ilss Staatsrecht.

Bedeutung der in seinem Gebiet lokalisierten Betriebsl'aktoren
zu den anderwärts wirksamen entspricht, und irgendwelche positive
Gesetzesbestimmungen oder allgemeine Rechtsgrundsütze, welche der
Uebertragung dieses Grundsatzes auf das Gebiet der internationalen
Doppelbesteuerung entgegenstünden, nicht namhaft gemacht worden sind
(vgl. die Urteile in Sachen Phénix vom 23. Oktober 1913 und in Sachen
Gothaer Lebensversicherungsbank auf Gegenseitigkeitvom 19. Februar1914,
in denen die von den genannten Gesellschaften hierüber erhobenen
Reehtsverweigerungsbeschwerden abgewiesen werden sind).

Aus den nämlichen Gründer ist auch die weitere eventuelle. Rüge zn
vcrwerfen, dass es sich bei den Kapitalzinsen höchstens um ein Einkommen
dritter Klasse nach § 2 Ziff. 3 des steuer-gesetzes handeln könnte. Dem
die Zinserträgnisse der Lebensversicherungsgesellsehaften bilden ja nicht
etwa das Resultat eines besonderen, getrennt betriebenen Gesdhäftszweiges,
sondern lediglich einen einzelnen Faktor des Gesamtbetriebes. Es lässt
sich daher nic-1112115 willkürlich ansehen, wenn sie bei der Besteuerung
dem Erwerbseinkommen hinzugezählt, mithin als Einkommen I. Klasse im
Sinne von § 2 Zisf. l ebenda behandelt werden.

Demnach hat das Bundesgericht e rka'i n t :

Der Rekan wird abgewiesen.

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 54. 469

54. Urteil vom 20. November 1914 i. S. ,Röhl-Arnold gegen Luzern.

,Rechtsverweigerung dadurch begangen, dass eine kantonale

Behörde die Mitteilung eines Entscheides, dessen Weiterziehbarkeit
an das Bundesgericht gemäss Art. 86 GG nicht ausgeschlossen ist,
von der Bezahlung der Urteilskosten abhängig macht. Form dieser
Mitteilung. Art. 63 , Ziffer 4, 86 und 90 OG; 4 BV.

A. Frau Anna Rölli Arnold, von Littau, in Luzern, war in erster Ehe mit
Johann Suter von Münster verehelicht. Aus dieser im Jahre 1900 durch
den Tod des Ehemannes gelösten Ehe sind zwei noch minder-jährige Kinder
vorhanden. Diese sind unter Vormundschaft gestellt und in Rathausen
versorgt werden. Die Mutter hat sich im Jahre 1914 wieder verehelicht.

B. Auf ein Gesuch der Frau Bölli, dass die elterliche Gewalt über ihre
Kinder erster Ehe wieder auf sie übertragen werde, erteilte der Armenund
Waisenrat Münster am 25. Februar 1914 abschlägigen Bescheid. Hiegegen
rekurierte Frau Rölli an den Regierungsrat des Kantons Luzern,. weil
Gründe zum Entzug der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 285
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 285 - 1 Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen.
1    Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen.
2    Der Unterhaltsbeitrag dient auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte.
3    Er ist zum Voraus zu entrichten. Das Gericht setzt die Zahlungstermine fest.
oder 286
ZGB nicht vorlägen. Der Entsaheid des Régierungsrates wurde dem Anwalte
der Rekurrentin, F ürsprech Alhisser, durch die Staatskanzlei Luzern,
mit einer Kostennachnahme von 33 Fr. 65 Cts. belastet, durch die Pest
zugesandt, von ihm aber wegen dieser Belastung nicht angenommen. Mit
Zuschrift vom 25. September 1914 ersuchte Fürsprech Albisser um Zustellung
des Entscheides ohne Nachnahme, da er im Falle der Abweisung den
Auftrag habe, die Sache an das Bundesgericht weiterzuziehen. Er erhielt
die Antwort, dass sein Rekurs unter Kostenfolge. für die Rekurrentin
erledigt worden sei ; dem Begehren um kostenfreie Zustellung werde nicht
entsprechen und angedroht, dass bei Nichteinlösung der Nachnahme Be--

470 Staatsrecht.

treibung eingeleitet würde. Mit Zuschrift vom ?. Okto. ber 1914 teilte
sodann die Staatskanzlei, nachdem inzwischen der Nachnahmebrief mit dem
Vermerk Nicht eingelöst an sie zurückgelangt war, der Frau Rölli mit,
dass der fragliche Rekursentscheid, nach dessen

Dispositiv 2 sie zu den Kosten verurteilt werden.

sei, gegen Bezahlung der Kosten zu ihrer Verfügung

gehalten werde; sollte der Betrag innert 14 Tagen,

nicht eingelöst werden, so werde dafür Betreibung angehoben. Als sich
hierauf Fürsprech Steiner, als Vertreter von Fürsprech Albisser, auf die
Staatskanzlei begab, um vom Entscheid und den Akten Einsicht zu nehmen,
würde ihm dies, laut Erklärung der Staatskanzlei vom 28. Oktober, wieder
verweigert, wenn nicht vorher die Kosten bezahlt seien.

C. Mit Eingabe vom '28. Oktober 1914 erhob Fürsprech Albisser namens
der Frau Rölli beim Bundesgericht zivilrechtliche und staatsrechtliche
Beschwerde mit den Anträgen:

1. Es sei der Regierungsrat des Kantons Luzern zu verhalten, der Frau
Rolli-Arnold den Entscheid be treffend die elterliche Gewalt über
ihre beiden Kinder unbelastet von'Nachnahme zuzustellen, eventuell
wenig stens der Frau Rölli, eventuell ihrem'Anwalt, Einsicht in die
Akten zu gewähren, unter Rückweisung des gegnerischen Standpunktes
als verfassungswidrig

2. Es sei gleichzeitig die elterliche Gewalt auf dem Wege der
zivilrechtlichen Beschwerde der Frau Rölli Arnold bezüglich der beiden
Kinder Rosa und Anton Suter, minderjährig, aus erster Ehe zuzuerkennen.

3. Unter Kostenfolge für die Gegenpartei.

Zur Begründung des ersten Antrages wird ausgeführt: Darin, dass der
Regierungsrat sich weigere, einen Entscheid, der an das Bundesgericht
weitergezogen werden könne, kostenlos zuzustellem und dass er sogar die
Einsicht des Entscheides und der Akten ohne vorherige Erledigung der
Kosten nicht gestatte, liege eine formelle

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 54. 471

Rechtsverweigerung. Es werde der Rekurrentin, die nicht im Stande
sei, die Kosten zu bezahlen, das Rekursrecht an das Bundesgericht
abgeschnitten. Dieses Verhalten werde mit staatsrechtlicher Beschwerde
auf Grund von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV und 175 OG angefochten. Würden wir , fügt
die Rekurrentin bei, Kenntnissivom Bescheid und seinen Motiven
haben, so würden wir angesichts des Art. 86
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Zifî. 2 des zitierten
Bundesgesetzes (OG) innert der Frist des Art. 90 des Bundesgesetzes
zivilrechtliche Beschwerde einreichen und den Antrag stellen, es sei der
Frau Rolli-Arnold die elterliche Gewalt über ihre beiden minderjährigen
Kinder erster Ehe, Anton und Rosa Suter, einzuräumen und die verweigernde
Er kenntnis der kantonalen Instanzen nicht zu be schützen.

D. Der Regierungsrat des Kantons Luzern, zur Vernehmlassung über den
ersten Beschwerdeantrag eingeladen, hat eine Antwort der Staatskanzlei
eingelegt, der er sich anzuschliessen erklärt, und die mit den Anträgen
schliesst: ·

1. Das Bundesgericht wolle sich zur materiellen Behandlung der Beschwerde
als inkompetent erklären; eventuell wolle es erkennen, die Beschwerde
sei, weil formell und materiell unbegründet, abzuweisen.

2. Die Kosten trage die Beschwerdeführerin.

Der Nichteintretensschluss wird damit begründet, dass die behauptete
Rechtsverweigerung von der Staatskanzlei begangen wäre, und dass gegen
ihr Verhalten zuerst beim Regierungsrat von Luzern als vorgesetzt-er
Behörde hätte Beschwerde geführt werden müssen, bevor an das Bundesgericht
habe rekurriert werden können. Zur Sache wird bemerkt, dass nach den
kantonalen Vorschriften (Gesetz über den Gebührentarif vom 4. März
1903 und Verordnung des Regierungsrates vom 21. Februar 1862) die
Kostenforderung für den regierungsrätlichen Rekursentscheid begründet
sei und dass nach kantonalem Verwaltungsrecht die Kosten bezahlt sein

472 Staatsrecht.

müssten, bevor Einsicht in einen regierungsrätlichen Entscheid verlangt
werden könne.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Für die Beantwortung der Frage, wie kantonale Entscheide, die
der Weiterziehung an das Bundesgericht mittelst der zivilrechtlichen
Beschwerde unterliegen, den Parteien mitzuteilen sind, sind in erster
Linie die Vorschriften des OG (Bundesgesetz über die Organisation
der Bundesrechtspflege} massgebend. Nun bestimmt Art. 90
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
GG, dass die
zivilrechtliche Beschwerde innerhalb 20 Tagen seit der schriftlichen
Mitteilung des Entscheide-s beim Bundesgericht einzureichen sei ;
und Art. 94
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
OG erklärt für das zivilrechtliche Beschwerdeverfahren im
allgemeinen, d. h. soweit abweichende Vorschriften in den vorhergehenden
Artikeln nicht enthalten sind, die für die Berufung geltenden
Vorschriften als entsprechend anwendbar. Aus diesen Bestimmungen folgt,
dass die Parteien in allen Fällen, wo gegen einen kantonalen Entscheid
die zivilrechtliche Beschwerde zulässig ist, von Bundesrechtswegen
Anspruch auf schriftliche Mitteilung desselben haben, und zwar muss
diese Mitteilung von amteswegen erfolgen ; dies schliesst aber aus,
dass sie von der vorherigen Bezahlung der Kosten abhängig gemacht
werde. Anderseits sind die Kantone nicht verpflichtet, den Parteien eine
schriftliche Ausfertigung des Entscheides zuzustellen ; dem Erfordernis
der schriftlichen Mitteilung kann vielmehr auch dadurch Genüge geleistet
werden, dass ihnen schriftlich angezeigt werde, der Entscheid liege bei
der urteilenden Behörde zu ihrer Einsicht auf (Art. 63 , Ziff. 4 OG). Das
Verhalten der luzernischen Staatskanzlei, welche der Rekurrentin auch
das Letztere, nämlich die Einsicht in den vom Regierungsrate gefälllen
Entscheid ohne vorherige Bezahlung der Gebühren, verweigert, ist demnach
bundesrechtswidrig und kann mit dem Hinweis auf die Bestimmungen

Gleichheit vor dem Gesetz. N° 54. 473

des kantonalen Verwaltungsrechtes nicht gerechtfertigt werden, da dieses,
nach Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
der Uebergangsbestimmungen der BV nur insoweit Geltung
beanspruchen kann, als es nicht mit Bundesrecht in Widerspruch steht.
Ebenso hat. die Rekurrentin Anspruch darauf, dass ihr

' ohne vorherige Bezahlung von Kosten die Einsicht in

die Akten gewährt werde, auf denen der Entscheid _ beruht : Dies folgt
aus dem Gesagten, sowie aus dem allgemeinen Grundsatze der Gewährung
des rechtlichen Gehörs:

Dass die Rekurrentin gegen die fragliche Weigerung der Staatskanzlei
nicht zunächst an den Regierungsrat gelangt ist, kann nicht dazu führen,
das Eintreten auf den Rekurs zu verweigern, da es sich um einen aus dem
Bundesrecht direkt hergeleiteten Anspruch gegenüber derjenigen kantonalen
Amtsstelle handelt, welcher die Mitteilung derartiger Entscheide obliegt.

2. Anders wäre allerdings dann zu entscheiden, wenn liquiderweise
die Angelegenheit einer Weiterziehung, an das Bundesgericht mittelst
zivilrechtlicher Beschwerde nicht unterlage. Das ist aber nicht der
Fall. Wohl ist die zivilrechtliche Beschwerde nicht gegeben in dem
Falle des Art. 286
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 286 - 1 Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
1    Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
2    Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf.
3    Bei nicht vorhergesehenen ausserordentlichen Bedürfnissen des Kindes kann das Gericht die Eltern zur Leistung eines besonderen Beitrags verpflichten.357
ZGB und infolgedessen auch dann nicht, wenn die
Wiederherstellung der elterlichen Gewalt, die nach Art. 286 entzogen
war, verlangt wird, wie das Bundesgericht in Sachen Wildi gegen Aargau
(Urteil vom 6. November 1912) ausgesprochen hat. Allein vorliegend ist zum
mindesten nicht liquid, dass es sich um einen solchen Fall handelt, weil
nicht ersichtlich und auch nicht wahrscheinlich ist, dass die Entziehung
der elterlichen Gewalt in der Wiederverheiratung der Rekorrentin ihren
Grund hatte. Vergl. biezu BGE 39 II S. 5. Jedenfalls ist nach der
Aktenlage die Zulässigkeit der zivilrechtlichen Beschwerde vorläufig
anzunehmen und deshalb durch eine, den bundesrechtlichen Vorschriften
entsprechende Art der Eröffnung, von der an erst die Beschwerdefrist
laufen wird, der Rekurrentin Gelegen-

474 Staatsrecht.

heit zu geben, dieses Rechtsmittel zu ergreifen, über dessen Zulässigkeit
und eventuell Begründetheit das Bundesgericht ais Zivilgerichtshof
definitiv zu entscheiden haben wird.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

1. Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und die
Staatskanzlei des Kantons Luzern angewiesen, der Rekurrentin den
regierungsrätlichen Entscheid vom 9. September 1914 in Sachen Bölli
Arnold in der in den Erwägungen angegebenen Weise mitzuteilen und ihr
Einsicht in die Akten zu gewähren.

II. HANDELSUND GEVVERBEFREIHEIT

LIBERTÉ DU COMMERCE ET DE L'INDUSTRIE

55. Urteil vom 17. September 1914 i. .S. Hsllheimer gegen
Regierungsrat'St. Gallen.

Eine Musteroder Modellausstellung, bei welcher keine Ware verkäuflich
ist, ist nicht patentpflichtig, und kann daher einer Patenttaxe nicht
unterworfen werden. Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV.

A. Sigmund Hallheimer, modes en gros, in Zürich, eröffnete am 9. und
10. März 1914 im Hotel Schiff in St. Gallen eine sogenannte Modelloder
Musterausstellung. Er wurde deshalb vom Stadtrat St. Gallen, in Anwendung
von Art. 4 Ib, 7 und 16 Abs. 2 des kantonalen Gesetzes vom 28. Juni
1887 über den Marktverkehr und das Hausieren mit einer Taxe (Patenttaxe)
von 50 Fr. für Staat und Gemeinde belegt.

Gegen diese Verfügung rekurrierte Hallheimer umsonst an den Regierungsrat
von St. Gallen. In ihrem abwei-

......M

Han delsund Gewerbefreiheit. N° 55. 475

senden Entscheid vom 17. April 1914 beruft sich die Regierung
zunächst auf die Vernehmlassung der ersten Instanz, wonach auch die
Muster-oder Modellausstellungen, bei welchen zwar keine direkte
Verkäufe abgeschlossen, sondern nur Bestellungen aufgenommen werden,
unter den Begriff eines Wanderlagers zu unterstellen seien, weil,
wenn hiebei die ausgestellte Ware auch nicht sofort abgegeben werde,
doch tatsächlich ein Verkauf von Waren vor sich gehe. Der Regierungsrat
verweist sodann auf den hundesrätlichen Entscheid vom 30. März 1907
in Sachen der Magazine zum Wilden Mann in Basel gegen St. Gallen,
welcher, seiner Ansicht nach, sich vollständig mit dem vorliegenden
Falle decke, (siehe diesen Entscheid abgedruckt im Bundesblatt 1907 II
S. 281). Da. Hallheimer nicht in St. Gallen ansässig sei, müsse seine
Musterausstellung als patentund taxpflichtiges Wanderlager im Sinne von
Art. 4 I b des kantonalen Hausiergesetzes betrachtet werden.

B. Diesen Entscheid zieht Hallheimer auf dem Wege des staatsrechtlichen
Rekurses an das Bundesgericht weiter. Er macht geltend : Er
führe in Damenputzartikeln, Federn, Bändern, Hüten u. dergl. nur
das Engrosgeschäft. Er verkaufe überhaupt nicht direkt an die
Konsumenten sondern nur an Wiederverkäufer oder Verarbeiter dieser Waren
(Modegeschäfte usw.). Ein Verkauf auch nur an diese sei aber anlässlich
der fraglichen Modellausstellung nicht vorgekommen. Dabei sei, wie bei
allen derartigen, nunmehr allgemein üblichen Veranstaltungen, der Vorgang
der, dass die Wiederverkäufer und Verarbeiter, nicht das allgemeine
Publikum, einzeln zur Ausstellung eingeladen werden, damit sie, nach
Bemusterung der Modelle, Bestellungen aufgeben. Die vorgewie-

.sene Musterkollektion werde selbstverständlich nicht

verkauft oder feilgeboten. Eine solche gewerbliche Veranstaltung könne
daher nicht als ein Wanderlager betrachtet und einer Patenttaxe unterzogen
werden, usw.

Am 14. Juli 1914-sandte der Rekurrent ein Gutachten

AS 40 I 1914 31
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 I 469
Datum : 19. Februar 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 I 469
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : ilss Staatsrecht. Bedeutung der in seinem Gebiet lokalisierten Betriebsl'aktoren


Gesetzesregister
BV: 2 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1    Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2    Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3    Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4    Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
OG: 63  86  94
SR 813.0: 86  90
ZGB: 285 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 285 - 1 Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen.
1    Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen.
2    Der Unterhaltsbeitrag dient auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte.
3    Er ist zum Voraus zu entrichten. Das Gericht setzt die Zahlungstermine fest.
286
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 286 - 1 Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
1    Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Leistungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
2    Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf.
3    Bei nicht vorhergesehenen ausserordentlichen Bedürfnissen des Kindes kann das Gericht die Eltern zur Leistung eines besonderen Beitrags verpflichten.357
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39-II-5
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bundesgericht • regierungsrat • elterliche gewalt • ehe • weiler • verhalten • rechtsmittel • staatsrechtliche beschwerde • tag • besteller • veranstalter • minderheit • entscheid • kantonales rechtsmittel • rechtsanwalt • bundesrechtspflegegesetz • gesuch an eine behörde • handel und gewerbe • eröffnung des entscheids • begründung des entscheids
... Alle anzeigen