166 Familienrecht. N° 31.

Leistung einer angemessenen Geldsumme verlangt , während er die
Anordung einer anderweitigen Genugtunng , insbesondere diejenige einer
Revokation mit dem Ausdrucke des Bedauerns , dem Richter bloss nahezulegen
erklärte. Besteht aber darnach der Gegenstand des dritten Klagbegehrens
in einer Geldleistnng, so hätte der Kläger nach Art. 63 Ziff. 1 OG
anzugeben gehabt, ob der geforderte Höchstbetrag 2000 Fr. bzw. 4000
Fr. erreiche oder nicht. Hat er dies unterlassen, und haben anderseits
die Beklagten nicht versucht, ihn dazu anzuhalten, so ist auch dieses
dritte Klagbegehren zur Begründung der Kompetenz des Bundesgerichts
nicht geeignet, und es beträgt somit der für die Berufung in Betracht
kommende Streitwert nicht mehr als 300 Fr.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Auf die Berufung wird nicht
eingetreten.

Il. FAMILIENRECHTDROIT DE FAMILLE

31. Urteil der II. Z-ivilabteilung vom 6. Mai, 1914 i. S. Stierli,
Beklagter, gegen Sailer, Klägerin.

Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
ZGB; Berücksichtigung des Lebenswandels der Klägerin vor der
kritischen Zeit und nach der Empfängnis.

A. Mit Klage.vom 9. Oktober 1913 verlangte die Klägerin, der Beklagte
sei als ausserehelicher Vater des von ihr am 18..J uni 1913 geborenen
KindesWalterArnold zu verurteilen, ihr 50 Fr. für Entbindungsund 100
Fr. für Unterhaltungskosten Während je 4 Wochen vor und nach der Geburt
zu vergüten und an das Kind einen Alimcntationsbeitrag von monatlich 30
Fr. bis zum zu-Familienrecht. N° 31. 167

rückgelegten 18. Altersjahre, zu bezahlen. Der Beklagte hat auf Ahweisung
der Klage geschlossen. Entgegen der Behauptung der Klägerin, er habe ihr
vom November 1912 bis Februar 1913 mehrere Male beigewohnt, behauptet
der Beklagte, mit der Klägerin nur einmal, und zwar am 28. Januar 1913,
geschlechtlich verkehrt zu haben; damals sei die Klägerin aber bereits
schwanger gewesen. Ueberdies macht der Beklagte geltend, die Klägerin
habe in jenem Zeitpunkte auch noch mit andern Männern geschlechtliche
Beziehungen unterhalten und überhaupt einen unzüehtigen Lebenswandel
geführt.

B. Durch Urteil vom 3. März 1914 hat dasAppellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt den Beklagten zur Bezahlung von 105 Fr. an die Klägerin und
von monatlich 30 Fr. an das Kind, bis zum zurückgelegten 18.Altersjahr
desselben, verurteilt. Zur Begründung dieses Urteils macht die Vorinstanz
geltend, es müsse auf Grund der Aussagen der Zeugen Handschin und Gertseh
angenommen werden, dass der Beklagte schon in der ersten Hälfte Dezember
1912 mit der Klägerin geschleehtlich verkehrt habe; die Vaterschaft des
Beklagten sei daher zu vermuten. Der Entkräftigungsbeweis gemäss Art. 314
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB sei nicht geleistet. Ebenso hat das Appellations gericht auch
die Einrede aus Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
ZGB abgewiesen. Wenn auch angenommen werde,
dass sich die Klägerin im Januar 1913 der Prostitution hingegeben habe,
so könne daraus nicht auf eine unzüchtige Lebensführung im Dezember 1912
geschlossen werden, da sich erfahrungsgemäss für zahlreiche Mädchen die
Lust zum Geschlechtsverkehr mit einer Mehrzahl von Männern erst nach
erfolgter ausserehelicher Schwängerung bemerkbar mache.

C. Gegen das Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt hat
der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht ergriffen und Abweisung
der Klage beantragt.

D. Ein von der Klägerin gestelltes Gesuch um Be-

168 Familienrecht. N°31.

Willigung des Armenrechtes für das. Verfahren vor Bundesgericht ist
durch Beschluss vom 6. April 1914

gutgeheissen worden. Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Da der Beklagte nach den für das Bundesgericht verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz der Klägerin in der ersten Hälfte Dezember
1912, also zwischen dem 300. und dem 180. Tage vor der Geburt des Kindes,
beigewohnt hat, ist die Vermutung der Vaterschaft gemäss Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.

ZGB begründet. Gegenüber dieser Vermutung hatte der Beklagte den in
Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB vorgesehenen Entkräftigungsoder Widerlegungs-heweis
zu leisten. Soweit sich der Beklagte zu diesem Zwecke auf den Reifegrad
des Kindes berufen hat, ist der Beweis ohne weiteres als missl'ungen
zu betrachten, weil aus den Aussagen der Hebamme Gertsch und der
Bescheinigung des Dr. Salis hervorgeht, dass die Empfängnis sehr wohl
erst Anfangs Dezember 1912 stattgefunden haben kann. Hinsichtlich der
Einrede der mehreren Beihälter, hat die Vorinstanz die Depositionen
der Zeugen D. und S. als nicht glaubhaft bezeichnet; der Beweis dieser
Einrede ist also nicht erbracht.

2. Dagegen ist die Klage gestützt auf Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
ZGB abzuweisen. In dieser
Beziehung fällt in Betracht, dass die Klägerin, nach ihrem eigenen
Zugeständnis im Kuppeleiprozess gegen Frau G., im Januar 1913 der
Prostitution ergeben war. Dazu kommt, dass die Klägerin auch früher,
bevor sie mit dem Beklagten verkehrte, keinen sittlich einwandfreien
Lebenswandel geführt hat. Es genügt, darauf hinzuweisen, dass sie nach
ihren eigenen Angaben schon in Bern ein Verhältnis unterhalten und dass
sie seit Mitte November 1912 in einer notorisch anrüchigen Wirtschaft
als Kellnerin gedient hat. (Bezeichnend für das Verhalten der Klägerin
an diesem Orte ist namentlich die Aussage des Zeugen M.,Familienrecht. N°
32. 169

dass die Klägerin einem Gaste, der erklärte, er habe Freinaeht,
entgegnete: dann kommst du mit mir.) Bei dieser Sachlage muss aus den
Vorgängen im Januar 1913 geschlossen werden, dass die Klägerin schon im
Dezember 1912 einen unzüchtigen Lebenswandel geführt hat (vergl. AS 39
II S. 685 ff). Die Klage ist daher gestützt auf Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
ZGB abzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung wird gutgeheissen und in Aufhebung des Urteils des
Appellationsgerichts des Kantons Basel Stadt vom 3. März 1914 die Klage
abgewiesen,

32. Urteil der II. Zivila'bteilung vom 7. Mai 1914 i. S. Oehrli gegen
Oehrli.

Güterrechtliche Auseinandersetzung im Scheidungsfall (Art.
154
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
ZGB). Behandlung der noch in natura vorhandenen

Frauengutsbestandteile, insbesondere falls sie während der Ehe an Wert
zugenommen haben.

A. Die Litiganten heirateten sich am 16. Dezember 1897 ..... In Bezug
auf ihre pekuniären Verhältnisse steht fest, dass die Klägerin u. a. ein
Heimwesen in die Ehe gebracht hat, dessen damaliger Wert von den Experten
der I. Instanz auf 9000 Fr. geschätzt werden ist. Eine letztinstanzliche
kantonale Feststellung über den Wert des Heimwesens zur Zeit des
Eheabschlusses liegt nicht vor. Die Liegenschaften, aus denen es sich
zusammensetzt, waren damals mit Hypotheken im Betrage von 3032 Fr. 70
Cts. und ca. 1090 Fr. belastet. Für die zweite dieser Hypotheken, die
zu Gunsten der Pflegeeltern der Klägerin bestellt war, haben jedoch die
Gläubiger einige Zeit darauf schenkungsweise quittiert. DerBeklagte hat
infolgedessen diese Hypothek, im Gegensatz zu derjenigen
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 40 II 166
Date : 06. Mai 1914
Published : 31. Dezember 1914
Source : Bundesgericht
Status : 40 II 166
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 166 Familienrecht. N° 31. Leistung einer angemessenen Geldsumme verlangt , während


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OG: 63
ZGB: 154  314  315
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