114 Obligationenrecht. N° 23.

IV. OBL IGATIONENRECHTDRO IT DES OBLIGATION S

23. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. März 1914 i. S. Seligmarm,
Kläger, gegen Weber, Beklagten.

Gesells chaftsvertrag zum Zwecke der Tilgung der Hypothekschuld eines
Dritten, der Auslösung mitverpfändeter Maschinen und des gemeinsamen
Verkaufs dieser. Prüfung, ob die Verbindlichkeit dieses Vertrages von dem
Zustandekommen eines Kaufs der Liegenschaft durch den einen Gesellschafter
abhange. V e r t r a g s a n f e c h t u n g w e g e 11 Be t r u g e s :
Unterscheidung zwischen d o lu s cau sam dan s und inciden s. Anspruch
des Gesellschafters auf Rückzahlung einer Quote des Ges e l l s c h
a f t s b e it r a g e s, die für den Gesellschaftszweck nicht mehr
erforderlich ist.

1. Ein Schwager des Beklagten Weber, namens Steiger, war Eigentümer
einer Stickerei in Tablat. Auf der Liegenschaft lastete zu Gunsten
der thurgauischen Hypothekenbank in Frauenfeld eine letzte Hypothek
von 15,000 Fr., bei der auch die Maschinen in die Pfandhaft einbezogen
waren. Infolge schlechten Ganges musste das Geschäft liquidiert werden
und es erklärte sich Anfangs September 1912 der Kläger Seligmann bereit,
die Liegenschaft für 85,000 Fr. zu kaufen. Damit die Fertigung erfolgen
konnte, waren die Hypotheken abzuiösen. Mit Bezug auf die dritte kam
zwischen den heutigen Prozessparteien eine Einigung zu Stande, worüber
der Kläger dem Beklagten am 20. September 1912 schrieb :

Wie mir Herr Löpfe mitteilt, hängt die amtliche Uebertragung der Fabrik
nur noch von der Bereini gung einiger kleiner Details ab und bestätige
ich IhnenOhligationenrecht. N° 23.115

im nachfolgenden die für den Fall des definitiven Verkaufes zwischen
uns getroffene Vereinbarung betreii v der Maschinen. (folgt ein auf
den Liegenschaftskauf sich beziehender Passus). Laut Ihren Berichten
sind die bei der Thurganischen Hypohekenbank verpfändeten Maschinen
auf Fr. 12, 000 abbezahlt worden-, welch letztere Summe Sie und
ich gemeinsam zu gleichen. Teilen von je Fr. 6000 der Thurgauischen
Hypotheken bank bezahlen. Diese Zahlung hat vor der Ratification des
Liegenschaftenverkaufes durch Sie zu erfolgen. Da mit gehen sämtliche
in der Fabrik befindlichen Ma schinen in unsern gemeinsamen Besitz
über und sind alsdann auf gemeinschaftliche Rechnung zu verkaufen.
Ein eventueller Verlust wird von uns beiden zu glei chen Teilen getragen,
während ein eventuelles Benekice Ihnen allein zukommt.

Am 22. September schrieb der Beklagte dem Kläger : Steiger habe die
ihm zugedachten 3000 Fr. nicht zur Hand; ob der Kläger nicht geneigt
wäre, gemeinsam mit ihm die vollen 15,000 Fr. an die Hypothekenbank
zu bezahlen. Darauf sandte der Kläger dem Beklagten am 30. September
einen Check von 7500 Fr. als Anteil zur Ablösung der Schuld bei der
Thurg. Hypotheken.bank. Der Beklagte antwortete gleichen Tages: Ich
bestätige Ihnen den Empfang von 7500 Fr. per Check St. Gallen, welche
laut Ihrer Aufgabe verwendet habe. Sofort nach Eingang des Titels von
der Thurgauischen Hypothekenbank werde ich Ihnen berichten. Wie jedoch
der Beklagte im Prozess durch seinen Vertreter hat erklären lassen und
bestätigt wurde durch einen Bericht der Thurg. Hypothekenbank, hat in
Wirklichkeit der Beklagte damals mit den 7500 Fr. des Klägers nur 2500
Fr. von sich dieserBank übersandt. Den Kapitalrest von 5000 Fr. der
Hypothekenschuld samt Zinsen und Spesen, zusammen 6172 Fr., verrechnete
die Bank mit einem Obligo gleichen Betrags, das ihr Steiger ausstellte
und ein Moos als Bi'uge unterschrieb.

115 Obligatienenrecht. N° 23.

Am 25. November 1912 erklärte der Kläger dem Beklagten, dass er auf den
Erwerb der Liegenschaft verzichte; damit falle die Voraussetzung in seinem
Brief vom 20. September 1912 dahin und er ersuche um Rücksendung der
überwiesenen 7500 Fr. Mit der jetzigen Klage wiederholt er sein Begehren
auf Bezahlung dieses Betrages und verlangt Verzugszinsen zu 5 % seit dem
28. November 1912. Eventuell beantragt er, die Klage im Betrage von 2500
Fr. zu schützen. Die Vorinstanz hat diese mit Entscheid vom 15. November
1913 zur Zeit abgewiesen, welchen Entscheid beide Parteien durch
Berufung anfechten, der Kläger, indem er seine Klagebegehren erneuert,
der Beklagte, indem er die Klage gänzlich abgewiesen wissen will.

2. Die streitige Vereinbarung bildet einen Gesellschaftsvertrag:
Die Parteien haben sich geeinigt, mit gemeinsamen Mitteln die auf
der Steigerschen Liegenschaft lastende dritte Hypothek von 15,000 Fr.
tilgen zu helfen, hiedurch die mitverpfändeten Maschinen auszulösen
und diese dann gemeinsam zu verkaufen. Dabei war ihre Meinung, dass bei
der Tilgung der Hypothek auch der Hypothekenschuldner Steiger, soweit
dazu im Stande, mithelfen solle, und zwar waren ihm anfänglich 3000
Fr. zugedacht werden, weshalb die Vertragsparteien den Beitrag jeder
von ihnen auf 6000 Fr. ansetzten. Später haben sie dann auf Grund der
Angabe des Beklagten, dass Steiger die 3000 Fr, nicht zur Hand habe,
den Vertrag in dem Sinne abgeändert, dass sie sich einigten, die zur
Ablösung der Hypothek erforderlichen 15,000 Fr. voll aufzubringen, womit
nunmehr auf jeden ein Betrag von 7500 Fr. entfiel. Nach all dem muss als
Vertragswille gelten, dass die Beitragspflicht für beide gleich sein und
ferner nur in dem Umfange bestehen solle, als nicht der Schuldner selbst
durch eigene Leistung zur Ablösung der Hypothek beitragen könne. Die
Bestimmung endlich, dass der Kläger nur

W . wma emObligationem'echt. N° 23. . _ 117

an einem Verlust, nicht auch an einem Gewinn aus dem _ Verkaufe der
Maschinen teilhaben solle, andert an der Natur der Vereinbarung als
Gesellschaftsvertrag nichts und sie ist im übrigen für den Prozess
ohne Bedeutung.

3. Der Kläger begründet sein Hauptbegehren auf Bezahlung von 7500
Fr. zunächst damit, dass die streitige Vereinbarung für ihn deshalb
unverbindlich sei, weil er einen gültigen Verkauf über die Liegen.schaft
nicht eingegangen habe. Nun hängen freilich das fragliche Kaufgeschäft
und jene Vereinbarung in der Weise zusammen, dass die zum Inhalte der
Vereinbarung gehörende Ablösung der dritten Hypothek eine Voraussetzung
für den Abschluss oder doch. fur die Vollziehung des Kaufvertrages bildet,
indem keine _Hypotheken auf den Käufer übergeben sollten. Aber dieser
Zusammenhang ist doch nur ein wirtschaftlicher, kein rechtlicher;
letzteres zum mindesten nicht in dem vom Kläger behaupteten Sinne,
dass das Zustandekommen eines verbindlichen Gesellschaftsvertrages
von dem des Kaufvertrages abgehangen hätte. Freilich hat bei-,der
Begründung des Gesellschaftsverhältnisses der Klager seine
vertragliche Zustimmungserklärung für den Fall des definitiven
Verkaufes abgegeben. Allein das ist nur eine unklare Ausdrucksweise,
die zwar dartut, dass sich der Kläger die beiden Geschäfte als in
Beziehung stehend dachte, die aber nicht gegen seinen Willen spricht,
einen sofort verbindlichen Gesellschaftsvertrag abzuschliessen. Dass
vielmehr dies sein Wille war, ergibt sich namentlich aus zwei Umständen:
Einmal nämlich hat der Kläger beim Vertragsabschlusse selbst erklärt, die
Gesellschaftsbeiträge seien vor der Ratifikation des Liegenschaftskaufes.
einzuzahlen. Und sodann hat er in der Folge seinen (erhöhten) Beitrag
von 7500 Fr. vorbehaltlos geleistet und nichts eingewendet, als der
Beklagte ihm von der Verwendung dieser Summe zum Gesellschaftszwecke
Kenntniss gab und ihn damit wissen liess,

118 Obligationenrecht. N° 23.

dass der Vertrag auch im Verhältnis nach aussen vollzogen werde.

4. _In zweiter Linie macht der Kläger zur Begründung semes Hauptantrages
gestützt auf den Art 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR geltend, er sei durch absichtliche Täuschung
zum Vertragsabschlusse verleitet worden, indem ihm der Beklagte wider
besseres Wissen angegeben habe Steiger sei ausser Stande, etwas an
die 15,000 Fr. zu, leisten In dieser Beziehung ist vor allem, unter
der Vorausset; zung, dass dem Beklagten wirklich eine solche Täuschun
zur Last falle, zu prüfen, ob alsdann dem Kläger darauî em Anspruch auf
Bezahlung der vollen 7500 Fr erwachsen sei. Dabei müssen die anfängliche
Vereinbarung des ganzen Gesellschaftsverhältnisses und die spater
vereinbarte Erhöhung der Beiträ e a se" andergehalten werden. g u ...-

"a) Laut jener haben die Parteien die Gesellschaftsbeitrage anfangs auf
je 6000 Fr., Zusammen 12000 Fr festgesetzt. Bei seiner vertraglichen
Willenserklärung konnte also der Kläger nicht davon ausgehen dasÎ Steiger
keine Leistung, sondern allfällig nur davon dass er.ke1.ne höhere als
3000 Fr. werde machen können In Wirklichkeit hat nun Steiger von der
15,000 Fr betragenden Schuld 5000 Fr. (nebst Zinsen und Spesen) etilgt
und es hätte daher genügt, wenn die Parteien din Gesellschaftsvertrag
im Sinne einer beiderseitigen Beitragsleistung von bloss je 5000
Fr. abgeschlossen hätten Falls sonach der Beklagte damals den Kläger
getauscht hat, so konnte diese Täuschung nur darin bestanden haben,
dass er glauben machte, Steiger vermöge nur 23000 Fr. zu leisten,
statt, wie sich nachher erwies 3000 Fr. Der dadurch erweckte Irrtum
hätte dann be: Wirkt, dass der Kläger sich zu einem um 1000 Fr höhern
Gesellschaftsbeitrag 6000 Fr. statt bloss 9000 Fr. herbeigelassen haben
Würde. Ohne die behauptete Täuschung würde also der Kläger nicht etwa

. .__.WObligationenrecht. N° 23. 119

schlechthin von der Eingehung des Vertrages abgesehen, sondern
lediglich einen Vertrag abgeschlossen haben, der ihn zu weniger als der
eingegangene verpflichtet hätte, nämlich zu einer um 1000 Fr. geringem
Beitragsleistung, und man hätte es danach nicht mit dem Falle eines für
den Vertragsabschluss als solchen bestimmenden dolus causam dans zu tun,
sondern mit dem eines blossen dolus incidens. '

Der Kläger behauptet nun freilich, das OR stelle die beiden Fälle
gleich und in beiden habe mithin die Täuschung die Unverbindlichkeit
des Vertrages schlechthin zur Folge. Daher könne er die vollen 6000
Fr. zurückfordern, auf deren Leistung die ursprüngliche Vereinbarung
lautete, (nebst dem Mehrbetrage von 1500 Fr., den er auf Grund der
für ihn ebenfalls unverbindlichen spätern Abmachung bezahlt habe). Zur
Begründung dieser Ansicht hat der Kläger hauptsächlich darauf abgestellt,
dass der Art.. 28 OR nach seiner Fassung nicht zwischen dem dolus
causam dans und incidens unterscheide. Dies ist aber nur insofern
richtig, als er sie nicht ausdrücklich, durch besondere Formulierung
eines jeden auseinanderhält. Dass er sie aber unterschieden wissen
will, ergibt sich aus der Wendung durch absichtliche Täuschung
..... -zu dem Vertragsabschlnsse verleiten . Denn eine Verleitung
zum Vertragsabschlusse kann nur soweit stattgefunden haben, als die
Täuschung für den Vertragsabschluss bestimmend gewesen ist, und wenn
also der Getäuschte trotz der Täuschung den Vertrag abgeschlossen hätte,
aber nur in anderer Weise, so ist sein Wille nur in letzterer Beziehung
durch die Verleitung affizirt worden und ihre Rechtsfolge kann nicht
die Unverbindlichkeit des Vertrages überhaupt sein. Das Widersprüche
auch der Natur der durch Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR ge--

regelten Verhältnisse: Die Täuschung kommt nicht für sich allein in
Betracht, sondern in ihrer Bedeutung für den Vertragsabschluss und ihre
Rechtsfolgen müssen daher ihren tatsächlichen Wirkungen adäquat sein
(vergl.

120 0bligationenrecht. N° 23.

v. TUHR, in der Zeitschrift für schweizerisches Recht B. 39 (1898)
S. 19 H.; Osnn, Kommentar zum OR, Art. 28, H 4 b und Art. 31, V 1;
anders BECKER, Kommentar, Art. 28 Note 3). Nicht zu erörtern ist, ob
sich im Falle des blossen dolus incidens von einer Beschränkung der
Verbindlichkeit des Vertrages sprechen lasse, so, dass der Vertrag
in der Weise rechtsbeständig bleibt, wie ihn der Anfechtende ohne
die Täuschung abgeschlossen hätte, oder ob Vielmehr der Vertrag wie
bisher weiterbestehe, dem Getäuschten aber sehadenersatzansprüche nach
denArt. 41 ff. OR erwachsen (vergl. darüber V. T UHR, a. a. O. S. 20
Anm. 2). Beide Auffassungen führen hier zu dem nämlichen Ergebnisse,
dass der Forderungsanspruch, der sich aus der Anfechtbarkeit des
Vertrages ergibt, auf Bezahlung von 1000 Fr. und nur dieser Summe geht.
Mit Unrecht endlich glaubt der Kläger sich auf frühere hundesgerichtliehe
Entscheide berufen zu können (AS 12 S. 637 Erw. 3; 20 591/92; 27 II S. 566
Erw. 3). Sie betreffen in Wirklichkeit die vorliegende Frage nicht. Für
diese ist auch nicht, wie er meint, der Umstand von Erheblichkeit,
dass der durch die Täuschung erregte Irrtum kein wesentlicher zu sein
braucht; nicht die Natur des Irrtums, sondern dessen kausale Wirkung
auf den Willensentschluss des Getäuschten fällt hier in Betraeht.

b) Der spàtem: Abänderung der Vereinbarung,. wonach der Beitrag eines
jeden Gesellschafters ven 6000Fr. auf 7500 Fr. erhöht wurde, hat der
Kläger zugestimmt auf die Angabe des Beklagten hin, Steiger habe die
ihm zugedachten 3000 Fr. nicht zur Hand, d. h-. also-, es sei von ihm
nichts erhältlich. Falls diese Angabe eine absichtliche Täuschung im
gesetz-lichen. Sinne enthielt, Wäre der Kiäger dadurch zu der ganzen:
ven ihn-everlangten Erhöhung von 1 500Fr. verleitet werden und die
Vertragsänderung wäre dann als solche wegen dolus cansam dans anfechtbar.

. ..a . A...--Obligatlonenreeht. N° 23. ' 121

5. Aus dem Gesagten erhellt, dass das Hauptbegehren um Bezahlung von
7500 Fr. auf Grund von Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR nicht zugesprochen werden kann,
sondern höchstens

das auf 2500 Fr. lautende Eventualbegehren und

zwar dieses dann, wenn sowohl beim eigentlichen Gesellschaftsvertrag
als bei seiner späteren Abänderung wirklich eine absichtliche Täuschung
unterlauken ist.

Ob letzteres der Fall gewesen sei, scheint namentlich bei
denHauptvereinbarung zweifelhaft. Denn die Tatumstände, aus denen zunächst
auf den Täuschungswiilen des Beklagten zu schliessen wäre, nämlich
seine Erklärung vom 22. September 1912, Steiger habe die 3000 Fr. nicht
zur Hand, und der Umstand, dass er bloss 2500Fr. aus eigenen Mitteln
an die Hypothekengläubiger-in eingesandt hat, heziehen sieh auf einen
Zeitpunkt nach der Eingehung des Hauptvertrages (der laut dem Brief des
Klägers vom 20. September 1912 vor diesem Tage abgeschlossen wurde) Dass
aber der Beklagte schon beim Abschluss des Vertrages in gleicher Weise,
wie bei dessen nachträglicher Abänderung über die Verhältnisse Steigers
unterrichtet gewesen sei, darf nicht ohne weiteres als erstellt gelten,
namentlich angesichts der eingehenden Ausführungen, mit denen heute der
Vertreter des Beklagten gegen die Annahme einer Täuschungshandlung seines
Klienten aufgetreten ist.

Nun erübrigt sich aber eine Prüfung aller dieser Verhältnisse und zwar
deshalb, weil das Eventualbegehren ganz abgesehen davon, wie es sich mit
der Anfechtb'arkeit der beiden Abkommen Verhalte, aus einem andern, vom
Kläger ebenfalls geltend gemachten Rechtsgrimd voll geschützt werden muss,
weil ihm nämlich ein. Rückerstattungsanspruch nach Gesellschaftsrecht
zusteht : Falls der Kläger durch die getroffenen Abkommen gültig zur
Einzahlung von 7500 Fr. verpflichtet werden ist, so war doch immerhin
diese Einzahlungspflicht nach Bestand und Umfang insofern eine bedingte,

15 40 11 _ 1911. 9

122 Obligationenreeht. N° 23.

als sie der Erreichung des Gesellschaftszweckes zu dienen hatte,
vor allem also der Ablösung der Hypothekschuld. Sobald nun feststend,
dass Steiger eine Quote von 5000 Fr. dieser Schuld nebst den Zinsen und
Spesen tilge, bedurfte die Gesellschaft zur Bewirkung der Schuldablösung
nur noch 10,000 Fr.; denn dass sie etwa noch zu etwas anderem Barmittel
nötig gehabt hätte, ist nicht ersichtlich und auch nicht behauptet
werden. Der Kläger hat also entweder von Anfang an 2500 Fr. zu viel
einbezahlt oder dann ist doch dieser Betrag als Teil seiner Einzahlung
für ihn nachträglich ,wieder verfügbar geWorden. In beiden Fällen aber
war der Beklagte als geschäftsführender Gesellschafter verpflichtet,
ihm die Summe, sobald ihre Nichtverwendbarkeit für den Gesellschaftszweck
feststand, zurückzusenden, statt sie unrechtmässig für die Gesellschaft
zu verwenden und auf diese Weise seine eigene Beitragspf licht zum
Teil, für den entsprechenden Betrag von 2500 Fr., unerfüllt zu lassen.
Danach ist der 'Vorentseheid, der die Klage zur Zeit abweist im Sinne
der Znsprechung des eventuellen Klagebegehrens abzuändern, womit sich
anderseits die Berufung des Beklagten als unbegründet darstellt. Das
bei Gutsprechung eines Rückforderungsanspruehes Zinsen zu 5 % seit dem
28. November 1912 zu entrichten sind, steht ausser Streit.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung des Klägers wird dahin gutgeheissen, _

dass er dem Beklagten 2500 Fr. samt Zins zu 5 % seit dem 28. November
1912 zu bezahlen hat Die Berufung des Beklagten wird abgewiesen.Obligatiou
enrecht. N° 24. 123

24. Urteil der I. Zivilabteilnng vom 13. März 1914 i. S. Union Horlog'ere,
Klägerin, gegen Alliance Harlogère, Beklagte.

1. Fir-menreeht. Art. 8
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 8 - 1 Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäss zu entrichten.
1    Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäss zu entrichten.
2    Tritt er zurück, bevor die Leistung erfolgt ist, so hat er denjenigen, die auf Grund der Auskündung in guten Treuen Aufwendungen gemacht haben, hierfür bis höchstens zum Betrag der ausgesetzten Belohnung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihnen die Leistung doch nicht gelungen wäre.
?3 OR: Kriterien der genügenden

nterscheidbarkeit von Genossenschaftsfirmen. . UWer sich als Firma der
natürlichen Umschreibung seines

Geschäftes bedient, darf von einem neu auftretenden [(_iewerbetreibenden
nur verlangen, dass die neue Firma sieh äusserlich, im Klange, von der
seinigen deutlich unter-

h d . Erw. 3 u. 4). 2.82) Îlguîerer Wettbewerb ? (Erw. 5). A. Durch Urteil
vom 14. November 1913 hat die II. Zivilkammer des Appellationshofes des
Kantons Bern

erkannt: . Die Klägerin ist mit ihren Klagsbegehren abgewiesen.

B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig die Berufung an das
Bundesgericht erklärt, mit den An-

trä en: . lg. Es sei das angefochtene Urteil in allen Teilen auf-

zuheben. 2. Es seien sämtliche Klagebegehren zuzusprechen.

3. (Beweisanträge).

C. In der heutigen Verhandlung hat der Vertreter der Klägerin diese
Anträge erneuert, der Vertreter der Beklagten hat Abweisung der Berufung
beantragt.

Das Bundesgericht zieht in E rw ä g u ng :

1. seit 1890 besteht in Biel unter der Firma UnionHorlogére eine
Genossenschaft, welche Fabrikation und Handel in Taschenuhren guter
Qualität, auf eme fur ihre Mitglieder und Kunden möglichst vorteilhafte
Weise, zum Zweck hat. Als nun im Jahre 1911, unter der-Leitung eines
ihrer früheren Mitarbeiter, am gleichen Orte und zum gleichen Zwecke
sich die Genossenschaft Al-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 II 114
Datum : 06. März 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 II 114
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 114 Obligationenrecht. N° 23. IV. OBL IGATIONENRECHTDRO IT DES OBLIGATION S 23.


Gesetzesregister
OR: 8 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 8 - 1 Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäss zu entrichten.
1    Wer durch Preisausschreiben oder Auslobung für eine Leistung eine Belohnung aussetzt, hat diese seiner Auskündung gemäss zu entrichten.
2    Tritt er zurück, bevor die Leistung erfolgt ist, so hat er denjenigen, die auf Grund der Auskündung in guten Treuen Aufwendungen gemacht haben, hierfür bis höchstens zum Betrag der ausgesetzten Belohnung Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihnen die Leistung doch nicht gelungen wäre.
28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • vertragsabschluss • wille • absichtliche täuschung • hypothekenbank • wissen • thurgau • irrtum • weiler • bundesgericht • dolus causam dans • check • tag • dolus incidens • brief • fabrik • genossenschaft • erwachsener • bruchteil • rechtsbegehren
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