154 staatsrecht-

nern eine nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkungen ähnliche
ausnahmsweise Erleichterung gewährt, Wie sie die Kriegsgesetzgebung des in
Frage kommenden Auslandsstaates den dortigen Schuldnern einräumt (vergl.
hierüber auch das Urteil der Schuldbetreibungs und Konkurskammer des
Bundesgerichts vom 22. Mai 1915 i. S. Preiss).

5. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die zugerischcn
Rechtsöfinungsinstanzen bei ihrer Anwendung des BRB vom 4. Dezember
1914 auf den vorliegenden Tatbestand ven einer schlechthin unhaltbaren
Auffassung der massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse
ausgegangen sind. Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts kann
daher in der Tat vor der Garantie des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV nicht bestehen.

Demnach hat das Bundesgericht e r k a 11 n t :

Der Rekurs wird gutgeheisseu und das Urteil des Kan--

tonsgerichts des Kantons Zug vom 7. April 1915 aufgehoben.

21. Urteil vom 9. Juli 1915 i. s. Hegg gegen Aargau.

Bedeutung des Art. 60
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 60 Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee - 1 Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
1    Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
2    ...19
3    Der Bund kann militärische Einrichtungen der Kantone gegen angemessene Entschädigung übernehmen.
BV. Zulässigkeit, vor Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, der Beschränkung
des Rechts zum Fischen mit fliegender Angel auf Kantonseinwchner
(aargauische Vollziehungsverordnung vom 18. August 1913 zum
eidg. Fischereigesetz).

A. Der in Bern wohnhafte Rekurrent Hegg bewarb sich im Frühjahr 1915 bei
der aargauischen Finanzdirektion um eine sogenannte Freianglerkarte zum
Fischen mit derfliegenden Angel in Rhein, Aare, Reuss und Limmat auf dem
Gebiete des Kantons Aargau. Er erhielt aber ablehnenden Bescheid, weil
solche F reianglerkarten gemäss den §§ 20 bis 24 der aargauischen Voll--

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 21. 155

ziehungsverordnung vom 18. August 1913 zum eidg. Fischereigesetz
vom 21. Dezember 1888 nur an Personen abgegeben würden, die im Kanton
Aargau niedergelassen seien. In der Tat lautet der 520 jener Verordnung:
Jeder im Kanton Niedergelassene hat das Recht, im Rhein, in der Aare,
der Reuss und der Limmat nach Mass gabe der nachstehenden Bestimmungen
zu fischen. Und nach diesen weiteren Bestimmungen darf dabei nur die
fliegende Angel verwendet werden ( § 21), und es ist zur Ausübung der
Freiangelfischerei für jedes Kalenderjahr eine gegen Erlag einer
mässigen Kanzleigebühr verabfolgte Fischerkarte erforderlich (§ 24). Im
Hallwilersee dagegen ist das Fischen mit der fliegenden Angel gemäss
§25 der Verordnung grundsätzlich jedermann gestattet.

B. Gegenüber dem erwähnten Bescheide hat Hegg den staatsrechtlichen
Rekurs an das Bundesgericht ergriffen und beantragt, die Verweigerung
der von ihm gewünschten Freianglerkarte durch die Finanzdirektion,
sowie die Beschränkung des Rechts zum Fischen auf im Kanton Aargau
Niedergelassene gemäss §20 der aargauischen Fischereiverordnung vom
18. si August 1913 seien als Verletzung der Bundesverfassung ungültig zu
erklären. Zur Begründung beruft er sich in seiner Eigenschaft als nicht
aargauischer Schweizerbürger auf die Garantie der Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
und 60
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 60 Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee - 1 Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
1    Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
2    ...19
3    Der Bund kann militärische Einrichtungen der Kantone gegen angemessene Entschädigung übernehmen.
BV, indem
er geltend macht, die angefochtene Beschränkung des Fischereirechts auf
die Kantonseinwohner gehe über die aus der kantonalen Fischereihoheit
fliessenden Kompetenzen hinaus; sie widerspreche nicht nur theoretisch
den angeführten Verfassungsgrundsätzen, sondern führe auch praktisch zu
ungerechten Verhältnissen (Bevorzugung beliebiger Ausländer mit Wohnsitz
im Kanton Aargau vor den auswärts wohnenden Schweizerbürgern) und werde
speziell von den im Kanton Bern wohnenden Schweizerbürgern als doppelt
ungerecht empfunden, weil die hier jährlich mit erheblichem Kostenaufwand
von Bund und Kanton

156 Staatsrecht.

ausgesetzten Jungfische bei Hochwasser zum Teil mit der Aare in den
aargauischen Fischereibereich gelangten.

C. Die Finanzdirektion des Kantons Aargau hat auf Abweisung des
Rekurses antragen lassen. Sie bestreitet die Verfassungswidrigkeit
der angefochtenen Verordnungsbestimmung unter Hinweis auf die neuere
Praxis der Bundesbehörden (Entscheid des Bundesrates i. S. Patry :
BB}. 1903 IV S. 423, und Urteil des Bundesgerichts i. S. Meyer gegen
Luzern : AS 32 I S. 637) und betont, dass jene Bestimmung sich als zur
Erhaltung des fiskalischen Wertes des kantonalen Fischereiregals notwendig
erwiesen habe, da der Fischbestand in den aargauischen Gewässern durch
die Freianglerei, namentlich zufolge der Invasion von Fischern der
angrenzenden Kantone, von denen gerade der Kanton Bern das Freiangeln
überhaupt nicht gestatte, arg dezimiert und gefährdet worden sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Die Berufung des Rekurrenten auf Art. 60
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 60 Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee - 1 Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
1    Die Militärgesetzgebung sowie Organisation, Ausbildung und Ausrüstung der Armee sind Sache des Bundes.
2    ...19
3    Der Bund kann militärische Einrichtungen der Kantone gegen angemessene Entschädigung übernehmen.
BV geht im vornherein fehl,
weil diese Verfassungsbestimmung die kantonalrechtliche Gleichstellung
nur der Bürger anderer Kantone mit den eigenen Kantonsbürgem
ge-währleistet, während in der angefochtenen Bestimmung der aargauischen
Fischereiverordnung nicht zwischen den aargauischen Kantonsbürgern und
den kantonsfremden Schweizerbürgern als solchen unterschieden, sondern
vom Bürgerrecht völlig abgesehen und lediglich auf die Tatsache der
Niederlassung im Kanton Aargau abgestellt wird.

Diese Bestimmung verstösst aber auch nicht gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Wie
die Vernehmlassung der Finanzdirektiou zutreffend erwähnt, hat das
Bundesgericht durch Urteil vom 18. Oktober 1906 i. S. Meyer gegen
Luzern (AS 32 I N° 94 S. 634 ft.), auf das auch zur Begründung der
bundesgerichtlichen Kompetenz im vorliegenden Rekurs--Gleichheit vor
dem Gesetz. N° 21. 157

falle verwiesen werden kann, in Zustimmung zum bundesrätlichen
Entscheid vom 20. Oktober 1903 i. S. Patry (BBl. 1903 IV S. 423 ff.;
SALIS, Bundesrecht, V N° 2111) und entgegen der früheren Praxis
des Bundesrates, die der Rekurrent im Auge hat, ausgeführt, dass vom
Stand-punkte des fiskalischen Jagdregals aus der jagd bare Wil d st a n
d eines Kantons sehr wohl als ein dem kantonalen Territorium inhärentes
Gut betrachtet Werden könne, dessen naturgemäss nicht unbeschränkte
Nutzung vorzugsweise den Angehörigen dieses Territoriums gehöre,
und dass deshalb eine Erschwerung der Jagdbewilligung für auswärts
Wohnende gegenüber den Kantonseinwohnern auf Grund des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV nicht
zu heanstanden sei (a. a. O., Erw. 2, S. 637). An dieser Erwägung, die
ohne weiteres auch auf den der kantonalen Fischereihoheit unterstehenden
Fischbestand der öffentlichen Gewässer eines Kantons angewendet werden
kann, ist unbedenklich festzuhalten. Die grundsätzliche Auffassung,
dass mit Bezug auf die Nutzung solcher natürlichen Bodenprodukte des
Landes die territoriale Zugehörigkeit der Interessenten ein relevantes
tatsächliches Kriterium für die Begründung einer ungleichen rechtlichen
Behandlung bilde, kann aber in ihrer Wirksamkeit nicht bloss auf einzelne
Bedingungen des Nutzungsrechtes (wie in jenem früheren Falle die Höhe
der für die Rechtausübung zu entrichtenden Gebühr) beschränkt sein,
sondern muss sinngemäss auch für den Bestand dieses Rechts ü h e r h
a u p t, der hier im Streite liegt, Geltung haben. Auch der völlige
Ausschluss der ausserhalb des Kantonsgebietes Niedergelassenen von dem
den Kantons-einwohnern zustehenden Recht zum Fischen in den Öffentlichen
Flüssen des Kantons, wie er sich aus dem § 20 der aargauischen
Fischereiverordnung vom 18. August 1913 ergibt, ist somit aus dem
Gesichtspunkte der verfassungsmässigen Garantie der Rechtsgleichheit
nicht anfechtbar. Der Rekurrent hat für seinen gegenteiligen Standpunkt
keine überzeugenden Argumente vorzu--

158 Staatsrecbt.

bringen _Vermocht; vielmehr dürfte für die von der Finanzdirektion
in ihrer Vernehmlassung behauptete praktische Notwendigkeit der
streitigen Bestimmung im Interesse der rationellen Pflege des
kantonalen Fischbestandes wohl die Tatsache sprechen, dass das Recht
zum Freiangelfischen verordnungsgemäss nicht allgemein, sondern nur in
den fliessenden Gewässern im Gegensatz zum Hallwilersee auf den Kreis
der Kantonsemwohner beschränkt ist.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

_ 22. Urteil vom 19. Juli 1915 1. S. Katholische Kirchenpflege Dietikon
gegen Zürich Regierungsrat.

Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV durch eine kanton bestimmung, die das Steuerrecht
der staatlichaeikiegceasgisz katholischen Kirchgemeinden auf die in der
Gemeinde ansassrgen Konfessionsgenossen beschränkt, während es den
evangelischen Kirchgemeinden nach der einschlägigen Gesetzgebung auch
gegenüber juristischen Personen (Aktienrgesellschaiten) eingeräumt wird.

A. Nach dem zürcherischen Gesetze vom 27. Oktober i863 betreffend
das katholische Kirchenwesen bestehen im Kanton Zürich neben den
evangelischen auch Vier staatlich anerkannte katholische Kirchgemeinden
: Rheinau, Dietikon, Zürich (umfassend das Gebiet der heutigen Stadt
Zürich) und Winterthur (umfassend die Gemeinden Winterthur, Töss,
Veltheim, Oberwinterthur, Wülflingen und Seen). Weitere katholische
Kirchgemeinden können auf dem Wege des Gesetzes. gebildet werden, wenn
ein ausgesprochenes Bedürfnis dazu vorhanden ist und von der Gemeinde ein
genügender Ausweis über die ökono-Gleichheit vor dem Gesetz. N° 22. 159

mischen Mittel für die Bestreitung der kirchlichen Ausgaben
erbracht Wird. (55 5, 6, 7 und 8 des Gesetzes). Der Wirkungskreis
der katholischen Kirchgemeinden beschlägt mit Ausnahme derjenigen
von Dietikon, die zugleich auch Armenverband ist, lediglich die
kirchlichreligiösen Bedürfnisse der Konfessionsgenossen (§ 9)._
In Bezug auf die ökonomische Verwaltung stehen ,dieselben unter der
unmittelbaren Aufsicht des Bezirksrats nach Massgabe der einschlägigen
Bestimmungen des Gemeindegesetzes (§ 4). Die Oberaufsicht über das
katholische Kirchenwesen im allgemeinen steht dem Kantonsrat, die
Wahrung der Rechte des Staates gegenüber den Kirchenbehörden in allen
vorkommenden Fällen dem Regierungsrat zu (% 3). Jede katholische
Kirchgemeinde hat eine Gemeindeversammlung, welche berechtigt ist,
di( in ihren Wirkungskreis einschlagenden Angelegenheiten innerhalb
der Schranken von Verfassung und Gesetz zu ordnen: bezüglich der
Stimmberechtigung in den Wahlversammlungen der Kirchgemeinden Rheinau und
Dietikon gelten die Bestimmungen des § 22 des Gemeindegesetzes : in den
Versammlungen der katholischen Kirchgemeinden Zürich und Winterthur sind
stimmberechtigt die innert den Grenzen der Gemeinde wohnenden Bürger und
Niedergelassenen katholischer Konfession (§ 10). Die Versammlung wird vom
Präsidenten der Kirchenpflege geleitet : im übrigen gelten hinsichtlich
ihres Zusammentrittes, des Verfahrens bei den Verhandlungen und Wahlen
derselben, der Protokollführung usw. die einschlägigen Bestimmungen der
Gesetze betreffend das Gemeindewesen und die Wahlen der Beamten (gg 12,
13). Die von der Gemeindeversammlung gewählte Kirchenpflege besteht aus
dem Präsidenten und mindestens vier, höchstens acht Mitgliedern: ihre
Befugnisse bestimmen sich nach den Vorschriften der §§ I77ss205 des
Gesetzes betreffend das reformierte Kirchenwesen, unter Vorbehalt der
Ausnahmen, welche durch die Konfession und die besonderen Verhältnisse
der betreffenden Kirchgemeinde
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Document : 41 I 154
Date : 22. Mai 1915
Published : 31. Dezember 1915
Source : Bundesgericht
Status : 41 I 154
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 154 staatsrecht- nern eine nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkungen ähnliche ausnahmsweise


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1903/IV/423