350 Staatsrecht.

. 52. Urteil vom 16. Dezember 1915 l. S. Magazine zum Globus A.-G'. gegen
Zürich.

Begriff des Grundeigentums i. S. von § 187 litt. e des zürcherischen
Gemeindegesetzes. Die Praxis der zürcherischen Behörden, wonach die hier
vorgesehene Liegenschaftensteuer unter Umständen auch einem anderen als
dem im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Subjekt auferlegt Werden
kann, sofern seine Stellung zur Liegenschaft Wirtschaftlich derjenigen
eines Eigentümers gleichkommt, _verstösst nicht gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Anwendung
des Grundsatzes im einzelnen Fall. Willkür? si

A. Die Magazine zum Globus in Zürjch, eine Aktiengesellschaft mit einem
Kapital von 5,000,000 Fr., die laut Handelsregistereintrag den Verkauf von
Handelsartikeln aller Art, die Erstellung gewerblicher Fabrikate-, sowie
den Betrieb von anderen Unternehmungen und die Beteiligung an solchen
zum Zwecke hat und neben ihrem Hauptsitze Zürich in verschiedenen anderen
Städten Zweigniederlassungen unterhält, ist von der Steuerkontmission der
Stadt Zürich laut Anzeige vom 28. Dezember 1914 für Grundbesitz in Zürich
mit 500,000 Fr. eingeschätzt worden. Die Taxation stützt sich auf § 137
litt. e des zürcherischen Gemeindegesetzes, wonach Aktiengesellschaften
(neben der allgemeinen Rein Vermögenssteuer) ihr in der Gemeinde gelegenes
Grundeigentum zum vollen Werte zu versteuern haben. Das Grundeigentum,
auf welches sie sich bezieht, sind die Liegenschaften Hohlstrasse 176
und Löwenstrasse 37, 39 und 41 in Zürich. Als Eigentümer derselben ist
im Grundbuch die Schweizerische Liegenschaftengenossenschaft m Zürich
eingetragen. Letztere ist ihrerseits aus der im Jahr 1900 gegründeten
Genossenschaft Warenhaus Globus hervorgegangen, welche die erwähnten
heute des Liegenschaftengenossenschaft zugefertigen Liegenschaften
erworben und das jetzt von der A.-G. Globus geführte VVarengesc-häft
betrieben hatte. Im Jahr 1907Gleichheit vor dem Gesetz. N° 52. 361

wurde der Name der Genossenschaft in den jetzigen umgeändert und der
Genossenschaftszweck auf die Erwerbung, Verwaltung und Veräusserung von
Liegenschaften beschränkt. Das Varengeschäft ging an die neugegründete
A.-G. Magazine zum Globus über. Während des Jahres 1914 war die
Liegenschaft Hohlstrasse 176 ganz an die A.-G. Globus zu einem Zins von
20,000 Fr. vermietet : in den Liegenschaften Löwenstrasse 37, 39 und 41
verfügte die A. G. laut Mietvertrag über Räumlichkeiten, für die sie
mehr als zwei Drittel sämtlicher Mietzinseinnahmen aus den fraglichen
Gebäulichkeiten (33,000 Fr. von 48,200 Fr.) entrichtete. Die A.-G.
benutzt in Zürich ausserdem und zwar für ihr Hauptgeschäft (Warenhaus)
eine der Genossenschaft Union gehörende Liegenschaft Papierwerd ,
Bahnhofbrücke 1. Andererseits besitzt die Liegenschaftengenossenschaft
ausser den genannten Liegenschaften noch ein Wohnhaus, Bahnhofplatz
1 in Zürich, das in keiner Weise für Zwecke des Globus in Anspruch
genommen ist.

Gestützt auf diesen Sachverhalt erhob die A.-G. Magazine zum Globus gegen
die ihr durch die Taxationsanzeige vom 28. Dezember 1914 mitgeteilte
Einschätzung Ein-

sprache bei der zürcherischen Finanzdirektion, mit der ' '

Begründung, dass sie keinerlei Grundeigentum besitze. In ihrer
Vernehmlassung auf die Einsprache führte die Steuerkommission der
Stadt Zürich aus : Die Schweizerische Liegenschaftengenossenschaft sei
finanziell ganz im Besitz des Globus. Von dieser Gesellschaft und der
nötigen Anzahl von Genossenschaftern, die zugleich Grossaktionäre
des Globus seien, stamme das Genossenschaftskapital. Die in der
Bilanz der Genossenschaft unter dem Titel Kreditoren gebuchte
Schuld von 139,390 Fr. 50 Cts. sei eine Kontokorrentschuld an den
Globus. Ebenso besitze dieser den grössten Teil der II. Hypotheken
des Liegenschaften-schuldenkontos. Als Hauptaktivum der Bilanz der
Genossenschaft erschienen die in verschiedenen Städten gelegenen
Geschäftsgebäude des Globus. In den Liegenschaf--

362 Sta atsrecht.

ten Löwenstrasse 37, 39, 41 in Zürich unterhalte der Globus ausgedehnte
Verkaufsräume und Magazine; die Liegenschaft Hohlstrasse 176 werde von
ihm als Zentralmagazin benutzt. Nach einem Zirkular an die Waren-gläubiger
des Globus, welches die Schweizerische Revisionsgesellschaft in Zürich im
November 1914 versandt habe, stünden sogar alle nachgehenden Hypotheken
der Liegenschaftengenossenschaft dem Globus zu und dienten ihm alle ihre
Liegenschaften. Endlich befinde sich die Verwaltung der Genossenschaft
vollständig in den Händen der Aktiengesellschaft, Sitz und Bureaux
jener seien in den Räumen des Globus in Zürich ; die Geschäftsführung
werde von Personen besorgt, die gleichzeitig dem Ver-waltungskörper des
Globus angehörten.

Im Anschluss an diese Ausführungen verwarf die F inanzdirektion
am 20. Mai 1915 dic Einsprache derA. G. Magazine zum Globus mit
nachstehender Begründung: nach dem Wortlaut des Gemeindegcsetzes sei
der steuerrechtliche Begriff des Grundeigentums nicht ohne weiteres
mit dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff identisch, in dem Sinne, dass
Aktiengesellschaften nur steuerpflichtig wären für Liegenschaften, die
ihnen notarialisch zugefertigt seien. Finanzdirektion und Regierungsrat
hätten daher erklärt und das Bundesgericht habe sie darin geschützt,
dass die Vorschrift des § 137 litt. e des Gemeindegesetzes auch
auf solche Fälle Anwendung finden könne, two Grundeigentum nach den
massgebenden wirtschaftlichen Verhältnissen als einer Aktiengesellschaft
gehörig betrachtet werden müsse, obwohl es nicht auf deren Namen im
N otariatsprotokoll eingetragen sei. Ferner sei die Steuerpflicht auf
Grund der zitierten Vorschrift ausgedehnt werden auf Unternehmungen,
die zwar als Genossenschaften konstituiert seien, ihrem Wesen nach
aber oifensichtlich Aktiengesellschaften gleichkämen. Die Frage, wann
ein derartiger Tatbestand vorliege, bei dem mit den tatsächlichen
Verhältnissen nicht übereinstimmende zivilrechtliche Formen zur
Umgehung des

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 52. 363

§ 1371itt. e des Gemeindegesetzes geschaffen worden seien, müsse in
jedem einzelnen Fall geprüft werden. Nach der bisherigen Praxis sei dies
jedenfalls dann anzunehmen, wenn Aktiengesellschaft und Genossenschaft
nachgewiesenermassen wirtschaftlich zusammengehörten und Liegenschaften
in Frage standen, die ganz oder teilweise für die eigenen Zwecke der
Aktiengesellschaft dienten. Beides treffe hier zu. Die Wirtschaftliche
Zusammengehorigkeit von Aktiengesellschaft und Genossenschaft ergehe
sich einwandfrei aus den Feststellungen der Steuerkommission Zürich,
wonach das Genossenschaftskapital vom Globus aufgebracht worden, dieser
ausserdem Hauptgläubiger der laufenden Passiven sei und die Verwaltung der
Genossenschaft vollständig in den Händen der Aktiengesellschaft liege,
und die Benützung der fraglichen Lokalitäten durch die Rekurrentin sei
nicht bestritten.

Die A. G. Magazine zum Globus focht diesen Entscheid auf dem Wege des
Rekurses an den Regierungsrat als verfassungsund gesetzwidrig an :

a) weil für den Umfang der Steuerpflicht gemäss § 143 Abs. 2 des
Gemeindegesetzes der genehmigte Steuerverleger massgebend sei, in diesem,
der schon im Frühjahr 1914 aufgelegt werden, aber die Rekurrentin mit
einer Steuer für in Grundbesitz bestehendes V ermögen, wie sie nun
verlangt werde, nicht belegt worden und eine nachträgliche Abänderung
des Verlegers unzulässig sei;

b) weil die angefochtene Taxation zu einer Doppelbesteuerung führe,
indem daneben auch die Schweizerische Liegenschaftengenossenschaft in
Form der allgemeinen Vermögenssteuer für ihr ganzes Vermögen, also auch
für die streitigen Liegenschaften, besteuert werde;

c) weil die blosse Wirtschaftliche Zugehörigkeit noch keine
Steuerpflicht begründe und überdies hier auch nicht vorhanden sei, indem
Aktiengesellschaft und Genossenschaft zwei nach ihrem Zweck und ihrem
Vermögen durchaus verschiedene, selbständige Rechtssubjekte darstellten.

AS : l 1915 25

364 Staatsrecht.

Durch Entscheid vom 30. September 1915 Wies der Regierungsrat den
Rekurs ab, lud dabei aber immerhin die Steuerkommission Zürich ein,
auch die Schweizerische Liegenschaftengenossenschaft für das Jahr 1914
noch neu zu taxieren. Aus der Motivierung ist hervorzuheben: der von
der Rekurrentin geltend gemachte formelle Einwand, der Steuerverleger
von 1914 sei zur Zeit ihrer Taxation schon genehmigt gewesen, sie
hätte darin aber nicht als steuerpflichtig auf Grund von § 137 litt. e
des Gemeindegesetzes figuriert und könne deshalb auch nicht mehr als
steuerpflichtig behandelt werden, sei unbegründet. Die Taxationen für
den Liegenschaitenbesitz von Aktiengesellschaften erfolgten durch die
ordentlichen Taxationsorgane und zwar gleichzeitig mit den allgemeinen
Staatssteuereinschätzungen. Es liege in der Natur der Sache, dass bei
diesen Taxationen auf den Zeitpunkt der sog. Genehmigung des Verlegers
nicht abgestellt werden könne. Im übrigen habe § 143, Ahs. 2 des
Gemeindegesetzes nach der ihm von der Praxis gegebenen Auslegung nur die
Bedeutung, dass niemand zur Gemeindesteuer herangezogen werden dürfe,
der im Zeitpunkt der Genehmigung des Steuerverlegers in der Gemeinde
kein Steuerdomizii mehr besitze: die Berücksichtigung von nach diesem
Datums eintretenden Verschiebungen in tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die zur Begründung einer Gemeindesteuerpflicht führten,
werde dadurch nicht ausgeschlossen. Dementsprechend könnten und müssten
auch Neutaxationen oder Aenderungen bestehender Texationen nach § 137
litt. e des Gemeindegesetzes, die im ordentlichen T axationsverfahren
vorgenommen werden, im Gemeindesteuerverleger des laufenden Jahres
noch nachgetragen werden. In materieller Beziehung bestehe keine
Veranlassung, von der ständigen bisherigen Praxis abzuweichen, wonach
zur Liegenschaftensteuer nach § 137 litt. e unter Umständen auch ein
Nichteigentümer herangezogen werden könne, sofern der wirtschaft-iiche
Zusammenhang der Liegenschaft mit einem steuer-

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 52. 365

pflichtigen Gewerbebetrieb dieselbe als wirtschaftlich diesem zugehörig
erscheinen lasse. Es frage'sich demnach einzig, ob hier wirklich eine
solche wirtschaftliche Zugehörigkeit bestehe Das sei aber auf Grund
der Feststellungen der Finanzdirektion, aus denen sich ergebe, dass
das Genossenschaftskapital vollständig oder doch fast vollständig im
Besitze der Aktiengesellschaft Sei und dass diese das Grundeigentum
der Genossenschaft ganz oder doch zu einem wesentlichen Teile für ihre
eigenen Zwecke benütze, zu bejahen. Der Nachweis der Unrichtigkcit dieser
Feststellungen sei der Rekurrentin nicht gelungen (was näher ausgeführt
wird). Auch bedeute die gleichzeitige Besteuerung der A..-G. Globus
für die streitigen Liegenschaften und der Liegenschaftengenossenschait
für ein Reinvermögeu von 350,000 Fr. keineswegs eine unzulässige
Doppelbesteuerung, da die Steuerpflicht für den vollen Wert des
Grundeigentums und diejenige für das Reinvermögeu rechtlich unabhängig
nebeneinander hestünden. Aus der Vernehmlassung dcr Steuerkommission
an den Regierungsrat müsse indessen geschlossen werden. dass die
350,000 Fr. Steuerkapital der Liegenschaftengenossenschait nicht
ausschliesslich Reinverinögen der Pflichtigen darstellten, sondern eine
Summe repräsentierten, die auch wegen der Bestimmung des § 137 litt. e
vereinbart worden sei. Es erscheine daher gerechtfertigt, auch die
Liegenschaftengenossenschait für das Jahr III-l unter Berücksichtigung
dersteuerpflicht des Globus für die fraglichen Liegenschaften noch
neu einzuschätzen. B. Gegen diesen Entscheid des Regierungsrats hat
die A. G. Magazine zum Globus die stuntsrechtliche Beschwerde an das
Bundesgericht ergriffen mit dem Antrags, ihn aufzuheben und die von
der zürcherischen Finanzdirektion am 20. Mai 1915 ver-fügte Besteuerung
der Rekurrentin für die Liegenschaften Hohlstrasse 176 und Löwenstrasse
37,.39 und 41 nach § 137 litt. (: des Gemeindegesetzes als unzulässig zu
erklären. Als Rekursgrund wird Verletzung von Art. 4BV geltend gemacht
und ausgeführt:

366 Staatsrecht.

a) Es sei willkürlich und verstosse gegen den klaren Wortlaut des § 143
Abs. 2 des Gemeindegesetzes ( Der Tag, an welchem der Steuerverleger
genehmigt wird, ist massgebend für die Steuerpflicht des Einzelnen ),
dass nach Genehmigung des Stcuerverlegers für 1914 der Rekurrentin in
Januar 1915 für das Jahr 1914 eine neue Steuer auferlegt werden wolle. Die
genannte Vorschrift gehe von dem Grundsatz der Einheit der Steuerverlegung
aus: der Steuerverleger erledige die Frage der Steuerpflicht für das
betreffende Jahr endgiltig, es gehe daher nicht an, die Veranlagung
hinterher durch Heranziehung neuer Vermögensobjekte, die in der durch den
genehmigten Verleger festgestellten Einschätzung nicht enthalten seien,
zu erweitern.

è) Durch das fragliche Verfahren werde überdies auch § 145 des
Gemeindegesetzes verletzt, wonach die Erhebung der Gemeindesteuern auf
Grund des Staatssteuerregisters des unmittelbar vorangegangenen Jahres
zu erfolgen habe. Da das Staatssteuerregister für 1913 eine Besteuerung
der Rekurreutin für in Grundbesitz bestehendes Vermögen nicht enthalten
habe, dürfe ihr dafür auch per 1914 keine Gemeindesteuer auferlegt werden.

z") Auch materiell sei die angefochtene Besteuerung unzulässig, weil
zur Liegenschaftensteucr nur der wirkliche. zivilrechtliche Eigentümer
herangezogen werden könne und die Voraussetzungen, unter denen die Praxis
eine Ausnahme hievon zugelassen habe, hier nicht erfüllt seien. Die
Annahme des Regierungsrats, dass die Liegenschaftengcnossenschaft
ihre Existenz nur der Absicht verdanke, den § 137 litt. e des
Gemeindegcsetzes zu umgehen, sei schon deshalb unhaltbar, weil die
Gründung der Genossenschaft zeitlich vor derjenigen der Aktiengesellschaft
liege. Im übrigen käme darauf nichts an, da eine Pflicht zur Erwerbung
von Grundeigentum nicht bestehe. Dasselbe gelte in Bezug auf die
weitere Behauptung, dass die Rekurrentin alle Genossenschaftsanteile
der Liegenschaftengenossenschaft besitze : sie stehe im Widerspruch

so- a, ... ...,

... -ss mm.-_ ..

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 52. 367

mit dem Mitgliederverzeichnis der Genossenschaft und dem
Handelsregistereintrag über die letzte Vorstandsbestellung (welche in
beglaubigten Auszügen vorgelegt werden). Die dahingehende Bemerkung in dem
Zirkular der Revisionsgesellschaft sei ungenau und es gehe nicht an, wie
dies der Regierungsrat tue, darauf als auf eine sachkundige Acusserung
abzustellen. Gegenüber der weiteren Angabe des erwähnten Zirkulars, dass
sämtliche Immobilien der Genossenschaft den Geschäftszwecken des Globus
dienten, genüge es auf die unbestrittene Tatsache zu verweisen, dass der
Globus gerade in dem wertvollsten Gebäude der Genossenschaft, dem Hause
Bahnhofplatz 1, bis Anfangs 1915 keinen einzigen Raum benützt habe. Globus
und Liegenschaftengenossenschaft seien rechtlich und wirtschaftlich
durchaus selbständige Unternehmungen ; sie besässen selbständige Statuten,
selbständiges Ver-- mögen, selbständige Organisation und Verwaltung. So
wenig daher die Gläubiger des Globus im Falle der Insolvenz desselben auf
die der Liegenschaftengenossenschaft gehörenden Liegenschaften greifen
könnten, so wenig könnten sich Staat oder Gemeinde für Steueransprüche
auf das in den fraglichen Liegenschaften liegende Vermögen an die
A.-G. Globus halten. Die Belastung des Globus mit einer Steuer für
Vermögen, Welches die Liegenschaftengenossenschaftin Liegenschaften
besitze, erscheine demnach als offensichtlich-er Willkürakt, was sich auch
daraus ergebe, dass man mit der Argumentation der Vorinstanz dazu komme,
ein geteiltes Eigentum anzunehmen, d. h. die Liegenschaften zum Teil der
Rekur-rentin und zum Teil der Genossenschaft zuzuscheiden, und dass diese
Ausscheidung ständigem Wechsel unterworfen Wäre, je nach dem Umfang der
Mietverhältnisse zwischen dem Globus und der Genossenschaft. Dass man
sich hiebei nicht mehr auf gesetzlichem Boden, sondern auf dem reiner
Willkür bewegen würde, bedürfe keiner Ausführungen. Auch werde darauf
beharrt, dass das angefochtene Vorgehen der Steuerbehörden eine Doppelbe-

368 si Staatsrecht.

steuerung zur Folge habe. Und zwar trete eine solche nicht nur ein
durch die gleichzeitige Besteuerung der Liegenschaftengenossenschaft
für ihr Vermögen, sondern auch in Bezug auf die Besteuerung des Globus
selbst. Denn wenn der angefochtene Entscheid aufrecht bliebe, wäre der
Globus gezwungen, neben dem Vermögen, das durch die in seinem Besitz
befindlichen Anteilscheine der Genossenschaft und die Forderungen an diese
dargestellt werde, auch noch das Vermögen der Genossenschaft selbst zu
versteuern. Er würde einerseits für den vollen Wert der Liegenschaften
ohne Abzug der Schulden mit der Liegenschaftensteuer belastet und ihm
andererseits überdies noch der Betrag der grundversicherten Schulden bei
der allgemeinen Vermögensteuer als Vermögen angerechnet. Wenn nun auch,
da es sich nicht um einen interkantonalen Konflikt handle, die Berufung
auf Art. 46
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV ausgeschlossen sei, so müsse doch die Absurdität dieser
Konsequenz einen Grund mehr dafür bilden, den angefochtenen Entscheid
als willkürlich und gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit verstossend
erscheinen zu lassen,

D. Der Regierungsrat des Kantons Zürich und die Steuerkommission der Stadt
Zürich haben auf Abweisung des Rekurses angetragen. In der Vernehmlassung
jenes wird gegenüber dem ersten auf § 143, Abs. 2 des Gemeindegesetzes
gestützten Beschwe'rdegrunde bemerkt :

Auf die Gegenbemerknngen zu den übrigen Beschwerdepunkten wird, soweit
nötig, in den nachstehenden Erwägungen Bezug genommen werden,

Das Bundesgericht. zieht in Erwägung:

1. und 2. (Zurückweisung der auf die §§ 143 Abs. 2 und 145 des
Gemeindegesetzes gestützten beiden ersten Beschwerdegründe.)

3, Die Frage, ob die Praxis-der zürcherischen Steuerbehörden, wonach
mit der Liegenschaftensteuer nach

Gleichheit vor dem Gesetz. N} 52. 369

§ 137 litt. e des Gemeindegesetzes unter Umständen auch ein anderes
Subjekt als der notarielle Eigentümer belegt werden kann, sofern seine
Stellung zur Liegenschaft w i r t s c h a i' t I i c h derjenigen
eines Eigentümers gleichkommt, mit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV vereinbar sei, ist vom
Bun° desgericht schon im Falle des Luzerner Brauhauses A.-G: gegen den
Regierungsrat von Zürich (Urteil vom 3. Juli 1902) beurteilt und b ej
a h t werden. Es hat damals ausgeführt : Das Wesen der Vermögenssteuer
zwmge keineswegs zu dem Schlusse, dass diese nur von dem 'Elgentiimer
der Objekte, auf welche die Steuer gelegt Wird, erhoben werden könne. Die
Vermögenssteuer, besonders in der Form der Grundsteuer, könne sehr wohl
auch als Realoder Objektssteuer gedacht und ausgebildet werden und in
diesem Falle könne, was das steuerpflichtige Subjekt betreiie, nur gesagt
werden, dass dies regelmässig der Eigentümer sei. Auch die Fassung des
positiven zürcherischen Steuerrechts schliesse die vom Regierungsrat
vertretene Auslegung nicht aus. Nach allgemeinem Sprachgebrauch und
selbst in der Rechtsspreche werde der Ausdruck Grundeigentum nicht
selten in rein objektivem Sinne, zur Bezeichnung einer bestimmten Klasse
von Vermögensgegenständen gebraucht und es werde damit nicht immer und
nicht notwendigerweise die subjektive Beziehung dieser Gegenstände zu
bestimmten Personen, Im Sinne der rechtlichen Herrschaft, des Eigentums
verbunden. Im objektiven Sinn verstanden könne das Grundeigentum in
verschiedenen rechtlichen Beziehungen zu den Personen als Trägern von
Rechten stehen und es komme dann für die Frage, welche dieser Beziehungen
in einem bestimmten Verhältnis die rechtlich relevante sei, auf die Natur
des Verhältnisses und die Art an, wie im einzelnen Falle die Beziehung
sprachlich hergestellt sei. Nachdem § 137 litt. e des Gemeindegesetzes
sich hiezu lediglich des Possessivums ihr bediene,.das nicht notwendig
auf eine rechtliche Herrschaft im Sinne des zivilrechtlichen Eigentums
hinweise, könne daher in

870 Staatsrecsiht.

der Ansicht des Regierungsrats, dass mit dem Ausdruck Grundeigentum
lediglich das Objekt des Steueranspruchs und nicht das steuerpflichtige
Subjekt bezeichnet werde, und dass zur Bestimmung des letzteren nicht
auf den formellen Grundbucheintrag, sondern darauf abzustellen sei, wer
sich wirtschaftlich im Genuss der Sache befinde, keine bundesrechtlich
anfechtbare Rechtsverweigerung erblickt werden. Im nämlichen Sinne
hat sich das Bundesgericht seither auch noch in zwei weiteren Urteilen
in Sachen Aktienbrauerei Zürich (AS 30 I S. 243 Erw. 2) und in Sachen
Aktienbrauerei Kardinal vom 5. Oktober 1910 ausgesprochen. Da irgendwelche
neue

Gesichtspunkte, welche geeignet wären, diese Argumen-

tation zu entkräften, im Rekurse nicht angeführt werden, besteht kein
Grund, heute anders zu entscheiden.

Ob im einzelnen Falle ein anderer als die im Grundbuch eingetragene Person
wirtschaftlich die Stellung des Eigentümers einnehme, ist eine Tatl'rage,
die zu beantworten ausschliesslich den kantonalen instanzen zukommt. Das
Bundesgericht hat sich daher an deren Entscheid darüber zu halten, sofern
nicht die tatsächlichen Verhältnisse dabei in offensichtlich falscher
und unhaltbarer Weise gewürdigt worden sind. Letzteres behauptet nun
allerdings die Rekurrentin. Die einzigen Beweismittel, auf die sich sich
gegenüber den tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen beruft
der Auszug aus dem Mitgliederverzeichnis der Liegenschaftengenossenschaft
und der Handelsregistereintrag über die letzte Vorstandsbestellung bei
jener sind indessen nicht geeignet, diese Rüge zu stützen. Vergleicht
man nämlich die erwähnten :Aktenstücke mit dem von der Steuerkommission
Zürich im kantonalen Verfahren eingelegten Geschäftsberichte des Globus
für 1914, so ergibt sich, dass von den sieben im Mitgliederverzeichnis
eingetragenen Genossenschaftern drei Dr Weber, Dr Iten in Zug und Emil
Brauchlin sen. m Zürich zugleich Vorstandsmitglieder der Genossenschaft
und Verwaltungsratsmitglieder der GesellschaftGleichheit vor dem
Gesetz. N° 52. 371

Globus sind, während zwei weitere Werner lten in Zug und Emil Brauchlin
jun. in Zürich ihrem Namen nach offenbar in verwandtschaftlichen
Beziehungen zu den vorss genannten drei Personen stehen. Die im
angefochtenen Entscheid ausgesprochene Vermutung, dass es sich bei
den genannten Genossenschaftern, welche'zusammen mit dem Globus die
Liegenschaftengenossenschaft bilden, bloss um eine formale Mitgliedschaft
handle und dass wirklicher Inhaber auch ihrer Anteilscheine der Globus
sei, erscheint daher schon danach und ohne dass auf das Zirkular der
Schweizerischen Revisionsgesellschaft abgestellt zu werden brauchte,
als wohlbegrü'ndet. Im übrigen wäre es, wie der Regierungsrat zutreffend
hervorhebt, auch unerheblich, wenn sich Wirklich ein kleiner Teil der
Anteilscheine in Dritthänden befände, da die Hauptfrage die ist, ob
der Globus infolge seiner Beteiligung an der Genossenschaft und der Art
der Zusammensetzung der Verwaltung der letzteren t a t s ä c hl i c h
die Verfügung über sie und ihre Mittel habe, was nach den Akten ausser
allem Zweifel steht. Wenn die zürcherischen Behörden aus dieser engen
ökonomischen Bem'ehung zwischen Aktiengesellschaft und Genossenschaft in
Verbindung mit der feststehenden Tatsache, dass die erstere während des
Jahres 1914 die Liegenschaft Hohlstrasse 176 ganz und die Liegenschaften
Löwenstrasse 37 , 39 und 41 zum grossen Teile für ihre Zwecke benützte,
geschlossen haben, dass als wirklicher, wirtschaftlicher Eigentümer
und damit als liegenschaftensteuerpfiichtiges Subjekt in Bezug auf die
genannten Objekte nicht die Liegenschaftengenossenschaft, sondern die
Aktiengesellschaft Globus anzusehen sei, so kann dieser Schluss in keiner
Weise als willkürlich bezeichnet werden. So wie die Dinge hinsichtlich des
Besitzes der Anteilscheine der Genossenschaft und deren Geschäftsführung
nach den bundesrechtlich unanfechtbaren Feststellungen der Vorinstanzen
liegen, erscheint die Liegenschaftengenossenschalt nicht als ein Gebilde
von selbständigem Bestand, sondern ist in Tat

372 Staatsrecht.

und Wahrheit lediglich die Form, unter der der Globus bestimmte
Vennögensbestandteile besitzt und verwaltet. Man steht dabei nicht einmal
wie in den früheren Fällen einem Strohmann mit eigener rechtlicher
Exitenz, sondern einer, willkürlich gewählten Gesellschaftsform
gegenüber, die formell Trägerin der Rechte ist, über die tatsächlich
eine andere Gesellschaft verfügt. Es liesse sich daher ohne Willkür
die Ansicht vertreten, dass diese Beziehung allein schon genüge,
um die Rekurrentin für den g a n z e n im Grundbuch auf den Namen
der Liegenschaftengenossenschait eingetragenenGrundhesitz als
liegenschaftensteuerpflichtig nach § 137 litt· e des Gemeindegesetzes
zu erklären. Daraus, dass die kantonalen Behörden nicht soweit gegangen
sind, sondern die Steuerpflicht noch von dem weiteren Requisit der
Benützung der Liegenschaften der Genossenschaft für die eigenen
Zwecke der Aktiengesellschaft abhängig gemacht und demgemäss die
Heranziehung der Rekurrentin zur Liegenschaftensteuer auf einen T eil der
Liegenschaften der Genossenschaft beschränkt haben, kann die Rekurrentin
keinen Beschwerdegrund ableiten. Wollte man das erwähnte Kriterium als
anfechtbar betrachten, so könnte dies nur nach der Richtung der Fall sein,
als es für die Rekurrentin zu günstig ist. Die Zulässigkeit der Steuer-

auflage als solcher wird dadurch nicht berührt, da, um

sie mit Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV vereinbar_erschei11en zu lassen, schon die übrigen
vorstehend erwähnten Momente ausreichen. Die Angriffe, welche die
Bekursschriit gegen die Annahme eines zwischen Genossenschaft und
Aktiengesellschaft geteilten Eigentums richtet, erweisen sich daher von
vorneherein als unbehelflich.

Dem Vorwurf des Entstehens einer Doppelbesteuerung ist in der Hauptsache
schon durch die von der Regierung angeordnete Revision der Einschätzung
der Liegenschaftengenossenschaft der Boden entzogen worden. Im ferneren
muss, wie bereits bemerkt, auch eine Revision der allgemeinen Einschätzung
der Rekurrentin selbst vorbehaltenHandelsund Gewerbetreiheit. N° 53. 3373

bleiben, wenn und soweit ihre Heranziehung zur Liegenschaftensteuer
bezw. die Behandlung als Ei g e n t ii m e r von Liegenschaften, in Bezug
auf die sie zugleich G r u n dpfandgläubigerin ist, einen Einfluss auf
die allgemeine steuer auszuüben vermag.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

lI. HANDELSUND GEWERBEFREIHEIT

LIBERTÉ DU COMMERCE ET DE L'INDUSTRIE

53. Urteil vom 18. November 1915 i. S. handelt-Frei gegen
Eînwohnergemeinde Aarau { Städtisches Elektrizitätswerk}.

Art. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 3 Kantone - Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind.
1 BV. Ausführung der H au s i nstal l atio n en im Bereiche der
Stromabgabe eines G e m ei n d e E l ektrizitätswerke s; Statthaftigkeit
einer in s achli cher Weise b es chränlct en Zulassung der Konkurrenz
privater Installationsgeschäfte, sofern die Beschränkung im Interesse
des Werkes selbst erfolgt. -

A. Die Einwohnergemeinde der Stadt Aarau betreibt ein Elektrizitätswerk,
für dessen Abgabe der elektrischen Energie der Gemeinderat am 27. Dezember
1907 ein Regulativ erlassen hat. Nach § 8 dieses Regulativs sind die
Kosten für die Hausinstallationen, von den Isolatoren bei der Einführung
der Energie ins Gebäude weg bis zu den Verbrauchskörpern, mit Einschluss
dieser , von dem Abonnenten zu bestreiten. Und anschliessend in Abs. 2
ist bestimmt : Die Installationen und die Lieferung der Gebrauchskörper
dürfen nur durch das Werk besorgt werden oder durch Installateure,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 41 I 360
Datum : 16. Dezember 1915
Publiziert : 31. Dezember 1915
Quelle : Bundesgericht
Status : 41 I 360
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 350 Staatsrecht. . 52. Urteil vom 16. Dezember 1915 l. S. Magazine zum Globus A.-G'.


Gesetzesregister
BV: 3 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 3 Kantone - Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind.
4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
Stichwortregister
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