165 Staatsrecht.

BV zu betrachten und damit seine Anfechtung aus dem -

Gesichtspunkte der Gewerbekreiheit auszuschliessen, U nd zwar auch dann,
wenn es sich, wie hier, nicht nur auf das Hausiergewerbe im eigentlichen
Sinne, sondern auch auf die Ausübung des Handelsreisendenberufes
erstreckt.

Denn es ist klar, dass der Grund, welcher inbezug auf _

das erstere zur Aufstellung des Verbotes geführt hat, nämlich die
Erwägung, dass die Ansteckung bei der Maulund Klauenseuche nicht nur durch
das Vieh selbst, sondern ebensosehr auch durch die Menschen vermittelt
wird, welche mit erkrankten Tieren direkt oder indirekt in Berührung
gekommen sind, und dass daher die Ausübung ambulanter Berufsarten in
der verseuchten oder durch die Seuche bedrohten Zone eine wesentliche
Erhöhung der Verbreitungsgefahr bedeutet, in ganz gleicher Weise auch
für die Tätigkeit des Geschäftsreisenden zutriift.

Wenn somit die Gemeinde Feuerthalen und die im Beschlusse des
Regierungsrates von Schaffhausen erwähnten schaf'ihauserischen Gemeinden
dem Rekurrenten das

. Betreten ihres Gebietes zur Aufnahme von Bestellungen bei
den Gemeindeeinwohnern mit Rücksicht auf die herrschende Maulund
Klauenseuche'verboten haben, so kann darin weder ein Verstoss gegen
Art. 69
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 69 Kultur - 1 Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
1    Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
2    Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.
3    Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die kulturelle und die sprachliche Vielfalt des Landes.
BV noch gegen die Gewerbekreiheit erblickt werden. Dies
uinsoweniger, als zugegebenermassen zur kritischen Zeit gerade die
Gemeinde Thayngen, wo der Rekurrent wohnt und von wo aus er seinen Beruf
ausübt, in erheblichem Masse von der Seuche ergriffen war. Ob aber die
Gemeinderäte kompetent gewesen seien, von sich aus ein solches Verbot zu
erlassen oder ob dasselbe nicht richtigerweise von den kantonalenBehörden
hätte ausgehen müssen, hat das Bundesgericht nicht zu untersuchen,
da der Rekurrent die formelle Giltigkeit der betreffenden Erlasse
nicht angefochten, sondern sich darauf beschränkt hat, ihre sachliche
Vereinbarkeit mit den erwähnten Verfassungsnormen zu bestreiten.Handelsund
Gewerbefreiheit. N° 20. 167

Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Der Rekurs wird abgewiesen.

20. Urteil vom 3. LP:-111914 1. S. Verein stsdtzürcherischer Kinobesitzer
gegen Zürich.

Art. 178
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 69 Kultur - 1 Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
1    Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
2    Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.
3    Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die kulturelle und die sprachliche Vielfalt des Landes.
OG und Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
, 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Staatsrechtlicher Rekurs gegen
einen Wiedererwägungsentseheid. Zulässigkeit der gestützt auf die
Vorschriften eines kantonalen Gesetzes, Welchesvdie Beschäftigung von
Angestellten und Arbeitern in gewerblichen Betrieben an öffentlichen
Ruhetagen untersagt bezw. beschränkt, getroffenen Verfügung, wonach die
Kinematho-grapbentheater an Ruhetagen nur während einer beschränkten
Zahl von Stunden offen gehalten werden dürfen.

A.Das züreherische Gesetz betreffend die öffentlichen Ruhetage vom
12. Mai 1967 bestimmt im §§ 1, 6 und 8 bis 10:

a § 1. Die Sonntage und folgende Festtage ; Neujahrstag, Karfreitag,
Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag und beide Weinachtstage werden als
öffentliche Ruhetage erklärt. Es dürfen nicht mehr als zwei öffentliche
Ruhetage unmittelbar auf einander folgen: wenn der erste Weinaehtstag
(25. Dezember) auf einen Freitag oder Montag fällt, so fällt der
zwéite'Weiuaehtstag als Ruhetag aus. o

e§ 6. Am Karfreitag, Ostermontag, Pfingstsonntag, eidgenössischen
Bettag und am ersten Weinaehtstag dürfen weder Theatervorstellungen,
noch Konzerte und Schaustellungen stattfindemAusnahmen können vom
Gemeinderate für die Aufführung von Musikwerk'en ernsten Charakters
bewilligt werden. _

§ 8. An den öffentlichen Ruhetagen ist untersagt:

a) Die Beschäftigung von Arbeitern und Angestellten in den industriellen,
kaufmännischen, geWerblichen und _handwerkmässigen Betrieben ;

168 Staatsreeht.

b) die Betätigung von Angestellten in öffentlichen und privaten Bureaux ;

c) die Abhaltung von Zahltagen ;

d) jede Beschäftigung oder Betätigung anderer Art, welche Lärm verursacht
oder andere im Genusse der Sonntagsruhe ernstlich zu stören geeignet ist :

Landwirtschaftliche Arbeiten sind gestattet, soweit sie vom täglichen
Betriebe erfordert werden oder von Naturereignissen und der Witterung
abhängig sind.

§ 9. Ausnahmen von dem in § 8 aufgestellten Arbeitsverbot sind zulässig:

a) für Gewerbe, die ihrer Natur nach einen ununterbrochenen Betrieb
erfordern ;

b) für Gewerbe, die zur Verhütung gänzlichen oder teilweisen Verderbens
bestehender Anlagen und Kulturen oder in Ausführung begriffener Arbeiten
oder aus andern zureichenden Gründen einen beschränkten Sonntagsbetrieb
beanspruchen können ;

c) für Gewerbe, welche dem täglichen Bedürfnis dienen, wie
Milchgeschäfte, Bäckereien, Konditoreien, Metzgereien (mit Ausschluss
des Schlachtens),Bratwurstereien und Traiteurgeschäfte ,

d) für Jahresabschlüsse und Inventuren ,

e) bei Notfällen.

§ 10. In den Fällen von § 9 litt. &, b und c wird die Sonntagsarbeit
durch regierungsrätliche Verordnung nach Anhörung der beteiligten
Gewerbetreibenden, Arbeiter oder Angestellten, aber immerhin im Sinne
möglichster Einschränkung reguliert.

Die Bewilligung zur ausserordentlichen Verwendung von Angestellten
für Jahresabschlüsse und Inventuren (ä 9 litt. (I) wird von der
Gemeindebehörde erteilt.

Im übrigen entscheidet der Regierungsrat über die Anwendung der
Bestimmungen dieses Gesetzes und der dazu gehörenden Verordnungen.

In Ausführung dieser Vorschriften hat der Regierungsrat am 22. Januar
1909 eine Verordnung zum GesetzeLLA-delsund GeWerhefreiheit. N° 20. 169

betreffend die öffentlichen Ruhetage erlassen, durch die der Umfang
der zulässigen Ruhetagsarbeiten für eine Anzahl von Gewerben näher
geregelt wird. Die betreffenden Gewerbe sind : ll'filchgeSchäfte,
Metzgereien, Bäckereien, Konditoreien, Traiteurgeschäfte, Bierverkauf,
Coifteurgeschäfte. Besondere Bestimmungen über den Betrieb von
Kinemathographentheatern enthält die Verordnung nicht, wie es scheint,
weil dieselben zur Zeit ihres Erlasses erst im Entstehen begriffen waren.

Um die bezügliche Lücke auszufüllen, fasste daher der zürcherische
Regierungsrat nach Einsicht einer Eingabe des Stadtrates von Zürich
vom. 12. Februar 1913, worin auf die Notwendigkeit hingewiesen wurde, den
Angestellten der Kinemathographentheater eine ordentliche Sonntagsruhe
oder einen ausreichenden Ersatz dafür zu verschaffen, und Anhörung der
Beteiligten, auf Antrag der Volkwirtschaftsdirektion am 21. August 1913
den nachstehenden Beschluss :

1. Die Kinemathographenhetriebe auf dem Gebiete des Kantons Zürich sind
am Karfreitag, Ostersonntag, Pfingstmontag, eidgenössischen Bettag und
ersten Weinachtstag gänzlich zu schliessen. Dagegen dürfen sie an den
übrigen öffentlichen Ruhetagen von 3 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Nachts
offen gehalten werden.

2. Die Arbeitszeit der Gehilfen, Angestellten und Arbeiter beträgt an
öffentlichen Ruhetagen höchstens neun Stunden. Es sind ihnen mindestens 52
Tage im Jahre ganz frei zu geben, wovon 12 auf die öffentlichen Ruhetage
zu entfallen haben.

Auf ein gegen Dispositiv 1 Satz 2 dieses Beschlusses vom Verein
stadtzürcherischer Kinobesitzer eingereichtes Revisionsgesuch, mit dem
verlangt wurde, dass die Kinotheater an den gewöhnlichen Ruhetagen von
2 bis 1 1 Uhr Nachmittags sollten offen gehalten werden dürfen, trat der
Regierungsrat durch Entscheid vom 25. September 1913 mit der Begründung
nicht ein :

Die Tendenz des Ruhetagsgesetzes geht dahin, die

170 Staatsrecht.

Sonntagsruhe möglichst auszudehnen: darum ist auch durch § 23
den Gemeinden freigestellt, mit Genehmigung des Regierungsrates die
Sonntagsruhe noch weiter auszudehnen, als das Gesetz in seinen besonderen
Bestimmungen festsetzt. Gleicherweise ist es auch das Bestreben des
Regierungsrates, sowohl das Offenhalten als auch die Arbeit an Sonntagen
möglichst einzuschränken. Gemäss 510 des Ruhetagsgesetzes entscheidet
er über die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der dazu
gehörenden Verordnungen. Von dieser Kompetenz hat er im vorliegendenen
Falle Gebrauch gemacht und das Ofienhalten der Kinobetriebe an hohen
Festtagen gänzlich verboten, an den Ruhetagen auf sieben
Stunden beschränkt. Die Arbeit ist bis auf neun Stunden erlaubt worden,
zwei Stunden mehr als die zulässige Dauer des Ofi'enhaltens beträgt,
damit allfällige Arbeiten vor Beginn und nach Schluss der Vorstellungen
verrichtet werden können.

B. Nach Empfang dieses zweiten Beschlusses des Regierungsrates hat der
Verein stadtzüreheriseher Kinobesitzer mit Eingabe vom 29. Oktober, zur
Post aufgegeben den 30. Oktober 1913, die staatsrechtliche Be-schwerde
an das Bundesgericht ergriffen mit den Anträgen:

1. Die vom Regierungsrat verfügte Beschränkung der Spielzeit
der Kinemathographentheater an gewöhnlichen Ruhetagen sei als
verfassungswidrig aufzuheben;

2. eventuell sei den Kinemathographentheatern auf dem Gebiete des Kantons
Zürich zu bewilligen, ihre Theater an öffentlichen Ruhetagen zwischen
2 Uhr Nachmittags und 11 Uhr Abends offenzuhalten.

Zur Begründung wird ausgeführt dass eine Beschränkung des
Kinemathographenbetriebes an Ruhetagen auf Grund des Rubetagsgesetzes nur
dann zulässig wäre, wenn die lünemathographentheater sich als gewerbliche
Betriebe im Sinne von Art. 8 dieses Gesetzes darstellten. Dies sei
nicht der Fall. Zum Begriff des Gewerbes gehöre die Gütererzeugung sei
es durch Gewinnung von Roh-riandelsund Gewerbefreiheit. N° 20. 171

stofl'en, sei es durch Verarbeitung von solchen oder durch Beschaffung
unkörperlicher Dienstleistungen. Keines dieser Merkmale treffe auf die
Kinemaihographentheater zu. Diese seien vielmehr Theater im eigentlichen
Sinne, die sich von dem, was man gewöhnlich unter einem Theater verstehe,
durch nichts wesentliches unterschieden. Die Berufung des Regierungsrates
auf § 8 des Ruhetagsgesetzes sei demnach willkürlich und enthalte
eine materielle Rechtsverweigerung. Sie verstosse aber auch gegen
die Rechtsgleichheit, indem keine sachlich haltbaren Erwägungen dafür
sprachen, lediglich den Kinemathographea;theatern in dieser Weise die
Spielzeit zu beschneiden, während alke andern Schaustellungen ähnlicher
Art Schauspiel, Oper, Variétés, Zirkus u. s. w. entweder überhaupt keinen
Beschränkungen unterworfen würden oder doch bis 11 Uhr Abends offenhalten
dürften. Die Entwicklung gehe dahin, immer längere Films aufzuführen,
sodass die Spielzeit eines einzigen Films heute oft 2 bis 3 Stunden
betrage. Da am Abend naturgemäss nicht vor 8 Uhr begonnen werden könne,
so müsste daher bei Aufrechtha'tung des angefoc enen Entscheides mitten
in der Vorstellung abgebrochen werden. Eine solche Massnahme könne weder
im Willen des Gesetzgebers noch im Zwecke des Rechtes liegen.

C. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat auf Abweisung des Rekurses
angetragen und gegenüber dem darin erhobenen Vorwürfe ungleicher
Behandlung ausgeführt: Wie sich aus den einschlägigen Bestimmungen des
Ruhetagsgeselzes ergebe, seien die in der Verordnung vom 22. Januar 1909
über die Sonntagsarbeit in einigen Gewerben getroffenen Bestimmungen nicht
abschliessend. Vielmehr könne der Regierungsrat nach Bedürfnis weitere
Verordnungen erlassen, wobei es irrelevant sei, ob dadurch nur ein oder
mehrere Gewerbe betroffen werden. Als eine solche Verordnung sei auch der
angefochtene Beschluss vom 21. August 1913, der im Amtsblatt'publiziert
worden sei, anzusehen, indem da-

172 staatsrecht-

durch die Sonntagsarbeit in den Kinemathographentheatern einheitlich
geregelt werde. Wenn die Rekurrenten sich darüber beschwerten,
dass ähnliche Bestimmungen nicht auch für die andern Theater und
Schaustellungen erlassen worden seien, so sei darauf zu erwidern,
dass der Regierungsrat nicht dazu verhalten werden könne, die
Sonntagarbeitszeit der Theater, Schaustellungen und Kinemathographen
in einer Verordnung zu regeln, selbst wenn die Verhältnisse in diesen
Betrieben gleichartige wären. Tatsächlich tretke aber auch letzteres
nicht zu. Abgesehen davon, dass die Theater denn doch vom künstlerischen
Standpunkte nicht auf gleiche Linie mit den Kinemathographen gestellt
werden könnten, sei dort die Spieldauer und damit auch die Arbeitszeit
der Angestellten und Arbeiter, auf die Woche berechnet, viel kürzer als
bei den Kinemathographen. Bei den übrigen Schaustellungen, Tingeltangels
u. s. W., deren künstlerisches Niveau allerdings nicht höher stehe als
bei den Kinemathographen, treffe wenigstens das Moment der viel kurzem
Arbeitszeit per Woche zu. Während die Kinemathographen von Mittags bis
Abends täglich ununterbrochen im Betriebe seien, beschränkten sich
die Theateraufiührungen und sonstigen Schaustellungen in der Regel
auf den Abend; ja es fänden nicht einmal allabendlich Vorstellungen
statt. Nachmittagsvorstellungen Würden einzig an Sonntagen manchmal
abgehalten. Da das Kinopersonal somit die Woche hindurch viel stärker in
Anspruch genommen werde als dasjenige der übrigen genannten Institute,
so bleibe nichts übrig, als dass ein gewisser Ausgleich zu Gunsten der
Kinoangestellten am Sonntag gesucht werde. In ähnlichem Sinne sei denn
auch anderorts vorgegangen werden.

Das Bundesgericht zieht i 11 E r W ä g u n g :

1. Da der erste Beschluss des Regierungsrates vom 21. August 1913 dem
rekurrierenden Vereine nach seinerHandelsund Gewerbefreiheit. N ° 20. 173

eigenen Angabe am 30. August 1913 zugestellt worden ist, ging die BOtägige
Rekursfrist des Art. 178
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 69 Kultur - 1 Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
1    Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
2    Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.
3    Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die kulturelle und die sprachliche Vielfalt des Landes.
OG gegenüber demselben am 29. Oktober 1913 zu
Ende und war demnach zur Zeit der Aufgabe der Rekursschrift zur Post
30. Oktober 1913 bereits abgelaufen. Gegenstand der Anfechtung kann
somit nur noch der auf das Wiedererwägungsgesuch des Rekurrenten hin
gefasste zweite Beschluss des Regierungsrates vom 25. September 1913
sein. Nun geht zwar die Praxis des Bundesgerichts im allgemeinen dahin,
dass der staatsrechtliche Rekurs nur gegen denjenigen Entscheid,
welcher die angefochtene Verfügung in casu die Beschränkung der
Spielzeit der Kinemathographentheater an Ruhetagen auf die Zeit von 3
bis 10 Uhr Nachmittags wirklich enthält, und nicht gegen einen blossen
Wiedererwägungsentscheid gerichtet werden kann. Doch ist von diesem
Grundsatze stets für den Fall eine Ausnahme gemacht worden, wo die
kantonale Behörde das Wiedererwägungsgesuch materiell behandelt, also
die den Gegenstand ihres ersten Entscheides bildende Rechtsfrage einer
erneuten sachlichen Prüfung unterzogen hat. Dies ist hier zweifellos der
Fall, da aus den Motiven des Wiedererwägungsentscheides unzweideutig
hervorgeht, dass der Regierungsrat das Wiedererwägungsgesuch nicht
etwa aus

. formellen, prozessualen Gründen, sondern deshalb ver--

worfen hat, weil er die gegen seine Verfügung erhobenen rechtlichen
Einwendungen für sachlich unstichhaltig erachtete. Auf den Rekurs ist
daher einzutreten. Dagegen muss von vorneherein bemerkt werden, dass es
sich für das Bundesgericht nur darum handeln kann, zu prüfen, ob die damit
angefochtehe Massnahme als verfassungswidrig aufzuheben sei. Zum Erlasse
positiver Anordnungen, wie sie mit dem eventuellen Beschwerdebegehren
verlangt werden, ist es mit Rücksicht auf den reinkas-satorischen
Charakter der staatsrechtlichen Beschwerde , im Sinne von Art. 175
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
,
Ziiî. 3 und 178 OG auf keinen Fall kompetent.

174 Staatsrecht.

2. In der Sache selbst kann dahingestellt bleiben, ob die
sog. Kinemathographentheater sich wirklich als Theater im gewöhnlichen
Sinne des Wortes darstellen. Auch wenn dies der Fall wäre, so würde daraus
noch nicht folgen, dass sie keine gewerblichen Betriebe seien. Denn
beides Theater und Gewerbe _ sind an sich noch keine Gegensätze. Sache
des Rekurrenten wäre es mithin gewesen, zu beweisen, dass die Theater
im allgemeinen nicht unter den Begriff der Gewerbebetriebe im Sinne
von g 8 des Ruhetagsgesetzes subsumiert werden könnten. Und zwar hätte
dargetan werden müssen, dass diese Subsumtion schlechthin unhaltbar und
daher willkürlich sei, da nur dann eine Rechtsverweigerung im Sinne von
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV vorläge. Ein blosser Irrtum in der rechtlichen Beurteilung
genügt zur Annahme einer solchen noch nicht. Hiervon kann aber nicht
die Rede sein. Wie der Regierungsrat mit Recht sshervorhebt, haben
sich die Besitzer von Kinemathographen selbst wiederholt gegenüber
ihren Betrieb einschränkende'n Verfügungen der kantonalen Behörden
auf Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV berufen und sind dabei sowohl vom Bundesrat als vom
Bundesgericht grundsätzlich mit-der Motivierung geschützt worden, dass als
Gewerbe im Sinne der genannten Verfassungshestimmung jede berufsmässige
ausgeübte, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, somit auch die berufsmässige
Veranstaltung theatralischer und kinemathographischer Vorstellungen
anzusehen sei (vergl. AS 38 I N° 73, 39 I N° 2 E. l und die dortigen
Zitate). Haben die Kinemathographenbesitzer so die dem Gewerbetreibenden
verfassungsmässig gewährleisteten Rechte für sich in Anspruch genommen,
so erscheint es aber nur logisch, dass sie anderseits auch den für die
Ausübung von Gewerbebetrieben bestehenden gesetzlichen Beschränkungen
unterworfen werden. Jedenfalls kann es demnach nicht als willkürlich
angesehen werden, wenn der Regierungsrat auch bei der Interpretation
des g 8 des kantonalen Ruhetagsgesetzes jenen weiteren BegriffHandelsund
Gewerbefreiheit N° 20. 175

des Gewerbes zu Grunde gelegt hat. Dass er aber unter der Voraussetzung
der Anwendbarkeit der erwähnten Vorschrift grundsätzlich berechtigt war,
die Dauer der Spielzeit der Kinemathographentheater an Ruhetagen im
Interesse des Schutzes der Arbeiter und Angestellten einzuschränken,
steht ausser Zweifel und wird denn auch vom Rekurrenten nicht bestritten.

3. Fraglich kann demnach nur. sein, ob nicht eine Verletzung des
Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV darin liege, dass eine solche Beschränkung nur für die
Kinemathographen und nicht auch für andere Schaustellungen verwandter
Art Schau spiel, Oper, Variétés u. s. w. aufgestellt worden ist.Auch
dies ist zu vemeinen. Wie aus den Ausführungen des Regierungsrates
in der Rekursantwort, an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass
besteht, hervorgeht, ist die Lage der Arbeiter und Angestellten in den
Kinemathographen und in jenen anderen Betrieben nicht dieselbe, indem
die Beanspruchung während der Woche bei den ersteren ungleich intensiver
ist als bei den letztem. Bei dieser Verschiedenheit in den tatsächlichen
Verhältnissen lässt sich auch die verschiedene rechtliche Behandlung
hinsichtlich des TCrnfanges der Sonntagsruhe durchaus rechtfertigen und
kann daher von einer Verletzung der Rechtsgleichheit nicht gesprochen
werden.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt : Der Rekurs wird abgewiesen.

AS 40 I 1914 li
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 40 I 167
Datum : 01. Januar 1914
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 40 I 167
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 165 Staatsrecht. BV zu betrachten und damit seine Anfechtung aus dem - Gesichtspunkte


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
31 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
69
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 69 Kultur - 1 Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
1    Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.
2    Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.
3    Er nimmt bei der Erfüllung seiner Aufgaben Rücksicht auf die kulturelle und die sprachliche Vielfalt des Landes.
OG: 175  178
Stichwortregister
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amtsblatt • arbeitnehmer • arbeitsverbot • arbeitszeit • beendigung • beginn • begründung des entscheids • benutzung • beschneidung • besteller • bettag • beurteilung • bewilligung oder genehmigung • bundesgericht • bundesrat • charakter • dauer • einwendung • empfang • entscheid • epidemie • errichtung eines dinglichen rechts • film • gemeinde • gemeinderat • irrtum • kantonale behörde • konzert • mass • metzgerei • nacht • regierungsrat • richtigkeit • richtlinie • schaf • schauspieler • sonntag • sonntagsarbeit • sprache • staatsrechtliche beschwerde • tag • tierseuche • treffen • uhr • unternehmung • ununterbrochener betrieb • veranstalter • verhalten • vieh • weiler • weisung • wille • willkürverbot • zahl • zirkus • zitat • zweifel