V 16 A. Staatsrechtl. Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.

weise in einem Privathause besitzt und dasselbe mehr nur besuchsweise und
vorübergehend benutzt. In der That ist dies auch gar nicht aufsallend,
sondern im Gegentheil sehr begreiflich. Denn augenscheinlich, und
wie Rekurrent ernstlich selbst nicht einmal zu bestreiten wagt, hatte
die beabsichtigte Domizilsänderung ihren Grund lediglich in der von
der Ehefrau D. angehobenen Scheidungsklage, deren Behandlung durch die
schwhzerischen Gerichte Rekurrent zu vermeiden wünschte Der Realisirung
dieser Absicht stunden aber, da ein Verkauf oder eine Verpachtung des
Gasthofes zum Bären weder bis jetzt hatte erzielt werden können, noch
sofort möglich war, insoweit Hindernisse entgegen, als dem Rekurrenten
nichts Anderes übrig blieb, als entweder seinen Gast-

hof plötzlich zu schliessen und aufzugeben, oder seinen Geschäfts-

, betrieb und Wohnsitz in L. fortzusetzen Zu Ersterm konnte Rekurrent
wegen der bedeutenden ökonomischen Nachtheile, die dar-· aus für ihn
erwachsen wären, erklärlicher Weise sich nicht entschliessen und so
behielt er eben thatsächlich seinen Wohnsitz in seiner Heimatsgemeinde
bei, woraus folgt, dass seine Ehefrau mit Recht ihre Ehescheidungsklage
und die Pfandschatzung in L. gegen ihn angehoben hat.

Ob D. in R. ein zweites (Geschäfts-)Domizil für sein Kommissionsund
Agentnrgeschäft erworben habe, isf, weil unerheblich, nicht zu untersuchen

Z. Die Vorliegende Beschwerde ist derart, dass es sich rechtfertigt,
dem Rekurrenten eine Gerichtsgebühr und eine Parteientschädigung
auszulegen (Art. 62 lemma 2 des Bundesgesetzes über die Organisation
der Bundesrechtspflege.)

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

1. Die Beschwerde ist als unbegründet abgewiesen.

2. Dem Rekurrenten D.. ist eine Gerichtsgebühr von zwanzig Franken
und eine Entschädigung Von vierzig Franken an die Rekursgegnerin
auferlegt.HI. Gerichtsstand. Gerichtsstand des Wohhortes. N° 6. i?

6. Urtheil vom 2. März 1878 in Sachen Locher und Konsorten.

,A. Durch Verfügung vom 24. August 1877 belegte das Bezirksamt Einsiedeln
ans Begehren des ©. (E. Weil in Karlsruhe die im Ausverkaufe des Joses
Jten im Hause zum Pirgerhof in Einsiedeln befindlichen Gegenstände mit
Arrest, gestützt darauf, dass Petent den Josef Jten für eine Forderung
von 1732 Fr. 29 Ets. gepfändet habe und anzunehmen sei, dass sonst die
wirksame Verfolgung der Ansprache verunmöglicht oder doch sehr erschwert
würde. -

B. Ueber diesen Arrest beschwerten sich B. Locher und Konsorten beim
Bundesgerichte, indem sie behaupteten, die in Be-

g schlag genommenen Waaren gehören nicht dem, gegenwärtig in

Winterthur in Konkurs befindlichen Josef Jten, sondern ihnen,
den Rekurrenten, welche dieselben dem Jten nur kommissionsweise zum
Verkaufe übergeben haben. Da sie aufrechtstehend seien und in der Schweiz
feste Wohnsitze haben, so verstosse daher der Arrest gegen Art. 59 der
Bundesverfassung und müsse derselbe als verfassungswidrigaufgehoben
werden. Aber auch gegen Jten habe Weil keine Arrestverfiigung gültig
nachsuchen können, weil der Konknrs über Jten in Winterthur noch nicht
erledigt sei und man noch nicht wisseif ob Weil dort bezahlt werde oder
nicht, und sodann, weil die betreffende Waare even-

tuell zu der Konkursmasse gehören würde Rekurrenten stellten Fdemnach
das Begehren, dass die angefochtene Arrestverfiigung ;. aufgehoben und
die mit Beschlag belegte Waare ihnen verabsolgt

weirde, ferner jedem von ihnen eine Entschädigung von 100 Fr. bund 30
0/0 Schadenersatz vom Werthe der Arrestobjekte zugesprochen und Weil
überdiess für allen Schaden und Nachtheil, der weiter noch entstehen
könnte, verantwortlich erklärt werde.

C. Weil trug aus Abweisung der Beschwerde an. Er bestrittdass die mit
Beschlag belegten Waaren Eigenthum der Nehmenten seien und bemerkte
in rechtlicher Beziehung, letztere können sich aus den Art. 59 der
Bundesverfassung desshalb nicht berufen, weil der Arrest nicht gegen
sie, fondern gegen Jten gerichtet see Leisten Rekurrenten den Beweis,
dass die betreffen-

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is A. Staatsreehtl. Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.

den Waaren ihnen gehören, so werde allerdings der Arrest aufgehoben
werden müssenz allein jenen Beweis haben dieselben vor den schwyzerischen
Gerichten zu erbringen Es könne nicht Sache des Bundesgerichtes sein, zu
entscheiden, wem das Eigenthum an jenen Gegenständen zustehe. Rekurrenten
mögen daher ihre Eigenthumsansprache vor den schwyzerischen Gerichten
geltend machen. ,

Gegenüber Jten sei der Arrest wohl begründet, da aus dessen Konkurs
nur etwa 3% erhältlich seien. Der Konknrs sei soviel als durchgeführt
und daher eine Herbeiziehung der arrestirten Waare zur Masse nicht mehr
statthaft. Eventuell würde man

das Begehren stellen, dass dem Konkursgerichte in Winter-thut .

Gelegenheit gegeben werde , sich· hierüber auszusprechen , ob es die
Ablieferung verlange, resp. in den Prozess einstehen wolle.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Art. 59 der Bundesverfassung, welcher im vorliegenden Falle
einzig als Verletzt bezeichnet wird, bestimmt, dass der aufrechtstehende
Schuldner, welcher in der Schweiz einen festen Wohnsitz habe, für
persönliche Ansprachen vor dem Richter seines Wohnortes gesucht werden
müsse und daher für Forderungen auf das Vermögen eines solchen ausser
dem Kanton, in welchem er wohnt, kein Arrest gelegt werden dürfe.

2. Nun ist der Arrest, um den es sich im Vorliegenden Falle handelt, nicht
gegen die Rekurrenten, sondern gegen Josef Jten ausgewirkt worden; sie
könnten sich daher jedenfalls nur insofern über denselben beschweren, als
der arrestbeklagte Jten selbst zu dessen Anfechtung berechtigt wäre. Dies
ist nun aber keineswegs der Fall, da Jten nicht mehr aufrechtstehend ist,
sondern sich unbestrittenermassen im Konkurse befindet

3. Auf dingliche Klagen bezieht sich der Artikel 59 der Bundesverfassung
überall nicht und es verstösst daher keineswegs gegen diese
Verfassungsbestimmung, wenn Rekurrenten gezwungen werden, den Streit über
das Eigenthum an den arreftirten Waaren vor den schwyzerischen Gerichten,
als dem forum rei sitae, durchzuführen

4. Was eventuell die Ablieferung der bezeichneten Waaren zur Konknrsmasse
in Winterthur betrifft, so ist lediglich denIHGerichisstand. Gerichtsstand
des Wohnortes. N° 7 und"8. is

Returrenten zu überlassen, hierauf bezügliche Begehren bei der
Konkursbehörde in Winterthur zu stellen. Zur Zeit ist für das
Bundesgericht keinerlei Veranlassung vorhanden, sich hierüber

augzusprechen, da eine Verfügung einer kantonalen Behörde

nicht vorliegt. Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Beschwerde ist als unbegrtindet abgewiesen.

; si 7. Urtheil vom 18. Jänner 1878 in Sachen Wuhrmann

und Konsorten.

A. Am 4. Oktober 1874 schlossen C.W.-K., J. H. K. und Dr.

E. W. in Zürich Namens der Aktiengesellschaft Rigiburg mit

(H. ZinggsStocker in Meggen einen Kaufvertrag ab, wonach der letztere
an iene Gesellschaft seinen ihm eigenthümlich zustehenden Rrgtblick bei
Weggrs nebst allem Zubehör um 120,000 Fr. ver-

' kaufte. Der Vertrag enthält die Bestimmung, dass die beiden Kon-

trahenten für denselben Gerichtsftand in Luzern nehmen und allfällige
Streitigkeiten vor dem ordentlichen Richter daselbst ansgetragen
werden sollen Am 28. Oktober 1874 fand die Infertigung der verkauften
Liegenschaft an die Aktiengesellschaft Rigi-

' bnrg durch den Gemeinderath We ' ' ggrs statt und erhielt der VerkäUfer
, eine Auzahlnng von 37,000 Fr., theils in baar, theils in Aktien.

4 EH?; hizgeichne'te Aktiengesellschaft, deren Zweck nach den am We
ig {er c4 m der konstrtuirenden Sitzung Rigikmrg bei schagsk Ni .??an
SEFW darin bestehen spriedie Liege-Izu etwaigen? used allfallig noch
andere Liegenschaftett käuflich schaft und (i ibn Te}: Absicht, durch
Landwirthschaft, Gastwirthwieder zu vsssnk u] exe moglxchsten Nutzen
zu ziehen oder dieselben Entehun ersaufen, kam aber nie zu Stande,
weil die zu ihrer rathess nigtnothige Genehmigung des Ingerniichen
Regierungs@igenthuri) ieingeholt wurde. In der Folge ging denn auch das
kaafer Singgnfiheî Legenschaft Rxgibltck wieder auf den Ver-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 4 I 17
Datum : 01. März 1878
Publiziert : 30. Dezember 1879
Quelle : Bundesgericht
Status : 4 I 17
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : V 16 A. Staatsrechtl. Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung. weise in einem


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