558 Obligationenrecht. N° 92.

Richtig ist, dass Bertha Nipp ihren Anspruch auf Unterlassung jeglicher
Konkurrenz durch Esslinger und auf eine Konventionalstrafe von 3000
Fr. im Zuwiderhandlungsfalle nicht ausdrücklich mit dem Geschäft-an Luger
abgetreten hat. Oh der Anspruch als selbstverständlicher Aktivposten eo
ipso mit dem Geschäfte auf den Käufer übergegangen sei, kann dahingestellt
bleiben. Denn Fräulein Nipp hat ihn jedenfalls nachträglich an Luger
abgetreten. Ihre Erklärung vom 8. Mai 1913 weist alle Requisite einer
reehtsgültigen Zession auf, insbesondere dasjenige der Schriftliehkeit
(Art. 165 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 165 - 1 Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
1    Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
2    Die Verpflichtung zum Abschluss eines Abtretungsvertrages kann formlos begründet werden.
OR). Der juristische Charakter der Erklärung wird
dadurch nicht geändert, dass sie möglicherweise zum Zweck ausgestellt
wurde, einer anderen Partei, dem Kläger, im Prozesse gegen Esslinger
behilflich zu sein. Fräulein Nipp hat ihren Willen, den streitigen
Anspruch auf Lager zu übertragen, klar und deutlich bekundet.

3. Im Gegensatz zur Vorinstanz ist daher die Aktivlegitimation des
Klägers zu bejahen und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen,
damit es die weiter vom Beklagten erhobenen Einreden prüfe.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Das Urteil der I. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich
vom 23. Mai 1914 wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen
an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Prozessrecht. N° 93. 559

V. PROZESSRECHT

PROCEDURE

93. Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. September 1914 i. S. Villa,
Beklagter, gegen Wierville, Kläger.

1. Berechnung des Streitwertes. 2. Art. 927
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 927 - 1 Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
1    Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
2    Wenn der Beklagte sofort sein besseres Recht nachweist und auf Grund desselben dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte, so kann er die Rückgabe verweigern.
3    Die Klage geht auf Rückgabe der Sache und Schadenersatz.
ZGB: Besitzesentziehung durch
verbotene Eigenmacht; besseres Recht des Beklagten im Sinne des Abs. 2 ?

A. Zwischen den Parteien kam am 13. Juni 1913 ein Vertrag zustande,
wonach der Kläger sich verpflichtete, dem Beklagten 10 Rapidaufzüge
zum Preis von je 475 Fr. zu liefern. Da der Kläger nur über geringe
Mittel verfügte, machte ihm der Beklagte einen Vorschuss von 990 Fr.,
zu dessen Sicherung die Parteien am 26. Juli 1913 einen weitern Vertrag
abschlossen, wonach der Kläger dem Beklagten seine Werkzeugmaschinen,
Werkzeuge und das sämtliche Material für die dem Beklagten zu liefernden
10 Aufzüge zum Preise von 990 Fr. verkaufte. Der Kaufpreis wurde vom
Kläger als durch den Vorschuss bezahlt quittiert. Der Kaufantritt der
verkauften Objekte sollte sofort geschehen. Gleichzeitig wurde aber,
wie nicht bestritten ist, vereinbart, dass der Kaufvertrag dahinfallen
solle, sobald der Kläger die 10 Aufzüge geliefert habe.

Die verkauften Maschinen und Werkzeuge befanden sich mit dem Material zu
den Aufzügen in einem vom Kläger gemieteten Lokal an der Utengasse 15
in Basel. Am 20. August 1913 liess der Vermieter dieser Werkstätte für
geschuldeten Mietzins beim Kläger eine Betentionsurkunde aufnehmen, worin
als Retentionsobjekt eine der an den Beklagten verkauften Maschinen be-

AS 40 [l _ 1915 38

560 Prozessrecht. N° 93.

zeichnet wurde. Tags darauf bezahlte der Beklagte gegen Abtretung der
Rechte des Vermieters gegen den Kläger den von diesem geschuldeten
Mietzins von 200 Fr. In der Folge soll, nach der Behauptung der Klage,
der Beklagte, um die in Arbeit befindlichen Aufzüge und die ihm verkauften
Maschinen und Werkzeuge vor der Gefahr weiterer Retention zu schützen, die
Aufzüge, und, einen Tag später, einen Teil der Werkzeuge und Maschinen
eigenmächtig und gegen den Willen des Klägers aus dessen Werkstätte
an der Utengasse weggenommen und auf seinen (des Beklagten} Werkplatz
geführt haben. Überdies soll der Beklagte dem Kläger Später auch noch
die an der Utengasse. verbliebenen Werkzeuge dadurch entzogen haben,
dass er mit dem Vermieter des Klägers über das Lokal an der Utengasse
einen Mietvertrag abschloss, und auf Grund dieses Mietvertrages dem
Kläger den Zugang zum Lokal und damit die Benutzung seines Werkzeu-ges
untersagte. Der Beklagte bestreitet nicht, dass sich die Aufzüge und ein
Teil der Werkzeuge und Maschinen in seinem Besitz auf seinem Werkplatz
befinden und dass der andere Teil der Maschinen in dem von ihm gemieteten
Lokal an der Utengasse ebenfalls in seinem Gewahrsam sei. Er behauptet
aber, dass er gestützt auf den Kaufvertrag vom 26. Juli 1913 einen
Anspruch auf die Übertragung des Eigentums an allen diesen Objekten habe
und dass er, nicht durch Eigenmacht. sondern durch Übertragung seitens
des Klägers in deren Besitz gelangt sei.

Nachdem der Beklagte die Aufzüge und übrigen Gegenstände des Klägers in
seinen Besitz gebracht hatte. setzte ihm der Kläger am 11. September
1913 eine mit dem 14. September 1913 ablaufende Frist an, um die mit
der Fertigstellung der Aufzüge fällig werdenden Raten des Werklohnes
zu bezahlen; er drohte dabei an, dass er nach fruchtlosem Ablauf der
Frist vom Vertrage zurücl rtreten Würde. Rechtlich stellte er sich
aufezessrecht. N'? 93. 551

den. Standpunkt, er sei berechtigt, den Preis für die fast fertigen
Aufzüge zu fordern, da der Beklagte durch sein Verhalten ihm die
Fertigstellung verunmöglicht habe. Am 16. September erklärte der Kläger
sodann den Rücktritt vom Vertrag; zugleich forderte er den Beklagten
auf, ihm die Aufzüge, Maschinen und Werkzeuge zurückzugeben. Der
Beklagte bestritt zuerst die Zulässigkeit der Fristansetzung. Später,
am 15. Oktober, erklärte er indessen ebenfalls, er trete von dem
mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrag zurück. Er verweigerte aber
die Rückgabe sowohl der Aufzüge, als auch der in seinem Besitze
befindlichen Maschinen und Werkzeuge, mit der Begründung, dass er durch
den Kaufvertrag vom 26. Juli Eigentümer dieser Objekte geworden sei und
der Kaufvertrag durch die Aufloi sung des Werkvertrages nicht berührt
werde. Hieraui erhob der Kläger beim Zivilgericht von Basel _Klage gegen
den Beklagten. Er verlangte in erster Linie Herausgabe der 10 Aufzüge,
der Maschinen und Werkzeuge, die sich auf dem Werkplatz des Beklagten
und m. der frühem Werkstätte an der Utengasse befinden. Uberdies machte
er eine Forderung von 429 Fr. 80 Cts. geltend (975 Fr. Schadenersatz,
250 Fr. für einen dem Beklagten gelieferten Elektromotor und 194 Fr. 60
(..ts. Restbetrag für dem Beklagten früher gelieferte Rapidaulzüge
abzüglich 990 Fr. Guthaben des Beklagten gestützt auf den gemachten
Vorschuss im gleichen Betrag). Der Beklagte hat die Klage bestritten. '
. B. Durch Urteil vom 8. April 1914 hat das Zwilgericht die Klage, soweit
sie sich auf Herausgabe der Aufzüge, Maschinen und Werkzeuge richtete,
im ganzen Umfang gulgehcissen ; die Entschädigungsforderung wurde dagegen
nur im Betrage von 2 Fr. 65 tlts. ge schützt = 975 Fr. Schadenersatz für
die Zeit vom 21. August bis 10. Oktober 1913 + 194 Fr. 60 Cts. Restbetrag
für früher gelieferte Rapidaufzüge 9910 Fr. aus Vorschuss und 175 Fr. 95
Cts. für vom Kläger zur

562 Prozess:-echt. N° 93.

Verrechnung gestellte anderweitige Forderungen aus dem Werkvertrag. Durch
Entscheid vom 19. Mai 1914 hat das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, an das nur der Beklagte appellierte, das Urteil des
Zi-vilgerichts bestätigt.

C. Gegen das Urteil des Appellationsgerichtes hat der Beklagte die
Berufung an das Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrag, die Klage
sei gänzlich abzuweisen, unter Kostenfolge sämtlicher Instanzen für
den Kläger.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 59 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 927 - 1 Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
1    Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
2    Wenn der Beklagte sofort sein besseres Recht nachweist und auf Grund desselben dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte, so kann er die Rückgabe verweigern.
3    Die Klage geht auf Rückgabe der Sache und Schadenersatz.
OG sind für die Bewertung des Streitwertes die
Rechts-begehren masSgebend, wie sie vor der 2. Instanz noch streitig
waren. Hinsichtlich der Aufzüge, Maschinen und Werkzeuge, deren herausgabe
verlangt wird, kommt für die Streitswertberechnung ihr objektiver Wert in
Betracht. Dieser beläuft sich nach einer vom Zivilgerichtspräsidenten
eingehalten und vor den kantonalen Instanzen in Bezug auf ihre
Richtigkeit nicht angefochtenen Expertise auf 2715 Fr. und 500 Fr. für
den Elektromotor. Was die Entschädigungsforderung betrifft. so war sie,
da der Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil nicht appelliert hat,
vor 2. Instanz-, nur noch im Betrag von 2 Fr. 65 Cts. streitig, so dass
der für das mündliche Verfahren gemäss Art.? 67 Abs. 4 OG erforderliche
Streitwert nicht gegeben ist. Das gleiohe Wäre auch'dann der Fall, wenn
die Streit 'wertsberechnung auf Grund der Rechtsbegehren vorgenommen
werden wollte, die am-Anfange des Prozesses streitig waren. Denn dann
dürfte nicht der ursprüngliche Betrag der Forderung von 1419 Fr. 60
Cts., sondern nur der Saldo von 429 Fr 60 Cts. berücksichtigt werden,
der nach dem vom Kläger selbst vorgenomme-nen Abzug der Gegenforderung
des Beklagten aus Vorschuss übrig bleibt. '

Prozessrecht. N° 93. 563

2. Im Gegensatz zu den Parteien und zur ersten Instanz, die sowohl
die Klage auf Herausgabe der streitigen Objekte, als auch die
Entschädigungsforderung des Klägers einzig vom obligationenrechtlichen
Standpunkte aus behandelt hahen, hat die Vorinstanz den Prozess nach
sachenrechtlichen Grundsätzen entschieden. Ob sie dazu berechtigt war,
trotzdem die Parteien die Sache nur auf Grund des Obligationenrechts
vorgetragen haben, entzieht sich als eine Frage des kantonalen
Prozessrechtes der Überprüfung durch das Bundesgericht. __ In der
Sache ist in erster Linie die für den Schadenersatzanspruch des Klägers
erhebliche Frage nach der Bedeutung des Kaufvertrages vom 26. Juli 1913
zu prüfen. Wie die Parteien übereinstimmend ausführen, verfolgte dieser
Vertrag den Zweck, den Beklagten für den Vorschuss von 990 Fr. sicher zu
stellen, den er dem Kläger gemacht hatte. Dieser Kauf und das daraus für
den Beklagten entstandene Recht, sofort die Ubertragung des Eigentums
an den streitigen Sachen zu verlangen, sollte dem Beklagten für sein
Darlehen Sicherheit bieten, bis der Werkvertrag erfüllt war denn mit der
Ablieferung der Aufzüge bekam der Beklagte volle Sicherheit oder für den
Fall, dass aus irgend einem Grund der Vertrag nicht erfüllt oder dahin
fallen würde. Die Eigentumsübertragung, die der Beklagte gestützt auf den
Kaufvertrag hätte verlangen können, wäre also eine fiduziarische gewesen
; der Beklagte hätte Eigentümer werden können, aber er hätte von seinem
Eigentum nur im Sinne des fiduziarischen Verhältnisses Gebrauch machen
dürfen d. h. er wäre zur Rückgabe der Objekte verpflichtet gewesen,
wenn entweder der Werkvertrag erfüllt oder aber sein Vorschuss von
990 Fr. zurückbezahlt worden wäre. Es ist daher unrichtig, wenn der
Beklagte behauptet, dieser Kauf sei ganz unabhängig vom Werkvertrag;
der fiduztarisehe Charakter des Kaufvertrages ergibt sich vielmehr schon
daraus, dass sonst der Beklagte für seinen Vor-

564 Prozessrecht. N° 93.

schuss von 990 Fr. Objekte im Werte von mehr als 3000 Fr. zu Eigentum
erworben hätte, was nicht die Meinung der Parteien gewesen sein
kann. Unzutreffend ist aber auch die Auffassung des Klägers, der den
Kaufvertrag nur als Nebenvertrag zum Werkvertrag behandeln will, so
dass mit dem Wegfall des Werkvertrages auch der Kaufvertrag dahinfallen
würde. Der Kaufvertrag beabsichtigte vielmehr, dem Beklagten ge' rade
für den Fall, dass der Werkvertrag nicht erfüllt. oder aufgehoben werden
sollte, Sicherheit zu gewähren. 3. Die Vorinstanz hat mit Recht den
Anspruch des Klägers auf Wiedereinräumung des Besitzes an den streiligen
Objekten gestützt auf Art. 927
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 927 - 1 Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
1    Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
2    Wenn der Beklagte sofort sein besseres Recht nachweist und auf Grund desselben dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte, so kann er die Rückgabe verweigern.
3    Die Klage geht auf Rückgabe der Sache und Schadenersatz.
ZGB gutgeheissen, weil aus der bei den
Akten liegenden Strafprozedur hervorgeht, dass nicht etwa der Kläger
dem Beklagten den Besitz an diesen Sachen freiwillig übertragen hat,
sondern dass Sich der Beklagte gegen den Willen des Klägers in deren
Besitz gesetzt hat. Allerdings haben die Parteien am 20. August 1913
vereinbart, dass die Aufzüge aus der bisherigen Werkstätte des Klägers
auf den Werkplatz der Beklagten geschafft werden sollten. Aber selbst
wenn dies tatsächlich geschehen wäre, so wäre damit nicht bewiesen, dass
der Kläger den Besitz an diesen Gegenständen habe aufgeben und ihn in
Erfüllung des Kaufvertrages dem Beklagten habe übertragen wollen. Die
Aufzüge waren nach Feststellung der Expertise damals fast vollendet;
der Kläger hätte somit nach deren Fertigstellung und Uebergahe an den
Beklagten den Werklohn fordern können, von dem die Hälfte sofort fällig
gewesen wäre. Unter diesen Umständen ist, bis zum Beweise des Gegenteils,
nicht anzunehmen, dass. der Kläger die Aufzüge auf den Werkplatz des
Beklagten habe verbringen wollen, um auf Grund des Kaufvertrages,
der einen Kaufpreis von 990 Fr. vorsah, die Aufzüge dem Beklagten zu
Eigentum zu übergeben. Aus den Akten ergibt sich vielmehr klar, dass
die Parteien die Aufzüge nur deshalb aus der

Prozessrecht. N° 93. 565

Werkstatt des Klägers fortschaffen und auf den Werkplatz des Beklagten
verbringen lassen wollten,_ um sie der Gefahr einer neuen Retention
für vom Klager geschuldeten Mietzins zu entziehen.-Dazu kommt aber,
dass der Kläger die Aufzüge tatsächlich nicht auf (Lex; Werkplatz
des Beklagten, sondern in em anderes Lo a gebracht hat. Der Kläger
mag dabei der Vereinbarung mit dem Beklagten über die Verbnngung der
Obieäcte zuwidergehandelt haben, die tatsächliche Gewaltkii er die
Objekte hat er dagegen nie aufgegeben. Der Be algte hat daher, als er
am folgenden Tag .... das neue IÎO a eindrang und die Aufzüge gegen den
Willen des Klagärs wieder wegnahm, eigenmächtig und in Yerletzung elil
Besitzesrechte des Klägers gehandelt. Er ist somit nac Art. 927
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 927 - 1 Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
1    Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
2    Wenn der Beklagte sofort sein besseres Recht nachweist und auf Grund desselben dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte, so kann er die Rückgabe verweigern.
3    Die Klage geht auf Rückgabe der Sache und Schadenersatz.
ZGB zu
deren Rückerstattung verpflichtet, sofern er sie nicht auf Grund eines
besserenRechtes dem Kläger wieder abverlangen könnte. Fur sem besseres
Recht beruft sich der Beklagte auf den Kaufvertrag% Allerdings bestimmt
dieser, dass der Kaufsantntt 80th erfolgen könne. Umgekehrt setzt aber
der WerkverArafg voraus, dass der Kläger bis zur Fertigstellung der . n
züge im Besitze der Aufzüge, Werkzeuge und Maschinen bleiben sollte. Diese
sich widersprechenden aVer-trage sind daher, wie die Vorinstanz bereits
ausgefuhruhat, so auszulegen, dass der Beklagte jedenfalls nicht in
eixem Momente, wo die Aufzüge fast vollendet waren,k em Kläger den
Besitz am Material und an dem Wer zeug entziehen und ihm damit die
Erfüllung des Werkvertra; ges verunmöglichen durfte. Dem Klager stand
sozi; kein besseres Recht auf dem Besitze der streitigen " jekte zu. Aus
den nämlichen Gründen wie die Anfzuäe, hat der Beklagte aber auch die
Werkzeuge und Masc inen,die auf seinem Werkplatz mit Beschlag belegt
wurden, an den Kläger herauszugeben. Denn diese Jgex stände sind,
wie der Beklagte selber zuglbt, degl %gas zugleich mit den Aufzügen
weggenommeäwor dee]: Klädagegen diejenigen Werkzeuge und Masc men

566 Prozessrecht. N° 93.

gers anbelangt, die im Lokal an der Utengasse 15 belassen worden waren,
so hat sich der Beklagte, wiederum nach seiner eigenen Darstellung,
den Besitz daran dadurch verschafi't, dass er das Lokal mietete und
da-raufhin dem Kläger das Betreten des Raumes untersagte. Auch in diesem
Vorgehen liegt verbotene Eigenmacht und es sind daher auch diese Objekte
dem Kläger zurückzuerstatten. .

4. Für den Schaden, der dem Kläger aus der Unmöglichkeit, die ihm
entzogenen Maschinen und Werkzeuge nutzhringend zu verwenden, entstanden
ist, hat die Vorinstanz dem Kläger 975 Fr. zugesprochen. Bei Festsetzung
des Schadenersatzes darf indessen nicht ausser Acht gelassen werden,
dass der Beklagte auf Grund des Kaufvertrages, der auch vom Kläger nicht
etwa als ein simuliertes Rechtsgeschäft, sondern als ein ernstgemeinter
Kauf bezeichnet wird, die Uebertragung des Besitzes an den Maschinen und
Werkzeugen hätte verlangen können. Mit der Aufhebung des Werkveitrages
am 16. September stand fest, dass sich der Beklagte für das Darlehen
nicht mehr durch Kompensation mit dem Werklohn werde decken können;
er. hätte daher in diesem Momente die Erfüllung des Sicherungskaufes
bis zur Zurückerstattung des Vorschusses verlangen dürfen. Auch ohne
die eigenrnächtige Besitzesergreifung durch den Beklagten wäre somit
der Kläger wenigstens vom 16. September an nicht mehr im Besitze seiner
Werkzeuge und Maschinen geblieben, sondern er hätte den Besitz daran dem
Beklagten übertragen müssen. Der Schaden, den er geltend macht, wäre ihm
infolgedessen auf alle Fälle entstanden, da keine Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass er den Vorschuss vor dem 10. Oktober zurückerstattet
hatte. Für die Schadenszumessung kann also höchstens die Zeit vom
21. August bis 16. September in Frage kommen, für welche nach freiem
richterlichem Ermessen ein Betrag von 150 Fr. zuzusprechen ist. Der von
der Vorinstanz ihrer Berechnung

Prozessrecht. N° 93. 567

zu Grunde gelegte Nettogewinn von 650 Fr. monatlich erscheint zu
hoch. Der Kläger behauptet selbst, er habe bis zum August monatlich
bloss zirka 300 Fr. verdient. Auch dieser Betrag ist aber eher noch
als zu hoch zu bezeichnen, wenn berücksichtigt wird, dass der Kläger
weder zur Anschaffung des Materials für die Aufzüge, noch zur Bezahlung
des seit Anfang 1913 geschuldeten Mietzinses für seine Werkstätte
die nötigen Mittel besass, woraus geschlossen werden darf, dass die
Rendite des Geschäftes des Klägers eine ziemlich prekäre war. Neben
den 150 Fr. Schadenersatz sind dem Kläger sodann, gemäss dem in diesem
Punkte nicht angefochtenen vorinstanzlichen Urteile, noch 194 Fr. 60
Cts. zuzusprechen, zusammen also 344 Fr. 60 Cts. Diesem Betrag stehen
zwei 990 Fr. und 176 Fr. 95 Cts. ausmachende Forderungen des Beklagten
zur Kompensation gegenüber. Die Forderungsklage ist daher, mangels eines
Saldos zu Gunsten des Klägers, abzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

In teilweiser Gntheisung der Berufung wird das Urteil des
Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 19. Mai 1914 dahin
abgeändert, dass der Beklagte zur sofortigen nnbeschwerten Herausgabe
der vom Kläger auf Grund des Vertrages vom 13. Juni 1913, angefertigten
zehn Rapidauizüge, sowie der auf Seite 22 und 23 des erstinstanzlichen
Urteils genannten Gegenstände an den Kläger gehalten ist, die Klage im
übrigen aber abgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 II 559
Datum : 23. Mai 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 II 559
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 558 Obligationenrecht. N° 92. Richtig ist, dass Bertha Nipp ihren Anspruch auf Unterlassung


Gesetzesregister
OG: 59
OR: 165
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 165 - 1 Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
1    Die Abtretung bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
2    Die Verpflichtung zum Abschluss eines Abtretungsvertrages kann formlos begründet werden.
ZGB: 927
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 927 - 1 Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
1    Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzogen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besseres Recht auf die Sache behauptet.
2    Wenn der Beklagte sofort sein besseres Recht nachweist und auf Grund desselben dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte, so kann er die Rückgabe verweigern.
3    Die Klage geht auf Rückgabe der Sache und Schadenersatz.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • werkzeug • werkvertrag • vorinstanz • wille • eigentum • bundesgericht • schadenersatz • frage • werklohn • streitwert • tag • richtigkeit • wert • basel-stadt • benutzung • kaufpreis • darlehen • verbotene eigenmacht • charakter • schaden • monat • gewerbliche räumlichkeit • rechtsbegehren • wegnahme • miete • lieferung • kantonsgericht • entscheid • verfahren • aufhebung • rückerstattung • begründung des entscheids • berechnung • angabe • forderungsüberweisung • abtretung einer forderung • rad • zeuge • verhalten • frist • weiler • eo • ermessen • forderungsklage • zivilgericht • schuss • konventionalstrafe • stelle • mündliches verfahren • sachenrecht • erste instanz
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