342 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.

Anfechtung nach § 3 des Gesetzes über die Administrativstreitigkeiten
verwirkt erklärt. Allein die Rekurrentin hatte schon vor der Zustellung
der Steuerzettel, durch ihre Zuschrift an die Steuerkommission Aadorf vom
6. März 1912, die fragliche Veränderung ihrer Vermögensverhältnisse in
an sich rechtserheblicher Weise (wie die Berücksichtigung der Zuschrift
im fpätern Taxationsverfahren beweist) zur Anzeige gebracht und damit
ihre Rechtsstellung, jedenfalls vombundesrechtlichen Gesichtspunkte des
Schutzes gegen Doppelbesteuerung aus, in genügender Weise gewahrt. Jhr
prinzipales Rekursbegehren erweist sich somit in diesem Punkte als
begründet.

Mit Bezug auf das Einkommen dagegen hat die Rekurrentin eine Reduktion
ihrer Einschätzung pro 1911 gar nicht wegen des Austritts des
Gesellschafters H. Sulzer-Rieter, sondern vielmehr, nach dem Inhalte
ihrer bereits erwähnten Zuschrift an die Steuerkommission, wegen der
angeblich ungünstiger gewordenen Geschäftskoujunktur verlangt. Und auch
in der Rekursschrist fehlt nicht nur jeder Versuch eines Nachweises,
sondern sogar die positive Behauptung, dass der Ertrag des Geschäftes
durch den Austritt des Teilhabers Sg. Sulzer-Rieter irgendwie beeinflusst
worden sei und dass deshalb in der Aufrechterhaltung des steuerpflichtigen
Einkommensbetrages von 10,000 Fr., gemäss der Taxation pro 1911, eine
unzulässtge Mitbesteuerung jenes ausgetretenen Gesellschafters liege; --

erkannt:

Der Rekurs wird dahin gutgeheissen und der Entscheid des thurgauischen
Regierungsrates vom 14. Juni 1913 in dem Sinne aufgehoben, dass die
Rekurrentin die Gemeindesteuern in Aadorf für die Zeit vom 1. März bis
Ende 1912 nur von 310,000 Fr. Vermögen zu bezahlen hat. Die weitergehenden
Rekursbegehren werden abgewiesen. " -

Ill. Doppelbesîeuerunz; N° 59. 343

59. gina: vom 16. Oktober 1913 in Sachen Eidam-Dritter gegen
gsasel-Jandsdjast event. Basel-Garn

Sohuldenabzug bei kantonaler Trennung von Wohnort und Grundbesitz des
Steuerpflichtigen: Auf die am Wohnort versteuerbaren Aktiven ist der
nach dem Verhältnis der Gesamtschulden zu den Gesamtaktiven darauf
entfallende Sehuldenbetrag zu verlegen, sofern das Steuersystem der
beiden beteiligten Kantone auf der einheitlichen Reinvermögenssteuer
beruht und der Kanton des Grundbesitzes den Sehuldenabzug in jenem
Verhältnis auch den auswärts wohnenden Steuerpflichtigen gestattet. -Bei
Bestimmung des am Wohnorte steuerpflichtigen Reineinkommens sind die
Zinsen für auswärtige Hypothekarschulden soweit in Abzug zu bringen,
als der Kanton des Grundbesitzes nicht ihren Abzug vom ,Bruttoertrag
der Liegenschaften gestattet. Grundsätzlich angemessene Verlegung der
Passioposten der Einkommensrechnung.

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Aktenlaget

A. Aus dem Steuerrecht der beiden Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft
sind vorliegend folgende Bestimmungen hervorzuheben:

a) Für den Kanton Basel-Stadt ist massgebend das Gesetz betr. die
direkten Steuern vom 14. Oktober 1897, das über die Vermögensund die
Einkommenssteuern u. a. bestimmt:

§ 17. Der Vermögenssteuer ist unterworfen: ..... 2. Das im Kanton
befindliche Vermögen auswärts domizilierter Eigentümer, sofern dasselbe
aus Liegenschaften besteht oder als Zubehörde solcher zu betrachten ist;
Hypothekarschnlden können bei der Feststellung des steuerbaren Wertes
nur im Verhältnis der Gesa1ntschulden zum Gesamtvermögen des Eigentümers
in Abzug gebracht werden; der Eigentümer hat den bezüglichen Nachweis
zu leisten- . ss

§ 10. Die Einkommensund Erwerbssteuer entrichten ..... 3. Die auswärts
wohnenden Eigentümer von Liegenschaften auf hiesigem Gebiet von
dem Einkommen, welches ihnen aus solchen Liegenschaften zufliesst.
Dabei wird nach feststehender Steuerpraxis ein Abzug für die
Passiv(Hypothekarschuld-) zinsen zu-

344 A. Sinatsrechlliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundelverl'assung.

gelassen, und zwar in der Höhe derjenigen Quote dieser Zinsendie
dem Verhältnis des gesetzesgemässen Abzugs der Kapitalschulden zum
Gesamtbetrag der Kapitalschulden entspricht.

b) Im Kanton Basel-Landschaft enthält Art. 57 StV (vom 4. April 1892)
u. a. folgenden Steuergrundsatz:

5. Gebäude und Grundstücke, sowie die Fahrhabe sind unter szug der darauf
haftenden Schulden nach ihrem wirklichen Verkaufswerte zu versteuern. Die
gewöhnlichen hausrätlichen Gegensiände sind steuerfrei.

Die eingehenderen allgemeinen Steuer-vorschriften finden sich in den §§
137 152 des kantonalen Gesetzes betr. die Organisation und Verwaltung
der Gemeinden vom 14. März 1881.

Diesen letzteren Vorschriften entsprechend sieht das auf Grund des § 152
derselben erlassene Steuerreglement der Gemeinde Arlesheim vom 8. Februar
1903 in seinem § 2 neben der sog. Voraussteuer (Haushaltungsund Pers
onalsteuer) eine Vermögenssteuer (litt. b) und eine Einkommenssteuer
(litt. c) vor. Die Vermögenssteuer ist gelegt auf Gebäude, Grundstücke
oder gewerbliche Anlagen, Kapitalien und andere Guthaben, mögen
die zwei letzteren innerhalb der Gemeinde oder ausserhalb angelegt
sein-, sowie auf Fahrhabe, soweit sie nicht zum häuslichen Gebrauch
dient. Hypothekarschulden sind in Abzug zu bringen, sofern solche in
vorgeschriebener Frist angemeldet werden. Und die Einkommenssteuer
wird erhoben vom Einkommen und Erwerbe als dem Gesamtbetrag jeder
Gattung Verdienst oder Gewinn-C möge er erworben werden u. a. durch den
Ertrag von Liegenschaften (Zisfer 4) oder durch Zinsen oder Gewinn aus
Kapitalien, gleichviel ob diese in der Gemeinde oder auswärts angelegt
find (Ziffer 5). Dabei ist bei der erstgenannten Erwerbsart ausdrücklich
beigefügt: Die Pachtzinse von auswärts befindlichen Liegenschaften
sind ebenfalls mitzurechnen, falls nicht der Nachweis geleistet wird,
dass diese Pachtzinse auswärts versteuert werden müssen." Nach §
10 des Steuerreglements sind bei Berechnung des Einkommens für jede
einzelstehende Person 200 Fr. in Abzug zu bringen.

B. Die in der Gemeinde Arlesheim wohnhafte Rekurrens tin, Witwe Wilhelmine
Elisabeth Jberg-Spiller, besitzt ein Bruttovermögen von 440,000 Fr.,
nämlich 60,000 Fr. in Wertpa-

lll. Doppclbesteuerung. N° 59. 345

pieren und eine Liegenschaft in der Stadt Basel im Schatznngss werte
von 380,000 Fr. Diesen aktiven Vermögensbestandteilen stehen Schulden
im Betrage von 300,000 Fr. gegenüber, die auf der baselstädtischen
Liegenschaft grundpfändlich verhaftet sind. Das Nettovermögen beläuft
sich somit auf 140,000 Fr. An jährlichem Einkommen bezieht Frau
Jberg in Form von Mietzinsen aus ihrer Liegenschaft, die jeweiligen
Unterhaltungskosten abgerechnet, 15,100 Fr. und als Erträgnis ihrer
Wertpapiere 2400 Fr., also insgesamt 17,500 Fr. Hievon muss sie zur
Verzinsung ihrer Hypothekarschulden 13,050 Fr. verwenden, so dass ihr
ein Nettoeinkommen von 4,450 Fr. verbleibt.

Auf Grund dieser unbestrittenen Vermögensverhältnisse wurden gegenüber
Frau Jberg für das Jahr 1913 folgende Steueransprüche erhoben: Einerseits
wurde in der Stadt Basel ihr steuerpflichtiges Vermögen (Liegenschafiswert
minus gesetzlichen Schuldenabzug) gemäss § 17 Ziffer 2 des Steuergesetzes
auf 120,900 Fr. und ihr steuerpflichtiges Einkommen (Nettomietzinsen der
Liegenschaft minus abzugsberechtigte Hypothekarschuldzinsen) gemäss §
10 Ziffer 3 des Steuergesetzes im Sinne der erwähnten Praxis ·an 3828
Fr. 70 Cfs. bestimmt Auderseits zog die Wohnsitzgememde Arlesheim sie
mit dem Kapitalvermögen von 60,000 Fr. zur Vermögenssteuer Und mit dem
Ertrag der Kapitalien von 2400 Fr., unter Abrechnung der sieuerfreien
200 gr., zur Einkommenssteuer heran· . _ _

Sie liess die baselstädtische Einschiitzung die sie als einwandfrei
erachtete, zunächst unbeanstandet; dagegen focht sie den Steueranspruch
der Gemeinde Arlesheim im Rekurswege an und verlangte dessen Herabsetzung
auf die von der Besteuerung in Basel-Stadt nicht betroffenen wirklichen
Werte von 19,100 Fr. Vermogen und 4'21 Fr. 30 Cis. (621 Fr. 30 minus
200 Fr.) Einkommen, Indem sie geltend machte, dass, zur Vermeidung
einer bundesverfassungswidrigen Doppelbesteuerung, in Arlesheim
bei der Vermögensbesteuerung der in Basel nicht in Abzug gebrachte
Schuldenkapitalbetrag, und bei der Einkommensbesteuerung der entsprechende
Teil der Passivzinsen abzurechnen sei. Durch Beschluss vom 18. Juni 1
913 wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft diese Beschwerde
letztinstauzlich mit der Begründung al), es könne nicht

346 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. l. Abschnitt. Bundesverfassung.

anerkannt werden, dass die Verhältnisse des liegenschaftlichen Vermögens,
das die Beschwerdeführerin in Basel besitze, für ihre Besteuerung im
Kanton Basel-Landschaft irgendwie in Betracht fallen.

Angesichts dieses Entscheides wandte sich Frau Jberg an das
Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt mit der Anfrage,
ob dieser Kanton den durch das offenbar unrichtige Verhalten der
basellandschaftlichen Behörden geschaffenen Doppelbesteuerungskonflikt
aufnehme oder ihn durch Nachgeben seinerseits-beseitigen wolle.
Hierauf erwiderte ihr der Vorsteher des Finanzdepartements mit
Schreiben vom 27. Juni 1913, der baselstädtische Steueranspruch sei
bundesrechtlich nicht anfechtbar und der Kanton Basel-Stadt habe keine
Veranlassung, sich durch einen Steuerrekurs an das Bundesgericht sein
Recht zu erkämpfen; gegenüber der allein streitigen Steuerforderung des
Kantons Basel-Landschaft möge Frau Jberg selbst den bundesgerichtlichen
Schutz anrufen.

C. In der Folge hat Witwe Jberg mit Eingabe ihres Vertreters vom
12. August 1913 rechtzeitig den staatsrechtlichen Rekurs an das
Bundesgericht ergriffen und unter Berufung auf das Verbot der
Doppelbesteuerung (Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV) das Rechtsbegehren gestellt:

1. Es sei der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft
vom 18. Juni 1913 als verfassungswidrig aufzuheben und der Kanton
Basel-Landschaft anzuweisen, die Rekurrentin in der Gemeinde Arlesheim
nur für ein Vermögen von 19,100 Fr. und nur für ein Einkommen von 421
Fr. 30 Ets. zu besteuern.

2. Eventuell: Es sei im Falle der Abweisung oder nicht vollständigen
Gutheissung des Antrages sub 1 ber Kanton BaselStadt anzuweisen, der
Rekurrentin den Abzug aller auf ihrer Liegenschaft in Basel lastenden
Kapitalschulden von dem im Kanton Basel-Stadt zu versteuernden Vermögen,
sowie den Abzug aller Hypothekarzinsen von dem im Kanton Basel-Stadt zu
versteuerndeu Einkommen zu gestatten, soweit diese Abzüge nicht gegenüber
dem Kanton Basel-Landschaft als zulässig erklärt würden.

Sie führt zur Begründung des Hauptantrages aus: Nach der
bundesgerichtlichen Doppelbesteuerungspraxis seien Liegenschaften und
das daraus fliessende Einkommen am Orte ihrer Lage zu

ill. Doppelhesteuerung. N° 59. 347

versteuern, und zwar brauche der dortige Kanton am Liegenschaftswerte
für die Hypothekarschulden und am Liegenschaftserträgnis für die
Hypothekarzinsen keinen Abzug zu machen. Dagegen sei der auswärtige
Wohnsitzkanton des Steuerpflichtigen zur Berücksichtigung der auf der
Liegenschast lastenden Schulden verpflichtet. Es sei also a. fortiori
bundesrechtlich unanfechtbar, wenn der Kanton Basel-Stadt bei bei
Besteuerung der Basler Liegenschaft der Rekurrentin nicht, wozu
er berechtigt wäre, jeden Schuldenabzug verweigere, sondern einen
verhältnismässigen Abzug der Hypothekarschulden und Passivzinsen
gestatte. Dann müsse sich aber der Wohnsitzkanton Basel-Landschaft zur
Vermeidung einer Doppelbesteuerung den Abzug des Restes dieser Schulden
und Zinsen gefallen lassen.

D. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft hat beantragt, es
sei der Rekurs, soweit er gegen die Besteuerung der Rekurrentin in
der Gemeinde Arlesheim gerichtet sei, als unbegründet abzuweisen. Der
Steueranspruch dieser Gemeinde, welcher nur das Kapitalvermögen
und das daraus stiessende Einkommen betreffe, gehe keineswegs über
das Bundesrecht hinaus, sondern halte sich innerhalb desselben-L Er
berühre das in Basel-Stadt gelegene unbewegliche Vermögen in keiner
Weise. Wenn sich die Rekurrentin den Folgen der Vorschrift von § 17
Ziffer 2 des baselstädtischen Steuergesetzes entziehen wolle, so könne
sie dies dadurch erreichen, dass sie ihre Kapitalien zur Verminderung
der Hypothekarschulden verwende; solange aber das Kapitalvermögen als
solches bestehe, dürfe das bafellandschaftliche Steuerrecht durch jene
Vorschrift nicht geschmälert werden.

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat aus Abweisung des
eventuellen Rekursbegehrens angetragen; -

" in Erwägung:

Eine interkantonale Doppelbesteuerung liegt hier insofern tat-. sächlich
vor, als die Rekurrentin nach den Ansprüchen des Kantons Basel Stadt und
der basellandschaftlichen Gemeinde Arlesheim für das Jahr 1913 insgesamt
180,900 Fr. Reinvermögen und 6028 Fr. 70 Ets. reines Einkommen versteuern
müsste, während sie in Wirklichkeit unbestrittenermassen nur 140,000
Fr. Reinvermögen und 4450 Fr. Nettoeinkommen hat. Dieses blindes-

348 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung.

rechtswidrige Übereinandergreifen der beiden Steueransprüche ruft
folgender Lösung :

a) Was die Vermögens besteuerung betrifft, ist davon auszugehen, dass
nach den in Fakt. A oben erwähnten Vorschriften die beiden beteiligten
Kantone das Vermögen, auch soweit es aus Liegenschaften besteht, nur in
seinem Nettobetrage besteuern, also keine eigentliche Grundstener im Sinne
einer Objektsteuer kennen, sondern die Vermögenssteuer einheitlich als
reine Subjektsteuer behandeln, bei der die wirtschaftliche Gesamtkraft
des Besteuerten für die Steuerbelasinng massgebend ist. Diesem
Steuersystem entspricht die Regelung des Schuldenabzuges im Basel:
städtischen Steuergesetz, wenn es, nach ausdrücklicher Vorschrift des
§ 17 Ziffer 2, bei Besteuerung des im Kanton gelegenen Grundbesitzes
auswärts wohnender Eigentümer die auf dem Grundbesitz haftenden
Hypothekarschulden nicht schlechthin, sondern nur mit ihrer dem
Verhältnisder Gesamtschulden zum Gesamtvermögen des Grundeigentümers
entsprechenden Quote abziehen lässt. Denn eine richtige Bewertung der
einzelnen Vermögensbestandteile im Hinblick auf die gesamte ökonomische
Leistungsfähigkeit des Vermögensträgers, auf welcher die einheitliche
Vermögenssteuer logisch beruht, kann offenbar nur dadurch erreicht werden,
dass die gesamte Schnldenlast gleichmässig aus das gesamte Aktivvermögen
verlegt wird. Ein derart beschränkter Schuldenabzng verstösst aber auch
nicht gegen das durch die bundesgerichtliche Praris zu Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV
normierte interkantonale Steuerrecht, hat doch das Bundesgericht, wie die
Rekurrentin zutreffend geltend macht, dem Liegenschaftskanton als solchem
sogar die Besteuerung des vollen Liegenschaftswertes, ohne jede Rücksicht
auf vorhandene Hopothekarschulden, eingeräumt (vergl. aus neuester Zeit
AS 37 I Nr. 53 Erw. 2 S. 264 und die dortigen Verweisungen, sowie auch
Nr. 101 Erw. 4 in fine S. 497). Aus der Zulässigkeit der gänzlichen
Verweigerung des Schuldenabzuges folgt natürlich ohne weiteres auch die
einer nur teilweisen Gestattung desselben. Die erwähnten Entscheidungen
sind jedoch in der Meinung getroffen worden, dass der Steuerpflichtige zur
Abwendung einer Doppelbesteuerung dann jeweilen berechtigt erklärt wurde,
bei seiner Besteuerung im Wohnsitzkanton die auf dem auswärtigen Liegen-

lll. Doppelbesteuerung. N° 59. 349

schaftsbesitz lastenden Hypothekarschulden von den am Wohnort
versteuerbaren Vermögenswerten in Abzug zu bringen (vergl. z. B. AS
31 I Nr. 8 Erw. 4 eingangs S. 55). Dem entsprechend muss in einem
Falle vorliegender Art der Wohnsitzkanton gehalten sein, den Abzug
der auswärtigen Hypothekarschulden des Steuerpflichtigen insoweit zu
gestatten, als ihn der Liegenschastskanton nach seinem Steuerrecht
nicht zulässt, also hier im Verhältnis der am Wohnort versteuerbaren
Vermögenswerte zum Gesamtvermögen. Die Gewährung dieses Abzuges bildet
übrigens nach dem früher Gesagten die natürliche Konsequenz der auch
im Kanton Basel-Landschaft gesetzlich eingeführten einheitlichen
Reinvermögenssteuer. Und sie ist vom interkantonalen Standpunkte aus
um so weniger zu beanstanden, als mit dieser Schuldenverlegung wohl
die grundsätzlich gerechteste Steuerverteilung zwischen den beiden
beteiligten Kantonen erzielt wird. Folglich darf, da die Gesamtschnlden
der Rekurrentin von 300,000 Fr. 68,1818 % des Gesamtvermögens von 440,000
Fr. ausmachen, das in Arlesheim steuerpflichtige Kapitalvermögen von
60,000 Fr. gleich dem Liegenschaftsvermögen in Basel auch nur mit einem um
jenen Prozentsatz verringerten Betrag, d. h. mit den von der Rekurrentin
anerbotenen 19,100 Fr·, zur Steuer herangezogen werden, durch welche
Summe die in Basel versteuerte Vermögensquote von 120,900 Fr. auf den
Gesamtbetrag des wirklichen Reinvermögensvon 140,000 Fr. ergänzt wird.

bs) Hinsichtlich der Einkommensbesteuerung fällt in Venacht, dass das
in den beiden Kantonen fteuerpflichtige Reineiw kommen als das Resultat
des Ausgleichs der gesamten Aktiound Passivposten der Einkommensrechnung
des Steuersubjektes eine begriffliche Einheit darstellt und dass daher
grundsätzlich eine gleichmässige Berücksichtigung der Passivposten beider
Besteuerung der einzelnen Einkommensquellen, sofern diese nicht einer und
derselben Steuerhoheit unterstehen, nach Analogie des Schuldenabzugs bei
der entsprechenden Besteuerung des Reinvermögens, sich rechtfertigt. Nun
ist freilich die bundesgerichtliche Doppelbesteuerungspraxis auch von
diesem logischen Grundsätze insofern abgewichen, als sie für den Erwerb
aus Grundbesitz gemäss dem Terri: torialprinzip die ausschliessliche
Steuerkompetenz des Kantons der

350 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. I. Abschnitt. Bundesverfassung.

gelegenen Sache anerkannt hat (vergl. AS 29 I Nr. 34 S. 145 f.).
Allein das Steuer-recht des Kantons Basel-Stadt steht (wie übrigens auch
dasjenige des Kantons Basel-Landschaft, insofern, als das Steuerreglement
der Gemeinde Arles-heim in § 2 litt. c Ziffer 4 ausdrücklich bestimmt,
dass die Pachtzinse auswärtiger Liegenschaften nur in Berechnung
gezogen werden sollen, falls nicht der Nachweis geleistet wird,
dass sie auswärts versteuert werden müssen) nicht auf diesem Boden,
sondern trägt tatsächlich, gemäss feststehender Handhabung der an sich
freilich auf dem Territorial: prinzip beruhenden § 10 Ziffer 3 seines
Steuergesetzes den Gesamteinkommensverhältnissen des auswärts wohnenden
Liegenschaftseigentümers in der Weise Rechnung, dass es einen Abzug der
Passivposten der Einkommensrechnnng vom Liegenschaftsertrage in der Höhe
derjenigen Quote dieser Passivposten zulässt, die dem Verhältnis der nach
Gesetz zur Bestimmung der Vermögenssteuer abzugsberechtigten Schnldenquote
zum Gesamtschnldenbetrag entspricht. Auch dieser Abzngsmodns erscheint
als materiell gerecht und ist nach der interkantonalen Steuerpraris des
Bundesgerichts jedenfalls nicht anfechtbar, da er wiederum lediglich ein
minus gegenüber dem plus der als zulässig erklärten vollen Besteuerung des
Liegenschastsertrages seitens des Liegenschastskantons darstellt. Daraus
aber folgt auch hier, dass der Kenton Basel-Landschaft als Wohnsitzkanton
der Rekurrentin die in Basel-Stadt unberücksichtigt bleibende Quote der
Passivposten (Hypothekarschuldzinsen), die dem prozentualen Anteil seines
eigenen Kapitalschuldenabzugs am Gesamtschuldenbetrag gleichkommt, von dem
in Arlesheim versteuerbaren Einkommensposten abziehen lassen muss.v Die
Rechnung stellt sich demnach wie folgt: Der Schuldenabzug des Kantons
Basel-Landschast von 40,900 Fr. macht 13,63 0/0 der Gesamtschulden
von 300,000 Fr. aus. Diese 13,63 0/0 des Einkommenspassivpostens der
Hypothekarschuldzinsen von total 13,050 Fr. betragen 1778 Fr. 70 (W.,
die von dem in Arlesheim versteuerbaren Kapitalienertrag von 2400 Fr. in
Abng zu bringen sind, so dass ein daselbst steuerpflichtiges Reineinkommen
von 621 Fr. 30 Cts. verbleibt, das zusammen mit dem in Basel zur Steuer
herangezogenen Reineinkommen von 3828 Fr 70 (Cfs. wiederum das wirkliche
Gesamt-Reineinkommen der Rekurrentin von 4450 Fr. ergibt.

XV. Glaubensund Gcwissensfreiheit. N° 60. 351

Von jenem an sich steuerpflichtigen Einkommensbetrage sind dann noch die
steuer-freien 200 Fr. in Abzug zu bringen, so dass die Rekurrentin in
Arlesheim, gemäss ihrem Angebot, pro 1913 mit nur 421 Fr. 30 Cts. zur
Einkommensversteuerung herangezogen werden darf . . . . . ; --

erkannt :

Der Rekurs wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des
Regierung-states des Kantons Basel-Landschaft vom 18. Juni 1913 aufgehoben
und das Recht der Gemeinde Arlesheim zur Besteuerung der Rekurrentin
für das Jahr 1913 als aus 19,100 Fn Vermögen und 421 Fr. 30 Einkommen
beschränkt erklärt wird.

IV. Glaubensund Gewissehsfreiheit. Libertè de conscience et de croyance.

60. guten vom 16. Oktober 1913 in Sachen Heismjder gegen Dein-et

Foz-mette Erfordernisse des siautsreciitliclien Rekue'ses. -Bedeutung
der Garantie des Art. 49 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
BV h-insichtlivh der Kritik der
religiösen A nsich ten anderer : Der verfassmigsmässige Schutz umfasst
nicht baschimpfcnde oder verhölmende Aeusserungen über religiöse
Dinge, digitally-[ich auf Vierte sung fremden religiösen Gefu'hls
gerichtet sind. Verletzung der If'erfassungsgarantie durch eine auf ihr
widerspreohentien Erwägungen bernhcmle Strafausmessung (Anwendung der
S 97 svhwys. Krim.SiG).

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Aktenlage:

A. Das Kriminalstrasgesetz des Kantons Schwyz vom 20. Mai 1881 enthält
unter dem Abschnittstitel Verbrechen gegen die Religion neben einer
Strasdrohung für die Störung gottes-. dienstlicher Verrichtungen (g 96)
in § 97 folgende Strafbestimmung, sderen Tatbestand in den ofsiziellen
Marginalien kurzweg als Gotteslästerung bezeichnet ist:

Wer auf eine öffentliches Ärgernis emergente Weise Gottes-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 39 I 343
Datum : 14. Juni 1913
Publiziert : 31. Dezember 1914
Quelle : Bundesgericht
Status : 39 I 343
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 342 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. 1. Abschnitt. Bundesverfassung. Anfechtung


Gesetzesregister
BV: 46 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
49
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 49 Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts - 1 Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
1    Bundesrecht geht entgegenstehendem kantonalem Recht vor.
2    Der Bund wacht über die Einhaltung des Bundesrechts durch die Kantone.
StV: 57
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
basel-landschaft • basel-stadt • gemeinde • bundesgericht • doppelbesteuerung • regierungsrat • reineinkommen • bundesverfassung • wert • vermögen • witwe • austritt • innerhalb • bruchteil • ermässigung • richtigkeit • bilanz • sachverhalt • rechtsbegehren • baute und anlage
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