482 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs--

Ginleitung der Grundpfandbetreibung von Gesetzes wegen entsteht
nicht aus, dass seine Berücksichtigung in einem konkreten Voll-,
streckungsverfahren und die Aufrechterhaltung der zu seinem Schutze
vom Amte getroffenen Massnahmen von der Vornahme bestimmter Vorkehren
durch den Gläubiger abhängig gemacht wird, wie das Bundesgertcht denn
auch bereits festgestellt hat, dass das Betreibungsamt die Anzeigen
nach Art. 152 Abs. 3 nur dann zu erlassen habe, wenn der Gläubiger dies
besonders verlange und ihm die Namen der Mieter angebe (vergl. das Urteil
in Sachen Basler Kantonalbank vom 27. März 1912 AS Sep.-Ausg. 15 Nr. 20*
auf_befien Erwägungen zu verweisen ist). Wenn die Borinstanz annimmt,
dass der Widerruf der erlassenen Anzeigen wirkungslos ware, weil er an
dem Bestande des Pfaudrechts selbst nichts zu andern vermöchte, so ist
dies offenbar nicht richtig. Indem der Gesetzgeber in Art. 152 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 152 - 1 Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl nach Artikel 69, jedoch mit folgenden Besonderheiten:299
1    Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl nach Artikel 69, jedoch mit folgenden Besonderheiten:299
1  Die dem Schuldner anzusetzende Zahlungsfrist beträgt einen Monat, wenn es sich um ein Faustpfand, sechs Monate, wenn es sich um ein Grundpfand handelt.
2  Die Androhung lautet dahin, dass, wenn der Schuldner weder dem Zahlungsbefehle nachkommt, noch Rechtsvorschlag erhebt, das Pfand verwertet werde.
2    Bestehen auf dem Grundstück Miet- oder Pachtverträge und verlangt der betreibende Pfandgläubiger die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen (Art. 806 ZGB300), so teilt das Betreibungsamt den Mietern oder Pächtern die Anhebung der Betreibung mit und weist sie an, die fällig werdenden Miet- oder Pachtzinse an das Betreibungsamt zu bezahlen.301

SchKG vorgeschrieben hat, dass die durch Art. 806 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 806 - 1 Ist das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet, so erstreckt sich die Pfandhaft auch auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen, die seit Anhebung der Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes oder seit der Eröffnung des Konkurses über den Schuldner bis zur Verwertung auflaufen.
1    Ist das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet, so erstreckt sich die Pfandhaft auch auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen, die seit Anhebung der Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes oder seit der Eröffnung des Konkurses über den Schuldner bis zur Verwertung auflaufen.
2    Den Zinsschuldnern gegenüber ist diese Pfandhaft erst wirksam, nachdem ihnen von der Betreibung Mitteilung gemacht oder der Konkurs veröffentlicht worden ist.
3    Rechtsgeschäfte des Grundeigentümers über noch nicht verfallene Miet- oder Pachtzinsforderungen sowie die Pfändung durch andere Gläubiger sind gegenüber einem Grundpfandgläubiger, der vor der Fälligkeit der Zinsforderung Betreibung auf Verwertung des Unterpfandes angehoben hat, nicht wirksam.
ZGB vorgesehene
Mitteilung an die Mieter durch dasu Betreibungsamt zu erfolgen habe,
hat er implicite auch erklart, dass die Pfandhaft der Mietzinsen oen
Mietern gegenuber solange nicht wirksam werde, als nicht eine solche
Anzetge destmtes vorliege. Wird die Anzeige widerrufen, so fällt also
damit allerdings nicht das Psandrecht selbst, wohl aber das Zahlungsverbot
an die Mieter dahin: diese können daher den Mietzms wieder direkt an den
Pfandschuldner entrichten und der Pfandglaubiger kann sich, wenn jener
über die bezahlten Beträge zu anderen Zwecken als zu seiner Befriedigung
verfügt, dafür nur an Ihn und nicht an die Mieter halten-

Nur auf diese Weise kann den Missständen, die mit der Anwendung des
Art. 806 verbunden sind, wirksam begegnet werden. Die Berweisung
des Schuldners auf den Weg der Klageprovokation oder der negativen
Feststellungsklage, die allenfalls noch in Betracht kommen könnte,
wäre schon deshalb ein unzureichendes Auskunftsmittel, weil die
Zulässigkeit dieser Rechtsbehelse vom kantonalen Prozessrecht abhängt
und deshalb unsicher ist, ob und inwiefern sie im einzelnen Falle dem
Schuldner zu Gebote ständen. ganz abgesehen davon, dass eine negative
Feststellungsklage nicht am Betreibungsort, sondern nur am Wohnsitz
des Gläubiger-s Lan-gehoben werden könnte. Das Bundesgericht hat denn
auch bereits

* Ges.-Ausg. 38 I Nr. 46.und Konkurskammer. N° 87. 483

in einem andern Falle bei der Mietzinsbetreibung auf Grund einer
Retentionsurkunde aus Gründen ähnlicher Natur wie den vorstehend
entwickelten, den Art. 278
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
1    Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
2    Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug.
3    Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO482 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden.
4    Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht.
SchKG ebenfalls analog anwendbar erklärt
(vergl. AS Sep.-Ausg. 12 Nr. 32* und das darauf sich stützende
Kreisschreiben vom 12. Juli 1909).

Der Rekurs ist daher in dem Sinne begründet zu erklären, dass das
Betreibungsamt angewiesen wird, der Gläubigerin eine zehntägige Frist
anzusetzen, um entweder das Rechtsösfnungsbegehren zu stellen oder Klage
auf Anerkennung der Forderung anzuheben. Wird diese Frist nicht beachtet,
so sind die Anzeigen an die Mieter zu widerrufen und allfällig bereits
beim Amte einbezahlte Mietzinsbeträge der Rekurrentin aushinzugeben.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird teilweise begründet erklärt und das Betreibungsamt Zürich
6 angewiesen, der Gläubigerin eine Frist von je zehn Tagen anzusetzen:

a) um entweder Klage aus Anerkennung ihrer Forderung und des Pfandrechts
anzuheben oder Rechtsöffnung zu verlangen,

b) eventuell im Falle der Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens
den ordentlichen Prozess einzuleiten, unter der Androhung, dass bei
Nichtbeachtung dieser Fristen die an die Mieter erlassenen Anzeigeu
widerrufen und allfällig bereits beim Amte eingegangene Mietzinsbeträge
der Schuldner-in

ausgehändigt würden.

87. Entschetd vom 24. Heriember 1913 in Sachen Yachmaun
Beschwerdeverfahren: Pflicht der untern kantonalen Aufsichtsbehörde,
ihre Entscheide den Parteien gegen Empfangschetn zuzu-

stellen, und der übern, solche Empfangscheine von der untern einzufordern,
wenn sie sich. nicht bei den Akten befinden.

A. Der Rekurrent Konrad Bachmann führte am 3. Juni 1913 Beschwerde gegen
das Konkursamt Gersau mit dem Be-

* Ges.-Ausg. 35 I Nr. 35.

A8 39 I 1913 32

484 C. Entscheidungen der Schuldbetreibuugs-

gehren, die Versteigerung eines Guthabens an ihn sei aufzuheben und das
Konkursamt anzuhalten, ihm 56 Fr. 20 Cts. zu bezahlen.

Durch Entscheid vom 7. Juli 1913 erklärte sich das
Bezirksgerichtspräsidium Gersau als untere Aufsichtsbehörde in der Sache
als inkompetent, legte dem Rekurrenten Kosten im Betrage von 3 Fr. auf
und verpflichtete ihn, dem Konkursamt Gersau eine Parteientschädigung
von 5 Fr. zu bezahlen. Der Betrag von 8 Fr. wurde vom Rekurrenten mit
der Zustellung des Entscheides durch Nachnahme eingezogen.

B. Gegen diesen Entscheid erhobder Rekurrent am 19. Juli 1913 Beschwerde
bei der obern Aufsichtsbehörde des Kantons Schwyz, indem er um Gutheissung
seines vor der ersten Instanz gestellten Begehrens ersuchte.

Jn ihrer Vernehmlassung bemerkte die untere Aufsichtsbehörde, dass ihr
Entscheid dem Rekurrenten am 7. Juli 1913 zugestellt worden sei-

Die kantonale Aufsichtsbehörde beschloss darauf am 29. August 1913, auf
die Beschwerde wegen Verspätung nicht einzutreten, indem sie folgendes
ausführte: Es liege kein Ausweis darüber vor, wann der Rekurrent den
erstinstanzlichen Entscheid erhalten habe. Da er aber nicht geltend
mache, dass er ihm verspätet zugekommen sei, so sei anzunehmen, er habe
ihn spätestens am 8. Juli erhalten. Die Beschwerde sei daher verspätet.

C. Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen,
indem er sein Begehren erneuert und ferner beantragt, der bezahlte
Kostenbetrag von 8 Fr. sei ihm zurückzuerstatten, eventuell sei das
Kontursamt Gersau zur Rückzahlung anzuhalten·

Er macht geltend, dass er den Entscheid der untern Aufsichtsbehörde
erst am 9. Juli 1913 erhalten habe, und legt einen Briefumschlag vor,
woraus sich ergibt, dass er den genannten Entscheid in der Tat erst am
angegebenen Tage durch die Post erhalten hat.

Die kantonale Aufsichtsbehörde bemerkt zum Rekurse, dass sie auf die
Aussage der untern Aufsichtsbehörde habe abstellen müssen, weil der
Rekurrent den Briefumschlag seiner Beschwerde gegen den

und Konkurskammer. N° 87. ' 48.5

erstinstanzlichen Entscheid nicht beigelegt habe, und dass die Vorlegung
des Umschlages nunmehr verspätet sei. Die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer zieht in Erwägung:

Nach Art. 4 der bundesgerichtlichen Verordnung betr. die Beschwerdeführung
in Schuldbetreibungs und Konkurssachen vom 3. November 1910 sind die
Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden den Parteien immer gegen
Empfangschein zuzustellen. Diese Bestimmung muss auch für die Zustellung
der Entscheide der untern Aufsichtsbehörden Anwendung finden. Demgemäss
hätte der Gerichtspräsident von Gersau das Datum der Zustellung seines
Entscheides dadurch feststellen sollen, dass er den Rekurrenten einen
Empfangschein unterzeichnen liess. Da solche Empfangscheine sodann als
amtliche Aktenstücke zu den Beschwerdeakten gehören, so war die Vorinstanz
verpflichtet, zum Zwecke der Prüfung der Rechtzeitigkeit des Rekurses
den Empfangschein von der untern Aufsichtsbehörde zu verlangen, nachdem
sie gesehen hatte, dass kein solcher bei den Akten lag. Auf diesem Wege
wäre die rechtzeitige Einreichung der Beschwerde festgestellt worden Da
somit der Entscheid der Vorinstanz auf einem Mangel im Verfahren beruht,
so muss er aufgehoben und die Sache zur materiellen Behandlung an sie
zurückgewiesen werden.

Dabei ist darauf aufmerksam zu machen, dass die Auferlegung von Kosten
und einer Parteientschädigung durch die untere Aufsichtsbehörde durchaus
ungesetzlich war.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird in dem Sinne gutgeheissen, dass die Sache zu materieller
Behandlung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 39 I 469
Datum : 24. Januar 1913
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 39 I 469
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 482 C. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-- Ginleitung der Grundpfandbetreibung


Gesetzesregister
SchKG: 152 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 152 - 1 Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl nach Artikel 69, jedoch mit folgenden Besonderheiten:299
1    Nach Empfang des Betreibungsbegehrens erlässt das Betreibungsamt einen Zahlungsbefehl nach Artikel 69, jedoch mit folgenden Besonderheiten:299
1  Die dem Schuldner anzusetzende Zahlungsfrist beträgt einen Monat, wenn es sich um ein Faustpfand, sechs Monate, wenn es sich um ein Grundpfand handelt.
2  Die Androhung lautet dahin, dass, wenn der Schuldner weder dem Zahlungsbefehle nachkommt, noch Rechtsvorschlag erhebt, das Pfand verwertet werde.
2    Bestehen auf dem Grundstück Miet- oder Pachtverträge und verlangt der betreibende Pfandgläubiger die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen (Art. 806 ZGB300), so teilt das Betreibungsamt den Mietern oder Pächtern die Anhebung der Betreibung mit und weist sie an, die fällig werdenden Miet- oder Pachtzinse an das Betreibungsamt zu bezahlen.301
278
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
1    Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben.
2    Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug.
3    Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO482 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden.
4    Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht.
ZGB: 806
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 806 - 1 Ist das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet, so erstreckt sich die Pfandhaft auch auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen, die seit Anhebung der Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes oder seit der Eröffnung des Konkurses über den Schuldner bis zur Verwertung auflaufen.
1    Ist das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet, so erstreckt sich die Pfandhaft auch auf die Miet- oder Pachtzinsforderungen, die seit Anhebung der Betreibung auf Verwertung des Grundpfandes oder seit der Eröffnung des Konkurses über den Schuldner bis zur Verwertung auflaufen.
2    Den Zinsschuldnern gegenüber ist diese Pfandhaft erst wirksam, nachdem ihnen von der Betreibung Mitteilung gemacht oder der Konkurs veröffentlicht worden ist.
3    Rechtsgeschäfte des Grundeigentümers über noch nicht verfallene Miet- oder Pachtzinsforderungen sowie die Pfändung durch andere Gläubiger sind gegenüber einem Grundpfandgläubiger, der vor der Fälligkeit der Zinsforderung Betreibung auf Verwertung des Unterpfandes angehoben hat, nicht wirksam.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
untere aufsichtsbehörde • betreibungsamt • frist • bundesgericht • schuldner • weiler • vorinstanz • konkursamt • stelle • tag • angewiesener • verfahren • entscheid • kommunikation • zahlungsverbot • erste instanz • richtigkeit • kantonalbank • vorlegung • pfandhaft
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