494 Oberste Zivilgerichtsinstanz. l. Matedellrechlliche Entscheidungen.

renversée par des faits qui justifient peut etre un bläme à l'adresse
de la demanderesse, mais qui ne sont pas tele qu'on puisse tenir pour
probable qu'à l'époque de la conception elle & eu des relations avec
d'autres hommes que Grossrieder. La demande doit donc etre déclarée fondée
en principe. En "ce qui concerne la fixation du montant de l'indemnité
et de la pension qui doivent _ètre mises à. la charge du défendeur,
il Fest pas necessaire de reuvoyer la cause à la Cour cantonale qui
ne s'est pas encore prononcée sur ce point. Les sommes allouées par
la première instance sont en effet. si modiques qu'elles ne sauraient
encore etre abaissées et, d'autre part, elles ne sont pas susceptibles
d'augmentatidn camme le demandent. les recourantes, car celles-ci u'ont
pas appelé de ce jugement qui représente par conséquent le maximum de
ce qui peut leur étre-accordé.

Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:

Le reeours est admis et l'arrét attaqué est réformé en ce sens que:

@) Gmssrieder est condamné à payer à Anastasie Egger une indemnité de
150 fr.;

b) Il est condanmé à. contribuer à l'entretien de l'enfant Marie Egger
par le paiement. d'une pension, payable par semestre et d'avance, de 80
fr. par an pendant les quatre premières. années et 150 in per an pendant
les quatorze anuées suivantes.

2. Familienrecht. N° 89. 495

89. guten der n. zipnaotaamg vom 2. Oktober 1913E in Sachen anni,
Bekl. u. Ver.-KL, gegen Berger, Kl. u. Bein-Bekl.

Vaterschafisklage einer in der Fels-weise domiziliertm Ausidndez-ia-z
gegen einen ebenfatés in der Schweiz domiziéierten Ausländer. Anwendbares
Recht (Erw. 2). Gegenstand der Vaterschaflsklage : nicht Feststellung
der Vatersckaft , sondern. {um der Klage auf Zusprecfeemg des Kindes mit
Standesfolge abgesehen) mer Vermögensleistungen. Streitwertberechnung
dementsprechend (Erw. 3). An- fo-rderngm an den nach Art. 314 Abs. 1
der Klägerin obliegenden Beweis {Erw. 4). Anforderungen au den ,nach
Art. 314 Abs. 2 dem Bekäagten obliegenden Beweis (Erw. 5).

A. Die Klägerin war während des Sommers 1910 in Basel als Dienstmädchen
angestellt. Sie besuchte von dort aus öfters ihren in Langenthal
wohnenden Bruder und lernte auf diese Weise den Beklagten kennen, der
in der Porzellansabrik Langenthal als Dreher in Stellung war. Kurz
vor Weihnachten 1910 trat die Klägerin bei dem Liegenschastsagenten
J. U. Zulliger in Bern als Haushalterin in Dienst. Dort machte ihr der
Beklagte öfters Besuche, wobei es nach der Darstellung der Klägerin
wiederholt (letztmals am 24. Juli 1911), nach derjenigen des Beklagten
zweimal (letztmals am 2. Juni 1911) zum geschlechtlichen Verkehr fam. Am
13. Mai 1912 gebar die Klägerin einen Knaben, welcher unter dem Namen
Johann Alfred Belger in das Zwilitandsregister eingetragen wurde. Als
den Vater diese-s Kindes bezeichnet die Klägerin den Beklagten, während
der Beklagte

&) Bestreitet, in der kritischen Zeit (18. Juli bis 15. November 1911)
überhaupt noch mit der Klägerin geschlechtlich verkehrt zu haben, und

b) behauptet, die Klagerin habe in der kritischen Zeit mit ihrem
Dienstherrn Zulliger geschlechtlichen Verkehr gepflogen, was die Klägerin
ihrerseits bestreiten

B. Durch Urteil vom 20. Juni 1913 hat der Appellations{siwf des Kantons
Bern über das Rechtsbegehren der Klägerin:

Der Beklagte sei zu verurteilen:

1. Der Charlotte Belger für die Kosten ihrer ausserehelichen

is 39 n ists 33

495 amme Zivilgerichmmeauz. [. Materiellrechdicha Entscheidungen.

Er-Bindung sowie ihres Unterhaltes, während je 4 Wochen vor und nach
der Entbindung Ersatz zu leisten. ' '

2. Der gleichen Klägerin gemäss Art. 318
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 318 - 1 Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
1    Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
2    Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.449
3    Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.450
ZGB eine angemeffene Geldsumme
als Genugtuung zu bezahlen.

3. Dem Knaben Johann Alfred Belger bis zum vollendeten 18. Altersjahre
angemessene, voraus zu entrichtende und nach dem Ermessen des Gerichts
zu terminierende Unterhaltsbeiträge zu leisteu. eckannt:

Der Beklagte wird als Vater des von der Charlotte Belger am 13. Mai
1912 ausserehelich gebornen Kindes Johann Alfred Belger zu folgenden
Leistungen verurteilt:

a) der Mutter gegenüber:

zu 25 Fr. Kindbettkostenz

"zu 90 Fr. für den Unter-halt während 3 Wochen nach der Geburt. _

b) dem Kinde gegenüber:

zu. 23 Fr. monatlichen, jeweilen zum voraus zahlbaren
Alimentatiousbeiträgen, zu leisten seit der Geburt des Kindes bis zum
zurückgelegten 18. Altersjahre desselben-A

Dieses Urteil beruht auf der Annahme, dass

a) die Behauptung der K"lägerin, sie habe in der kritischen Zeit mit
dem Beklagtengeschlechtlich verkehrt,· erwiesen sei,

b) die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe in der kritischen
Zeit mit ihrem Dienstherrn Zulliger geschlechtlich verkehrt, nicht
erwiesen fei.

Die Ausführungen, auf Grund deren der Appellationshof zu Fier-Fem
Resultate gelangt ist, lassen sich folgendermassen zusammena en:

ad a) Nach der Darstellung der Klägerin habe der Beklagte ihr auf ihre
Einladung vom 20. Juli hin telephonisch seinen Besuch auf den 24. Juli
nachts 12 Uhr CAnkunft des Nachtzuges) in Aussicht gestellt. Der
Beklagte sei dann tatsächlich gekommen, und die Klägerin habe ihn in
Begleitung Zulligers am Bahnhof abgeholt, woraus sich alle drei in die
Wohnung Zulligers begeben hätten. Aus die Frage des Brilliant, wann nun
eigentlich die Heirat stattfinden folle, habe der Beklagte versprochen,
für den Februar2. Familienrecht. Nx di). 497

1912 das Nötige vorzutehren Er habe damals den Ring getragen; die beiden
hätten sich als Verlobte begegnet. Zulliger habe sich endlich in sein
Zimmer zurückgezogen, und der Beklagte sei in der Wohnung geblieben,
wobei es wiederholt zum geschlechtlichen Berkehr gekommen sei. Morgens
gegen 41/2 Uhr habe der Beklagte das Haus verlassen, um mit dem ersten
Frühzuge wieder nach Langenthal zu fahren. Soweit die Darstellung
der Klägerin. Zulliger habe als Zeuge diese Darstellung allerdings in
allen wesentlichen Punkten bestätigt; seinen bezüglichen Aussagen komme
jedoch im Hinblick darauf dass er mit der Klägerin wie aus den späteren
Ausführungen ersichtlich sein werde immerhin nicht ganz einwandfreie
Beziehungen unterhalten habe, an sich ein ziemlich problematischer
Beweiswert zu. Dagegen seien zu Gunsten der Klägerin eine Reihe von
Jndizien vorhanden, welche in Verbindung mit den Depositionen anligers
geeignet sein dürften, den Nachweis der Beiwohnung des Beklagten am
24. Juli 1911 zu erbringen. Zunächst sei nämlich einer Karte der Klägerin
mit Konvert vom 20. Juli 1911 zu entnehmen, dass sie den Beklagten zu
einem Besuche eiuiud mit der Begründung, es seien schon 6 Wochen her,
seit er bei ihr gewesen, was sich offenbar auf den vom Beklagten
zugestandenen Besuch vom 2. Juni 1911 beziehe. In seiner Antwort
vom 21. Juli habe der Beklagte ihr einen Besuch auf nächste Woche-
in Aussicht gestellt. Da der 21. Juli 1911 ein Freitag gewesen sei,
so sei der 24. Juli 1911 auf einen Montag gefallen und der Besuch,
der nach Angabe der Klägerin an diesem Tage erfolate, hätte mithin
wirklich wie im Briefe vom 21. Juli angekündigt in der darauffolgenden
Woche stattgefunden Eine weitere Bestätigung dafür, dass der Beklagte
die Klägerin am 24. Juli 1911 wirklich besucht habe, bilde sodann der
Umstand, dass der Beklagte in seinem Schreiben vom 28. Juli 1911, worin
er der Klägerin einen weiteren Besuch ankündigte, geäussert habedass
dieser Besuch etwas länger dauern merde, wie das letzte Mal, was sich
offenbar nur aus den in der Tat kurzen Besuch vom 24. Juli 1911 beziehen
könne Diese Korrespondenz bilde, neben andern, minder wichtigen Jndizien
(späteres Verhalten der Klägerin gegenüber dem Beklagten5 Angaben, die
die Klägerin im Monat November 1911 dem Fürsprecher Otto Müller machte,

W Messen-Zielng If Màtariellkechtlicbe Entscheidungen.

den sie damals konsultierte), das entscheidende Jndizium dafür, dass
ein Besuch des Beklagten bei der Klägerin am 24; Juli 1911 wirklich
stattgefunden babe. Dadurch gewinne. hinwiederum die Deoosition des Zeugen
Zulliger an innerer Glanbwürdigkeit. Nach ihrem Tenor in Verbindung
mit der Tatsache, dass der Beklagte zugesiandenermassen schon früher
mit der Klägerin geschlechtlich verkehrt hatte und dass zwischen ihnen
ein ausgesprochenes Liebe-Zuerhältnis bestand, sei ebenfalls jeder
Zweifel darüber ausgeschlossen, dass es auch damals (am 24. Juli 1911)
zwischen ihnen zum geschiechtlichen Verkehr gekommen sei. Die Vermutung
der Vaterschaft des Beklagten im Sinne von Art. 314 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB sei also
hier gegeben.

ad b) Das Gesetz verlange den Nachweis von Tatsachen, welche geeignet
seien, beim urteilenden Gerichte begründete Zweifel über die Vaterschaft
des Beklagten hervor-zurufen Mit vagen Verdachtigungen und Vermutungen
und mit dem Hinweise auf blosse Möglichkeiten sei es also nicht
getan. Allerdings habe das Verhältnis der Klägerin zu Zulliger einen
auffälligen und etwas intimeren Charakter aufgewiesen, als dies sonst
zwischen einem Dienstherrn und seiner Haushälterin der Fall zu sein
pflege. Die beiden duzten einander, er besuchte sie, wenn sie krank war,
in ihrem Zimmer und es herrschte zwischen ihnen eine ziemlich weitgehende
Vertraulichkeit. Die Klägerinerklärtedies aber damit, dass sie in ihrer
hülslosen Lage und als Fremde, die keine Verwandten in Bern hatte, ihren
Prinzipal ohne jeden Hintergedanken als ihren Beschützer und väterlichen
Freund angesehen und sich infolgedessen enger an ihn angeschlossen
habe-. Mit diesen ihren Erklärungen habe die Klägerin dem Gerichtshofe
einen günstigen Eindruck gemacht. Jedenfalls aber seien keine Tatsachen
hergestellt, welche einen irgendwie sichern Schluss darauf zulassen
würden, dass Zulliger, zumal in der kritischen Zeit, geschlechtliche
Beziehungen mit der Klägerin unterhalten hatte. Die Wahrnehmungen, über
welche die Nachbarn des Zulliger berichteten, seien nach dieser Richtung
hin nicht von Erheblichkeit, insbesondere auch nicht diejenigen, aus denen
gefolgert werden wolle, dass die Beiden im gleichen Zimmer schliefen. Was
die Aussagen der Dienstmagd Emma von Dach betreffe, so habe diese Zeugin
die Zeit, auf welche ihre für2. l·'an1ilieuI-echt. N° 89 VI

Zulliger etwas verfängliche Wahrnehmungen sich erstreeken nicht genau
angeben können, so dass man nicht wisse, ob sie-sich auf die kritis che
Zeit beziehen, und es dürfe daher auf diese Aus-sagen abgesehen davon,
dass die Emma von Dach kein unbesangener Zeuge sei kein grosses Gewicht
gelegt werden Ganz unglaubwürdig sei sodann die Zeugin Ermunda Zulltger
geb.Muller eine geschiedene Frau des J. U. Zuniga), die ebenfalls zu
Ungwjieri der Klägerin ausgesagt babe. Was schliesslich die Briefe der
alkagerin betreffe, aus deren Inhalt auf ein intimes Perhaltnis zwischen
ihr und Zulliger geschlossen werden wolle, so schetne alterdings eine
Äusserung der Klägerin vom 22. Februar 1911, Zulliger sei bereit, ihr 300
Fr. für den Beklagten zu geben, wenn sie sich ihm zur Verfügung sielle,
etwas wunderlich-H allem ihre Erklärung, dass sie nur die Eifersucht des
Beklagten habe werfen wollen, sei ziemlich plausibel Wenn sie sodann
m einer Karte vom 20. Juli 1911 bemerke, aus Îsider Schenkung einer
Hundertnote seitens des Zulliger könne der Beklagte ersehen, dass sie ihre
Pfiichten treu erfülle-C so lasse sich dies zwanglos und unverfänglich
in dem Sinne deuten, dass sie ihre Pflichten als Haushälterin treu
erfülle. Zuzugeben sei, dass ein Brief an Zulliger d. d· 9. Mai 1912
etwas intim und familiar. gehalten sei. Allein einmal falle er längst
nicht mehr in die kritische Zeit, und sodann sei es begreiflich, wenn
die Klägerin es mer Tage vor ihrer Niederkunft, in ihrer Aufregung und
im Gefühl ihrer Verlassenheit, mit der Wahl ihrer Ausdrücke nicht so
genau nahm und ihrem Diensiherrn gegenüber einen allzuvertraulichen Ton
anschlag. Deshalb gelange das Gericht zum Resultat, dass dem Beklagten
der Nachweis solcher Tatsachen nicht gelungen sei, weiche erhebliche
Zweifel über feine Vaterschaft zu rechtfertigen vermöchten. ,.

C. Gegen das vorstehende Urteil hat der Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrag aus Abweisung der Klage.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung: .

..... 2. Was die Frage des anwendbaren Rechts in ortlicher Beziehung
betrifft, so kommen dafür, da beide Parteien dem deutschen Staatsverbande
angehören, jedoch in der Schweiz nieder-

500 Oberste Zivilgerichtsinstanz. _ {. Materiellrechtliche Entscheidungen.

gelassen find, nach Art. 59
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
SchlT ZGB die Bestimmungen des Bundesgesetzes
über die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und
Aufenthalter zur Anwendung Denn die Vaterschastss klage des ZGB ist,
auch wenn sie nur aus Geldleistungen geht (vergl. darüber Erw. Z
hienach), doch jedenfalls (entgegen dem, was Bade r, Anm. 1 c zu
Art. i Niedergel. Ges. für das frühere Recht annahm; vergl. auch
Salis in Ztschr. f. schwR. NF 11 S. 352) keine obligationenrechtliche,
sondern eine familienrechtliche Leistungskiage, aus die somit Art. 1
des genannten Gesetzes zutrifft. Da sodann die Vaterschastsklage vom
Falte des Art. 323 abgesehen, der hier, was die Frage des anweudbaren
Rechts betrifft, vorbehalten bleibt, auch keine Statusklage ist, Art. 8
Niedergel. Ges. somit aus sie nicht anwendhar ist, und da endlich Art. 9
Abs. 2 leg. cit. (beer. die Unterstützungspslicht zwischen Verwandten) aus
die gewöhnliche Baterschaftsklage ebenfalls nicht zutrifft (weil auch er,
wenn nicht geradezu ein eheliches, so doch jedenfalls einan Zusprechung
mit Standesfolge beruhendes verwandtschaftliches Verhältnis voraussetztz
vergl. übrigens BGE 20 S. 49 und Praxis II S. 401*), so bleibt nur
die allgemeine Bestimmung des Art. 2 Niedergel. Ges. übrig, wonach die
Niedergelassenen und Ansenthalter hinsichtlich ihrer familienrechtlichen
Verhältnisse (vergl. Art. 1, ans den Art. 2 hier Bezug nimmt) der
Gerichtsbarkeit und, wie stets angenommen wurde, auch dem Rechte des
Wohnsitzkantons, bezw; des Wohnsitzstaates unterliegen. Damit ist die
Anwendbarkeit des ZGB aus den vorliegenden Fall gegeben; denn die weitere
Frage, ob bei der Entscheidung über das anwendbare Recht grundsätzlich
aus das Personalsiatut des Vaterschastsbeklagten oder auf dasjenige der
Klägerin abzustellen sei, braucht anlässlich des vorliegenden Falles,
da beide Parteien das nämiiche Personalstatut haben, nicht erörtert
zu werden.

3. Die Bemessung des Streitwertes hängt davon ab, ob als Gegenstand der
Vaterschaftsklage neben den eingeklagten Vermögensleisiungen auch die
Feststellung der Baterschaft des Beklagten erscheint in welchem Falle der
Streitgegeus stand im Sinne des Art. 71 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
OG (vergl. auch Art. 61)

" AS 39 il S. :!:)7.

2. Famiîienrecht. No 89. 501

feiner vermögensrechtlichen Schätzung unterliegen würde , oder ob nur
jene Vermögensleistungen den Klaggegenstand bilden.

Dabei ist vorauszuschicken, dass die Frage nach dem Gegenstand der
Vaterschastsklage sich mit derjenigen nach ihrem Rechtsgrund nicht
deckt. Es steht heute ausser Frage, dass dieser Rechtsgrand dem Familien-,
nicht dem Obligationenrecht angehört und dass es sich also bei der
Vaterschaftsklage nicht etwa um eine Deliktsklage handelt. Damit ist
jedoch jene andere Frage, welches ihr Gegenstand sei (Feststellung der
Vaterschaft, oder nur Geldleistungen) noch nicht beantwortet.

Art. 307
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 307 - 1 Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes.
1    Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes.
2    Die Kindesschutzbehörde ist dazu auch gegenüber Kindern verpflichtet, die bei Pflegeeltern untergebracht sind oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern leben.
3    Sie kann insbesondere die Eltern, die Pflegeeltern oder das Kind ermahnen, ihnen bestimmte Weisungen für die Pflege, Erziehung oder Ausbildung erteilen und eine geeignete Person oder Stelle bestimmen, der Einblick und Auskunft zu geben ist.
in Verbindung mit Art. 302 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 302 - 1 Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
1    Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
2    Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechlichen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung zu verschaffen.
3    Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und gemeinnützigen Jugendhilfe zusammenarbeiten.
ZGB könnte, wenn nur di es
e beiden Gesetzesbestimmungen berücksichtigt würden, zu der Auffassung
führen, dass das Ziel der VaterschastsHuge" (vergl. den Randtitel zu
Art. 307 ff.) vor allem in der Feststellung der Vaterschast durch den
Richter-C bezw. des ausserehelichen Kindesverbältniss bestehe, und
dass mit dieser Feststellung, ausser der Verpflichtung des Beklagten zu
gewissen Vermögensleistnngen, alle diejenigen Folgen verbunden seien,
die das ZGB sonst noch an die aussereheliche Abstammung knüpft oder zu
knüpfen scheint, also namentlich das Eheberbot des Art. 100 Sisf... 1
und die Möglichkeit der Legitimation des Kindes durch nachfolgende Ehe
der Eltern oder durch Richterspruch (Art. 258 und 260).

Diese Auffassung, nach welcher der Streitgegensiand bei der
Vaterschaftsklage in der Tat feiner vermögensrechtlichen Schätzung
unterliegen- würde, steht nun aber im Widerspruch mit der Bestimmung
des Art. 309, worin als mögliches Ziel der Klage, neben den
Vermögensleistungen des Beklagten an die Mutter und an das Kind, nur
noch die, an ganz bestimmte Voraussetzungen geknüpfte ·Zusprechung des
Kindes mit Standesfolge genannt ist. Es fragtsich daher, durch welchen
der zitterten Artikel (307 oder 309) der Gesetzgeber in Wirklichkeit
das Ziel und den Gegenstand der Vaterschaftsklage habe umschreiben wollen.

_ In dieser Beziehung ergibt sich zunächst aus dem speziellen Randtitel
zu Art. 307 und aus der Stellung dieses Artikeis an der Spitze der
Bestimmungen über die Vaterschastsklage, dass darin nicht sowohl der
Gegenstand dieser Klage umschrieben, ais viel-

502 Oberste Zivixgerichcsinstanz. [. Materieiirechtliche Entscheidungen.

mehr die unbedingte Zulas s igkeit der bis dahin in mehreren Kantonen
verbotenen recherche de la paternité ausgesprochen, und zugleich die
Aktiound die Passivlegitiination geregelt werden wollten. Auf diesen
Zweck des Artikels weist denn auch dessen französischer Text hin. worin
nur gesagt ist, dass der ausserehelichen Mutter und deren Kind gegen
den ausserehelichen Vater ein Klagrecht zustehe (peut rechercher en
justice) Dass aber in diesem Punkte der sranzösische Text den Gedanken
des Gesetzgebers genauer wiedergibt als der deutsche, durfte u. a. auch
aus den Erlauterungen des Gesetzesredaktors hervorgehen, worin (an Seite
245) der Inhalt des Art. 307 Ldamals 334) dahin zusammengesasst wurde,
dass Kind und Mutter das Klagerecht erhalten und dass sie behaupten
fònneu, der Beklagte sei der Baker. In der grossen Erpertenkommission
vom Jahre 1901 wurde dann allerdings die Frage, welches der Gegenstand
der Vaterschaftsklage sei, hauptsächlich bei der Behandlung des damaligen
Art. 334 (heute 307) erörtert, wobei die Ansichten weit auseinandergingen
und der Referent erklärte, die Streitsrage könne nicht im Gesetz, sondern
nur in einem spätern Lehrbuch entschieden werden; und das Ergebnis war,
dass die damaligen Art. 334 und 337 (heute 307 und 309) zum Zwecke ihrer
Verschmelzung und behufs Herstellung der Übereinstimmung zwischen den
beiden Texten der Redaktionskommission überwiesen wurden, was an sich
eher darauf hindeuten würde, dass man nicht nur in Art.:-337 (heute 309),
sondern auch in Art. 334 (heute 307) eine Bestimmung über den Gegenstand
der Vaterschaftsklage erblickte Allein, da in der Folge die beabsichtigte
Verschmelzung tatsächlich unterblieben ist und beide Artikel nahezu
wörtlich in den definitiven Gesetzestert übergegangen sind, ist der
Richter doch wieder darauf angewiesen, die Umschreibnng des Gegenstandes
der Klage ausschliesslich in Art. 309 zu suchen und in Art. 307 bloss
die Feststellung der Zuläs s igkeit der Vaterschastsklage, sowie die
Regelung der Aktiound der Passivlegitimation zu erblicken. Alsdann aber
können, wenn die besondern gesetzlichen Voraussetzungen der Zusprechung
des Kindes mit Standesfolge nicht vorhanden sind, als Gegenstand der
Klage einzig die Vermögensleistungen des Vaters an die Mutter und das
Kind erscheinen; mit andern2 Famdienrceht. N° 89. 503

Worten: die Feftstellung der Vaterschast, von der in Art. 307 die Rede
ist, hat lediglich dieBedeutung eines Motives für die Verurteilung des
Beklagten zu Geldleistungen an die aussereheliche Mutter und deren Kind,
sowie, in den besonderen Fällen des Art. 323, für die Zusprechung des
Kindes mit Standesfolge.

Diese Auffassung entspricht denn auch allein dem übrigen Jnhalte
des Titels über das aussereheliche Kindesverhältnis. Der Umstand,
dass einerseits die freiwillige Anerkennung eines ausserehelichen
Kindes durch den Vater- an gewisse Formvorschriften geknüpft und in
bestimmten Fällen ganz ausgeschlossen, die gerichtliche Zusprechung des
Kindes mit Standesfolge aber überhaupt nur in Ausnahmefällen zugelassen
worden ist, ferner das durch Art. 306 und 312 Abs. 2 der Heimatgemeinde
eingeräumte Anfechtungsbezw. Jnterveniionsrecht, zeigen deutlichx dass
an die Gutheissung der gewöhnlichen Vaterschastsklage, die (mit der
Einschränkung des Art. 316) bei allen ausserehelichen Geburten zulässig
ist, und bei deren Abhandlung die Heimatgemeinde keine Gelegenheit zur
Jntervention erhält, keine weitergehende Rechtsfolge geknüpft werden
wollte, als die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung der in Art. 317
bis 322 vorgesehenen Geldbeiträge.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa aus Art. 100 Zissxi am. das
Ehehindernis der ausserehelichen Verwandtschaft) oder aus Art. 258 und 260
(Jett. die Legitimation durch nachfolgenden Eheabschluss, bezw. durch
Richterspruch). Denn, was zunächst die Eventualität einer späterer
Legitimation betrifft, so ist in Art. 262 wiederum der Heimatgemeinde und
ausserdem noch den erbberechtigten Verwandten der angeblichen Eltern ein
Ansechtungsrecht eingeräumt, während sie im Vaterschaftsprozess nicht
nur keine Gelegenheit zur Jutervention zu erhalten brauchen, sondern
meist auch gar keinen begründeten Anlass haben win-den, von einein ihnen
allenfalls freiwillig eingeräumten Interventionsrecht Gebrauch zu machen
(da ja in den Fällen, in welchen eine Vaterschaftsklage angestrengt wird,
ein späterer Eheabschlnss zwischen den Litiganten im höchsten Grade
unwahrscheinlich zu sein pflegt). Die weitere Frage aber, ob zwischen
dem Vaterschastsbeklagten und dessen anderweitigen Deszendenten oder
dessen Geschwistern einerseits, und dem

504 Oberste Ziriigekielitsinstanz. [. Materiellrechtliche Entscheidungen.

unehelichen Kinde, um das es sich im Vaterschaftsprozesse handelt,
anderseits, ein Ehehindernis im Sinne des Art. 100 Biff. 1 vorliegen
werde, bietet im Zeitpunkte der Erhebung oder der Beurteilung der
Vaterschaftsklage (die nach Art. 308 vor, oder spätestens innerhalb eines
Jahres nach der Geburt des unehelichen Kindes anhängig gemacht werden
muss) ebenfalls noch so wenig aktuelle-s Interesse. dass nicht anzunehmen
ist, der Gesetzgeber habe dem Urteil über die Vaterschaftsklage in dieser
Richtung irgendwelche präjudizielle Bedeutung beilegen wollen. Dabei
mag dahingestellt bleiben, ob sür das Ehehindernis des Art. 100 Sisf. 1
überhaupt der Nachweis einer bestimmten natürlichen Blutsverwandtschaft
genügt, oder ob nicht vielmehr unter der ausserehelichen Verwandtschaft-
des Art. 100 ausschliesslich eine solche im Sinne des am. 325, also
eine auf Anerkennung oder Zusprechung mit Standessolge beruhende, zu
verstehen sei.

Endlich kann dem Entscheide im Vaterschastsprozesse, wenn
keine Zusprechung mit Standessolge stattfinden auch nicht etwa
eine erbrechtliche Bedeutung zukommen. Denn Art. 461 gewährt dem
ausserehelichen Kinde und dessen Nachkommen ausdrücklich mir dann ein
Erbrecht in der väterlichen Verwandtschaft, wenn das aussereheliche
Kind durch Anerkennung oder Urteil des Richters den Stand des Vaters
erhalten hat.

Kommt somit dem Urteil im Vaterschaftsprozesse von den Fallen,
wo auf Zusprechung mit Standesfolge geklagt wird, abgesehen keine
weitere rechtliche Wirkung zu, als diejenige der Verurteilung
oder Nichtverurteilung des Beklagten zu bestimmten Geldleistungen,
wobei die Feststellung der Vaterschaft lediglich die Bedeutung eines
Urteilsmotives hat, so erscheinen als Streitgegenstand einzig die
eingeklagten Vermögensleistungen, und es können daher auch nur sie bei
der Bemessung des Streit-

wertes, bezw. bei der Frage, ob der Streitgegenstand überhaupt .

einer vermögensrechtlichen Schätzung unterliege, in Berücksichtigung
gezogen werden. Das rein ideale Interesse, das die Vaterschastsklägerin
ausserdem noch an der Gutheissung der Klage haben kann (weil sich daraus
u. a. ergibt, dass weder die Einrede aus Art. 314 Abs. 2 noch diejenige
aus Art. 315 ihr gegenüber begründet war), kann bei der Bemessung des
Streitwertes ebenso-2. Familienrth N° 89. 505

wenig berücksichtigt werden, wie noch viele andere ideale Interessen
bei andern Zivilklagen.

Dabei soll immerhin die Frage offen bleiben, wie sowohl hinsichtlich
des Streitwertes als auch in Bezug aus seine Zulässigkeit ein
Klagbegehren zu beurteilen wäre, das ausschliesslich auf Feststellung
der Vater-schan gerichtet, also nicht mit dem Antrag ans Verurteilung
des Beklagten zu irgendwelchen Vermögensleistungen verbunden wäre; denn
im vorliegendenFalle ist ein Antrag auf Verurteilung des Beklagten zu
Geldleistungen ausdrücklich gestellt werden. Dagegen ergibt sich aus dem
Gesagten, dass für die Bemessung des Streitwertes bei Vaterschastsklagen
auch dann nur die Höhe der eingeklagten Geldleistungenin Betracht kommt,
wenn (was im vorliegenden Falle allerdings nicht geschehen ist) mit dem
Antrag auf Zusprechung der gesetzlichen Geldleistungen ein solcher aus
Feststellung der Vaterschast verbunden ist.

Das praktische Resultat der vorstehenden Ausführungen besteht für den
konkreten Fall darin, dass die vom Beklagten eingelegte, zur Begründung
der Berufung bestimmte Rechtsschrift zu berücksichtigen ist. Denn
der kapitalisierte Wert der sur das Kind geforderten Geldleistungen
(276 Fr. per Jahr bis zum zurückgelegten 18. Lebensjahre des Kindes)
beträgt nach Soldan Tab. II 3640 Fr was zusammen mit den von der Mutter
beanspruchten 115 Fr. einen Gesamtstreitwert von 3755 Fr also weniger
als 4000 Fr. ausmacht, so dass die Voraussetzungen des schriftlichen
Verfahrens gegeben waren. _

4. In der Sache selbst ist von der Feststellung der Vorinstanz auszugehen,
dass der Beklagte am 24. Juli 1911, also innerhalb der durch Art. 314
Abs. 1 cBGB umschriebenen kritischen Zeit, der Klägerin beigewohnt
hat. Diese Feststellung ist weder aktenwidrig, noch im Widerspruch mit
einer bundesrechtlichen Veweisvorschrist. Die einzigen Aktenstücke,
welche für die zu entscheidende Tatsrage in Betracht kommen konnten,
waren die zwischen den Parteien gewechselten Briefe einerseits und das
Protokoll der Deposition des Zeugen Zulliger anderseits. Hat nun auch
der kantonale Richter den genannten Zeugen als nicht ganz szuverlässig
bezeichnet eine Beweiswürdigung, an die das Bundesgericht

506 Oberste Zivilgerichîsinsiauz. [. Maieriellrechiiichc Entscheidungen.

gebunden ist und enthalten auch jene Briefe, insbesondere diejenigen des
Beklagten, kein direktes Geständnis der zu beweisenden Tatsache, so kann
doch jedenfalls von einem Widerspruch der vorinstanzlichen Feststellung
mit dem Inhalt der Briefe oder mit der Zeugenaussage Zulligers keine
Rede sein; denn beide bildeten im Gegenteil eher Jndizien zu Gunsten
der Annahme jener Tatsache. Dass aber der in Art. 314 Abs. 1 geforderte
Beweis nur dir ekt, nicht auch durch Jndizien geleistet werden könnewie
der Beklagte anzunehmen scheint, ist nicht richtig. Aus benz Worte
nachweisbar (in der angeführten Gesetzesbestimmung) er. giht sich
allerdings, dass eine blosse Glanbhaftma chung nicht ggnügt Darüber
jedoch, ob der Beweis nur direkt, oder auch inxdirekt (dnrch Indizien)
geleistet werden könne, spricht sich jene Gesetzesbestimmung nicht
aus und enthält das ZGB auch sonst keine Vorschrift. (am. 310 kann hier
deshalb nicht in Betracht kommen, weil die Zulassung des Jndizienbeweises
jedenfalls keine Erschwerung und übrigens auch keine Erleichterung der
Veweisführung gegenüber den gewöhnlichen Regeln des Prozess-rechtes
bedeutet, sondern ihnen durchaus entspricht). Anderseits liegt es in
der Natur der Sache, dass gerade beim Nachweis der ausserehelichen
Beiwohnnng, auf welche Art. 314 am". 1 abstellt, der Judizienbeweis
nicht wohl entbehrt werden kann; denn derartige Tatsachen find in den
seltensten Fällen direkt nachweisbar-.

5. _ Ist somit als seststehend zu betrachten, dass die Klägerin den ihr
gemäss Art. 314 Abs. 1 obliegenden Beweis der Beiwohnung des Beklagten
innerhalb der kritischen Zeit erbracht hat so fragt es sich nur noch, ob
der Beklagte seinerseits im Sinne des Art. 814 Abs. 2 solche Tatsachen
nachgewiesen habe, die erhebliche Zweifel über seine Vaterschaft
rechtfertigen; denn die Einrede aus Art. 315 (unzüchtiger Lebenswandel
der Klägerin um die Zeit der Empfängnis), die in der Klagbeantwortnng
ebenfalls erhoben worden war, ist in der Berufungsschrift nicht mehr
aufrecht erhalten worden.

Es ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Frage, ob eine bestimmte,
festgestellte Tatsache geeignet sei, erhebliche Zweifel- im Sinne des
Art. 814. Abs. 2 zu rechtfertigen, oder, allgemein gesprochen, welcher
Art die vom Beklagten nachzuweisenden Tat-2. Familienrecht. N° 89. 507

fachen sein müssen, um die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 zu entkräften,
eine Rechtsfrage ist und daher gegebenensalls der Überprüfung des
Bundesgerichts unterliegt Auch ist richtig, dass als Tatsache, die
erhebliche Zweifel-l im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmung
rechtfertigt, nicht nur der nachgewiesene geichlechtliche Verkehr der
Klägerin mit einem Dritten in Betracht kommt, sondern dass die erheblichen
Zweifel sich auch aus andern Umständen, wie z. B. dem Reifegrad des
Kindes bei seiner Geburt, ergeben können. Wenn in einem neuern Urteile des
Bundesgerichts (Praris II Nr. 145 *) der Satz enthalten ist, dass am. 314
Abs. 2 nur da anwendbar fei, wo der Beklagte den positiven Beweis intimer
Beziehungen der Kindesmutter mit einem Dritten- (des preuves p_ositives
de l'existence de relations intimes de La mère de i'enfant avec un tiers)
erbracht habe, so wollte damit, wie aus dem Zusammenhang ersichtlich
ist, nicht das Beweisthema umschrieben, sondern nur betont werden, dass
bei Art. 314 Abs. 2 eine blosse Glaubhaftmachung ebensowenig geniige,
wie bei Art. 314 Abs. 1.

Indessen hat im vorliegenden Fall der Beklagte, soviel ans den Akten
ersichtlich ist, seine Einrede aus Art. 314 Abs. 2 vor den kantonalen
Instanzen im Gegensatz zu seinen bezüglichen AusFührungen in der
Bernfungsschrift, auf die jedoch nach Art. 80
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 302 - 1 Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
1    Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
2    Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechlichen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung zu verschaffen.
3    Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und gemeinnützigen Jugendhilfe zusammenarbeiten.
OG nicht einzutreten ist
einzig mit dem iniimen Verhältnis der Klägerin zu ihrem Dienstherrn
Zulliger begründet, d. h. er hat als Tatsache, aus der sich erhebliche
Zweifel im Sinne des Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB ergeben sollen, ausschliesslich
den behaupteten geschlechtlichen Verkehr der Klägerin mit Zulliger
geltend gemacht. Da aber ausser Frage steht, dass diese Tatsache, wenn
sie erwiesen ware, erhebliche Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten
rechtfertigen würde, so hängt das Schicksal der Einrede des Beklagten
einzig von der Tatfrage ab, ob die Klägerin zur kritischen Zeit, ausser
mit dem Beklagten, auch noch mit Zulliger geschlechtlichen Umgang
gepflogen habe

Aus den Feststellungen des vorliegenden kantonalen Urteils ergibt
sich nnn, dass das Verhältnis der Klägerin zu Zulliger in der Tat ein
auffallend intimes war, so dass an sich der Verdacht

* AS 3911 S. 179 Erw. 2.

508 Oberste Zivilgerichtsinsmnz. ]. Materieilrechtliche Entscheidungen.

allerdings nahe liegen würde, die Klägerin habe zur kritischen Zeit
auch mit ihm geschlechtlich verkehrt. Allein, wenn die Vorinstanz
nach eingehender Prüfung des ganzen Verhältnisses und auf Grund einer
persönlichen Einvernahme der Klägetin dazu gelangt ist, jene aufsallende
Jntimität, wenigstens für die Zeit der mutmasslichen Empfängnis, in
anderer Weise als durch die Annahme eines geschlechtlichen Verkehrs
der Klägerin mit Zulliger zu erklären, so ist das Bundesgericht an die
hierin liegende Würdigung des Beweisergebnisses, weil sie jedenfalls
nicht aktenwidrig ist, und da' durch auch keine bundesrechtliche
Beweisvorschrift verletzt wird, gebunden. Freilich kann der dem Beklagten
nach Art. 314 Abs. 2 obliegende Beweis ebenfowohl ein Jndizienbeweis
sein, wie der nach Art. 314 Abs. 1 der Klägerin obliegende, und es
ist der in der Crw. 4 hievor zitierte Ansskruchin Praxis II S. 283,
dass ein positiver Beweis- vorliegen müsse, auch nicht etwa im Sinne
eines Ausschlusses Tdes Jndizienbeweises zu verstehen (sondern, wie
bereits festgestellt, nur im Sinne der Unzulänglichkeit einer blossen
Glanbhaftmachung). Allein im vorliegenden Falle hat der kantonale Richter
den vom Beklagten zu leistenden Beweis nichts deshalb als gescheitert
erklärt, weil er nicht durch Jndizien hätte erbracht werden können,
sondern deshalb, weil die ans der Beweisführung des Beklagten sich
ergebenden Jndizien für die Annahme der von ihm behaupteten Tatsache
nicht genügend seien; diese Beweiswürdigung aber ist für das Bundesgericht
verbindlich Daraus, dass Art. 314 Abs. 2 vom Beklagten nur den Nachweis
solcher Tatsachen verlangt, die erhebliche Zweifel an der Vaterschaft
des Beklagten rechtfertigen (während in Art. 254 dem die Ehelichkeit
eines Kindes anfechtenden Ehemann der Beweis der Unmöglichkeit der
Zengung durch ihn auferlegt wird), folgt nicht, dass an den Nachweis
jener Tatsachen ein weniger strenger Massstab als an alle andern von
einer Partei zu leistenden Beweise anzulegen sei. Vielmehr bleibt die
Frage, ob die betreffenden Tatsachen nachgewiesen seien, eine solche der
kantonalen Beweiswürdignng, deren Überprüfung dem Bundesgerichte entzogen
ist· Derartige Fragen eignen sich ja auch schon ihrer Natur nach gar nicht
zur Übervrüfung durch eine Instanz, die, wie das Bundesgericht, einzig auf
Grund der Akten zu entscheiden hat; denn es'.. Familienrecht. N° 90. 509

ist dabei die Kenntnis der beteiligten Personen und der Eindruck, den
der Richter von ihrer Glanbwürdigkeit erhalten hat, als er sie persönlich
einvernahm, von wesentlicher Bedeutung. Gerade im vorliegenden Fall ist
denn auch, wie bereits erwähnt, vom kantonalen Richter darauf abgestellt
worden, dass die Erklärungen der Klägerin dem Gerichte einen günstigen
Eindruck hinterlassen haben-I diesen Eindruck der Glaubwürdigkeit kann
aber das Bundesgericht natürlich nicht über-prüfen

6. Jst darnach als festgestellt zu betrachten, dass ein geschlechtlicher
Verkehr der Klägerin mit ihrem Dienstherrn Zulliger für die kritische
Zeit nicht nachgewiesen ist, so muss die auf Art. 314 Abs. 2 gestützte
Einrede des Beklagten, und damit auch dessen BMfung abgewiesen werden;
denn in Bezug auf das Quantitativ der zugesprochenen Alimente besteht
kein Anlass zu einer Abänderung des vorliegenden kantonalen Urteils.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellations-

hofes des Kantons Bern vom 20. Juni 1913 bestätigt.

90. Eli-teil der II. Divilabteitnng vorn 2. Oktober 1913 in' Sachen
amara gegen Eltern-.

Aufhebung der Vormundschaft bei Wegfall des Geisterreich-zugewandes,
Art.:133 sf. ZGB. Beweis des Weg/alles ; die blosse Befürchtung non
Bückfällen genügt nicht, um die Entmündigemg aufrecht zu erhalten.
Gerichtskosten im Beschwerde-Verfahren euren Art. 86 Ziff.

1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
3 OG.

A. Der Beschwerdeführer steht gegenwärtig im 61. Altersjahr und ist von
Beruf Zimmerpolier. Im Februar 1897 wurde er wegen Trunksucht auf sein
eigenes Begehren si hin unter Bor' mundschaft gestellt. Während seiner
Bevormundung musste er aus dein gleichen Grunde wiederholt aus dem
Bürgerasyi, wo er sich schon vor dem Jahre 1911 aufhielt, ausgewiesen
werden. Auch ein Aufenthalt in der Trinkerheilanstalt Ellikon vermochte
ihn
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 39 II 495
Date : 02. Oktober 1913
Published : 31. Dezember 1914
Source : Bundesgericht
Status : 39 II 495
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 494 Oberste Zivilgerichtsinstanz. l. Matedellrechlliche Entscheidungen. renversée


Legislation register
OG: 71  80  86
ZGB: 302  307  314  318
ZGB SchlT: 59
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