verfallen, so bleibt noch zu prùfen, ob dieser Betrag dem Beklagten gemäss
seinem Hauptantrage voll zuzusprechen sei oder ob nicht vielmehr-, im
Sinne des Eventnaibegehrens der Klägerin, eine Reduktion der Strafsumme in
Anwendung des am. 182 OR sich rechtfertige. Hiebei ist davon auszugehen,
dass nach verbindlicher, weil auf das Gutachten des technischen Experten
gestützter, Feststellung der Vorinstanz die der Klägerin gesetzte
Erfüllungsfrist so {napo bemessen war, dass sie überhaupt nur für den
zum vornherein unwahrscheinlichen -.. Fall eines vollständig glatten
Verlaufes der Arbeiten eingehauen werden konnte, und dass überdies der
Endtermin der Frist so nahe an den Winter herangerückt war, dass eine
Überschreitung dieses Termins die Gefahr des tängeren Arbeitsunterbruchs
durch den Frosteintritt mit sich brachte. Dazu kommt entscheidend, dass
die vom Beilagten zu verantwortende Verzbgernng der Arbeiten um zirka 4
Wochen diese Gefahr jedenfalls erheblich gesteigert, wenn nicht geradezu
zur Verwirklichung gebracht hat. Denn angesichts der Tatsache, dass die
Klägerin ihre Arbeiten nach deren Wiederaufnahme im Frühjahr in ungefähr
einem Monat (23. März bis 27. April) zu Ende geführt hat, darf mit der
Möglichkeit gerechnet werden, dass sie ohne diese Verzögerung die Arbeiten
noch vor Eintritt der Frostperiode beendigen und damit die schwere Folge
des Laufes der Konventionalstrafe während der ganzenWinterszeit hätte
abwenden können. Unter diesen Umständen erscheint eine ganz erhebliche
Reduktion der verfallenen Strafsumme als Gebot der Billigkeit. Und wenn
nun die Vorinsianz den Strafzusprnch auf 15,000 Fr. beschränkt hat,
so liegt für das Bundesgericht keine Veranlassung vor, diese Anwendung
ihres billigen Ermessens zu beanstanden, besonders da jene Summe den
vom kaufmännischen Experten ermittelten effektiven Schaden des Beklagten
zufolge der verspäteten Fertigstellung des Baues zum grössten Teil deckt
und der worinstanzliche Entscheid demnach auch aus diesem Gesichtspunkte,
der . bei Anwendung von Art. 182
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 182 |
kann, den Verhältnissen des Falles im Hinblick auf das beidseitige
Verschulden der Parteien durchaus gerecht wird. Das angefochtene Urteil
ist somit in der Hauptsache ohne weiteres zu bestätigen. Dagegen ist
dem eventuellen Begehren der Kiägerin um3. Obligationen-echtN° 18. 103
Festsetzung des Zinsbeginns schon auf den 1. Juli 1908 zu ent-
.sprechen, da die abweichende Bestimmung des obergerichtlichen
Dispositives nach der zugehörigen unangefochtenen Begründung auf
einein blossen Versehen beruht; erkannt: Die Berufungen beider Parteien
werden abgewiesen und es wird das Urteil der I. Appellationstammer des
zürcherischen Obergerichts vom 27. September 1911 bestätigt, immerhin
mit der Berichtigung des Dispositives 1, dass der Zins schon vom 1. Juli
1908 an zu bezahlen ist.
18. guten vm 9. Mr; 1912 in Sachen Bédier-Bim, RI. u. Ver.-KL, gegen
Maher, Bekl. u; Ver.-Veil.
Prokura. Gehört eine Garantie-Verwirrter zu dem Bechtshandlungen, zu,
denen der Prokeerist befugt ist ?
siHandelsfrau. Umfang der zum regelmcîssigen Betrieb ihres Gewerbes
gehörigen Geschäfte.
A. Durch Urteil vom 23. November 1911 hat die II. Appellationskautmer
des zürcherischen Obergerichts in vorliegender Streitsache erkannt:
Die Klage wird abgewiesen und dem Beskiagten in der Betreibung Nr. 3819
definitive Rechtsöfsnung erteilt für den Betrag von 2500 Fr. nebst 5
°/o Zins seit 5. April 1911, für die Vetreibnngsund Rechtsöffnungskosten
und 10 Fr. Entschädigung-
B. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin gültig die Berufung ,an
das Bundesgericht ergriffen und die Anträge gestellt und begründet:
1. Das angefochtene Urteil sei in dem Sinne abzuändern, dass die von
der Klägerin eingereichte Aberkenmtngsklage abgewiesen und der vom
Beklagten in Betreibung gesetzte Anspruch von 2500 Fr. als unbegründet
abgewiesen werde. 2. Eventuell sei das angefochtene Urteil aufzuheben und
das Beweisverfahren darüber anzuordnen, ob die Garantieverpflichtung,
die der Ehemann Böhier zu Gunsten der Firma Schlesinger gegenüber
dem Rechtsvorgäuger des Klägers abgegeben hat im Interesse der Firma
BöhlersBieri abgegeben worden sei und ob es sich hiebei um eine
Rechtshands
104 A. Oberste Zirilgekiedtstustaat. I. Materiellreehtliche
Entscheidungen.
lung gehandelt habe, die zu dem regelmässigen Berufe oder Gewerbe der
Firma BöhlersBieri im Sinne des Art. 34 des Bundesgesetzes betreffend
das Obligationenrecht von 1881 gehöre.
C. Der Beklagte hat in seiner Rechtsantwort beantragt(Ls sei die Berufung
hinsichtlich ihres Hauptund ihres Eventualantrages als unbegründet
abzuweisen, das angefochtene Urteil zn bestätigen und die erteilte
Rechtsban definitiv als zu Recht bestehend zu erklären.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Klägerin, Frau Vöhler-Bieri ist als Handelsfrau für Anund Verkauf
von Liegenschaften im Handelsregister eingetragen und ihr Ehemann
als ihr Prokurist. Im gleichen Hause wie die Klägerin hat auch der
Liegenschaftsagent Max Schlesinger sein Geschäftsburean. Dieser hatte
kraft gerichtlichen Urteils der Firma Spotti & Pieci und Konsorten 10,034
Fr. 15 Ets. zu bezahlen. Am 80. November 1909 kam ein Vertrag zu Stande,
wonach sich die Firmen Max Schlesinger und Böhler-Bieri verpflichteten,
an Spotti &. Picci und Konsorten zur Absindung aller ihrer Ansprüche
gegen Schlesinger 2500 Fr. zu bezahlen. Dieser Vertrag ist für die Firma
Böhler-Bieri vom Ehemann Böhler als Prokurist unterzeichnet.
Die Forderung von 2500 Fr. ging in der Folge auf den heutigen
Aberkermungsbeklagtem Rechtsanwalt Bucher, über, der dafür gegen Frau
VöhlersBieri Betreibnng angehoben und die provisorische Rechtsöffnung
erwirkt hat. Die Klägerin verlangt mit der nunmehrigen, von beiden
kantonalen Jnstanzen abgewiesenen Klagedie Aberkennung der in Betreihung
gesetzten Forderung, weil ihre Garantieleistung keine Verpflichmng sei,
die sie nach Art. 84 aOR gültig hätte eingehen können und weil ferner
die Unterzeichnung des Vertrages durch ihren Ehemann nicht in den Kreis
der ihm nach Art. 423 aOR zustehenden Vollmacht falle
Jndein die Klägerin behauptet, dass ihr Ehemann mit der2 Unterzeichnung
des Vertrages vom 30. November 1909 die Grenzen der ihm nach Art. 423 aOR
als Prokuristen zustehenden Vertretungsbefugnis über-treten habe, erhebt
sie die Einrede der mangelnden Passivlegitimatiom Sie macht geltend, die
durch bieVertragiuntazeiihnung erfolgte Jnterzession gehe sie nichts an,
weil3. Obligazionenrechi. N° 18. . 105,
sie nicht Vertragspartei sei. Es ist also zu untersuchen, ob die streitige
Jnterzession zu den Rechtshandlungen des Art. 423 aOR gehöre, welche der
Zweck des Gewerbes oder Geschäftes des Prinzipals mit sich bringen kann.
Laut dieser Umschreibung der Vollmacht des Prokuristen bieber des
Kollektivgesellschafters gleichgestellt ist (Art. 561 aOR) kommt
es nicht darauf an, ob im gegebenen Falle die Rechtshandlung im
Interesse des Prinzipals gelegen habe, und ebensowenig darauf, ob
der Betrieb des Geschafts solche Rechtshandluugen gewöhnlich mit sich
bringe. Vielmehr besteht die Vertremngsbefugnis fur jede Rechtshandlung,
die auch nur möglicherweise im Geschäftszweck begründet, also durch
ihn nicht gerader ausgeschlossen ist (vergl. Revue, XIV Nr. 112). Nun
muss aber zum mindesten als möglich gelten, dass eine Jnterzession der
vorliegenden Art im Interesse eines Geschäfts wie das Von der Klägerin
geführte liege: Die Klägerin befasst sich gewerbsmässig mit dem Anund
Verkauf von Liegenschaften, und dieser Geschäftszweck kann es sehr
wohl mit sich bringen, dass in Verbindung damit zu Gunsten von Dritten,
mit denen geschäftliche Beziehungen bestehen, interveniert werden muss,
etwa um einen solchen Dritten vor drängenden Gläubigern zu schirmen und
hiedurch den normalen Gang oder den Kredit des eigenen Geschäftes vor
Beeinträchtigung zu sichern.
Unerheblich ist die Behauptung der Klägerin, sie habe von dem Ver-trage
keine Kenntnis gehabt. Sobald der Ehematm nachArt. 423 zum Abschluss des
Vertrages bevollmächtigt war, ist die Klägerin aus dem Abschluss ohne
weiteres verpflichtet worden, ohne dass es noch ihrer nachträglichen
Genehmigung bedurfthatte. Es wird auch nicht etwa geltend gemacht, sie
habe die gesetzliche Vertretungsbefugnis ihres Ehemaunes in Hinsicht
auf solche Jnterzessionen durch besondere Erklärung beschränkt und der
Beklagte habe dies gewusst, so dass der Vertrag nach Art. 423-
Abs. 3 für sie unverbindlich sei.
In zweiter Linie behauptet die Klägerin, sie wäre durch denVertrag auch
dann nicht verpflichtet worden, wenn sie ihn selbst abgeschlossen hätte,
indem er nicht in den Rahmen der in Art. 34 aOR erwähnten Geschäfte
falle. In dieser Beziehung ist zunächstzu bemerken, dass die Art. 34
und 35 aOR im Gegensatz zu-
?106 A. Obenle Zivilgerichtsinstanz. _ [. Materiellrechtliche
Entscheidungen.
sihren Vorbildern, den Art. 220 und 447 des Code civil und den §§
170, 270 und 345 des zürcherischen PGB für die Haftung des Unmündigen
und der Handelsund Gewerbesrau aus den von ihnen abgeschlossenen
Geschäften nicht nur verlangen, dass das betreffende Geschäft zu dem
von ihnen betriebenen Berufe oder Gewerbe überhaupt in einer Beziehung
stehe. Vielmehr verlangt das OR wie nun auch das ZGB (Art. 220 3
und 412) in bewusster und gewollter Abweichung von jenen zwei andern
Gesetzgebungen eine Beziehung besonderer Art zum fraglichen Berufe
oder Gewerbe, indem es die Haftung nur bei denjenigen Geschäften
eintreten lässt, die zu dem regelmässigen Betriebe dieses Beruer oder
Gewerbes gehören. Über die Tragweite dieser Einschränkung hat sich das
Bundesgericht bereits in seinem Entscheide i. S. Salberg gegen Stapfer
(AS 28 ]1 S. 256 ff.) mit eingehender Begründung dahin ausgesprochen,
dass unter die zu dem regelmässigen Betriebe gehörenden- Geschäfte nicht
nur solche fallen, die im Betriebe regelmässig wieder-kehren als ein
solches kann die streitige Jnterzession zum vornherein nicht gelten ,
sondern auch nur ausnahmsweise vorkommende Geschäfte, wenn sie durch
den regelmässigen Betrieb herbeigeführt worden find. Dabei trifft
die Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen für die
Anwendbarkeit des Art. 34 nicht die Klägerin, sondern den Beklagten, da er
gestützt auf diesen Artikel für den gegebenen Fall die Vertragsfähigkeit
der Klägerin in ihrer Eigenschaft einer Handelsfrau, als eine Ausnahme
von ihrer sonst bestehenden Vertragsunfähigkeit, behauptet
Diesem ihm obliegenden Nachweis genügt der Beklagte nicht einfach durch
den Hinweis auf die vorinstanzlich festgestellte Tatsache, dass die
Firmen Schlesinger und Böhler eng miteinander liiert seien, dass eine
Interessengemeinschaft zwischen ihnen bestehe und dass die Klägerin das
Geschäft Schlesinger unterstützt habe, um es vor dem ökonomischen Ruin zu
retten und hiedurch das eigene Geschäft vor Schaden zu bewahren. Vielmehr
muss im weitern noch dargetan sein, dass die Jnterzession wegen solcher
Geschäftsbeziehung en zu der Firma Schlesinger erfolgt sei, die in den
Rahmen desjenigen Verkehrs fallen, der zum regelmässigen Betriebe des der
Klägerin zur selbständigen Führung gestatteten3. Obligationenrecht. N°
19. 107
Gewerdes gehört. Dies trifft nun aber nach den vorinstanzlich als
beweiskräftig erachteten Aussage-n zu, die der Ehemann der Klägerin bei
seiner persönlichen Befragung gemacht hat: Hienach stehen die beiden
Firmen in der Weise in Geschäftsverkehr, dass sie
. gemeinsam Agenturgeschäfte abschliessen, wobei sich, wie anderseits
festgestellt ist, dieser Geschäftsverkehr in einem gemeinsamen Bureau
vollzieht Es darf angenommen werben, dass diese Agenturgeschäste zu
dem regelmässigen Betriebe des klägerischen Gewerbes gehören. Solche
Agenturgeschäfte sind aller Vermutung nach in dem gewerbsmässigen
Ankan und Verkan von Liegenschaften, was als Geschäftszweck der
Klägerin im Handelsregister eingetragen ist, inbegrifsen, indem die
Bezeichnung Liegenschaftsagentur gemeiniglich auch die Vermittlung von
Liegenschaftskäufen umfasst. Übrigens kommt es nicht auf die Art der
Eintragung im Handelsregister, sondern darauf an, dass die klägerische
Firma laut der erwähnten Aussage tatsächlich solche Geschäfte regelmässig
betreibt und dass der Ehemann dazu eingewilligt hat, da er sie ja als
Prokurist besorgt. Nach alldem ist somit die streitige Juterzefsion
für die Klägerin gemäss Art. 34 rechtsverbindlich Demnach hat das
Bundesgericht erkannt: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil
der II. Appellationskammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom
23. November 1911 in allen Teilen bestätigt
19. guten vom 15. gum 1912 in Sachen zehn-ein Versicherung-nassen
rit: Buchdrncctereisgngefiellie Bekl. u. Ber.-Kl., gegen Yacht,
Kl. u. Ber.kBekl.
Statutenbestimmung einGenossenschaft, wonach die Verfügungen der
Gfflossenscheeftsorgane betr. den A us sc k £ ee s s do n G e n esse
s e le a f t er n endgültig, der Anfechtung auf dem Wege g eri c h Z!
ich er Kl age en tzoge n sein sollen. Gültigkeit dieser Bestimmung bei
Getmssenschafsen, deren Mitgliedsc haft an E rfard ern i sse [} e r s 6
Mc h e r N a t n :" geknüpft ist : weder Verstass gegen eine spez leite
Vorschrift des Gereossenschaftsrecàts noch U nsittl iciefceit im