154 Entscheidungen detSchuidbetreibungs--

diese Auffassung durchaus richtig und sachlich nicht zu beanstanden.

Auch der Vorwurf, dass die Vorinstanz zu der fraglichen Anordnung
aus formellen Gründen, mangels eines dahingehenden Antrages, nicht
berechtigt gewesen sei, hält nicht Stich. Denn das vom Rekursgegner
gestellte Begehren auf gänzliche Aufhebung der Pfändung schloss
zweifellos dasjenige auf Einleitung des Widerspruchsverfahé rens als
hlosses minus in sich. Indem die Vorinstanz das letztere angeordnet
hat, hat sie somit dem Rekursgegner keinesfalls mehr, sondern höchstens
etwas anderes zugesprochen, als er verlangt hatte. Dazu war sie aber ohne
Frage befugt, da sie bei der Beurteilung des ihr vorgelegten Tatbestandes
keineswegs, Wie der Rekurrent anzunehmen scheint, an die. Parteibegehren
gebunden war, sondern ihn kraft der ihr durch Art. 13
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 13 - 1 Zur Überwachung der Betreibungs- und der Konkursämter hat jeder Kanton eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
1    Zur Überwachung der Betreibungs- und der Konkursämter hat jeder Kanton eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2    Die Kantone können überdies für einen oder mehrere Kreise untere Aufsichtsbehörden bestellen.
SchKG eingeräumten
allgemeinen Ueberwachungsbefugnis frei überprüfen und von sich aus das
ihr gesetzmässig scheinende verkehren konnte.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt:

si Der Rekurs wird abgewiesen. _

27. Entscheid vom 6. Mai 1914 i. S. Zumihor.

Unzulässigkeit der betreibungsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht
gegen den Entscheid einer kantonalen Aufsichtsbehörde über die Einstellung
eines betriebenen Schuldners im Aktivbürgerrecht. -Inwieweit kann das
Bundesgericht die Festsetzung des Existenzminimums bei der Lohnpfändung
überprüfen ? Die Auslagen für den Besuch hö-herer Bildungsanstaiten sind
nicht unumgänglich notwendig im Sinne des Art; 93 SchKG. Wann ist bei der
Lohnpfändung eine Gegenforderung des Arbeitgebers zu berücksichtigen
? Unanwendbarkeit des Art.. 2 ZGB im Betreibungsverfahren. ' .und
Konkurskammer. N° 27. 155

A. In einer Betreibung des Rekurrenten Th. Zumthor, Verwalters,
in Oberwil, gegen den Rekursgegner Gottfried Anliker-Meyer für
eine durch Abtretung erworbeneVerlustscheinforderung pfändete das
Betreibungsamt Binningen am 3. März 1914 vom Monatslohn des Schuldners
einen Betrag von 15 Fr. auf die Dauer eines Jahres. Der Rekursgegner
ist mit einem Monatsgehalt von 200 Fr. bei Bauunternehmer Nyfeler in
Oberwil angestellt. Doch zieht ihm sein Arbeitgeber für eine auf einem
Vorschuss beruhende Forderung, die zur Zeit der Pfändung nach dessen
Angabe 350 Fr. betrug, monatlich einen Betrag von 25 Fr. vom Lohne ab
und die Pfändung bezog sich daher lediglich auf den Restbetrag von 175
Fr. Ausserdem verdient der Rekursgegner durch Erteilung von Unterricht 300
bis 400 Fr. jährlich. Er ist verheiratet und hat einen siebzehnjährigen
Sohn, der in Basel die Realschule besucht.

B. Gegen die Pfändung erhoben beide Parteien Beschwerde, der Rekurrent
mit dem Begehren, das Betreibungsamt sei anzuweisen, die Lohnpfändung zu
erhöhen und die fruchtlose Pfändung mit der Einstellung des Rekursgegners
im Aktivbürgerrecht im Amtsblatt bekannt zu machen. Der Rekurrent machte
u. a. geltend, dass die Forderung des Arbeitgebers nicht berücksichtigt
werden dürfe, sowie dass es nicht zulässig sei, auf den Sohn des
Rekursgegners bei der Festsetzung des Existenzminimums Rücksicht zu
nehmen und somit dem Rekursgegner zu erlauben, seinen Sohn auf Rechnung
seiner Gläubiger studieren zu lassen.

Das Betreibungsamt bemerkte zur Beschwerde u. a.. dass die Parteien in
erbitterter Feindschaft mit einander lebten und daher anzunehmen sei,
die Lohnpfändung sei nur aus Schikane verlangt worden.

Die Aufsichtsbehörde des Kantons Basel-Landschaft wies durch Entscheid
vom 30. März 1914 die Beschwerde des Rekurrenten in Beziehung auf die
Einstellung des Rekursgegners im Aktivbürgerrecht ab und hiess sie im

156 Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

übrigen in dem Sinne gut, dass sie das Betreibungsamt .an'wies, einen
Betrag von 30 Fr. monatlich zu pfänden. Aus der Begründung ist folgendes
hervorzuheben : Die Einstellung des Rekursgegners im Aktivbürgerrecht
sei nach § 35 EG 2. SchKG nicht zulässig, weil sie schon einmal
stattgefunden habe. Bei der Bemessung des Lohnabzuges sei vom wirklich
verdienten Monatslohne von 200 Fr., nicht von demjenigen Betrage, der dem
Rekursgegner nach der Verrechnung mit der Gegenforderung des Arbeitgebers
bleibe, auszugehen. Über die Frage, ob die Lohnforderung bestehe oder
ob der Arbeitgeber mit ihr eine Gegenforderung verrechnen dürfe, sei
im ordentlichen Zivilprozesse des Erwerbers der Lohnansprüche gegen
den Arbeitgeber zu entscheiden. Bei einem Monatsgehalt von 200 Fr. und
einem jährlichen Nebenverdienst von 300 bis 400 Fr. könnten füglich,
ohne dass die Familie des Schuldners in Not gerate, 40 Fr. monatlich in
Abzug gebracht werden, selbst wenn man berücksichtige, dass die Ausbildung
des Sohnes vermehrte Auslagen verursache. Aber es ergehe sich, dass das
Vorgehen des betreibenden Gläubi. gereschikanös sei. Aus diesem Grunde
sei der Lohnabzug nur auf 30 Fr. festzusetzen. Diese 30 Fr. könnten
aber nicht ohne weiteres dem Rekurrenten gegeben werden, sondern erst,
wenn er sich mit den Drittschuldnern ihres Verrechnungsanspruchs wegen
auseinandergesetzt haben werde und nur unter dem Vorbehalt, dass sich
nicht noch weitere Gläubiger der Pfändung anschlössen.

C. Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen
mit den Anträgen, der Rekursgegner sei im Aktivbürgerreeht einzustellen
und der zu pfàndende Lohnbetrag sei angemessen zu erhöhen.

Der Rekurrent wiederholt, was er schon früher vorgebracht hat, und bemerkt
dazu noch folgendes: Eine Lohnpfändung von 40 Fr. monatlich sei bei einem
Jahresverdienst von 2800 Fr. ungenügend. Wenn sodann der-Drittschuldner
eine Gegenforderung habe, so könne er siejnichtund Konkurskammer. N°
27, 157

vorweg mit dem Lohnguthabenverrechnen, sondern "er habe sie, wie
jeder andere Gläubiger, auf dem Betreibungswege geltend zu machen ;
jedenfalls könne er eine solche Forderung nicht mit einem gepfändeten
Betrage kompensieren. Zudem sei es unzulässig, eine Lohnpfändung wegen
eines schikanösenVerhaltens des Gläubigers herabzusetzen.

Die Schuldhetreibungsund Konkurskammer zieht i n E r w ä g u n g :

1. Der Rekurs ist unzulässig, soweit der Rekurrent verlangt, dass das
Betreibungsamt anzuweisen sei, die Einstellung des Rekursgegners im
Aktivbürgerreeht auszusprechen und bekannt zu machen. Die Kompetenz
des Betreibungsamtes zu dieser Verfügung beruht nicht auf dem
eidgenössischen Betreibengsgesetze, sondern auf kantonalem Rechte. Es
handelt sich daher nicht um eine Verfügung im Sinne des Art. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 1 - 1 Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
1    Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
2    Die Kantone bestimmen die Zahl und die Grösse dieser Kreise.
3    Ein Konkurskreis kann mehrere Betreibungskreise umfassen.
? SchKG,
deren Bestätigung durch die kantonale Aufsichtsbehörde nach Art. 19
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529.

SchKG an das Bundesgericht weitergezogen werden könnte. Zudem sind die
öfientlichrechtlichen Folgen der kracht-lesen Pfändung und des Konkurses
ausschliesslich vom kantonalen Rechte beherrscht, wegen dessen Verletzung
der betreibungsrechtliche Rekurs an das Bundesgericht nicht gegeben ist.

2. Was die Lohnpfändung betrifft, so hat die Vorinstanz, gestützt darauf,
dass der Relmrsgegner 200 Fr. monatlich und ausserdem 3 400 Fr. jährlich
verdiene, angenommen, es könnten ihm, ohne dass er mit seiner Familie
Not leiden müsse, 40 Fr. monatlich vom Lohne abgezogen werden. Sie hat
somit sein Existenzminimum auf etwa 190 Fr. monatlich festgesetzt. Hiebei
handelt'es sich in der Hauptsache um eine Angemessenheitsfrage, deren
Lösung durch die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich ist. Dieses
kann die Festsetzung des Existenzminimums nur daraufhin überprüfen, ob
ein Rechtsbegriff umsichtig angewendet, wesentliche tatsächliche Umstände

158 Entscheidungen der Schuldhetreibungs--

übersehen, unwesentliche mitberücksichtigt worden oder ob die
tatsächlichen Feststellungen aktenwidrig oder in bundesrechtswidriger
Verletzung von Verfahrensgrundsätzen gemacht worden seien. Danach
hat das Bundesgericht im vorliegenden Falle lediglich zu prüfen,
ob die Vorinstanz mit Recht den Sohn des Rekursgegners als zu dessen
Familie im Sinne des Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG gehörig betrachtet und die Kosten
für dessen Schulbildung als unumgänglich notwendige Auslagen angesehen
habe. Dass die erste Frage zu bejahen ist, kann nicht zweifelhaft sein.
Es könnte sich zwar fragen, ob die Kosten für den Unterhalt des
Sohnes bei der Festsetzung des Existenzminimums zu berücksichtigen
wären, sofern dieser bei gutem Willen imstande wäre, seinen Unterhalt
selbst zu verdienen. Allein der Rekurrent hat selbst nicht behauptet,
dass diese Voraussetzung zutreffe. Dagegen sind die Auslagen, die der
Besuch der Realschule in Basel erfordert, nicht unumgänglich notwendig
im Sinne des Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG. lm allgemeinen dürfen zum Existenzminimum
nur allfällige Kosten des obligatorischen Schulunterrichtes der Kinder,
nicht die Auslagen für den Besuch höherer Bildungsanstalten, wie der obern
Realschule in Basel, gerechnet werden. Das Existenzminimum ist also auf
den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn die monatlichen Kosten
des Besuches der Basler Realschule von 190 Fr. abgezogen werden. Wie
hoch diese Kosten sind, ergibt sich aus den Akten nicht. Die Sache ist
daher, soweit es sich um die Beschwerde gegen die Pfändung handelt,
an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den erwähnten Abzug mache
und sodann neu entscheide.

3. Wenn die Vorinstanz nach der neuen Festsetzung des Existenzminimums
den zu pfändenden Lohnbetrag bestimmt, so darf, sie jedoch nicht, wie sie
es im angefochtenen Entscheide getan hat, eine monatliche Lohnforderung
von 200 Fr. zur Grundlage ihrer Entscheidung nehmen, sondern sie hat
von einer Forderung von 175 Fr.und Konkurskammer. N° 27. 159

auszugehen, wie es von Seiten des Betreibungsamtes geschehen ist. Da der
Arbeitgeber des Rekursgegners berechtigt ist, mit dessen Lohnforderung
während des Pfàndungsjahres jeweilen monatlich eine Gegenforderung von
25 Fr. zu verrechnen, so beträgt der monatliche Lohnanspruch nicht 200,
sondern bloss 175 Fr. Die Auffassung der Vorinstanz, dass bei der Pfändung
eine Gegenforderung des Lohnschuldners nicht berücksichtigt werden
dürfe, trifft nur in dem Falle zu, wo der Gläubiger die Gegenforderung
bestreitet oder geltend macht, dass die zivilrechtlichen Voraussetzungen
der Verrechnung nicht vorhanden seien. Nur in einem solchen Falle wird
die Lohnforderung des Schuldners im vollen pfändbaren Betrage gepfändet
und ist es dann Sache des betreibenden Gläubigers oder des Erwerbers
der gepfändeten Forderung, in einem Zivilprozesse den Entscheid des
Richters über die Begründet-heit der Einrede der Verrechnung anzurufen
(vgl..JAEG-ER, Komm. Art. 93 N. 1 S. 276 und N. 8 S. 282, und Art. 99
N. 5 und 7, AS Sep-Ausg. 14 N° 57 *). Hier bestreitet aber der Gläubiger,
der Rekurrent, weder, dass die Gegenforderung bestehe, noch dass die
Verrechnung zivilrecht-lich zulässig sei. Er hat lediglich und zudem
erst vor Bundesgericht geltend gemacht, dass einer gepfändeten Forderung
gegenüber jede Verrechnung ausgeschlossen sei, was selbstverständlich
unrichtig ist.

Z4 Die Vorinstanz hat somit den pfändbaren Lohnbetrag in der Weise zu
berechnen, dass sie vom monatlichen Einkommen des Rekursgegners von
205 Fr. (175 Fr. plus 30 Fr.) den von ihr neu festgesetzten Betrag
des Existenzminimums abzieht. _ Dagegen ist es nicht zulässig, wegen
schikanösen Verhaltens des Gläubigers einen weiteren Abzug von 10 Fr.
zu machen. Das Betreibungsamt ist nach Art. 97
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 97 - 1 Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
1    Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
2    Es wird nicht mehr gepfändet als nötig ist, um die pfändenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen und Kosten zu befriedigen.
SchKG, soweit nicht
Unpfändbarkeit besteht, gesetzlich verpflichtet, so viel zu pfänden,
als nötig ist, um den Gläubiger für

* Ges.-Ausg. 37 l N° 93.

ren . Entscheidmigen der Schuidbetreibungs·

seine Forderungsisamt ZinselrWsiKosten Izu befriedigen. Für die Anwendung
der Bestimmung des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB ist im Betreibungsverfahrenkein Raum. Diese
Bestimmung entstammt dem Zivilrecht (vgl. RElCHEL, Komm. z. ZGB Art. 2 N,
l) und. beruht auf der Erkenntnis, dass das geschriebene Privatrecht
dem Reichtum des Lebens nicht vollständig gerecht werden kann. Bei
der unerschöpflichen Vielgestaltigkeit des Lebens, der Fülle der es
beherrschenden, verschiedenartigen und wechselnden Interessen ist
es dem die Sätze des Privatrechts'aufstellenden Gesetzgeber nicht
möglich, alle Fälle zu übersehen und für jeden einzelnen Fall, wo
es sichumRechtsbeziehungen zwischen verschiedenen Personen handelt,
die beidseitigen Interessen gegen einander abzuwägen und danach genau
zu bestimmen, welche Msprüche jeder Person auf Grund ihres Rechtes der
andern gegenüber zustehen sollen. Er muss sich oft mit einem allgemeinen
Grundsatz, mit einer Schablone begnügen, die sich im Leben bald zu eng und
bald zu weit erweist. Diese Unebenheiten des geschriebenen Rechtes soli
Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB ausgleichen, indem er durch den Hinweis auf Treu und Glauben
dem allgemeinen Grundsatz Ausdruck gibt, dass Ansprüche, die nicht zum
Schutze eines berechtigten Interesses dienen und deren Befriedigung
berechtigte Interessen verletzen würde, nicht bestehen können. Demgemäss
ist das Wirkungsfeld des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB in erster Linie das Privatrecht
(vgl. GMüR,

Komm. z. ZGB Art. 2 N. 1, 2, 11 und 17). Im Prozessrecht und insbesondere
auch im Zwangsvollstreckungsverfahren

besteht der Grund nicht, der zur Aufstellung des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB geführt
hat. Während das Privatrecht in der Haupt--

sache die Lebensverhältnisse, die es zu ordnen, und die daraus
entspringenden Interessen, die es zu schützen hat,

als etwas Gegebenes vorfindet und daher suchen muss, sich ihnen möglichst
anzupassen, schafft das Prozessund

Betreibungsrecht, soweit es sich um das Verfahren handelt,

die Beziehungen, die es ordnet, und die daraus entsprin-

gende-n Interessen selbst, indem es den Weg verzeichnet,und Kdnkmkàuimer;
N°27. ' . 161:

den die Behörden und Parteien zu gehen haben, so dass sich die
wesentlichen Handlungen der Behörden und Parteien, aus denen sich'das
Verfahren zusammensetzt, mcht anders abspielen können, als wie es von
vornher-un vorgesehtn ist.; Die Interessen, die bei diesem Verfahren
nn Spiele sind, sind also zum voraus erkennbar. Die Anspruche, die das
Verfahrensrecht gibt, beruhen daher auf einer genauen Abwägung der
erwähnten Interessen und schutzen infolgedessen nach der Auffassung
des Gesetzgebers s t e t s ein berechtigtes Interesse. Sie können
demgemäss im Einzelfall nicht mit dem Hinweis darauf, dass einsolches
Interesse mangle, bestritten'werden. Der Schuldner kann sich somit
dem gesetzlichen Pfändungsanspruch des. Gläubigers gegenüber niemals
auf Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB beruf 11, um den Ausschluss oder eine Beschränkung der
Pfandung zu-= rreichen. e Der Rekursgegner hätte höchstens allenfalls
den Standpunkt einnehmen können, dass die Geltendmachung derForderung des
Rekurrenten auf dem Betreibungswege überhaupt Wider Treu und Glauben gehe
und einen Rechts. missbrauch darstelle. Diese Einrede hätte er aber nur
nach Erhebung des Rechtsverschlages im Rechtsöfinungsver-fahren oder im
ordentlichen Prozesse vor dem Richter geltend machen können, um dadurch
die Beseitigung der-

Betreibung zu erwirken. Demnach hat die Schuldbetreibungs-u.
Konkurskammererkannt:

1. Auf den Rekurs gegen den Entscheid der Farintanz wird nicht
eingetreten, soweit dadurch die Beschwerde gegen die Weigerung des
Betrerbungsamtes, den Rekursgegner im Aktivbürgerrecht elnzustellen, ab--

gewiesen wird. . _ _ 2. Im übrigen wird der Rekurs in dem Sinne gutge-

heiss'en, dass die Sache zu neuer. Behandlungem Sinne der Motive an die
Vorinstanz zurückgewrseen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 III 154
Datum : 06. Mai 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 III 154
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : 154 Entscheidungen detSchuidbetreibungs-- diese Auffassung durchaus richtig und


Gesetzesregister
SchKG: 1 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 1 - 1 Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
1    Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
2    Die Kantone bestimmen die Zahl und die Grösse dieser Kreise.
3    Ein Konkurskreis kann mehrere Betreibungskreise umfassen.
13 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 13 - 1 Zur Überwachung der Betreibungs- und der Konkursämter hat jeder Kanton eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
1    Zur Überwachung der Betreibungs- und der Konkursämter hat jeder Kanton eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2    Die Kantone können überdies für einen oder mehrere Kreise untere Aufsichtsbehörden bestellen.
19 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529.
93 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
97
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 97 - 1 Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
1    Der Beamte schätzt die gepfändeten Gegenstände, nötigenfalls mit Zuziehung von Sachverständigen.
2    Es wird nicht mehr gepfändet als nötig ist, um die pfändenden Gläubiger für ihre Forderungen samt Zinsen und Kosten zu befriedigen.
ZGB: 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
monat • vorinstanz • existenzminimum • bundesgericht • betreibungsamt • arbeitgeber • schuldner • frage • leben • familie • berechnung • zivilprozess • lohn • monatslohn • kantonales recht • treu und glauben • not • wiese • lohnanspruch • dauer
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