330 A. Oberste Zivjigeriohisjnsianz. ll. Prozessrechtliche Entscheidungen.

Forderung angestrengt und dabei in erster Linie die Einrede der Verjährung
erhoben.

B. Durch Urteil vom 26. Oktober 1911 hat die II. Appellationskammer
des Kantons Zürich diese Einrede in Anwendung des deutschen Rechts für
teilweise begründet erklärt und erkannt:

Dein Beklagten wird definitive Rechtsöffnung erteilt für dieBeträge
von 300 Mk. nebst 4 oo Zins von 873 Mf. seit 3. Degemito: 1900 bis
1. Dezember 1902, und 1000 Mk. nebst 4 9/0 Zins vom 30. November 1906 an,
sowie für die Betreibungsund Rechtsöffnnngskosten und 4 Fr. Entschädigung
Jm Übrigen wird die dem Beklagten vom Audienzrichter unterm 6. Februar
1911 erteilte provisorische Rechtsöfsnung aufgehoben.

C. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig die Berufung an
das Bundesgericht erklärt und unter Bestreitung der Verjährungseinrede
(die nach dem s chw eiz erisch en , als dem Rechte des nunmehrigen
Wohnsitzes des Klägers, zu beurteilen sei) den Abänderungsantrag auf
gänzliche Abweisung der Aberkennungsklage gestellt; --

in Erwägung-

Es steht ausser Zweifel und ist auch nicht bestritten, dass die den
Gegenstand des vorliegenden Aberkennnngsprozesses bildende Forderung an
sich vom deutschen Rechte beherrscht ist, da sie aus einem in München
begründeten und vollzogenen Vertragsverhältnis abgeleitet wird. Der
Streit dreht sich nur darum, ob dieses Recht des Vertragsverhältnisses
als solches auch für die Einrede der Forderuxigsverjährung gelte, wie
die Vorinstanz angenommen hat, oder ob die Verjährungseinrede nicht
vielmehr, wie der Berufungskläger einwendet, nach dem Wohnsitzrechte
des Forderungsschuldners zu beurteilen sei. Nun hat sich aber
das Bundesgericht bereits in seinem Urteil vom 13. November 1886
i. S. Brunner (LIS 12 Nr. 99 Crw. 6 S. 682 f.) grundsätzlich auf den
Boden der ersteren Auffassung gestellt, und es besteht keine Veranlassung
heute von diesem Standpunkte abzugehen, der auch in der neueren Doktrin
gewichtige Vertreter gefunden hat (vel-gl. z. B. PASQUALE FIORE, Diritto
internazionale privato, I n° 165 S. 188 [französische Ausgabe, S. 199];
Ernst ZitteltnannBerusungsverfahren. N° 53. M

Internationales Privatrecht, I] S. 244/245; F. Meili, Handbnch des
internationalen Zivilund Handelsrechts, I g 56 S. 209 ff., und dazu ferner
auch die bei ANDRÉ Manama, Prescription Iibératoire en droit international
privé, S. 96 f., zitterten kan:tonalen Urteile, sowie den von der ersten
Instanz angerufenen Entscheid des zürcherischen Obergerichts in den
Schweizer Blättern für handelsrechtliche Entscheidungen, XI S. 198). Die
vorliegende Streitfache fällt somit nicht in die Urteilskompetenz des
Berufungsrichters (Art. 56 OG); erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird nicht eingetreten.

53. guten mm 2. Februar 1912 in Sachen Gemeinde Biengen Kl. u. Ver.-KL,
gegen Oneusten échwyz, Bekl. u. Ber.-Bekl.

Art. 56 OG: Mangel einer Zivilstreifigkeit eidgenössischen Rechts. Beim
Streit über die durch einen Konzessimverérag geregelte Steuerpflicht der
Wasserwericanlage einer Gemeinde auf dem Gebiet. eines Nachbarkanîons
handelt es sich um eine Streitsache des ò" f fen tlic h e n und (auch
sofern der fraglicàe Konzessz'onsaîct ats zweiseitiges Rechtsgeschà'ft
aufzufassen sein sollte) des ka n ton ; len. Rechts.

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Tatsachen:

A. Mit Beschluss vom 21. August 1909 erteilte der Regierungsrat
des Kantons Schwyz der Klägerin, der luzernischen Gemeinde Meggen,
auf ihr Gesnch die Konzession, behufs Zuleitung des von ihr in der
schwyzerischen Gemeinde Lauerz angekauften Quellwassers auf näher
bezeichneten Strecken das schwyzes tische Kantonsstrassengebiet zu
benutzen. Diese Konzession knüpfte er u. a. an die Bedingung, dass er
die Gemeinde Meggen verpflichten, das im Unternehmen auf Schwhzergebiet
für Quellenankauf, Reservoir und Leitung tc. aufgewendete Kapital dem
Kcmton, nach Treffnis auch in den Bezirken Schwhz und Küsss

362 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. II. Prozessrechtliche Entscheidungen.

,nacht und in den Gemeinden Lauerz und Arth zu versteuern- Ferner
verlangte er, die Gemeinde habe vor Beginn der Arbeiten durch
schriftlichen Nevers zu Handen des Regierungsrates zu erWren, dass sie die
Verpflichtungen der Konzession als für sie rechtsverbindlich anerkenne.

Mit Schreiben vom 8. September 1909 teilte der Gemeinderat Meggen dem
Regierungsrat des Kantons Schwyz mit, die Klägerin anerkenne die ihr
gestellten Konzessionsbedingungen, unter der Voraussetzung dass der
Regierungsrat mit ihren nachfolgenden Bemerkungen einig gehe. Unter
diesen Bemerkungen findet sich betr.

Steuerpflicht der die Konzessionsklausel ergänzende Zusatz: Die '

Wasserverforgung wird gemäss dem bestehenden schwyzerischen Steuergesetz
zur Besteuerung herangezogen werden Der Regierungsrat beschloss jedoch
am 18. September 1909, auf eine Abänderung des Konzesfionsaktes
vom 21. August 1909 werde nicht eingetreten. Gemeindepräsident und
Gemeindeschreiber von Meggen unterzeichneten dann namens der Klägerin
den ihnen vorgelegten Nevers und schickten ihn mit Begleitschreiben
vom 4. Oktober 1909, worin sie gleichzeitig den Empfang der
regierungsrätlichen Schlussnahme vom 18. September bestätigten, an
den Regierungsrat zurück, mit dem Bemerken: Die Frage der Besteuerung
unserer Wasservers sorgung berühren Sie in Ihrer ..... Antwort nicht,
obwohl wir diesbezüglich in unserer Zuschrift vom 8. September noch
um eine Erläuterung ersuchten. Wir nehmen gerne an, es herrsche auch
Mdies-bezüglich Übereinstimmung in der Auslegung der Konzesfion in dem
Sinne, dass unsere Wasserversorgung gemäss dem schwyz. Steuergesetz
und gleich den bestehenden gleichartigen Werken im Kanton Schwyz
zur Besteuerung herangezogen werden ..... Wir betrachten hiemit die
Konzessionssrage als erledigt und werbett Ihnen, sofern Jhrerseits bis am
11. dies keine Gegenbei merkungen eintreffen, am 3. Oktober die erste
Anzahlung ..... "fiber-machen und gleichzeitig mit den Bauarbeiten
beginnen." Der Regierungsrat antwortete hierauf nicht, sondern
beschloss am 23. Oktober einfach, von der Zuschrift, sowie Revers und
Verpflichtungsschein des Gemeinderates Meggen vom 4. Oktober 1909 werde
Notiz genommen und seien solche zu den Akten zu legen. Nachdem die
Wasserleitung erstellt und anfangs 1910 in Be-Wurm Mi && M

trieb gesetzt worden war, wurde die Klägerin auf dem schwyzerischen
Leitungsgebiete zur Steuerschatzung angehalten. In letzter Instanz
erklärte der Regierungsrat des Kantons Schwyz sie durch Beschluss vom
5. Mai 1911 pflichtig, dem Kanten Schwyz 400,000 Fr. zu versteuern,
und zwar pro rata für die Hälfte des Jahres 1910 und die folgenden
Jahre der laufenden Steuerperiode, und ferner, den Bezirken Küssnacht
und Schwyz, sowie den Gemeinden Lauerz ' und Arth im Verhältnis der auf
diese Gemeinden entfallenden Leitungslängen von den danach bestimmten
Kapitalbetragen die Steuern zu entrichten.

Gegenüber diesem Beschlusse des Regierungsrates hat die Klägerin vor
den schwhzerischen Gerichten den vorliegenden Prozess eingeleitet mit
bem Rechtsbegehren: Es sei gerichtlich zu erkennen, die Klagerschaft
sei mangels Steuervermögen von der Steuer gänzlich zu entlasten.

B. Durch Urteil vom 21. November 1911 hat das Kantonsgericht des Kantons
Schwyz in Bestätigung des Entscheides der ersten Instanz das Klagebegehren
abgewiesen

C. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei in Aufhebung des kantonalen
Entscheides ihr Rechtsbegehren zu schützen; --

in Erwägung:

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Rechtsbegehrens ausgeführt,
massgebend für ihre Besteuerung im Kanton Schwyz sei, nach dem
unwidersprochen gebliebenen Vorbehalt der Gemeindebehörde gegenüber dem
regierungsrätlichen Konzessionsakte, das schwy zerische S teuergesetzz
dieses aber gestatte den Schuldenabzug und demnach habe sie keine
Steuer zu entrichten; denn ihre ganze, auf 600,000 Fr; bewertete
Wasserversorgungsanlage sei mit einer Gült im Betrage ' von einer
Million belastet, und anderweitiges Steuer-vermögen besitze die Gemeinde
nicht. Der Beklagte dagegen hat den Standpunkt eingenommen, die Klägeriu
sei gemäss der oben erwähnten Konzessionsbedingung, die sie durch die
Ansstellung des Reverses, nach Ablehnung ihres Erläuterungsbegehrens
mit Beschluss des Regierungsrates vom 18. September 1909, anerkannt habe
vertraglich zu einer vom Gesetze abweichenden

364 A. Oberste Zivilgerichîsinstanz. li. Prozessrechfliche Entscheidungen.

Steuerleisiung, nämlich zur vorbehaltlofen Versteuerung des
Kapitalwertes der auf Schwyzer Gebiet befindlichen Anlageteile
verpflichten Die kantonalen Gerichte haben sich dieser letzteren
Auffassung angeschlossen.Der Streit dreht sich somit um die Frage
der Steuerpflicht der Klägerin. Die Steuerpflicht aber berührt das
Unterordnung-stierhältnis des Bürgers zur Staatsgewalt und gehört deshalb
dem Gebiete des öffentlichen Rechts, speziell des Verwaltungs-rechts
an. Dies gilt insbesondere auch soweit die Steuerpflicht nicht auf dem
Gesetze beruht, sondern ausnahmsweise durch vertragliche Vereinbarung
mit den Staatsbehörden geregelt ist (vez-gl. AS 29 II Nr. 54 S. 426
f.). Folglich steht hier überhaupt mag die Konzession der Klägeriu im
Sinne des kantonalen Entscheides als Vertrag, oder aber als einseitiger
Hoheitsakt der sie gewährenben Staatsbehörde aufgefasst werden kein
privates Rechtsverhältnis zur Beurteilung Und wenn die Vorinftanz in
Auslegung des von ihr angenommenen Konzefsionsvertragest auf Art. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 2 - 1 Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.
1    Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.
2    Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zustande, so hat der Richter über diese nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.
3    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Form der Verträge.

OR abgestellt hat so kann es sich dabei jedenfalls nur um eine analoge
Rechtsanwendung handeln; denn selbst als Vereinbarung privatrechtlicher
Natur würde das fragliche Stett-grabkommen als solches doch unzweifelhaft
nicht dem eidgenössischen, {eadem dem kantonalen Rechte unterstehen
Demnach trifft die Bernfungsvoraussetzung des Vorliegens einer
Zivilftreitigkeit eidgenössischen Rechts (am. 58 QG) hier nicht zu; -

erkanntAuf die Berufung der Klägerin wird nicht eingetreten.54. gina; vom
21. Februar 1912 in Sachen gesamte, Veil. u. Ber.-Kl., gegen Hei-derbere
Kl. u. Ver-BeklEhesoheidung. Ob im neuen Scheizlungsprozess auf die
Reckéskra/twir-

kung eines früheren, die Scheidung re: weigermien Urteils verzichtet
werden Icann, benz-Mit sich nach [cantonale-m Prozessrecht. Aus
den Motiven: 1. Die Litiganten haben sich am 29. April 1895
in Zütich verelzelicht Sie sind heimatberechtigt in Erolzbeinn
Württemberg.Bemfungsverfahren. N° 54. 365

Am 4. Januar 1910 erhob die Klägerin erstmals Scheidungsklage,
welche mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 15. September 1910
abgewiesen wurde. Das Urteil ist rechtskräftig geworden. Am 23. Februar
1911 leitete die Klägerin abermals Scheidungsklage ein. Doch wies das
Bezirksgericht mit Urteil vom 13. September 1911 auch diese Klage ab,
mit der Begründung, dass die Voraussetzungen des § 1568 des deutschen BGB
nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe nicht dartun können, dass seit dem
15. September 1910 neue Tatsachen eingetreten seien, die dem Gericht die
Überzeugung beibrächten, dass der Beklagte sich einer schweren Verletzung
der durch die Ehe begründeten Pflichten schuldig gemacht habe. Vor der
zweiten Instanz gab der Vertreter des Beklagten namens des letzteren
die Erklärung ab, dass dieser sich der Scheidung nicht widersetze. Das
Obergericht erblickte in dieser Erklärung einen Verzicht auf Erhebung
der Einrede der abgeurteilten Sache und hiess die Klage gut.

2. .....

3. Die Vorinstanz hat, da sie der Erklärung des Beklagten die Bedeutung
eines Verzichtes auf die Einrede der abgeurteilten Sache beimass,
ihrem Erkenntnis auch die vor Erlass des ersten Scheidungsurteils
eingetretenen Tatsachen zu Grunde gelegt. Diese Auffassung unterliegt der
Nachprüfung durch das Bundesgericht nur insofern, als sie auf Anwendung
von Bundesrecht beruht. Dem wäre so, wenn die Frage der absoluten
oder dispositiven Natur der Rechtskraft des ersten Scheidungsnrteils
als eine materiellrechtliche erschiene, nicht aber, wenn sie als
eine Frage des Prozessrechts aufzufassen i. Nach deutschem Recht
(§ 616 ZWD) ist die Rechtskraft des frühern Scheidungsurteils von
Amtes wegen zu berücksichtigen und somit ein Verzicht darauf nicht
möglich (vergl. reichsger. Entsch. Bd. 2 S. 377, Bd. 19 S. 410,Jurist.
Wochenschrift 1902 S. 260; Sau er , das deutsche Eheschliessungsund
Ehescheidungsrecht, S. 401 zu Note 2; Staudinger, Kamm. zum BGB, Bd. IV
1 S. 628 litt. e). für die Schweiz geben weder das BEE), noch das ZGB,
noch auch das OG einen Anhalt. Dagegen behandeln einzelne kantonale
Prozessgesetze die Frage als prozessuale, wenn auch in ungleicher
Weise. Auf einer Linie mit den übrigen prozessnalen Einreden steht die
Einrede der abgeurteilten Sache nirgends, aber sie wird, sei nun ein
Verzicht auf
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 38 II 361
Datum : 02. Februar 1912
Publiziert : 31. Dezember 1913
Quelle : Bundesgericht
Status : 38 II 361
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 330 A. Oberste Zivjigeriohisjnsianz. ll. Prozessrechtliche Entscheidungen. Forderung


Gesetzesregister
OG: 56
OR: 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 2 - 1 Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.
1    Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermutet, dass der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.
2    Kommt über die vorbehaltenen Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zustande, so hat der Richter über diese nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.
3    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Form der Verträge.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
regierungsrat • gemeinde • beklagter • frage • bundesgericht • rechtsbegehren • beginn • zins • scheidungsklage • bezirk • erste instanz • gemeinderat • scheidungsurteil • vorinstanz • entscheid • kantonsgericht • bewilligung oder genehmigung • schriftstück • verfahren • vertrag
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