158 A. Staats-rechtliche Entscheidungen. l'. Abschnitt. Staatsverträge.

Par ces motifs, le Tribunal fédéral pronunce :

L'opposition faite par Boris Mochevitsch Silberstein à la demande
d'extradition présentée par la Légation impériale russe à Berne est
écartée et son extradition accordée sous la réserve que Silberstein ne
sera ni jugé par un Tribuna! exceptionnel, ni poursuivi ou puni pour un
déiit politique.

III. Auslieferungsvertrag mit dem Deutschen Reiche. 7Truité d'extradition
avec l'Empire allemand.

23. Arie-il vom 22. gum 1912 in Sachen Hirnhöfet

Frage, ob eine Körperverletzung eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als
zwanzig Tagen bewirkt habe und daher die Auslie/erungspflicht nach
der Gegenrechtserklàrung mit Deutschland bestehe oder nicht. Hat
der Auslieferungsrichter die Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu
prüfen? -Verjährung der Strafverfolgung nach luzerm'schem Rechte bei
leichten Körperverletzungen (S 77 PSéG) und wenn die Strafverfolgung
während des Verfahrens ruht. Wiedererxlanung des Schadens und
.Nichtverübung eines weite/'n Vcrgehens als Bedingungen des
Verjährungseint'riites. '

A. Mit Note vom 7. Februar 1912. hat die KaiserlichDeutsche Gesandtschaft
in Bern beim Schweizerischen Bundesrat-Z das Begehren gestellt,
die Auslieferung des deutschen Reich-sangehörigen Bautechniker
Ernst Kiekhöfel, der vom königlichen Landgericht in Saarbrücken wegen
vorsätzlicher Körperverletzung, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als
20 Tagen zur Folge gehabt habe. verfolgt werde, sowie die Ausantwortung
der etwa in feinem Besitze befindlichen Gelder und sonstige Gegenstände
zu bewilligen, auf Grund der Gegenseitigkeitserklärung, die in Hinsicht
auf die Auslieferung wegen genannten Deliktes im Jahre 1892 zwischen

lll. Auslieserungsvertrag mit dem deutschen Reiche. N° 23. 159

Deutschland und der Schweiz ausgewechselt worden isf, und des Art. 9
des deutsch-schweizerischen Auslieferungsvertrages vom 24. Januar 1874.

Das Begehren stützt sich auf einen Haftbefehl der dritten Strafkammer
des genannten Landgerichts, wonach der Verfolgte beschuldigt wird,
zu Saarbrücken in der Nacht vom Z. zum 4. Januar 1909 den Bierbrauer
Josef Blöhmer in den spätern Aktenstücken Böhmer genannt mittels eines
Messers vorsätzlich körperlich misshandelt zu haben. Laut der nähern
Darstellung des Sachverhaltes ist die Körperverletzung bei einem Überfall
Kickhöfels auf Blöhmer erfolgt, bei dem sich auch der Vater Kicthöfels
beteiligte. Über die Folgen der Verletzung bemerkt der Haftbefehl, dass
Blöhmer zwei nicht unerhebliche Stichwunden davongetragen habedeswegen
allein 1.7 Tage im Krankenhause von Saarbriicken sich habe aufhalten
müssen und nach dieser Behandlung noch weitere zwei Wochen, im ganzen also
über 4 Wochen, arbeitsunfähig gewesen sei. In rechtlicher Beziehung wird
auf die && 223 und 223 a des Reichsstrafgesetzbuches verwiesen. Endlich
führt der Haftbefehl aus, dass sich der Angeschuldigte der Strafverfolgung
durch die Flucht in die Schweiz entzogen und dass er der Ladung zur
Hauptverhandlung keine Folge gegeben habe.

Bei den Akten liegt je eine beglaubigte Abschrift der Anklageschrift
des Staatsanwalts gegen den Verfolgten, vom 14. Mai 1909 und eines
Beschlusses des königlichen Landgerichts Saatbrücken vom 27. Mai 1909,
kraft dessen gegen den Verfolgten das Hauptverfahren eröffnet wurde.

B. Der Verfolgte hat gegen die Auslieferung Einsprache erhoben und diese
Einsprache bei seinem Verhör vom 10. Februar 1912 und in seinen spätern
Eingaben wie folgt begründet:

I. Es liege kein Auslieferungsdelikt vor, weil die Körperbaletzung statt
eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 20 eine solche von höchstens 14
Tagen zur Folge gehabt habe. Hiefür werden als Beweise vorgelegt:

1. Ein Schreiben des Zahnarztes Böhler in Saarbrücken vom 9. Februar
1912, wonach der Verletzte Böhmer nach 13 Tagen aus dem Krankenhaus als
geheilt entlassen worden sei.

?. Ein am 10. Februar 1912 ausgestelltes Zeugnis des Hoffn-

160 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [V. Abschnitt. Staatsverträge.

talarztes Dr. Jordan in Saarbrücken (mit polizeilicher Beglaubigung
der Unterschrift), wonach der Brauer Josef Böhmer vom 4. bis 16. Januar
1909 im katholischen Krankenhause zu St. Johann in Saarbrücken ärztlich
behandelt und dann als geheilt entlassen wurde.

3. Eine gerichtlich beglaubigte Abschrift einer Zivilklage vom
2. Oktober 1909 des Brauers Josef Böhmer gegen den Vater des Verfolgten,
Lokomotivführer Ernst Kickhöfel, wonach Böhmer wegen der erlittenen
Misshandlungen auf Zahlung einer Entschädigung von 161 Mark geklagt hat
mit der Begründung, er sei 14 Tage erwerbsunfähig gewesen und habe einen
Lohnausfall für 14 Tage von 50 Niark neben andern Schädigungen erlitten.

4. Die Ausfertigung eines Urteils des königlichen Amtsgerichts, Abteilung
4, in Saarbrücken, vom 14. Dezember 1909, laut dem der Einspruch Böhmers
gegen ein Versäumnisurteil dieses Gerichts vom 2. November 1909, das
die genannte Zivilklage abwies, als Unzulässig verworfen wurde und aus
dem ferner hervorgeht, dass sich der Kläger in der abgewiesenen Klage
auf eine Erwerbs-unfähigkeit von 14 Tagen berufen hatte.

5. Eine Kostenrechnung des Rechtsanwaltes Dr. Abraham in
Saarbrücken-St. Johann, vom 11. Juli 1911, wonach dieser in Sachen
Böhmer gegen Kickhöfel 134 Mk. 75 Pf davon 74 Mk. 75 Pf. an Gerichtsund
Anwaltskosten und 60 Mk. als Vergleichsfumme fordert und am 20. Juli
1911 dafür quittiert.

6. Eine Bescheinigung der allgemeinen Ortskrankenkasse für den
Stadtbezirk St. Johann, dass Josef Böhmer wegen einer Kopfwunde vom
4./1. bis 16._/'1. 1909 im katholischen Krankenhause verpflegt und als
geheilt entlassen worden sei und an die genannte Kasse keine Ansprüche
mehr geltend zu machen habe.

II. Nach den Gesetzen des Zuflucht-Zorns des Kantons Luzern, sei die
Strafklage und Strafbarkeit verjährt.

Jn dieser Beziehung wird auf den die vorsätzliche Körperverletzung
betreffenden § 77 des luzernischen Polizeistrafgesetzes und auf den für
die Polizeipergehen eine Verjährungsfrist von zwei Jahren aufstellenden
§ 33 dieses Gesetzes verwiesen und geltend gemacht: Es handle sich um
einen leichtern Fall der Körper-verletzung nach dem genannten § 77,
nicht um einen schweren nach

lll. Auslieserungsvertrag mit dem Deutschen Reiche. N° 23. 161

§ 1651itt. c des luzernischen Kriminalftrafgesetzes Seit den letzten, im
Mai 1909 erfolgten Handlungen des Staatsanwaltes und des Strafrichters sei
eine ununterbrochene Frist von zwei Jahren verlaufen, während der gegen
den Angeschuldigten trotz Kenntnis seines schweizerischen Aufenthaltes
nichts vor-gekehrt worden sei. Jene Handlungen der deutschen Behörden
müssten übrigens für die Frage, ob nach luzernischem Rechte Verjährung
vorliege, ausser Betracht fallen. Die Wiedererstattung des Schadens,
von der, foweit sie möglich fei, der § 33 den Eintritt der Verjährung
abhängig mache, habe durch die erwähnte Zahlung des Vaters Kickhöfel an
Dr. Abraham stattgefunden. Ebenso sei dem weitern Ersordernis des § 33
Genüge geleistet, wonach der Angeschuldigte in der Zwischenzeit keine
neuen Vergehen verübt haben müsse. Dass dies hier zutreffe, ergehe
sich aus den eingelegten Leumundszeugnissen und sei übrigens bis zum
Gegenbeweis zu präsumieren

III. Es handle sich laut § 10 lit. a des luzernischen
Strafrechtsversahrens um ein Antragsdelikt und der Verletzte habe keine
Strafklage erhoben oder sei doch durch Zahlung befriedigt.

IV. Es liege kein Auslieferungsdelikt nach Art. 1 Ziffer 10
des Staatsvertrags vor. Diese Bestimmung habe weder durch
das Auslieferungsgesetz vom 22. Januar [892 noch durch die im
Auslieferungsbegehren angerufene Gegenrechtserklärung abgeändert werden
können.

C. Mit Schreiben vom 13. Februar-tsle hat das eidgenössische Justizund
Polizeidepartement di? Akten zur Beurteilung der Einsprache dem
Bundesgericht übermittelt.

D. Veranlasst durch eine Ansrage des Justruktionsrichters darüber,
worauf sich die Berechnung der im Haftbefehl angegebenen Dauer
der Arbeitsunfähigkeit des Verletzten stütze, ist nachträglich dem
Bundesgerichte noch eine Bescheinigung der I. Strafkammer des Landgerichts
Saarbrücken vom 26. Februar 1912 zugegangen, des Jnhalts : Laut einem
Zeugnisse des Dr. med. Jordan vom 7. Januar 1909 sei Böhmer am 4. Januar
d. J. mit Stichverletzungen am Kopfe behaftet dem Krankenhaus eingeliefert
worden. Am 15. Ja-· nuar 1912 habe Böhmer zum polizeilichen Protokoll
erklärt, er sei infolge der ihm zugefügten Körperverletzung etwa 30 Tage
arbeitsunfähig gewesen, nämlich während seines 17tägigen Aufent-

AS 38 1 1912 11

162 A. Siaalsrechtliche Entscheidungen. IV. Abschnitt. Staatsvertràge.

haltes im Krankenhause und dann noch mindestens 2 Wochen. Auf jenes
ärztliche Zeugnis und diese Erklärung Böhmers stütze sich die Berechnung
der Arbeitsunfähigkeit im Haftbefehi. Auf Anfrage habe Dr. Jordan heute
mitgeteilt, dass Böhmer laut Ausweis der Bücher vom 4. bis 16. Januar
MOS im Krankenhause in Behandlung gewesen sei.

E. Durch Verfügung des Bundesgerichts vom 16. Februar 1912 ist der
Berfolgte auf ein von ihm gestelltes Gesuch hin gegen Leistung einer
Kaution von 3000 Fr provisorisch auf freien Fuss gesetzt worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

i. Hinsichtlich des ersten Einsprachegrundes fragt es sich vor allern,
ob das Bundesgericht von sich aus prüfen und feststellen könne, wie
lange die Arbeitsunfähigkeit Böhmers gedauert habe, oder ob es sich
hiebei schlechthin an die Angaben des FIaflbefehles halten müsse. Die
Entscheidung hierüber hängt davon ab, welche rechtliche Bedeutung
der isiiegenrechtserklärnng ("BW 1893 II S. 77 und 1895 ll S. 1:36)
zukommt, wonach die Auslieferung wegen Körperverletzungen stattfinden
soll, wenn diese eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als zwanzig Tagen
zur Folge gehabt haben: ob nämlich diese Vorschrift eine Bedingung
aufstelle, an deren Vorhandensein der ersuchte Staat die Verpflichtung
der Auslieferung knüpft, oder ob dadurch ein Tatbestandstnerkmal
des Auslieferung-Zdelikteo bestimmt werden solle, in dem Sinne,
dass die Körperbaletzung nicht schlechthin, sondern nur in den durch
eine gewisse Dauer der Arbeitsunfähigkeit gekennzeichneten Fällen als
Auslieferungsdelikt anerkannt wird. Während bei der erstern Auffassung
der Auslieferungsrichter über das Vorhandensein einer solchen Bedingung
für die Auslieferung selbständig zu befinden hätte, müsste er sich bei
der zweiten nach geltender Rechtsprechung an die tatsächlichen Angaben
des Haftbefehles halten, sofern immerhin hier nicht deshalb eine Ausnahme
zu machen wäre, weil die AnnahmeBöhmer sei über 20 Tage arbeitsunfähig
gewesen, angesichts der vom Verfolgten beigebrachten urkundlichen Beweise
(oben B I 1 6) als offenbar irrtümlich gelten müsste. Eine Erörterung
der sich damit bietenden Rechtsfragen kann indessen unterbleiben; denn
die Einsprache des Verfolgten ist jedenfalls aus dem zweiten von ihm

lll. Auslieferungsverlras mit dem Deutschen Reiche. N° "23. 163.

geltend gemachten Grunde, dass nämlich das Auslieferungsdelikt nach dem
Rechte des Zufluchtsortes verjährt sei, zu schützen.

2. Wei der Prüfung dieses Einsprachegrundes ergibt sich zunächst aus
Art. 5 des Staatsvertrages, dass die Auslieferung verweigert werden mug,
wenn seit der letzten gerichtlichen Handlung im Strafverfahren nach den
Gesetzen des Zufluchtsortes Verjährung der strafrechtlichen Verfolgung
eingetreten ist. Hinsichtlich der Gesetzgebung des Zufluchtsortes
also des Kantons äussern; ist vorab festzustellen, dass man es nach
dem Inhalte des Haftbefehles mit dem Polizeivergehen der vorsätzlichen
Kördewerletzung gemäss § 77 des kautonalen Polizeistrasgeseizes zu tun
bat, also mit einer Körperverletzung die "weber durch die Beschaffenheit
der Tat noch durch die Grösse der Beschädignng in die Klasse der
.nriminalverbrechen- fällt. Es trifft nämlich hier keiner der in dem
§ Hifi des Kritikinalstrafgesetzes aufgestellten besondern Fälle zu,
in denen Die Körperverletzung nun Verbrechen wird: sie hat weder den
Tod des Verletzten noch eine unheildare geistige oder körperliche
Schädigung ;ur Folge gehabt und namentlich auch keine Krankheit oder
Arbeitsunfähigkeit von mehr als vierzig Tagen im Sinne der Ziffer-c
des § Mii. {x.-iis die aterperderletzung als blosses Polizeidergehen
gilt nun hinsichtlich der Verjährung der § 33 des Polizeistrafgesetzes,
nach dessen Absatz 1 die Strafbarkeit eines Polizeidergehens verführt,
wenn vom Lage des verübten Bergehens an innert zwei Jahren nicht geklagt
oder die strafrichterliche Untersuchung angehoben worden isf. Der Wortlaut
dieser Bestiititnung sieht freilich den Fall nicht besonders vor, we zwar
die Strafuntersuchung inuerr zwei Jahren seit der Begehung des Bergehens
angehoben worden iii, dagegen von irgend einer Strafverfolgungshandlung
an das Verfahren während mehr als zwei Jahren geruht hat. Dass aber das
Gesetz auch in einem solchen Falle die Verjährung eintreten lassen will,
ist deshalb anzunehmen weil der § 33 eine Verjährung nicht bloss in seinem
Absatz 1 hinsichtlich des verübten Vergebens und des daraus entspringenden
Strafanspruchs vorsieht, sondern in seinem Absatz 3 sogar hinsichtlich
der erkannten Strafe und des Anspruches auf deren, Vollziehung Wenn in
diesen Beziehungen eine Unverjährbarkeit nicht gewollt war, so konnte
sie auch in jener Beziehung nicht gewollt

164 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. [V. Abschnitt. Staatsvertrà'ge.

sein, und bei der verhältnismässig geringen Schwere der Polizeivergehen
musste sie überhaupt bem Gesetzgeber fern gelegen haben. Dazu kommt
noch, dass das Kritninalstrafgefetz in § 65 a ausdrücklich selbst für
die Verbrechen von jedem Akte der gerichtlichen Verfolgung an eine neue
Verjährungsfrist laufen lässt.

Nach der Darstellung des Haftbefehles ist es nun im vorliegenden
Straffalle bis zur Ansetzung einer Hauptverhandlung gekommen und zwar
datiert der vom Verfolgten eingelegte Beschluss des Strafgerichtes
auf Eröffnung des Hauptverfahrens vom LT. Mai 1909. Von da an bis
zum Erlass des Haftbefehles vom LO. Januar 1.912 hat eine weitere
Strafverfolgungshandlung gegen den Angeschuldigten nicht stattgefunden
und für das ihm zur Last gelegte Vergehen ist somit nach dem Rechte des
Zufluchtsortes die Verjährungsfrist abgelaufen.

Der § 33 des Polizeistrafgesetzes bestimmt nun freilich nochdass
die Verjährungnnr dem zu statten fomme, der, soweit es die Natur des
Vergebens zulasse, Wiedererstattung geleistet und kein neues Vergehen
in der Zwischenzeit verübt habe. Beide Voraussetzungen treffen aber
hier zu: Wiedererstattung ist dem Verletzten dadurch geleistet worden,
dass ihm der Vater des Verfolgten laut den beigebrachten Belegen (oben
BI 3 5) auf Grund der gerichtlich geltend gemachten Gesamtentschädigung
eine ver-gleichsweise festgesetzte Entschädigungssumme nebst dem Betrag
der erlaufenen Kosten bezahlt hat. Dass der Ersatz durch den Schädiger
persönlich zu leisten sei, ergibt sich aus der genannten Bestimmung
nicht und übrigens darf füglich als die Meinung der Parteien bei dieser
vergleichsweisen Erledigung angenommen werben, der Vater Kickhöfel habe
zugleich für seinen Sohn, den eigentlichen Schadensstifter, bezahlt. Dass
ferner der Verfolgte in der Zwischenzeit kein neues Vergehen verübt habe,
kann nach den beigebrachten guten Leumundszeugnissen und mangels jedes
gegenteiligen Anhaltspunktes als erstellt gelten.

Somit ist in der Tat die Verjährung nach dem luzernischen Rechte als dem
des Zufluchtsortes gegeben. Nach dem Rechte des Heimatstaates Deutschland
braucht sie nicht vorzuliegen (vgl. AS 26 I S. 479 Erw. 3) und daher ist
auch nicht zu untersuchen, ob sie auch nach der deutschen Gesetzgebung
eingetreten sei.

.... Auslieferungsverlrag mit dem Deut-Seiten Reiche. N° 24. 165

3. Mit dem Gesagten wird eine Prüfung der andern noch geltend gemachten
Einsprachegründe (oben B Ill und IV) überflüssig-

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Einsprache des Ernst Kickhöfel gegen das von den kaiserlich-deutschen
Behörden gestellte Auslieferungsbegehren wird gutge- heissen und somit
die verlangte Auslieferung nicht bewilligt.

24. Zweit vom 14. Juni 1912 in Sachen gratuite.

Zulässigkeit eines We c hs e ls des dem Auslieferungsbegehren zu Grunde
gelegten Haftbe fe hl s wiihrend der Pendenz des Begehrens. -Zuständigkeit
des Bu nd e s ra te 3 zur Anwendung von Art. 2 Abs. 3 des sch
weh.-deutschen AusL-V. ; mangelnde Legitimation des Auszuliefernd en
zu dessen Anrufung. Die Kognitionsbefugnis des Auslieferungsrichters
(Art. 23 u . ,24 AuslG ; Art. 181 OG) erstreckt sich n i c ht auf die
Prüfung der Sc h u ldfrag e. Begünstigung eines Auslieferungsdeliktes
als Auslieferungstatbestand im Sinne von Art. 1 des schweiz.-deutschen
Ausl.-V., gemäss authentischer Vertragsauslegung des Bundesrates durch. G
e g e n t e c h ts v er e i n ba r n ng mit Deutschland. Bejahung dieses
Auslieferungstatbestandes (Begünstigung eines nach dem den ts ch en
Recht strafbaren Me ineides).

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Aktenlage:

A. Zufolge eine-Z Haftbefehls des Untersuchungsrichters H beim
kaiserlichen Landgeriiht zu Strassburg i. E., vom 23. März -1912-, waren
die Eheleute Hermann Schuette, Deutist, und Paula geb. Adler-, Bürger
der Vereinigteu Staaten von Nordamerika, in Basel, wohin sie sich von
ihrem frühem Wohnort Halberstadt begeben hatten, unter der Auschuldigung,
den Eheleuten Dr. Karl Schäfer und Natalie, geb. May verwitw. Adler, zur
Sicherung der Vorteile eines von ihnen angeblich begangeuen IJJieineideizL
wissentlich Beistand geleistet zu haben, verhaftet und die in ihrem
Heilige gefundenen Wertpapiere wie auch der Inhalt der von ihnen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 38 I 158
Datum : 22. Januar 1912
Publiziert : 31. Dezember 1913
Quelle : Bundesgericht
Status : 38 I 158
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 158 A. Staats-rechtliche Entscheidungen. l'. Abschnitt. Staatsverträge. Par ces


Gesetzesregister
AuslG: 23u
OG: 181
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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