
ziflerrgfaijssig nicht die Rede sein.
ZurBesteuerung des beweglichen Verm ögens der Rekurrentin wären die
Urkantone auch dann nicht berechtigt, wenn ein Steuerrecht derselben
hinsichtlich des Einkommens angenommen würde. Die Laudungsbrücken Würden
schon längst als unbewegliches Vermögen besteuert, andere Anstalten oder
Einrichtungen aber seien
AS 41 l 1915. '29
428 staatsrecht-
in den Urkantonen nicht vorhanden. Insbesondere könnten die den See
befahrenden Schiffe nicht als bewegliches Vermögen, das sich auf
ihrem Gebiete befinde, angesehen werden, da die schiffe in Luzern
stationiert seien, wo auch die gesamte Bedienungsmannschaft wohne und
jeweilen ihren Dienst antrete. Uebrigens beziehe sich die neuere Praxis
des Bundesgerichts, welche die Urkantone im Auge hätten, nur auf das
Erwerhseinkommen, nicht auf das Vermögen. Dies gehe 2. B. aus dem Urteil
vom 26. Mai 1909 in Sachen Union Réclame gegenZürich und Luzern (AS 35 I
S. 331 Erw. 3) hervor. Und im Urteil vom 3. April 1914 in Sachen Bächtold
& Cie gegen Thurgau und BaselStadt sei (laut Referat der Neuen Zürcher
Zeitung *) der Satz bestätigt werden, dass das bewegliche Vermögen am
Orte des Geschàfîsdomizils zu versteuern sei. In verschiedenen Fällen
von Gesellschaften, deren Betrieb sich auf mehrere Kantone erstrecke und
bei denen das Bundesgericht eine Teilung der Einkommenssteuerpflicht
anerkannt habe, sei eine Teilung auch der Besteuerung des beweglichen
Vermögens gar nicht beansprucht worden; so z. B. nicht im Falle der
Société suisse de pétrole (AS 36 I S. 576 ft.}, die in verschiedenen
Kantonen förmliche Verkaufsgeschäi'te betreibe, obschon dort eine solche
Teilung eher hätte in Frage kommen können, als hier, so gar keine jenen
Verkaulsgésehäl'ten analoge Einrichtungen vorhanden seien. Nach der Bilanz
der Rekurrentin pro 31. Dezember 1914 bestehe ihr bewegliches Vermögen
neben den Schiffen der verschiedenen Kategorien aus Wertschriften,
Schwimmdock, Brennmaterialvorrat, Inventar für Verwaltung, Betrieb und
Repai aturen, Kassa, Bankguthaben und Debitoren. Alle diese Objekte
bekanden sich in Luzern, wo die Verwaltung und Geschäftsleitung ihren
Sitz habe, und seien daher auch nur dort zu versteuern. Auf alle Fälle
verstosse das Mass, in dem die Urkantone das Vermögen der Gesellschaft
auf Grund ihrer Taxation von 3,800,000 Fr. beanspruchten, gegen
* Siehe nunmehr AS 40 I N° 24 S. 197 ii.Verbot der Doppelbesteuerung. N°
61. 429
das Verbot der Doppelbesteuerung. Denn nach der Bilanz pro 31.Dezember
1913 betrage das Reinverm'ögen, mit Einschluss der Immobilien im
Gesamtwerte von 609,445 P r. 61 Cts., nur 3,704,992 Fr. 33 (Es.,
somit an beweglichen Bestandteilen nur 3,095,546 Fr. 72 Cts. Und die
Art der Verteilung des Vermögens nach den Seeflächen der Kantone sei
rein willkürlich.
Eventuell müssten, soweit ein Steuerrecht der Urkantone geschaffen würde,
Staat und Stadt Luzern, die pro 1914 gemäss dem bundesgerichllichen Urteil
vom 28. September 1898 die steuer vom ganzen beweglichen Vermögen und
Erwerb der Rekurrentin bezogen hätten, mit ihren Ansprüchen entsprechend
zurücktreten.
C. Die Vier Urkantone haben in gemeinsamer Vernehmlassung die Anträge
gestellt, der Rekurs sei als unbegründet abzuweisen, eventuell sei
die Art und Hohe der Taxation nach richterlichem Ermessen vorzunehmen
; subeventuell hätten die Kantone eine neue Taxation nach den vom
Bundesgericht aufgestellten Grundsätzen vorzunehmen.
Sie lassen wesentlich ausführen: Die Einrede der abgeurteilten Sache
gehe fehl; denn abgesehendavon, dass speziell die Kantone Obund
Nidwalden seit dem bundesgerichtlichen Urteil vom 28. September 1898
neue steuergesetze erlassen hätten, sei die Steuerparrode, uber welche
jenes Urteil entschieden habe, in allen Kantonen längst abgelaufen, und
wie dort (Erw. 4) dem Steuerpf lichtigen das Recht zuerkannt worden sei,
seine Taxation in jeder Steuerperiode neuerdings anzufechten,
so müsse auch dem Staate das Recht zustehen, fur jede Steuerperiode
eine neue Taxation vorzunehmen. Materiell aber seien die beanstandeten
Steueransprüche nach der heutigen D0ppelbesteuerungspraxis des
Bundesgerichts nicht mehr unzulässig; denn die Rekurrentm habe
unbestrittenermassen in allen Uferkantonen ständige körperliche Anlagen,
ohne die ihr Betrleb, sowohl der Personen , als auch der Güterverkehr,
gar nicht
430' Stastsrecht.
durchführbar wäre ; sie beschäftige überall Personal, das
bei Abschluss und Ausführung der Frachtverträge mit-4
zuwirken habe. Insbesondere sei das Urteil des Bundesgerichts vom 27. März
1914 in Sachen Birsigtalbahngesellschaft gegen Solothurn und Basel Stadt
(AS 40 I S. 69 ff.) wie auf den vorliegenden Fall zugeschnitten. Und
zwar werde darin, wie übrigens schon in früheren Urteilen, z.B. vom
8. November 1911 in Sachen Schweiz. Depeschenagentur gegen Basel-Stadt:
AS 37 I S.491fî., die Steuerpflicht ausserhalb des Geschäftssitzes
nicht nur für das Einkommen, sondern auch für das bewegliche Vermögen
begründet. Was aber die Taxationsansätze betreffe, könne die Bilanz der
Gesellschaft, auf deren Prüfung durch das Bundesgericht, eventuell im
Wege einer Expertise, abgestellt werde, nicht ohne weiteres massgebend
sein, da in ihrer Bewertung der Aktiven stille Reserven steckten, die
der Besteuerung nicht entzogen werden dürften. Speziell hinsichtlich der
Vermögensbesteuerung sei allerdings das unbewegliche Vermögen Wie bisher
da zu versteuern, WO es liege, und deshalb zuerst vom Gesamtvermögen in
Abzug zu bringen. D. _ Der Regierungsrat des Kantons Luzern, der ebenfalls
zur Vernehmlassung eingeladen worden ist, hat namens des Kantons und der
Stadt Luzern be- antragt, es sei das Hauptbegehren der Rekurrentin im
vollen Umfange gutzusprechen. schon im Interesse der _. Rechtssicherheit
müsse an ,den vom Bundesgericht auf diesen steuerkall bereits zweimal
zur Anwendung gebrachten Rechtsgrundsatz-en festgehalten werden. Jeden--
falls aber könne keine Restes-davon sein; das von den Ur.. '
' 'siÎ ngsverhaîtms aexunehmen, ss_ _wonach dem Kanton. Luzern
n'11'1'ssndch:si37,52% des VÉs.
· kantonen vertretene Best' mögens und wohl anch 's-Erwe'i'hes
zufallen würden.szÄuch der Vorschlag ide;Rekurrentun die Besteuerung
ausschliesslich nach èdgmÎsisi auf die sämtlichen Statione'nsisieines
Kantons entfallenden Gesamtverkehr zu verteilen,
sei unannehmbar. Die Verkehrsfrequenz möge als Ver-.Verbot der
Doppelbesteuerung N° 61. 431
teilungsfaktor mitberücksichtigt werden; allein daneben sei nicht
zu übersehen, dass der weitaus überwiegende Teil der körperlichen
Einrichtungen des Unternehmens der Rekurrentin, d.h. die gesamte
Schiflsflotte, ihren ordentlichen Standort in Luzern habe und dass
sich daselbst auch das ausserordentlich wertvolle Areal der Werfte mit
allen baulichen und technischen Einrichtungen befinde. Demgegenüber
verschwänden die körperlichen Einrichtungen in den andern
Uferkanton en beinahe vollständig. Ferner falle bei Festsetzung des
Besteuerungsverhältnisses schwer zugunsten von Luzern in Betracht,
dass hier der rechtliche und geschäftliche Sitz der Rekurrentin sei,
von dem aus die gesamte kommerzielle Leitung ihres Unternehmens sich
vollziehe. In Berücksichtigung dieser Verhältnisse könnte eventuell den
üb-rigen Uferkantonen zusammen höchstens ein Besteuerungs1echt vono 5%
des Vermögens und Eruerbes Zueikannt werden.
E. In der Replik hat die Reku1reniin an ihren Antragen festgehalten und
zu ihrem Eventualstandpunkt hinsichtlich del Verteilung des Erwerbes
ergänzend bemerkt, eine Ausscheidung des Güterund Gepàckveikehrs
nach Stationen (neben der angerufenen Statistik des Peisonenveikehrs)
besitze sie nicht und deren Erstellung würde eine Arbeit von vielenwochen
eilordcrn , doch dürfte in dieser Hinsicht ohl ihre Versicherung genügen,
dass die Einnahmen aus Gepäckund Güterverkehr zusammen durchschnittlich
zirka 10% derjenigen des Personeiiveikehrs bet1ügcn.
Die Duplikschriften der beteiligten Kantone enthalten
keine neuen Argumente. Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die früheren Entscheidungen des Bundesgerichts über die Steuerpflicht
der Rekurrentin, insbesondere das gegenüber allen interessierten und
vorliegend wieder-
432 Staatsrecht.
um beteiligten Kantonen ergangene Urteil vom 28. September 1898,
stehen einer erneuten Prüfung und Beurteilung der damals erledigten
Doppelbesteuerungsfrage nicht entgegen, sofern jene Entscheidungen der
heutigen Handhabung des aus Art. 46 Abs. 2
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 46 Mise en oeuvre du droit fédéral - 1 Les cantons mettent en oeuvre le droit fédéral conformément à la Constitution et à la loi. |
|
1 | Les cantons mettent en oeuvre le droit fédéral conformément à la Constitution et à la loi. |
2 | La Confédération et les cantons peuvent convenir d'objectifs que les cantons réalisent lors de la mise en oeuvre du droit fédéral; à cette fin, ils mettent en place des programmes soutenus financièrement par la Confédération.10 |
3 | La Confédération laisse aux cantons une marge de manoeuvre aussi large que possible en tenant compte de leurs particularités.11 |
der interkantonalen Doppelbesteuerung nicht mehr entsprechen. Denn
die öffentlich rechtliche Pflicht zur Steuerleistung wird als solche
allgemein durch die geweils geltende Rechtsordnung bestimmt und ändert
sich deshalb, was speziell die Abgrenzung konkurrierender kantonaler
Steuerhoheiten im Sinne des bundesrechtlichen Doppelbesteuerungsverbotes
betrifft, mit der einschlägigen Rechtssprechung des Bundesgerichts,
welche auf diesem Gebiete die noch ausstehende Bundesgesetzgebung
vertritt. Folglich sind die Kantone einerseits verpflichtet und anderseits
auch berechtigt, ihre Sieneransprüche nach Massgabe ihrer Vorschriften
über die Steuerfestsetzung der jeweiligen bundesgerichtlichen Praxis
anzupassen, und ein bundesgerichtlicher Entscheid bieibt, im Rahmen
der kantonalrechtliehen 'i'axationsperioden, jedenfalls nur so lange
rechtswirksam, als die ihm zugrunde liegende Rechtsauffassung Bestand
hat {vg}, hiezu Erw. 9 des Urteiis vom Jahre 1898: AS 24 i Nr. 83
S. 450). Vorliegend aber ist nicht bestritten, dass die vier Urkantone
zur Neubestimmung der Steuerpflicht der Rekurrentin für das Jahr 1914
kantonalrechtlich befugt waren, und es ist deshalb auf die Frage
einzutreten, ob die angefochtene Taxationsverfügung dieser Kantone
einer seit dem Jahre 1898 erfolgten Aen(lerung der bundesgerichtiichen
Doppelbesteuerungspr axis entspricht. .
2. Nun hat sich diese Praxis in den letzten Jahren tatsächlich, wie
übrigens die Rekurrentin selbst anerkennt-, dahin entwickelt, dass ein
Geschäft, dessen Betrieb sich als einheitlicher Organismus über das Gebiet
mehrerer Kantone erstreckt, ein Steuerdomizil in jedem dieser Kantone
hat, falls sich daselbst ständige körper-Verbot der Deppelbesteuernngf N°
61. 433
liche Anlagen oder Einrichtungen befinden, mittelst deren sich
ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil des technischen
oder kommerziellen Geschäftsbetriebes vollzieht auch soweit solche
Bestandteile des Gesamtbetriebes nicht, wie dies im Jahre 1898 noch
gefordert wurde (a. a. 0. Erw. 8, S. 449/450), unter selbständiger
oder relativ selbständiger Leitung stehen und nicht ohne wesentliche
Aenderung völlig verselbständigl werden könnten (vgl. für diese neuere
Praxis das Urteil vom 27. März 1914 in Sachen Birsigtalbahngesellschaft
gegen Solothurn undBasel Stadt : AS 40 I Nr. 7 Erw. l s. 73 f . und die
dortigen Verweisungen). Und zwar gilt der so erweiterte Begriff des
geschäftlichen Steuerdomizils, entgegen der Behauptung der Rekurrentin,
für die Besteuerung nicht nur des Einkommens oder Erwerbs, sondern auch
des beweglichen Vermögens (vgl. z. B. AS 37 l Nr. 101 S. 491 ff. und 46 I
Nr. 7 S. 69 ff.) Eine Unterscheidung der beiden Steuerarten rechtfertigt
sich nur hinsichtlich der für die Steuerverteilung massgebenden Faktoren,
wie noch näher auszuführen sein wird. Als in diesem Sinne steuerrechtlich
wesentliche Anlagen oder Einrichtungen aber müssen in der Tat auch die
Landungsbrücken und sonstigen Stationseinrichtungen der Rekurrentin im
Seegebiete der Vier Urkantone angesehen werden. Wenn die Rekurrentin
hiegegen einwendet, dass diese stationsanlagen, insbesondere die
Landungsbrücken, überhaupt nicht zum eigentlichen Dampfschiffahrtsbetrieb
gehörten, weil dieser Betrieb auch ohne solche ständige Anlagen, nämlich
unter Verwendung von sogenannten,Stationsschiffen, möglich Wäre, so
übersicht sie, dass ihre Steuerpflicht nach dem 1: a t s a c hl ich
d u r c h g e f ü h r t e n Betrieb, also unter Berücksichtigung der
effektiv vorhandenen und be nutzten festen Landungsanlagen, zu beurteilen
ist. Ferner kann ernstlich nicht bestritten werden, dass sich vermitteist
dieser Stationsanlagen ein qualitativ und quantitativ wesentlicher Teil
des Geschäftsbe--
434 Staatsrecht.
triebes der Rekurrcntin vollzieht. Denn te chnisch sind dieselben
bei diesem Betrieb für die Verbindung der Schiffe mit den Ufern,
wie der Transport von Personen und Gütern zu.Wasser sie erfordert,
und somit für den g e s a m t e n Betrieb unentbehrlich. Und auch k o
m merziell ist ihre Einktion tatsächlich nicht unbedeuten d, indem auf
ihnen unbestrittenermassen allgemein die Entgegennahme und Aushändigung
der Gütertransporte, sowie bezüglich des Personenverkehrs wenigstens
die Kontrolle der F ahrtausweise der aussteigenden Reisenden sich
abspielt. Endlich kommt für die streitige Steuerpflicht nichts darauf an,
ob die Staüonsanlagen im Eigentum der Rekurrentin stehen oder von ihr
auf Grund eines anderweitige-n Rechtstitels benutzt werden (vgl. AS 40
I Nr. 7 Erw. 1 S. 74). Demnach ist heute das Recht zur Besteuerung des
beweglichen Vermögens und des Erwerbes der Rekurrentin grun d s ätzlich
auch den Urkantonen zuzuerkennen. _
3. Was die Verteilung der steuerpflichtigen Werte auf die einzelnen
Kantone betrifft, ist zwischen Vermögen und Erwerb zu unterscheiden.
a) Mit Bezug auf das V erm 6 gen kennen alle beteiligten Kantone
die Reinvermögenssteuer, wenn auch für den Fall der Rekurrentin in
verschiedener Ausgestaltung. Der Kanton Luzern hat nämlich für die
Ausmittlung des steuerpflichtigen Vermögens der Aktiengesellschaften
neben der allgemeinen Vorschrift des Schuldenabzugs noch die spezielle
Bestimmung, dass das einbezahlte Aktienkapital in Abzug zu bringen sei
(Steuergesetz vom 30. November 1892, §§ 20 und 24). Die vier Urkantone
dagegen ziehen als steuerpflichtiges Vermögen der Aktiengesellschaften
die sogenannten eigenen Gelder (einbezahltes Aktienkapital, Reserven
und allfällige weitere Vermögensteile ) heran (Urner steuer-gesetz
vom 2. Mai 1886, Art. 5; schwyz. Spezialgesetz vom 19. Oktober 1890
betr. die Besteuerung von Transportanstalten etc., § 1 Abs. 1; Obwaldner
Steuergesetz vom 28. AprilVerdon der Doppeihestenemng. N° 61. 435
1908, Art. 4; Nidwaldner Spezialgesetz vom 29. April 1906
betr. Besteuerung von Aktien und Aktiengesellschatten, § 1 Abs. I),
wobei Uri, Obund Nidwalden auf den Nominalbetrag des einbezahlten
Aktienkapitals abstellen, während Schwyz vorschreibt, dass die Aktien
nach dem Ertrag und Tageskurs zu bewerten seien. Nun darf allerdings
jeder Kanton die seiner Steuerhoheit unterstehen de Vermögen squote z i
f f e r m à 3 sig nach seinem eigenen Steuersystem ermitteln. Allein für
die Bestimmung dieser Vermögensquote als solcher, des q u o t e n m a s s
i g e n Anteils jedes Kantons am Gesamtvermögen, sind stets die aus den
Aktivposten der Gesellschaftsbilanzen ersichtlichen unmittelbaren Ve rm
6 ge n s o bj ek t e massgebend. Und zwar kommt es auf deren örtliche
und wirtschaftliche Beziehung zu den einzelnen Kantonsgebieten an,
indem die quotenmässige Steuerberechlignng jedes Kantons dem Verhältnis
der ihm nach solcher Beziehung zugehörigen Vermögensobjekte (Aktiven)
zu den gesamten Vermögensobjekten (Gesamtaktiven) entspricht (vgl. AS
40 I Nr. ? Erw.4 S. 76 und namentlich Nr. 24 Erw. 3 lit. (1 8211/12).
Es ist daher im vorliegenden Falle von der Bilanz der Rekurrentin pro
1913 auszugehen, die (abgesehen vom Betrage der nicht emittierten Aktien,
der kein wirkliches Aktivum, sondern nur einen rechnerisehen Gegenwert
zu dem auf der Passivseite mit dem v Olle n Nominalbetrag figurierenden
Aktienkapital darstellt) folgende Aktivpo sten aufweist:
1. 23 Dampfschiffe und 6 Motorboote samt Ausrüstung; ' . 14
schleppsehifke samt Ausrüstung; . Schwimmdock; . Landungsbrücken und
Hafenanlagen; . Liegenschaften in Luzern und Flüelen; . Schiffswerfte samt
Aufzugsvorrichtungen; . Werkstätten und Magazine; 8. Brennmaterial-Vorrat
;
ACTUAL-IN
436 ss staatsrecht-
9. Inventar fürVerwaltung, Betrieb und Reparaturen;
10. Maschinenspeiseund Betriebsmaterial Vorrat;
11. Kassakontc, Barbestand; '
12. Wertschriften;
13. Guthaben bei verschiedenen Banken;
14. Diverse Debitoren.
Von diesen Aktiven sind Zunächst diejenigen der Ziffern3, 4, 5, 6, 7 und
9 ohne weiteres den Kantonen zuzuweisen, wo sie sich dauernd befinden und
in diesem Sinne, auch soweit sie an sich bewegliches Vermögen darstellen,
immobilisiert sind. si
Die Aktiven der Ziffern 11, 12, 13 und 14 sodann haben dadurch eine
überwiegende wirtschaftliche Beziehung zum Kanton des Gesellschaftssitzes,
dass sie als teils kapitalistiseh angelegte, teils flüssige Geldmittel
der Gesellschaft mit dem Betriebe nicht direkt, sondern nur durch
ihre Verwertung zur Beschaffung der notwendigen Betriebsmaterialien
im Zusammenhang stehen und im übrigen ausschliesslich der am
Gesellschaftssitze in Luzern zentralisierten F inanzund Kassaverwaltung
unterstellt sind. Sie sind deshalb, als angemessener VorausAnteil der
Vermögensbesteuerung für den Gesellschaftsund Verwaltungssitz, dem Kanton
Luzern zuzuerkennen.
Die übrigen Aktiven endlich,-diejenigen der Ziffern 1, 2, 8 und 10,
stellen die eigentlichen Betriebsund Produktionsfaktcren der Gesellschaft
dar, die als solche unmittelbar mit dem ganzen Betriebsbereiche ihres
Unternehmens zusammenhängen. Es rechtfertigt sich daher ihre Verlegung auf
alle mit ihren Stationen diesem Betriebsbereiche angehörigen Uferkantone,
und zwar im Verhältnis der auf sie entfallenden Verkehrsanteile,
entsprechend dem hiernach für die Besteuerung des Erwerbes der
Gesellschaft anerkannten Teilungsgrundsatze.
Die Vennögenstaxation hat somit in der Weise zu erfolgen, dass jeder
beteiligte Kanton in erster Linie das Wertverhältnis der seiner
Steuerheheit zugewiesenenVerbot der Doppelbesteuerung-. N° 61. 437
· Aktiven zu den Gesamtaktiven ermittelt und hierauf die
diesem Verhältnis entsprechende Quote des n a c h seiner Gesetzgebung
steuerpflichtigen Vermögens der Gesellschaft also, gemäss den angeführten
Gesetzesbestimmungen, der Kanton Luzern des unmittelbar bestimmten
Reinvermögens, die Urkantone dagegen des durch die sogenannten eigenen
Gelder der Gesellschaft (Aktienkapital etc.) ausgewiesenen Vermögens
berechnet.
b) Der als steuerpflichtiger E rwerh in Betracht fallende Reingewinn ist
nach der verhältnismässigen Bedeutung jedes beteiligten Kantonsgebietes
für den Gesamtbetrieb zu verteilen, wobei jeder Kanten, der die
Erwerbsbesleuerung kennt, die auf ihn entfallende Quo te wiederum
nach Massgabe seiner einschlägigen Gesetzesvorschriften z i ff e r ru
es s i g zu bestimmen berechtigt ist. Diese Bedeutung des einzelnen
Kantons-gebietes aber entspricht nicht den im angefochtenen Entscheide
der Urkantone berücksichtigten Anteilen der Seeoberfläche und auch nicht
den Gesamtlängen der darauf befahrenen Strecken, sondern vielmehr dem auf
jeden Kanton entfallenden Verkehr, wie er durch die Personenfrequenz und
den Gepäckund Güterumsatz der sämtlichen Stationen jedes Kantonsgebietes
dargestellt wird. Indessen dürfte nach den Replikangaben der Rekurrentin
jedenfalls vorläufig, d. h. für die bereits abgelaufenen Geschäftsjahre,
in denen der Gepäckund Güterumsatz nicht nach Stationen ausgenuttelt
worden ist, die im Rekurse angerufene Statistik des Personenverkehrs
allein als Vergleichsfaktor genügen. Dabei aber ist der Tatsache, dass
sich Sitz und Verwaltung der Rekurrentin in Luzern befinden, Wiederum in
dem Sinne Rechnung zu tragen, dass dem Kanton Luzern auch hier ein der
besonderen Bedeutung dieser Momente für den Gesamtbetrieb angemessener
Voraus-Anteil zugeschieden wird. Und zwar dürfte dies
438 Staatsrecht.
am einfachsten, analog der ausschliesslichen Zuweisung bestimmter
Aktiven bei der Vermögensbesteuerung, geschehen in Form einer bestimmten
Erhöhung seiner proportionalen Quote des steuerpflichtigen Reingewinns,
unter entsprechender Reduktion der Quoten der übrigen Kantone (vgl. über
diese Verteilungsgrundsätze schen AS 40 I Nr. 7 Erw. 4 S 76 f.).
4. Mit der direkten Bestimmung der einzelnen Besteuerungsquoten, nach
Massgabe der vorstehenden Erwägung, kann sich das Bundesgericht zur Zeit
nicht befassen. Hierüber haben vielmehr in erster Linie die kantonalen
Steuerbehörden selbst, in Verbindung mit den entsprechenden ziifermässigen
Taxationen der Reknrrentin, neuerdings zu entscheiden. Dabei dürfte
sich eine Verständigung aller beteiligten Kantone, eventuell auf Grund
einer gemeinsam einzuholenden Exper-tise namentlich zur Bestimmung des
dem Kanton Luzern gebührenden praecipuum bei der Erwerbshesteuerung,
empfehlen. Gegenüber den neuen Entscheidungen, hinsichtlich der Quoten
sowohl, als auch der zitfermässigen Taxaiionen als solcher, die bei
Abweichungen von den bilanzmässigen Ansätzen jedenfalls näherer Begründung
bedürfen, bleibt der Rekurrentin natürlich das Recht der staatsrechtlichen
Beschwerde gewahrt.
Demnach hat das Bundesgericht e r k a n n i :
1. Es wird festgestellt, dass die Kantone Uri, Schwyz, Obund Nidwalden
grundsätzlich berechtigt sind, die Rekurrentin zur Vermögensund
Einkommenssteuer heranzuziehen, und dass der Kanton Luzern grund-sätzlich
dem Steuerrecht jener Kantone Rechnung zu tragen hat. si
2. Die Steuertaxationen der Kantone Uri, Schwyz, Obund Nidwalden, die
der Rekurrentin mit Schreiben der Finanzdirektion Uri vom 4. Mai 1914
zur Kenntnis gebracht worden sind, werden im Sinne der Erwägungen
Verbot der Doppelbesteuerung N° 62. 439
aufgehoben, und es wird die Sache zu neuer Behandlung an die beteiligten
Kantone zurückgewiesen.
3. Die abweichenden und weitergehenden Begehren der Rekurrentin werden
abgewiesen.
62. Urteil vom 17. Dezember 1915 i. s. Locher & csie gegen Kanton
Solothurn u. Gemeinden Olten und Winznau.
Die Ausführung eines einzelnen B'auvertrages begründet kein Steuerdomizil
der auswärtigen Bauunternehmung am Baum-te.
A. Die Firma Locher & Cie ist eine im Handelsregister eingetragene
Kommanditgesellschaft zum Betriebe eines Ingenieursbüreaus und
einer Bauunternehmung für Hochund Tiefbau mit rechtlichem Sitz und
zentraler Geschäftsleitung in Zürich, wo sowohl ihre unbeschränkt
haftenden Teilhaber, die Ingenieure Eduard Locher-Hüriimann, Fritz
Locher-Lavater und Jak-ob Lüchinger Koller, als auch ihr Kommanditär
Heinrich Hürlimann-Hirzel persönlich wohnhaft sind.
Gemäss Bauvertrag vom 14. 29. August 1913 erstellt die Firma zur Zeit
11. a. für das Elektrizitätswerk OltenAarburg A. G. die Stauwehranlage
in der Aare und den Kanaleinlauf des projektierten Elektrizitätswerkes
QltenGösgen auf dem Gebiete der beiden solothurmschen Gemeinden
Olten-und Winznau. Die Arbeiten wurden im September 1913 begonnen; ihr
Beendigungstermm war ursprünglich auf den 30. Juni 1916 festgesetzt und
ist dann wegen der Kriegsmohilmachung um sechs Monate hinausgeschoben
worden. . _
Wegen dieser Unternehmung ist die Firma im Jahre 1915 gegenüber ihrer
Verweigerung der Selbsttaxation von der Kreissteuerkommission Olten für
das Gemeindegebiet von Olten mit 150,000 Fr. Geschäftskapital und