480 Obligationenrecht. N° 82.

' 82. Urteil der I. Zivilabteilung vom zo. Juni 1914 i. s. Onny & GW,
Beklagter, gegen Gaitès, Kläger.

A rt. 67 OG: Rückweisungsantrag als Hauptbegehren
des Berufungsklägers. -Art. 80 OG: Zulässigkeit von
Rechtsgutachten, Literatur und ausländischen Gesetzen als nova im
Berufungsverfahren. Kaufvertrag zwischen einem Verkäufer in Spanien
und einem Käufer in der Schweiz, wobei der gekaufte Wein, von der Sorte
Panadès, in Frankreich durch den Spediteur des Käufers umzufüllen war und
vom Käufer nach Deutschland Weiterversandt wurde. Frage des anzuwendenden
Rechtes: Spanisches, französisches, deutsches oder schweizerisches
? Subsidäre Geltung der lex fori, wenn hinsichtlich des anzuwendenden
Rechtes ein Parteiwille nicht zu ermitteln ist. Frage, ob die Möglichkeit
re chtsgenüglicher Mängelrü ge verwirkt sei, weil die behaupteten Mängel
nicht schon auf der französischen Umladestation festgestellt wurden und
deshalb die damalige Beschaffenheit des Weines nicht mehr feststellbar
sei. Frage, ob mit der Einwendung, es sei eine andere Weinsorte geliefert,
ein Mangel gerügt oder Lieferung eines aliud behauptet ,wird.

(Die tatsächlichen Verhältnisse des _Faîles sind aus den nachfolgenden
rechtlichen Erwägungen in Verbindung mit dem vorstehenden Resume
ersichtlich.)

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die Berufung ist formell zulässig. Obwohl die beklagte Firma in erster
Linie einen Rückweisungsnntrag und nur eventuell einen Antrag in der
Sache selbst gestellt hat, so geht doch aus der Fassung ihrer Be-gehren
deutlich hervor, inwieweit das vorinstanzliche Urttil angefochten wird
und ie es abgeändert werden soll. Der Vorschrift des Art. 67 2 OG ist
also Genüge geleistet.

Die mit der Berufungserklärung eingereichten Beilagen sind zu
berücksichtigen, da es sich um Rechtsgutachten, Literatur und Gesetze
handelt, die jederzeit,

Obligationenrecht. N° 82. 481

letztere auch von Amteswegen, beigezogen werden dürfen.

2. Im übrigen können Zweifel über die Zulässigkeit der Berufung nur noch
bestehen in Hinsicht auf das anzuwendende Recht. Die Vorinstanz hat
schweizerisches Recht als anwendbar erachtet und seiches tatsächliih
insoweit angewendet, als sie auf eine Prüfung der Rechtsbeziehungen
aus dem streitigen Kaufvertrage eingetreten ist, (nämlich hinsichtlich
der Rechtzeitiglreit der Untersuchung des gelieferten Veines ll'ld der
Mängelnng s. unten Er. 3). Das Bundesgericht muss die Frage in Beziehung
auf das gesamte Rechtsveihiiltiais zwischen den Parteien, soweit es
für die Streitsache von Bedeutung ist, untersuchen, somit. auch in
Beziehurg auf ,jene Punkte, über die erst noch im Falle eier Anlheburg
des Vorentscheides zu urteilen sein wird, wenn es sich also erweist,
dass der Kläger mit seit-en Einwendungen gegen die Empfangbarkeit der
Ware zu hören und dass sachlich darüber zu entscheiden ist. _

Mit der V. rinstanz ist davon auszugehen, dass die Anwendbarkeit
von vier Rechten, des spanischen, französischen, deutschen und
schweizerischen, in Frage kommen kann. Bei der Entscheidung, welches
davon auf das Streitverlniltnis zutrifi't, ist nach der bisherigen
Rechtsprechung des Bundesgerichts vor allem auf den Wi'len der Parteien
beim Vertragsabschluss abzustellen und weil eine besondere Erklärurg
der Parteien darüber mangelt, muss man diesen Willen aus den gesamten
Umständen des Falles zu entnehmen suchen.

Geht man nun hievon aus, so kann zunächst jedenfalls von der Anwendung
des spanischen Rechts nicht die Rede sein. Dass der Kläger in Spanien
seinen Wohnsitz hat und dass die Ware von dort aus versandt wurde, ist
für die Frage des anzuwendenden Rechts mindestens in Hinsicht auf die
hier streitigen Berhtsbezirhungrn der Vertragsparteien bedeutungslosEs
,handelt sich nicht um Ansprüche des Klägers als

482 Obligationenrecht. N° 82.

Käufer ; im besondern sind die eingeklagten Wechselforderungen von 4087
Fr. 95 Cte. mit ihren Akzessorien und das ihnen zu Grunde liegende
materielle Forderungsverhältnis an sich nicht streitig. Der Streit
betrifft vielmehr Ansprüche der Beklagten als Käuferin: den Anspruch
auf Wandelung wegen vertragswidriger Lieferung und die damit verbundene
Schadenersatzforderung, sowie die Frage, ob die Beklagte diese Ansprüche
rechtsgenüglich durch die erforderliche Tatbestandsfeststellung
und Mängelrüge gewahrt habe. In allen diesen Punkten aber steht das
Vertragsverhältnis der Parteien in keinem örtlichen Zusammenhang mit
dem Geltungsgebiete des spanischen Rechts, und daher lässt sich weder
annehmen, dass die Parteien Willens gewesen seien, diese vertraglichen
Beziehungen dem spanischen Rechte 'zu unterstellen, noch sagen, dass,
falls sie an die Frage des anzuwendenden Rechts überhaupt nicht gedacht
haben, die Anwendung spanischen Rechts als das vernünftigerweise der
sachlage Entsprechende und daher von diesem Gesichtspunkte aus als das
von den Parteien Gewollte gelten müsse.

Aus Gründen gleicher Art muss auch die Anwendung deutschen Rechts ausser
Betracht fallen. Freilich ist der Wein nach seiner Umfüllung in Cette
zunächst nach Barr im Elsass verbracht worden. Allein laut aktengemässer
Feslstellung' der Vorinstanz war dem Kläger beim Vertragsabschlusse
unbekannt, dass die Ware für einen Abnehmer in Deutschland bestimmt sei.
Der Beweisantrag der Beklagten: der Kläger habe schon aus dem früheren
Verkehr mit ihr gewusst, dass dessen Sendungen nach Deutschland gingen,
ist von den Vorinstanzen, wohl als zu allgemein gehalten, unbeachtet
geblieben und bundesrechtl ch lässt sich hingegen nichizs einwenden. Zudem
würde aus der zum Beweis erstellten Tatsache noch keineswegs folgen, dass
der Kläger bei der Eingebung des Vertrages einen OrtObllgationenrecht. N °
82. 483

auf deutschem Gebiete, und im besondern Barr, als vertraglichen
Bestimmungsort der Ware habe gelten lassen und dass die Beklagte dies
als seine Willensmeinung habe voraussetzen dürfen. Vielmehr berührt der
Umstand, dass der Wein auf Weisung der Beklagten von Cette aus nach
Barr, anstatt nach Basel, dem Wohnort der Beklagten, spediert wurde,
die vertraglichen Beziehungen nicht und besitzt daher auch für die Frage
des anzuwendenden Rechts keine Bedeutung.

Hinsichtlich des französischen Rechts sodann liegt ein örtlicher
Zusammenhang im genannten Sinne insofern vor, als der Wein von Spanien
aus zunächst nach Cette gebracht und dort dem Spediteur der Beklagten
übergeben wurde, der ihn unter Aufsicht der französischen Zollbehörden in
einen Reservoir-wagen unifüllen liess, dabei Muster entnahm und ihn dann
gemäss den Instruktionen der Beklagten nach Barr weiter versandte. Allein
das alles ist für die Anwendbarkeit französischen Rechls, mindestens in
den hier fraglichen Punkten, nicht entscheidend. Zunächst kann man dar '
aus jedenfalls soweit nichts ableiten, als es sich um die vertragsgemässe
Lieferung und die Empfangbarkeit der Ware handelt. Mochte auch die
Beklagte den Wein in Cette zur Veilerbeiörderung haben übernehmen müssen,
so war doch nicht hier auch der Erfüllungsort, und namentlich lässt
sich nicht sagen, dass das Recht des Ortes der Übernahme massgebend
gewesen sei für die Frage der vertragsgemässen Besclial'a fenheit
der Ware. Hinsichtlich dieser Frage ist es rechtlich nebensächlich
und zufälliger Natur, dass die Spe-dition in der angegebenen Weise
aus transportund zolltechnischen Gründen eine Unterbrechung erfahren
musste. Keiner der Parteien konnte es deswegen darum zu tun gewesen
sein, ein ihnen beiden fremdes Recht, dessen Bestimmungen ihnen wohl
unbekannt waren, als für den Inhalt der Lieferungspl'licht massgebend
zu erklären. Das gleiche gilt aber auch hinsichtlich der

484 Obligationenrecht. N° 82.

Feststellung des Zustandes der Ware und der Män gelrü ge: Auch als
Prüfungsort im gesetzlichen Sinne konnten die Parteien Cette als blosse
Umladeund Zwischenstation nicht betrachtet haben. Es widerspräche das
übrigens einer im Weinhandel Zwischen der Schweiz und Spanien bestehenden
Usance (HE 19 S. 62), die die Vorinstanz nicht berücksichtigt hat, obschon
von der Beklagten darauf hingewiesen wurde. Freilich konnte die in Cette
vorzunehmende Umküllung dazu führen, dass die für die Beschaffenheit
des Weines beweispflichtige Partei sich unter Umständen zur Wahrung
ihrer Interessen zu vorläufigen beweissichernden Massnahmen veranlasst
sehen musste. Allein damit ist nicht gesagt, dass nun hier schon der
Untersuchungsund Rügepflicht als solcher zu genügen war und dass der
mit der Umfüllung und dem Veiterversand der Ware betraute Spediteur
der Beklagten auch in Hinsicht auf diese Pflicht als ihr Vertreter zu
gelten hatte. Für die Annahme einer solchen Willensmeinung bedürfte es
vielmehr besonderer schlüssiger Anhaltspunkte. _ [Damit verbleibt noch
die Möglichkeit, das schweiz/erische Recht als das von den Parteien
den streitig-en Rechtsbeziehungen zu Grunde geiegte anzusehen. Für
diese Auffassung spricht in der Tat, dass Basel Wohnort der Beklagten,
der erfüllungsberechtigten Käuierin, ist und dass, wie gesagt, kein von
Basel verschiedener Prüfungsund Bestimmungsort in Betracht kommt. Hienach
liesse sich annehmen, der Kläger habe die Ware mangels anderer Verabredung
als nach Basel bestimmt ansehen können und müssen und als Parteiwille
habe unter den gegebenen Umständen zu gelten, dass die Beklagte ihrer
Prüfungsund Rügepilicht als solcher erst nach der Ankunft des Weines
in Basel zu genügen habe und dass sie hiefür, sowie für die Frage,
ob vertragsgemäss geliefert sei, auf das Recht ihres '-.-'ohnsitzes
abstellen dürfe, welches Recht ,zugleich das des Untersuchungsund des
Erfüllungsortes wäre (vgl.Obligationenrccht. N° 82. 485

auch den Bundesgerichtsentscheid vom 17. Mai 1913 i. S. Roiron gegen
Burckhard, wonach unter ähnlichen Umständen die Anwendbarkeit des
schweizerischen Rechts stillschweigend anerkannt wurde}.

Wollte man aber auch nicht so weit gehen, so wäre doch das schweizerische
Recht von einem andern, schon vorinstanzlich hervorgeliobenen
Gesichtspunkte aus anzuwenden. Die Sache läge dann so, dass es an
hinreichenden Gründen fehlte, um die Anwendung ausländischen Rechts
gestützt auf eine Ermittelung des wirklichen oder präsumptiven
Parteiwillens zu rechtfertigen, und im weitern liessen sich nach den
Verhältnissen des Falles gegen die Anwendung des schweizerischen Rechts
auch keine Billigkeitsgründe namhaft machen. Unter solchen Umständen
aber besteht die natürlichste und riehtigste Lösung darin, dass man auf
das inländische Recht in seiner Eigenschaft als Recht des urteilenden
Gerichts abstellt und somit der lex fori (mindestens) eine subsidiäre
Anwendbarkeit zuerkennt (vgl. Höi..DEn, Die subsidiiire Geltung der
lex fori, in der Zeitschrift für internationales Privatund öffentliche
Recht B. 19 S. 198 H., Mmm, Grundriss des internationalen Privatrechts,
§ 81, BòanN, in der Zeitschrift. für schweizerisches Recht, N. F. XXXIII
S. 199). Diese Erwägung führt hier dazu, das Streitverhältnis in seiner
Gesamtheit, auch hinsichtlich der bei Aufhebung des Vorentscheides neu
zu beurteilenden Punkte, dem schweizerischen Recht zu unterstellen.

3. -Was die sachliche Beurteilu ng des Falles anlangt, so hat die
Vorinstanz die Klage gestützt auf den Art. 216 aOR mit folgender
Begründung gutgeheissen: Die Beklagte hätte in Cette vor der Umfüllung
in den Reservoirwagen die Beschaffenheit des Weines feststellen lassen
sollen ; mangels dessen sei der damalige Zustand trotz den Spätern
Untersuchungen in Strassburg und Basel nicht mehr feststellbar, indem
die Möglichkeit einer Veränderung des Weines nach der Abliefe-

486 Ohligationenrecht. N° 82.

rang bestehe. Für die Behauptung aber, der Wein stamme nicht aus dem
Landstrich Panadés, fehle eine rechtzeitige Mängelrüge, denn der Kläger
habe der Beklagten schon am 29. Dezember 1911 mitgeteilt, der Wein rühre
von Montblanch her, die Beklagte aber habe die Rüge erst am 23. Februar
1912 angebracht.

Hierüber ist zu bemerken :

a) Mit Unrecht nimmt die Vorinstanz an, dass der im Elsass aufgenommene
Befund keinen Rückschluss auf den Zustand des Weines in Cette gestatte.
Freilich wurde mit dem Wein in Cette insofern eine Veränderung
vorgenommen, als ihn der Spediteur der Beklagten in einen Reservoimragen
umfüllen liess. Dagegen schliesst die Unterlassung des Klägers, damals
die Beschaffenheit festzustellen, einen reehtsgenüglichen Nachweis der
Mängel, um derentwegen die Beklagte den Wein zur Verfügung stellte,
nicht oder doch mindestens nicht in allen Beziehungen aus. Die Beklagte
rügt an dem gelieferten Wein in erster Linie, dass es nicht Natur-sondern
Kunstwein sei, und dieser Mangel für sich schon vermochte, wenn vorhanden,
den Anspruch auf Wandelung zu begründen. Handelt es sich aber wirklich
um Kunstwein in welchem Sinne sich die verschiedenen amtlichen Befunde
übereinstimmend aussprechen , so ist nicht zu ersehen, wieso der Wein
von der Umfüllung in Cette an bis zu seiner Untersuchung im Elsass seine
bisherige Beschaffenheit in dem Sinne hätte ändern können, dass er aus
Naturweln, wie solcher vertraglich zu liefern war, Kunstwein geworden
wäre. solches wäre doch wohl höchstens in der Weise tatsächlich möglich
gewesen, dass man den Wein während dieser Zeit durch Zusatz von Wasser &
gestreckt und so ein grösseres Quantum gewonnen hätte. Dies behauptet
nun aber der Kläger selbst nicht und die Vorinstanz hält denn auch dafür,
dass die eingelegten zollund bahnarnllichen Bescheinigungen eine Fälschung
durch absichtlichen Zusatz von Wasser oder sonstigenOhligatienenrecht. N°
82. 487

Steffen unwahrscheinlich machen, und sie stützt ihre Auffassung lediglich
darauf, dass andere Möglichkeiten einer Veränderung, 2. B. durch
die Beschaffenheit der verwendeten Gefässe durch Witterungseinflüsse
oder durch die natürlichen Wirkungen der Reise nicht ausgeschlossen
seien. Veränderungen solcher Art berühren aber doch gewiss die Rüge,
dass Kunstwein geliefert werden sei, nicht, sondern anfällig nur die
weitere, nur beinebens erhobene (eventuelle) Rüge, der Kläger habe
verdorbenen (Natur-) Wein gesandt. Dazu kommt, dass nach den obigen
Ausführungen nicht Cette, wie die Vorinstanz annimmt, der Ort war,
wo die Prüfung und Tatbestandsfeststellung der Art. 2-16 und 24.82 aOR
als solche zu erfolgen hatten, ganz besonders aber, dass sich auch der
Kläger dementsprechend verhalten hat, indem er sich auf eine sachliche
Erörterung der im Elsass und in Basel aufgenommenen Befunde einliess
und nicht geltend machte, der Wein hätte schon in Cette untersucht
werden sollen und die erhobenen Einwendungen seien verspätet, vielmehr
(laut seinem Briefe vom 20. November 1911) den Standpunkt einnahm, der
nach Basel verbrachte Wein müsse zuerst noch ruhen, bevor man ihn richtig
beurteilen könne. Auch seine Angebote voml25. November 1911 und 2. Januar
1912, den allfälligen Schaden zu ersetzen, falls die Beklagte den Wein
annehme, sprechen dafür, dass er gleichfalls Cette nicht als Prüfungsort
im gesetzlichen Sinne angesehen wissen wollte. Nach dem allem beruht es
also auf einer unrichtigen Würdigung der Sachlage und der in Betracht
kommenden gesetzlichen Bestimmungen, wenn die Vorinstanz annimmt, die
Beklagte habe die Möglichkeit einer rechlsgenüglichen Mängelrüge und
damit ihren allfälligen Wandelungsanspruch deshalb verwirkt, weil eine
Tatbestandsfeststellung in Cette unterblieben und infolge dessen die
Beschaffenheit des Weines in dem für die Empfangbarkeit massgebenden
Zeitpunkt nicht mehr nachweisbar sei. Schon in dieser

488 Obligationenrecht. N° 82.

Beziehung lässt sich der Vorentscheid nicht aufrechterhalten.

b) Aber auch hinsichtlich des weitem Grandes, auf den sich der
Wandelungsansprueh der Beklagten stützt, dass nämlich der gelieferte
Wein nic h t a u s d e m L a n d st ri ch P a n a d è s stamme, kann
den vorinstanzlichen Ausführungen nicht beigetreten werden. Nach der
Vorinstanz hätte der Kläger schon durch Brief vom 29. Dezember 1911 der
Beklagte mitgeteilt, der Wein stamme von Montblaneh. Laut dem genannten
Brief hat nun der Kläger der Beklagten erklärt: ..... les dits envois
ont été faits de mes magasins ou cuves de Montblanch situées dans la
province de Taragana, arrondissement de Reus ..... Daraus konnte die
Beklagte lediglich ersehen, dass der Wein von Montblancli aus versandt
wurde, nicht aber, dass er auch aus dieser Gegend herrühre, und auch
die Analyse der Station Reus vom 29. Dezember 1911 erklärt bloss, der
Wein gleiche solchem aus Montblanch, lässt also nicht klar erkennen,
dass es kein Panadés sei. Unter diesen Umständen darf die Behauptung
der Beklagten, sie habe erst im Februar 1912 ersehen, dass kein Panades
geliefert worden sei, als dargetan gelten und hienach ist die damals
erhobene Mängelrüge, entgegen der vorinstanzlichen Auffassung, nicht
verspätet. Uebrigens greift die gesetzliche Verpflichtung zur Mängelrüge
als solche nicht Platz, denn wenn der Kläger Montblanch statt Panadés
lieferte, so liegt darin nicht,-wie die Vorinstanz meint, die Lieferung
einer mangelhaften, sondern die einer andern Sache, eines aliud. Laut
den Akten handelt es sich nämlich um zwei gemäss der Auffassung der
beteiligten Verkehrskreise nach Beschaffenheit, namentlich Güte und
Wert, ganz verschiedene Weinsorten und schon deshalb kann die Annahme der
Vorinstanz, dass Panadès Qualitätshezeichnung sei, jedenfalls soweit nicht
zutreffen, als die Weinsorte Montblanch nicht darunter fallen könnte. Aus
den eingelegten spanischen GesetzenObiigationenrecht. N° 82. 489

geht zudem hervor, dass Weinbezeichnungen in Spanien überhaupt nicht
den Charakter von Qualitätsbezeichnungen besitzen. Das Gesagte lässt nun
freilich die Frage unberührt, ob nicht der Kläger sich unter Umständen
auf eine für die Beklagte verbindliche Annahme der gelieferten andern
Sache berufen könnte und ob dann nicht insofern seine Rechtslage praktisch
die gleiche wäre, wie im Falle verspäteäer Mängelrügc. Auf diesen Punkt
braucht indessen nicht näher eingetreten zu werden, da schon die frühem
Erwägungen dazu führen, den vorinstanzliehen Standpunkt, dass der Kläger
mit seinen Einwendungen gegen die Kaufsache

' nicht zu hören sei, zu verwerten und eine Prüfung die--

ser Einwendungen als nötig zu erachten. Diese Prüfung hat nach der
Aktenlage am besten zunächst durch die Vorinstanz zu erfolgen, umsomehr
als auch die Frage, ob und in welchem Umtange die von der Beklagten
erhobenen Gegenforderungeu berechtigt seien, noch keineswegs liquid
ist. Die Sache ist also in dieser Meinung zur erneuten Beurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht; erkannt :

Die Berufung wird in dem Sinne gutgeheisen, dass das angefochtene Urteil
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Motive an
die kantonale Instanz zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 II 480
Datum : 01. Juni 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 II 480
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 480 Obligationenrecht. N° 82. ' 82. Urteil der I. Zivilabteilung vom zo. Juni 1914


Gesetzesregister
OG: 67  80
Stichwortregister
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