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BGE-38-II-767


786 A. Oberste Zivilgerichtsiastanz. Il. Prozessrechtliche Entscheidungen.

sie diese zuerst seststelleu, was nicht geschehen ist und auch nicht
möglich gewesen wäre, indem ihr der Aufenthaltsort des Beschwerdesührers
bekanntgegeben worden war.

Endlich hat es die Regierung auch an der bundesrechtlich vorgeschriebenen
Anhörung des Beschwerdeführers gemäss Art. 374
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
Abs. i ZGB fehlen
lassen. Dazu gehört, dass die zur Bevormundungsbegründung erhobenen
Tatsachen dem zu Bevormundenden von der antragenden Behörde mitgeteilt
werden. Aus den Akten ergibt sich nun, dass die Behauptungen in der
Bescheinigung des Lehrers Aschwanden, ans die die Vorinstanz hauptsächlich
abzustellen scheint, weder dem Beschwerdeführer noch seinem Vertreter
mitgeteilt wurden-

6. Diese Mängel des Entscheides können nicht einfach dadurch gehoben
werden, dass man die Vorinstanz zur Verbesserung des Urteils anhält. Es
bedarf vielmehr des Nachholens des Verfahrens und eines neuen Erlasses
auf Grund dieses neuen Verfahrens. Der Entscheid ist daher gemäss Art. 64
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.

OG aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Regierung des
Kantons Uri zurückzuweisen. Dabei versteht es sich von selbst, dass die
Bevormundung in der Zwischenzeit ais aufgehoben zu betrachten ist

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Entscheid des
Regierungsrates des Kantons Uri vom 20. Januar 1912 aufgehoben und die
Sache zu neuer Beurteilung an diese Behörde zurückgewiesen wird.

2. Beschwerdeverfahren. N° 121. 767

121. Zweit der II. Zivtladteilung vom 23. Oktober 1912 in Sachen gamer
gegen man 33311}.

Unzulà'ssigkeét eine-· zivilreckilicieen Beschwerde wegen angeblich nicht
gerechtfertigter Anwendung der Art. 283
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
amd 284 ZGB durch Unterbringung
von Kindern in einer Anstalt.

Das Bundesgericht hat, da sich ergibt:

A. Der Beschwerdeführer ist der Vater von 9 Kindern im Alter von 3 bis
15 Jahren. Fünf dieser Kinder befinden sich in der Waisenanstalt Teufen,
wohin sie vor zitta 3 Jahren mit Wissen und Willen des Beschwerdeführers
verbracht worden waren. Bei diesem Anlass war ihnen, wie es scheint,
ein Vormund bestellt worden, ohne dass jedoch vorher eine förmliche
Entziehung der elterlichen Gewalt stattgefunden hätte.

B. Am 30. Januar 1912 stellte Zürcher beim Gemeinderat Teufen das Begehren
um Herausgabe der Kinder an ihn, da die Gründe, deretwegen sie s. ,gt. in
die Anstalt verbracht worden seien (ungeni·rgender Verdienst und schlechte
Wohnungsverhältnisse des BeschwerdeführersJ nunmehr weggefallen seien.

Dieses Gesuch wurde am 9. Februar vom Gemeinderat und sodann am
11. März vom Regierungsrat, an den Zürcher mit einer Beschwerde
gelangte, abschlägig beschieden, und auf eine am 26. April ergriffene
zivilrechtliche Beschwerde ist das Bundesgericht am 8. Mai wegen
Verspätung nicht eingetreten.

G. Am 3. Juli erneuerte Zürcher sein Begehren um Aushingabe der
Kinder. Dieses Begehren wurde jedoch am is./19. Juli vom Gemeinderat
und am 19. August vom Regierungsrat ebenfalls abschlägig beschieden, von
letzterer Behörde mit folgender Begründung: Mit der Übergabe der Kinder
an die Bürgergemeinde (ins Waisenhaus) hat sich der Vater derselben
der elterlichen Gewalt tatsächlich begeben und mit der Unterstellung
der Kinder unter staatliche Vormundschaft ist ihm dieselbe auch formell
genommen. Die Massnahme ist vollan begründet. ZurAnwendung kommt am. 12
der Kbergangsbestinunungen zum Zivilgesetzbuch Absatz 2."

768 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. il. Prozesse-rechtliche
Entscheidungen.j

D. Gegen den Entscheid des Regierungsrates vom 19. Augufi, der ihm
am 20. oder 21. August zugestellt wurde, hat Zürcher am 31. August
gestützt auf Art. 288 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 288 - 1 Die Abfindung des Kindes für seinen Unterhaltsanspruch kann vereinbart werden, wenn sein Interesse es rechtfertigt.
ZGB und Art. 86 OS eine neue zivilrechtliche
Beschwerde beim Bundesgericht eingelegt, mit dein Rechtsbegehren:

Es sei in Aufhebung des Entscheides des Regierungsrates d. d. 19. August
1912 der Gemeinderat von Teuer anzuhalten, dem Rekurrenten seine in der
Waisenanstatt untergebrachten Îùnf Kinder herauszugeben-'

In der Begründung der Beschwerde wird in längeren Ausführungen darzutun
versucht, dass kein Grund mehr vorliege, die Kinder in der Waisenanstalt
zurückzubehalten, und dass daher die Voraussetzungen der Art. 283
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.

und 284
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 288 - 1 Die Abfindung des Kindes für seinen Unterhaltsanspruch kann vereinbart werden, wenn sein Interesse es rechtfertigt.
ZGB im vorliegenden Falle nicht gegeben seien. Ausserdem wird
bemerkt: Selbst wenn s. Z· ein Grund zur Entziehung der elterlichen
Gewalt vorgelegen hätte (was nicht zutreffe), so hätte sie nach dem
Inkrafttreten des neuen Rechts gemäss Art. 287
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
ZGB in Verbindung mit
Art. 12
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
SchlT ZGB wiederhergestellt werden sollen.

E. Der Regierungsrat des Kantons Appenzell A.-Rh. hat aus Abweisnng der
Beschwerde angetragen; -

in Erw ägung:

Nach Art. 86 Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
OG ist die zivilrechiliche Beschwerde nicht
gegen jeden die Ausübung der elterlichen Gewalt beschränkenden Akt,
sondern nur gegen Entscheide über ihre Entstehung oder Wiederherstellung
zulässig, wie denn auch in der zitterten Gesetzesbestimmung wohl aus
die Art. 285 und 287, nicht aber auf die am. 283 und 284 ZGV verwiesen
wird. Desgleichen ist in Art. 288 ZGV, auf den Ari. 86 OG des fernem
verweist, die Weiterziehung an das Bandes-gericht nur in Bezug aus die
Entziehung oder Wiederherstellung der elterlichen Gewalt vorgesehen; aus
der Entstehungsgeschichte des revidierten Organisationsgesetzes ergibt
sich aber (vergl. Stenographisches Bülletin der Bundesversammlung 1911
S. 138), dass die zidilrechtliche Beschwerde im Gebiete des Famiiienrechts
aus diejenigen Fälle beschränkt werden wollte, in denen sie schon vom
BGB vorgesehen ist. Wegen Verletzung, bezw. unsachgemässer Anwendung
der Art. 283
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
und 284
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 288 - 1 Die Abfindung des Kindes für seinen Unterhaltsanspruch kann vereinbart werden, wenn sein Interesse es rechtfertigt.
ZGB kann somit eine Beschwerde an das Bundesgericht
nicht ergriffen werden, und dieses

gda sich ergibt :

2. Beschwerdeverfiahren. N° 122. 769

ist daher insbesondere nicht kompeient, die Entlassung von Kindern aus
einer Anstalt anzuordnen, in der sie gestüsst aus Art. 284 zurückbehalten
werden.

Jm vorliegenden Falle hat nun der Beschwerdeführer vor den kantonaten
Jnstanzen stets nur die Aushingabe der Kinder an ihn, dagegen nicht
die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt verlangt zwei Massregeln,
deren eine keineswegs notwendig mit der andern verbunden oder durch sie
bedingt ist. In der Abweisung der Beschwerde durch den Regierungsrat ist
somit trotz der in den Motiven enthaltenen Berner-kung, es habe sich der
Beschwerdeführer s. St. der elterlichen Gewalt tatsächlich begeben kein
Entscheid über Entziehung oder Wiederherstellung der elterlichen Gewalt zu
erblicken. Dementsprechend ist denn auch in der vorliegenden Beschwerde
an das Bundesgericht kein anderes Bigehren als dasjenige aus Aushingabe
der Kinder gestellt, und nur in der Begründung behufs Widerlegung jener
Bemerkung in den Motiven des angefochtenen Entscheides der Standpunkt
vertreten worden, es hatte eigentlich die elteriiche Gewalt nach Art. 287
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.

ZGB in Verbindung mit Art.12
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
SchlT ZGB wiederhergeftellt werden fallen.

Die Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Beschwerde im Sinne des
Art. 86
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
OG sind somit im vorliegenden Falle nicht gegeben; -

erkannt :

Aus die Beschwerde wird nicht eingetreten.

122. guten der II. zivtlabteilmtg vom 6. Bonomi-er 1912 . in Sachen amm
gegen Mann.

_Unzulässigkeit einer zivilrechtlichen Beschwerde wegen
Nichtwiederkezsiseeuung der wegen Wiederveeheiratung entzogenen
elterlichen ' Gewalt (GG 86 25,712, ZGB 286).

Das Bundesgericht hat,

A. Die Beschwerdeführerin war in erster Ehe mit einem

Meyer aus Wohlen verheiratet. Den aus der Ehe hervorgegan-

genen Kindern
38 II 767 20. Januar 1912 31. Dezember 1913 Bundesgericht 38 II 767 BGE - Zivilrecht

Gegenstand 786 A. Oberste Zivilgerichtsiastanz. Il. Prozessrechtliche Entscheidungen. sie diese

Gesetzesregister
OG 64OG 86ZGB 283ZGB 284 ZGB 287
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 287 - 1 Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
ZGB 288
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 288 - 1 Die Abfindung des Kindes für seinen Unterhaltsanspruch kann vereinbart werden, wenn sein Interesse es rechtfertigt.
ZGB 374
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
ZGB SchlT 12